Kiezspaziergang am 10.7.2004

vom Breitenbachplatz zum Rüdesheimer Platz

mit Joachim Krüger, Bezirksstadtrat für Bürgerdienste, Wohnen und Personal
Treffpunkt: Breitenbachplatz, U-Bahn-Ausgang Schorlemer Allee

Sehr geehrte Damen und Herren!

Herzlich willkommen zu unserem Kiezspaziergang im Juli. Bezirksbürgermeisterin Monika Thiemen ist in Urlaub. Deshalb werde ich heute die Führung übernehmen. Mein Name ist Joachim Krüger, und ich bin Bezirksstadtrat für Bürgerdienste, Wohnen und Personal. Vor zwei Monaten im Mai bin ich mit Ihnen vom Rathaus Schmargendorf zur Autobahnüberbauung Schlangenbader Straße gegangen. Heute haben wir uns in gewisser Weise die Fortsetzung vorgenommen. Es wird heute um einen weiteren Teil von Schmargendorf und um einen Teil der so genannten Rheingausiedlung gehen.

Aber zunächst wie gewohnt der Hinweis auf den nächsten Termin. Am 14. August wird Frau Thiemen anlässlich des Kurfürstendammfestes “Global City” ein Stück City-West vorstellen. Treffpunkt ist am Samstag, dem 14.8., um 14.00 Uhr am U-Bahnhof Hohenzollernplatz, und zwar am Haupteingang der Kirche am Hohenzollernplatz an der Nassauischen Straße Ecke Hohenzollerndamm. Von da aus wird es zum Kurfürstendamm gehen.

Heute befinden wir uns ausnahmsweise einmal außerhalb unserer Bezirksgrenzen, aber das gilt nur für diesen Treffpunkt. Gleich werden wir wieder Charlottenburg-Wilmersdorfer Boden betreten und dann auch nicht mehr verlassen.

Breitenbachplatz

Früher war der Breitbachplatz eine Art Dreiländereck. Hier trafen Steglitz, Zehlendorf und Wilmersdorf zusammen. Heute verläuft hier die Bezirksgrenze zwischen Steglitz-Zehlendorf und Charlottenburg-Wilmersdorf. Benannt wurde der Platz 1913 nach dem preußischen Politiker Paul von Breitenbach (1850 – 1930).

In den 70er Jahren wurde der Breitenbachplatz durch die Rampe der Stadtautobahn geteilt und in seiner nordöstlichen Hälfte zerstört. Für viele ist er ein abschreckendes Beispiel für das Leitbild der “autogerechten Stadt”, nach dem in den 60er und 70er Jahren gebaut wurde. Die Stadtautobahn führt von hier aus direkt unter dem Wohnkomplex der Autobahnüberbauung Schlangenbader Straße hindurch.

Lentzeallee

Die Lentzeallee wurde 1917 nach dem preußischen Politiker August Lenze (1860-1945) benannt. Er war von 1910 bis 1917 preußischer Finanzminister und von 1923 bis 1933 Präsident der Deutschen Rentenbank.

Am südlichen Gehweg der Lentzeallee entlang verläuft die Bezirksgrenze zwischen Charlottenburg-Wilmersdorf und Steglitz-Zehlendorf.

Lentzeallee 100

Hier wurde 1978-81 das ehemalige BESSY-Gebäude von Gerd Hänska gebaut. BESSY ist eine Abkürzung und bedeutet: Berliner Elektronenspeicherringgesellschaft für Synchronstrahlung. In dem kreisrunden Gebäude befand sich ein 62,4 m langer Elektronenring zur Erforschung der Vakuum-Ultraviolett-Strahlung. Die Forschungsanlage ging 1982 in Betrieb. Im November 1999 war Betriebsende, denn am 4.9.1998 wurde BESSY II in Adlershof in Betrieb genommen, eine größere und schnellere Anlage. Die Elektronen können dort auf noch höhere Geschwindigkeiten beschleunigt werden als hier. Vor dem Umzug hatte es Ausbaupläne gegeben, die auf Kosten unserer Gartenarbeitsschule gegangen wären. Sie wurden zum Glück nicht realisiert. Seit etwa zwei Jahren befindet sich in dem Gebäude eine Einrichtung des Landeseichamtes.

Lentzeallee 94

Das Max-Planck-Institut für Bildungsforschung wurde 1972-74 von Hermann Fehling und Daniel Gogol gebaut.

Dahinter unterhält das Institut für Landschaftsbau der Technischen Universität ein landwirtschaftliches Versuchsgelände. Die TU will dieses Gelände aber abgeben, und im Flächennutzungsplan ist es bereits als Wohnbaufläche ausgewiesen, so dass hier mittelfristig mit einer Wohnbebauung zu rechnen ist.

Zoppoter Straße

Die Zoppoter Straße wurde 1891 benannt nach dem ehemals preußischen Badeort Zoppot an der Danziger Bucht. Seit 1945 gehört die Stadt zu Polen und heißt polnisch Sopot.

Lentze-Siedlung

Die Lentze-Siedlung wurde unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg 1920/21 von Heinrich Schweitzer für die Mitarbeiter der Preußischen Oberfinanzdirektion erbaut. Architektonisch wurden mit Holzverkleidungen Anleihen beim Heimatstil genommen. Die zweigeschossigen Häuser umschließen einen großen Innenhof, in dem zu jeder Wohnung ein Garten vorgesehen ist. Die eingeschossigen Küchentrakte liegen zum Hof und haben jeweils einen Zugang zu den Hausgärten, die ursprünglich für die Eigenversorgung von großer Bedeutung waren.

Diese Siedlung ist eine der ersten entsprechenden Anlagen des sozialen Wohnungsbaus der Weimarer Republik. Sie hatte Vorbildcharakter für den sozialen Wohnungsbau: Luft, Licht und Sonne für alle Bewohner und ein Garten für jede Familie hieß die Devise.

Bis vor ca. 10 Jahren wurde die Lentze-Siedlung vom Bezirksamt Wilmersdorf verwaltet und vermietet, dann an die Gesobau verkauft. Die Wohnungen waren und sind sehr beliebt, aber die Unterhaltung der sehr einfach und mit viel Holz gebauten Häuser ist sehr aufwendig. Die Gesobau will jetzt die Siedlung wieder verkaufen, was natürlich für Unruhe bei den Mietern sorgt. Überlegt wird, ob eine Zusatzbebauung möglich ist, sei es durch Dachausbau oder im Blockinnenbereich, was natürlich den Anteil der Gärten reduzieren würde.

Zoppoter Str. 62

Gedenktafel für Adam Stegerwald

Hier lebte von 1921 bis 1934
ADAM STEGERWALD
14.12.1874 – 3.12.1945
Führender christlicher Gewerkschaftler, Zentrumspolitiker,
preußischer Minister und
Minister der Weimarer Republik

Die Gedenktafel wurde am 3.12.1988 vom damaligen Wilmersdorfer Bezirksbürgermeister Horst Dohm gemeinsam mit dem damaligen Sozialsenator Ulf Finck enthüllt.

Adam Stegerwald lebte hier seit 1921, und er zog 1935 an den Hohenzollerndamm, blieb also in unserem Bezirk, bis er 1944 in seinen Geburtsort Greußenheim zog. In seiner Wilmersdorfer Zeit war er Abgeordneter des Zentrums im Reichstag, seit 1925 Fraktionsvorsitzender, mehrfach preußischer Ministerpräsident, 1929-30 Verkehrsminister der Weimarer Republik und 1929-32 Reichsarbeitsminister im Kabinett Brüning.

Neben vielen anderen sozialen Belangen setzten er sich für die Beseitigung der städtischen Mietskasernen und für eine großzügige ländliche Siedlungsreform ein. Ich kann mir vorstellen, dass Stegerwald besonders gerne hier in der “Lentze-Siedlung” lebte. Ich denke, es spricht für das ernsthafte soziale Engagement des Politikers Stegerwald, dass er nicht etwa in die Millionärskolonie Grunewald zog, sondern in einer bescheidenen Wohnung hier in der Lentze-Siedlung lebte.

Während der Zeit des Nationalsozialismus lebte Stegerwald zurückgezogen als Privatmann in Schmargendorf. Die Adressbücher verzeichnen ihn als Reichsminister a. D. Nach dem 20. Juli 1944 wurde er von der Gestapo in Greußenheim für 2 Monate verhaftet. Er starb Ende 1945 kurz nachdem er von den amerikanischen Besatzungsbehörden zum Regierungspräsidenten in Würzburg berufen worden war.

Stegerwalds sozialpolitisches Lebenswerk war von den Nationalsozialisten abrupt beendet worden. Nach 1945 mussten andere da wieder anknüpfen, wo er hatte anfangen müssen.

Borkumer Straße

Die Borkumer Straße wurde 1891 wie viele andere Straßen in diesem Siedlungsgebiet nach einem Badeort an der Nord- und Ostseeküste benannt. Borkum ist die westlichste der Ostfriesischen Inseln in der Nordsee. Sie gehört zu Niedersachsen und liebt vor der Mündung der Ems in die Nordsee.

Norderneyer Straße

Die Norderneyer Straße wurde 1892 nach der Ostfriesischen Insel in der Nordsee benannt.

Dillenburger Straße

Die Dillenburger Straße wurde 1892 nach der Stadt im Lahn-Dill-Kreis in Hessen benannt.

Dillenburger Str. 57

Gartenarbeitsschule “Ilse Demme”

Die ca. 30.000 m² große Gartenarbeitsschule wurde am 19.4.1921 gegründet als Teil der Schulreformprojekte der 20er Jahre. 1945 wurde hier Gemüse anbegaubt zur Versorgung der Bevölkerung. Seit 1946 bis 1968 war die Gartenarbeitsschule unter der Leitung von Ilse Demme, die einen pädagogischen Schwerpunkt setzte: Der Kontakt von Kindern mit der Natur sollte vor allem gefördert werden. Am 22.9.2001 wurde die Gartenarbeitsschule nach Ilse Demme benannt.

Inzwischen gibt es hier zunehmend auch ökologische Projekte und einen Förderverein, der alljährlich ein großes Gartenfest veranstaltet. In diesem Jahr fand es am 19. Juni statt. Es gab Informationen über Gartenkulturen, heimische Vögel, Bienen und Insekten, Solar- und Windenergie, Biotope, Bodentiere, das Wassermuseum e.V., Boden- und Wasseranalysen, Kräuter und vieles mehr.

Die Gartenarbeitsschule ist für alle Kinder- und Schülergruppen ein fächer- und schulübergreifender Lernort. Hier lassen sich Lerninhalte bei Projekttagen oder im Rahmen von Unterrichtseinheiten tatsächlich im Wortsinn begreifen. Für unsere Schulen und Kitas ist die Gartenarbeitsschule ein viel gefragtes und dringend benötigtes ergänzendes Lernangebot

Dillenburger Str.4

Kirche der Priesterbruderschaft St. Pius X, Priorat St. Petrus. Die Priesterbruderschaft St. Pius X ist eine von Erzbischof Marcel Lefebvre (1905-1991) im Jahr 1970 gegründete Vereinigung von Priestern des apostolischen Lebens, die in kleinen Gemeinschaften wirken. Neben der Priesterausbildung unterhalten sie Schulen und Exerzitienhäuser. Das Generalhaus der Bruderschaft liegt in Menzingen im Kanton Zug in der Schweiz, die Leitung des deutschen Distrikts in Stuttgart. Die Priesterbruderschaft finanziert sich ausschließlich aus den Beiträgen und Spenden ihrer Mitglieder. Sie erhält keine Beiträge aus der Kirchensteuer und hat auch diese Kirche alleine aus Spenden finanziert.

Die Priesterbruderschaft St. Pius X versteht sich als Teil der katholischen Kirche, vertritt allerdings einen besonders konservativen, manche meinen sogar fundamentalistischen Standpunkt. Hier wird Wert darauf gelegt, dass die Heilige Messe so gefeiert wird wie vor 1.500 Jahren, dass der alte lateinische Choral erklingt und der katholische Glaube als reine Lehre verkündet wird.

Der Architekt dieses Kirchenbaus war Hermann Fellner.

Rüdesheimer Str. 54-56

Das Haus des Lateinamerikainstituts der FU wurde 1930 als Reichknappschaftshaus von Max Taut und Franz Hoffmann gebaut. Es war einer der ersten Stahlskelettbauten. Es steht unter Denkmalschutz.

Kreuznacher Straße

Die Kreuznacher Straße wurde 1903 nach der Rheinland-Pfälzer Kreisstadt Bad Kreuznach benannt.

Steinrückweg

Der Steinrückweg wurde 1940 nach dem Schauspieler und Regisseur Albert Steinrück benannt

Kreuznacher Str. 52

Gedenktafeln für Ernst Bloch und Peter Huchel.

Hier lebte von 1931 bis 1933
ERNST BLOCH
8.7.1885 – 4.8.1977
Philosoph, begann hier sein Werk “Erbschaft dieser Zeit”.
Seit 1933 im Exil, zuletzt in den USA,
schrieb dort “Das Prinzip Hoffnung”.
Seit 1949 Professor in Leipzig
wurde dort 1957 zwangsemeritiert.
Seit 1961 Professor in Tübingen

Der berühmte Philosoph lebte hier gemeinsam mit seiner späteren Frau Karola Piotrowska, begann hier eines seiner Hauptwerke “Erbschaft dieser Zeit”. Die Gedenktafel wurde 1991 vom damaligen Bezirksbürgermeister Horst Dohm gemeinsam mit Walter Jens enthüllt.

In diesem Hause wohnte von 1931 bis 1933
Peter Huchel
3.4.1903 – 30.4.1981
Lyriker, Hörspielautor
Vertreter einer sozial und politisch geprägten Lyrik.
1949 bis zum erzwungenen Rücktritt 1962
Chefredakteur der Literaturzeitschrift “Sinn und Form”.
Nach neun Jahren Isolation und Überwachung
1971 Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland

Die Gedenktafel wurde am 9.4.2003 enthüllt.

Kreuznacher Str. 48

Gedenktafel für Alfred Kantorowicz

In diesem Haus der ehemaligen Künstlerkolonie
lebte von 1931 bis 1933
ALFRED KANTOROWICZ
12.8.1899 – 27.3.1979
Literaturwissenschaftler und Schriftsteller,
emigrierte 1933 über Frankreich in die USA.
Mitbegründer der Exilorganisation
“Schutzverband Deutscher Schriftsteller”,
seit 1946 in Berlin (Ost),
1947 bis 1949 Herausgeber der Zeitschrift “Ost und West”
seit 1957 in der Bundesrepublik Deutschland

Die Gedenktafel wurde 1989 enthüllt

An dem Haus Kreuznacher Str. 34 wurde am 9.4. 2003 eine Gedenktafel für Erich Weinert enthüllt:

In diesem Hause wohnte von 1927 bis 1933
Erich Weinert
4.8.1890 – 20.4.1953
Politischer Satiriker, Zeitdichter, Essayist
Antifaschist, geliebt und verfolgt
Exil Frankreich und Sowjetunion, Spanienkämpfer.
Präsident des Nationalkomitees “Freies Deutschland”.
Gründungsmitglied der Deutschen Akademie der Künste

An dem Haus Kreuznacher Str.28 wurde 1988 eine Gedenktafel für Georg Hermann enthüllt.

In dem hier vormals stehenden Wohnhaus Nr. 2
lebte von 1931bis zu seiner Emigration
im Jahre 1933
Georg Hermann
7.10.1871 – 19.11.1943
Schriftsteller, schilderte in den Romanen
“Jettchen Gebert” (1906), “Henriette Jacoby” (1908),
“Kubinke” (1910) und anderen Werken
das Leben in Berlin
Charlottenburg, Schöneberg und Wilmersdorf.
Wurde im KZ Auschwitz- Birkenau ermordet.

Bonner Straße

Die Bonner Straße wurde 1900 nach der nordrhein-westfälischen Stadt benannt, die von 1949 bis 1991 Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland war.

Bonner Str. 2

Gedenktafel für Helene Jacobs,

Hier lebte seit 1934
Helene Jacobs
25.2.1906 – 13.8.1993
Sie versteckte in ihrer Wohnung untergetauchte Juden
und verhalf ihnen zur Flucht. Sie wurde von der Nazi-Justiz
zu zweieinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt.
Trägerin der Buber-Rosenzweig-Medaille und des Ehrentitels
des Staates Israel “Gerechte der Völker

Die Gedenktafel wurde 1997 enthüllt

Ludwig-Barnay-Platz

Der Platz wurde 1963 benannt nach dem Schauspieler und Theaterleiter Ludwig Barnay (1842-1924). Er war Mitbegründer des Deutschen Theaters und der Genossenschaft Deutscher Bühnenangehöriger. Bis 1963 hieß der Platz Laubenheimer Platz.

Künstlerkolonie

Die Künstlerkolonie wurde in mehreren Baustufen von 1927 bis 1930 von der Bühnengenossenschaft und dem Schutzverband deutscher Schriftsteller für Bühnenkünstler, Schriftsteller und Journalisten rund um den damaligen Laubenheimer Platz als Teil der sogenannten Gartenterassenstadt am Südwestkorso in zunächst drei Baublöcken errichtet und bis 1940 auf den heutigen Umfang erweitert, hauptsächlich von den Architekten Ernst und Günther Paulus. Entstanden sind in schlichter Ziegelbauweise vier- bis fünfgeschossige, um großzügige Höfe gruppierte Blöcke, überwiegend rot verklinkert, teilweise mit expressionistischen Schmuckelementen. Die Wohnungen waren klein und preiswert, aber durchaus komfortabel und beliebt bei Künstlern, Schauspielern, Sängern, Tänzern und Schriftstellern, die wenig verdienten.

Wegen der überwiegend “linken” Gesinnung ihrer Bewohner wurde die Künstlerkolonie in den zwanziger und frühen dreißiger Jahren als “Roter Block” populär. Am 15.03.1933 gab es eine NS-Großrazzia, es war eine der ersten nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten. Auf dem damaligen Laubenheimer Platz brannten die Bücher der Bewohnerinnen und Bewohner.

1988 wurde auf der Rasenfläche des Platzes der Gedenktstein enthüllt, ein Findling mit einer Bronzetafel mit der Inschrift: “Mahnmal für die politisch Verfolgten der Künstlerkolonie”. Der Gedenkstein wurde aufgestellt auf Initiative des Vereins KünstlerKolonie e.V. unter dem Vorsitzenden Holger Münzer.

Hier wohnten unter anderem Johannes R. Becher, Ernst Bloch, Ernst Busch, Axel Eggebrecht, Walter Hasenclever, Georg Hermann, Peter Huchel, Helene Jacobs, Alfred Kantorowicz, Arthur Koestler, Susanne Leonhardt, Manès Sperber, Erich Weinert und Walter Zadek, der Vater des berühmten Theaterregisseurs Peter Zadek.

Am 26.11.1999 wurde ein Weg in der Künstlerkolonie nach dem Schauspieler Gustav Rickelt benannt. Er war als Präsident der Genossenschaft Deutscher Bühnenangehöriger Mitbegründer der Künstlerkolonie und hat am 30.4.1927 den Grundstein für die fast 700 Wohnungen rund um den heutigen Ludwig-Barnay-Platz gelegt.

Seit den 80er Jahren pflegt der Verein Künstlerkolonie Berlin e.V. die Erinnerung an die Künstlerkolonie und hält sie lebendig. Gemeinsam mit dem heutigen Eigentümer, der VEBA Immobilien AG versucht der Verein mit Erfolg, an die Geschichte dieser bedeutenden Wohnsiedlung anzuknüpfen und sie wieder besonders für Künstler im Kulturbereich Tätige zu öffnen.

Bonner Str.11

Gedenktafel für Ernst Busch

Hier lebte von 1931 bis 1933 und von 1945 bis 1946
ERNST BUSCH 22.1.1900 – 8.6. 1980
Schauspieler und Regisseur,
Sänger politischer Lieder: “Barrikaden-Tauber”
Emigrierte 1933. Von 1943 bis 1945 in Gestapo-Haft.
Seit 1950 Mitglied des “Berliner Ensemble”.

Die Gedenktafel wurde 1990 enthüllt

Bonner Str.12

Gedenktafel für Axel Eggebrecht

Hier lebte von 1931 bis 1933
AXEL EGGEBRECHT
10.1.1899 – 14.7.1991
Schriftsteller und Journalist.
In den 20er Jahren Mitarbeiter der “Weltbühne”
und der “Literarischen Welt.
Wegen seines radikaldemokratischen Engagements
wurde er 1933 für einige Monate im KZ Hainwalde inhaftiert.
1945 Mitbegründer des Nordwestdeutschen Rundfunks in Hamburg.
Kommentator und Hörspielautor des NDR

Die Gedenktafel wurde vom NDR gestiftet und am 23.5.2000 vom damaligen Wilmersdorfer Bezirksbürgermeister Michael Wrasmann gemeinsam mit dem Intendanten des NDR, Jobst Plog enthüllt.

1925 war Eggebrecht nach 5 Jahren Mitgliedschaft aus der KPD wieder ausgetreten, immerhin hatte er es bereits bis zum organisatorischen Leiter der KPD in Wilmersdorf gebracht. Aber er setzte sich zunehmend kritisch mit der kommunistischen Ideologie auseinander und Intrigen in der Parteiführung, die er während zweier Aufenthalte in Moskau erlebte, zerstörten bei ihm alle idealistischen Illussionen. Auffallend viele ehemalige Bewohner der Künstlerkolonie waren Kommunisten, die sich später kritisch mit dem Kommunismus auseinandersetzten und ihre politische Überzeugung änderten, am spektakulärsten der als “Renegat” beschimpfte Arthur Koestler.

Eggebrecht hat begeistert die Künstlerkolonie als “Roten Block” rund um den damaligen Laubenheimer Platz beschrieben. Hier in der Künstlerkolonie, wo er seit 1930 lebte, hat er eine Solidarität erlebt, wie er sie sonst in der damaligen Gesellschaft vermisste.

Eggebrecht hat das Leben in der Künstlerkolonie mehrmals geschildert: 1957 unter dem Titel “Mut und Übermut im Künstlerblock”, 1959 in seinem Buch “Volk ans Gewehr. Chronik eines Berliner Hauses 1930 bis 1934” und 1975 in seiner Autobiographie “Der halbe Weg. Zwischenbilanz einer Epoche”.

Der schönste Text ist wohl der von 1959 “Mut und Übermut im Künstlerblock”. Darin heißt es unter anderem:

“Der Name Künstlerkolonie führte nicht nur die benachbarten Steglitzer und Friedenauer Kleinbürger irre. Am Barnayweg gabs weniger turbulente Nächte als in Halensee; in der Kreuznacher Straße nicht mehr zerfetzte Bettlaken als anderwärts; und überhaupt war von all den liederlichen Umständen wenig zu merken, welche sich Herr Publikus insgeheim mit angenehmen Gruseln als Lebenselement des Künstlervölkchens vorzustellen liebt.

Mancher Mime, Musikus oder Skribent war, als er um 1930 hierher zog, die letzte Miete seiner möblierten Bude schuldig geblieben. Mancher machte wohl auch jetzt gern einen Umweg, um das Haus Laubenheimer Platz 7 zu meiden; dort schrieb die böse Hausverwaltung ihre Mahnzettel aus. Zuweilen versuchte sie sogar die Exmittierung hartnäckiger Nichtzahler. Dagegen wurde dann mit allgemeiner Aktion protestiert, die gern den Charakter eines vergnügten Volksfestes annahm; durchgeführt wurde die angedrohte Verbannung kaum jemals. … Es waren die Jahre der steigenden Arbeitslosigkeit. Und darin jedenfalls unterschieden die paar hundert Bewohner der Kolonie sich durchaus nicht von allen anderen Berlinern: auch ihnen ging es von Monat zu Monat miserabler.

Es saßen nun viele daheim, ohne rechte Beschäftigung. Sie hielten sich nach Kräften in Form. Vielleicht blieb mancher fremde Spaziergänger hier verwundert stehen, wenn ihm eine Altstimme aus irgendeinem offenen Fenster die räselhafte Mitteilung machte: ‘Barbara saß am Bache und badete…’ Kaum erriet er, daß dort drin eine engagementlose Schauspielerin abwechselnd ihre Zunge geschmeidig hielt und die Kartoffelsuppe abschmeckte.

Bedrohlicher klang Ernst Buschs stählern schneidende Stimme aus einem dritten Stockwerk der Bonner Straße; zehn, fünfzehn Mal wiederholte sie die Anfangszeilen des neuen Brecht-Eisler-Songs:

‘Kommt heraus aus eurem Loche,
das man eine Wohnung nennt …’”

Etwas später im Text beschreibt Eggebrecht die Solidarität in der gemeinsamen Abwehr des Nationalsozialismus Ende 1932 in den letzten Monaten vor Hitlers Machtübernahme:

“Während Parteien, Organisationen, Ministerien und Zeitungen einander noch im Schatten der Lawine bekämpfen, die sie alles miteinander begraben sollte, fanden sich hier draußen Demokraten und Sozialisten, Kommunisten und Katholiken, junge Naive und greise Zyniker zusammen. Sie gründeten einen Selbstschutz. Sie wählten sich einen fünfköpfigen Rat, der monatelang fast etwas wie eine Notdiktatur im rettenden Sinne des alten Roms ausübte.

An Wahltagen standen die drei Blicks rings um den Laubenheimer Platz (nun kurzweg “der rote Block” genannt) wie eine einsame herausfordernde Insel inmitten des brandenden Meeres von Hakenkreuz und Schwarzweißrot, das ganz Steglitz und Wilmersdorf überflutete; hier gab es nur Rot und die drei Farben der demokratischen Republik. Damals erfanden die Kolonisten, lange vor England, das Konvoisystem: von bestimmen späten U-Bahn-Zügen am Bahnhof Breitenbachplatz holten bewaffnete Geleittrupps die einzelnen ab”.

Eggebrecht beschreibt den Überfall der SA im Februar 1933, als hier auf dem damaligen Laubenheimer Platz die Bücher brannten, und er endet mit einem Apell an die junge Generation, sich an die Geschichte der Künstlerkolonie zu erinnern:

“Die Neuen und Jungen aber, die nun Wand an Wand mit diesen Veteranen hausen, kochen, sprechen, singen, dichten, zeichnen und von künftigen Erfolgen träumen, sie sollen wissen, dass die Birken auf dem Platz ein Stück Berliner Geschichte erlebt haben. Vielleicht haben sie den Namen Künstlerkolonie bis heute für eine ungefähre und gleichgültige Bezeichnung gehalten. Er möge sie daran erinnern, dass hier einmal der Geist der wachen, streitbaren Freiheitsliebe sich behauptet, als es ringsum in der großen Stadt, weithin im Lande sich schon wehrlos aufgegeben hatte”.

Ludwig-Barnay-Platz 3

Gedenktafel für Walter Hasenclever, enthüllt 1991

Hier lebte von 1930 bis 1932
WALTER HASENCLEVER
8.7.1890 – 21.6.1940
Lyriker, Dramatiker, Repräsentant der expressionistischen Literatur-Revolte:
“Der Sohn” (1914). 1917 Kleist-Preis.
Kehrte Ende 1932 nicht mehr nach Deutschland zurück,
blieb als Emigrant in Italien und Frankreich.
Nahm sich aus Furcht vor der Auslieferung an die Gestapo
im Internierungslager Les Milles das Leben.

Laubenheimer Straße

Die Laubenheimer Straße wurde 1909 benannt nach der rheinland-pfälzer Gemeinde Laubenheim. Auch der heutige Ludwig-Barnay-Platz wurde damals nach Laubenheim benannt.

Rüdesheimer Straße

Die Rüdesheimer Straße wurde 1909 nach der hessischen Stadt im Rheingau-Taunus-Kreis benannt.

Rüdesheimer Str. 30

Die Grundschule am Rüdesheimer Platz wurde 1955/56 in Pavillon-Bauweise gebaut. Seit 1986 ist die Integration Behinderter möglich. 1998 wurde ein lange umstrittener Erweiterungsbau fertig gestellt.

Rüdesheimer Platz

Der Rüdesheimer Platz wurde ebenfalls 1909 benannt. Er bildet das Zentrum des sogenannten Rheingauviertels, in dem fast alle Straßen nach rheinischen Städten und Gemeinden benannt wurden.

Das “rheinische Viertel” wurde um 1910 geplant und begonnen von Georg Haberland als “Gartenstadt Wilmersdorf”, weitergeführt in den 20er Jahren. Georg Haberland war “Baulöwe”, Direktor der Terrain-Gesellschaft Berlin-Südwest, Mitglied der Wilmersdorfer Gemeindeverwaltung, Berliner Stadtverordneten usw.. Die Wohnsiedlung gilt als vorbildliche Frühform aufgelockerter Bauweise im Grünen.

Der U-Bahnhof wurde 1913 eröffnet, gebaut 1911-1913 von Wilhelm Leitgebel. Georg Haberland kämpfte lange für den Bau der U-Bahn. Sie wurde als Luxus-U-Bahn schließlich durch die Terrain-Gesellschaft gebaut zur Erschließung des “Rheingau”-Viertels, nach Streit mit der Stadt Charlottenburg, die eine Abwanderung gut zahlender Steuerbürger fürchtete.

Georg Haberland hat in seinen Erinnerungen einen Besuch beim Charlottenburger Oberbürgermeister Schusterus beschrieben, der den Bau der U-Bahn ablehnte:

“Als die Referenten des Landwirtschaftsministeriums immer eindringlicher die Gründe der Ablehnung zu erfragen suchten, wurde Schusterus in die Enge getrieben und demonstrierte an Hand der Steuerkarte: In diesem Gebiet wohnen so viel Einwohner mit über einer Million Mark Einkommen, soundsoviel mit über einer Million Mark Vermögen. Wenn die geplante U-Bahn gebaut wird, ziehen in Zukunft mindestens 50% von ihnen nach Wilmersdorf und Dahlem. Die Referenten des Landwirtschaftsministeriums steigerten ihre Angebote immer weiter, und schließlich wurde das Angebot so günstig, dass Schusterus sich selbst nicht mehr traute. Der untersetzten Mann mit dem auffallend großen Kopf und den noch auffallenderen großen, schwarzen Augen sprang auf, schlug mit der Faust auf den Tisch und rief: “Und wenn Sie mir 10 Millionen Mark in Gold auf den Tisch zählen, solange ich Oberbürgermeister von Charlottenburg bin, erhalten Sie keine durchgehende Schnellbahn nach Dahlem.” Beim Abschied bedankte sich Ramm, dass Schusterus seine Ansicht über den hohen Wert einer direkten Schnellbahn für das betreffende Gemeinwesen kundgegeben und mit so dankenswerter Offenheit die Gründe seiner ablehnenden Stellung der Dahlembahn gegenüber aufgedeckt habe.”

Am Ende gab es den Bau der Kurfürstendamm-Linie bis Uhlandstraße (geplant bis Henriettenplatz) als Kompensation. Der U-Bahnhof Rüdesheimer Platz und damit die U-Bahn-Linie von Wittenbergplatz bis Thielplatz wurde 1913 eröffnet, später bis Krumme Lanke verlängert. Das Fest am Thielplatz zur Eröffnung wurde von der damaligen Großstadt Wilmersdorf, der Hochbahn, der Domäne Dahlem und den Terraingesellschaften arrangiert und gemeinsam bezahlt.

Georg Haberland legte Wert darauf, bei dieser Gelegenheit seine Gartenterassenstadt vorzustellen und hatte dafür gesorgt, dass wegen der noch fehlenden Bepflanzung Papierblumen an den Häuser angebracht wurden. Er schreibt darüber:

“Der erste Zug, der die Gäste zum Thielplatz in die Festhalle hinausführte, machte auf der Station Rüdesheimer Platz Halt. Ich saß im Wagen bei den Ministern und erklärte die Gartenterrassen. Wir stiegen aus, und ich führte die Herren durch den fertigen Teil. Kaum je im Leben habe ich ein solches Herzklopfen gehabt, nicht etwa, weil ich vor den vielen hohen Herren in Ehrfurcht erstarb, sondern wegen der Papierblumen, die an den Häusern angebunden waren. Hier sollten sich nämlich Glycinen und Heckenrosen emporranken. Aber so schnell wachsen Rankrosen nicht in die Höhe… Die Herren waren von den schön berankten Häusern begeistert, und ich nahm mit etwas gemischten Gefühlen die Komplimente entgegen.”

Die Wohnhäuser um den Rüdesheimer Platz wurden 1910 – 1914 nach einheitlichen Plänen von Paul Jatzow im Stil einer englischen Landhaussiedlung aber in geschlossener Bauweise mit hohen Dächern, zum Teil unsymmetrischen Erkern und tiefen Vorgärten erbaut. Die 1911 bis 1912 am Rüdesheimer Platz gebauten Wohnhäuser und viele andere im “Rheingau” stehen unter Denkmalschutz.

Siegfried-Brunnen

Der Brunnen nimmt Bezug auf das rheinische Viertel. Er wurde 1911 von Emil Cauer aus Sandstein geschafften und zeigt Siegfried als Rosselenker, flankiert von Rhein und Mosel in menschlicher Gestalt.

Rheingauer Weinbrunnen

Der Rheingauer Weinbrunnen wird hier seit dem 20. Mai bereits im 38. Jahr veranstaltet. Bis zum 8. 9.2004 bieten hier täglich ab 16.00 Uhr Winzer aus unserem Partnerlandkreis Rheingau-Taunus ihre Weine und Sekte an.

Wir pflegen auch im Fusionsbezirk Charlottenburg-Wilmersdorf die auf der Basis einer Patenschaft von 1972 im Jahr 1991 geschlossene Partnerschaft Wilmersdorfs mit dem Landkreis Rheingau-Taunus. Neben dem Weinberg im Stadion Wilmersdorf mit Rebstöcken aus dem Rheingau-Taunus, aus denen die Wilmersdorfer Rheingauperle entsteht, gehört dazu seit 38 Jahren der beliebte Rheingauer Weinbrunnen auf dem Rüdesheimer Platz. Die gebürtige Berlinerin und Rheingauer Winzerin Ingeborg Hirschmann fühlt sich auf dem Rüdesheimer Platz seit 18 Jahren bereits wie zu Hause.

In diesem Jahr präsentieren drei Weingüter ihre Rheingauer Spitzenprodukte: Franz-Josef Hirschmann und sein Nachfolger Basting aus Winkel (20.5.-7.7. und 19.8.-5.9.), Wilhelm Nikolai aus Erbach (8.7.-28.7.) und Ferdinand Abel aus Oestrich (29.7.-18.8.). Am Weinbrunnen kann man den Wein nicht nur genießen und einkaufen, sondern im Gespräch mit erfahrenen Winzern auch eine Menge dazu erfahren und lernen.

Zur Partnerschaft gehört auch seit 1984 der Weinberg im Stadion Wilmersdorf mit Rebstöcken aus dem Rheingau-Taunus, aus denen die Wilmersdorfer Rheingauperle entsteht. Erste Ernte war im Herbst 1986.