Kommunalpolitischer Rundgang am 24.3.2001

Durch Grunewald

Bezirksbürgermeister Andreas Statzkowski

Allgemeines

Im Zusammenhang mit dem Ausbau des Kurfürstendammes zum Prachtboulevard des Berliner Westens entstand seit 1889 an seinem westlichen Ende die Villenkolonie Grunewald. Fürst Bismarck persönlich hatte dafür gesorgt, dass der preußische Fiskus 234 Hektar Waldgebiet an ein Bankenkonsortium verkaufte, das im Gegenzug die Finanzierung des Kurfürstendamm-Ausbaus übernahm.

Das für die Villenkolonie vorgesehene Grunewaldgelände mußte zunächst trockengelegt werden, indem man künstlich die malerischen Grunewaldseen schuf: Diana-, Koenigs-, Hertha- und Hubertussee. 1889 wurden die ersten Grundstücke bebaut, 1899 erhielt Grunewald den Status einer selbständigen Landgemeinde, 1920 wurde sie als Bestandteil des Bezirks Wilmersdorf in das neue Groß-Berlin eingemeindet.

In der Kolonie Grunewald ließen sich Bankiers, Unternehmer, Professoren, erfolgreiche Künstler und Schriftsteller nieder und genossen bis zur Eingemeindung 1920 die Steuervorteile der Landgemeinde Grunewald. Die weltbekannte Opernsängerin Lilli Lehmann war eine der ersten Bewohnerinnen. Walther Rathenau, Max Planck, Alfred Kerr, die Familie Bonhoeffer, Gerhard Hauptmann, Samuel Fischer, Franz und Robert Mendelssohn, die Brüder Ullstein, Vicki Baum, Lion Feuchtwanger und viele andere Persönlichkeiten ließen sich hier nieder, die Kultur, Wissenschaft, Politik und Wirtschaft des ausgehenden Kaiserreichs und vor allem der Weimarer Republik entscheidend prägten. So wurde Grunewald nicht nur ein Wohnviertel für Millionäre, sondern auch ein kulturelles Zentrum.

In ihren Erinnerungsbüchern haben viele prominente Grunewaldbewohner berichtet von prächtigen Soireen, Abendgesellschaften, Lesezirkeln, Wohltätigkeitskonzerten usw. in den großen Villen mitten in ausgedehnten Parkanlagen. Viele davon wurden nach 1945 geteilt und bebaut.

Der jüdische Anteil der Bevölkerung war hier besonders hoch (ca. 1/3). Viele jüdische Repräsentanten des neuen, modernen Berlin zog es seit der Jahrhundertwende in den “Neuen Westen”. Die Nationalsozialisten vertrieben die jüdischen Bürgerinnen und Bürger und zerstörten damit das kulturelle Zentrum Grunewald. Bei der historischen Erforschung Grunewalds stößt man auf Schritt und Tritt auf die deutsch-jüdische Geschichte und die Geschichte ihrer Zerstörung durch die Nationalsozialisten.

In der Zeit nach 1945 wurde der Charakter der Villenkolonie durch Verdichtung und intensive ‘brutale’ Bebauung mit Reihenhäusern und Flachbauten an vielen Stellen beschädigt wenn nicht zerstört. Seit den 80er Jahren konnte – auch durch entsprechende Vorgaben des Bezirksamtes Wilmersdorf durch modernen Villenbau an die Tradition angeknüpft werden. Um denkmalgerechte Erhaltung und Restaurierung von alten Villen möglich zu machen, müssen oft Kompromisse gefunden werden, um eine zeitgemäße Nutzung möglich zu machen.

Bahnhof Grunewald

1879 als Bahnhof Hundekehle eröffnet, seit 1884 “Bahnhof Grunewald”, zunächst vor allem für die Grunewald-Ausflügler aus Berlin gebaut, seit der Jahrhundertwende auch für die Bewohner der Villenkolonie. Das Bahnhofsgebäude wurde 1899 von Karl Cornelius gebaut. Es steht ebenso unter Denkmalschutz wie der Tunnel (1884-85), Bahnsteig 1 (1885) und Bahnsteig 2 (1935)

Seit 18.10.1941 fuhren u.a. von hier (außerdem von Bhf. Putlitzstraße und von Lehrter Stadtbahnhof) Deportationszüge nach Lodz, Riga und Auschwitz und brachten insgesamt mehr als 35.000 jüdische Berlinerinnen und Berliner in die Vernichtungslager, wo die meisten von ihnen ermordet werden. Die Nationalsozialisten haben genaue Listen über die Transporte geführt, auf denen allerdings die Verladebahnhöfe nicht erwähnt sind. Deshalb wissen wir nur von Augenzeugenberichten über einzelne Transporte vom Bahnhof Grunewald. Die großen Transporte mit meist mehr als 1000 Menschen gingen zunächst nach Lodz und Riga, seit Ende 1942 bis Juni 1943 nach Auschwitz. Danach gab es noch bis zum 2.2.1945 kleinere Tranporte, zuletzt am 2.2.1945 mit 11 Opfern nach Ravensbrück.

Mahnmal von Karol Broniatowski am 18.10.1991 enthüllt (Initiative der BVV Wilmersdorf). Es zeigt Negativabdrücke von menschlichen Gestalten in einem Betonblock und informiert (schwer lesbar) daneben auf einer Bronzetafel über die Deportationen.

Mahnmal auf der Gleisanlage von der Deutschen Bahn AG am 27.1.1998 enthüllt. Es besteht aus Eisenbahnschwellen, auf denen die Daten, Bestimmungsorte und Opferzahlen der einzelnen Transporte eingraviert sind. Zugang über die Rampe und von der Unterführung.

Gelände des Güterbahnhofs entlang der Trabner Straße: Die Autoverladestation wurde nach Wannsee verlagert. Es gibt lediglich noch einige Betriebsgebäude (Reinigungsanlagen u.ä.) Baupläne der Deutschen Bahn wurden wegen mangelnden Lärmschutzes und zu hoher Dichte abgelehnt. Voraussichtlich wird eine neue Planung für ca. 250 Wohnungen mehr Chancen haben. Die Erschließungsstraße wird über den Platz am Bahnhof Grunewald und die Rampe laufen.

Der Bahnhofsvorplatz ist in die Kritik geraten (Weg zur BVG-Toilette). Es gibt ein Gutachten und einen Entwurf der Gartendenkmalpflege zur Neugestaltung nach historischen Vorbild. Der Bezirk hat beantragt, das Projekt in das Platzprogramm des Senats aufzunehmen, was dieser abgelehnt hat. Deshalb gibt es derzeit leider keine Realisierungschancen.

Auerbacher Straße (bis 1938 “Auerbachstraße”)

Die Nationalsozialisten änderten den Namen der Straße, die 1898 nach dem jüdischen Schriftssteller Berthold Auerbach benannt worden war, 1938 in Auerbacher Straße nach der sächsischen Stadt im Vogtland. Berthold Auerbach (1812-1882) wurde 1843 mit seinen “Schwarzwälder Dorfgeschichten” zu einem der populärsten deutschen Erzähler. 1859 ließ er sich in Berlin nieder, beschrieb 1863 sehr idyllisch das dörfliche Wilmersdorf.

Eine Rückbenennung des Straßennamens wurde wegen Anwohnerprotesten nicht vorgenommen. Stattdessen erinnert ein Zusatzschild an Berthold Auerbach.

(Auch um andere Straßennamen in Grunewald gab es Streit: Die ehemalige Morgenrothstraße wurde 1938 in Dünkelbergsteig umbenannt, die ehemalige Friedenthalstraße 1938 in Schellendorfstraße, die ehemalige Dunckerstraße 1936 in Seebergsteig; statt Rückbenennnung schuf man Ersatzlösungen: den Julius-Morgenroth-Platz am Hohenzollerndamm und den Friedenthalpark am Halensee; eine Dunckerstraße existiert in Berlin bereits.)

Douglasstraße

(Die Straße wurde 1898 von dem Grunewalder Baumschulbesitzer John Booth, über dessen Grundbesitz die Straße führte, nach dem schottischen Botaniker David Douglas benannt. John Booth war mit Bismarck befreundet und maßgeblich an der Planung und Entwicklung des Kurfürstendammes und der Villenkolonie Grunewald beteiligt.)

(In der Bettinastr.12 lebte bis 1982 Hildegard Knef. Sie musste hier wegen Mietschulden beim Bezirksamt Wilmersdorf ausziehen.)

30

Hier lebte bis 1930 Albert Bassermann (1867-1952), einer der berühmtesten deutschen Schauspieler, emigrierte 1933 mit seiner jüdischen Frau über die Schweiz und Österreich 1938 in die USA. Eine Gedenktafel für ihn gibt es an der Joachim-Friedrich-Str.54, wo er 1930-33 lebte.

Siegfried Jacobsohn (1881-1926), Begründer der Schaubühne (1905), aus der er 1918 die “Weltbühne” machte; lebte hier 1926 ca ½ Jahr bis zu seinem Tod, seine Frau Edith Jacobsohn betrieb hier bis 1933 ihren Verlag Williams & Co. (Emil und die Detektive, Pu der Bär u.a.)

24/28

Villa des Bankiers Julius Erxleben, 1907 von Hart & Lesser gebaut, Baudenkmal, ehmals in bezirklichem Besitz, seit Jahren von der Gesobau vermietet; enthält eine getäfelte Bibliothek, deren Abriss durch das Bezirksamt verhindert wurde, nachdem es durch Anwohnermeldungen darauf aufmerksam gemacht worden war. Das Haus diente in den 50er Jahren als Filmkulisse.

22

Doppelvilla, 1901-02 von von dem Architekten, Maurermeister und Bauherrn Wilhelm Körner, Baudenkmal
Gedenktafel für den Regisseur Friedrich Wilhelm Murnau (“Nosferatu”)

20

Villa, 1898 von Heinrich Franßen (Architekt und Bauherr), Baudenkmal; Franßen hat zwischen 1890 und 1910 ca. 40 Villen in Grunewald gebaut, von denen 19 noch bestehen. sein Enkel, Georg Franßen hat in den letzten Jahren ausdauernd die Villenkolonie erforscht und in Zusammenarbeit mit dem Wilmersdorf Museum mehrere Hefte herausgebracht über die Hausbesitzer der Villenkolonie Grunewald von der Gründungszeit 1889 bis 1943

15/17

Haus für den Rechtsanwalt Prof. Max Epstein, 1922-25 von Oskar Kaufmann, Baudenkmal
Der bekannte Architekt Oskar Kaufmann baute u.a.: Hebbeltheater 1908, Theater am Nollendorfplatz, Volksbühne 1914, Renaissance-Theater 1927. Nach langem Leerstand und Zerfall wurde das Haus nicht sehr denkmalgerecht umgebaut. Es wird privat genutzt (Büros im Erdgeschoss, Wohnen im Obergeschoss).

18

Landhaus des leitenden Siemens-Tehnikers Prof. Dr. Reinhold Rüdenberg, 1924-25 von Breslauer & Salinger, Baudenkmal

11

Villa des Grafen Griebenow, 1912-13 von Hugo Maass, Baudenkmal

12
(/Oberhaardter Weg 32/Gustav-Freytag-Straße 2/4)

Haus des Generaldirektors der I.G.Farben, Dr. Julius Flechtheim, 1928-29 von Otto Rudolf Salvisberg, Baudenkmal, eines der wenigen Beispiele für die architektonische Moderne der 20er Jahre in Grunewald, 1989 vom Land Berlin gekauft, 1992 dem Bezirk Wilmersdorf übertragen. Verkaufsverhandlungen scheiterten, die Villa zerfiel, Millionenschaden, Vorwürfe gegen das Grundstücksamt, Sonderausschuss der Wilmersdorfer BVV, nach Verkauf als Residenz für die irische Botschaft vorbildlich restauriert. Kompromiss: Zusätzlicher Neubau im Garten musste genehmigt werden.

10

Gedenktafel am Zaun für Alfred Kerr (1867-1948). Er lebte hier 1929-1933. Schriftsteller und maßgeblicher Theaterkritiker in Berlin bis 1933. Vor einem Jahr erschien: “Wo liegt Berlin? Briefe aus der Reichshauptstadt” (Zeitungsartikel von Alfred Kerr über Berlin, die 1895-1900 in der Breslauer Zeitung erschienen sind.)
Kerr warnte schon früh in seinen “Tagesglossen” im Rundfunk vor dem Nationalsozialismus.
Seine Tochter Judith Kerr beschrieb in ihrem Buch “Als Hitler mein rosa Kaninchen stahl” die Emigration der Familie. Im ersten Kapitel unterhält sie sich mit ihrer Schulfreundin, mit der sie gemeinsam die Grunewald-Grundschule besuchte:

“Ich dachte, Juden hätten krumme Nasen, aber deine Nase ist ganz normal. Hat dein Bruder eine krumme Nase?”
“Nein”, sagte Anna, “der einzige Mensch in unserem Haus mit einer krummen Nase ist unser Mädchen Bertha, und deren Nase ist krumm, weil sie aus der Straßenbahn gestürzt ist und sie sich gebrochen hat.” Esbeth wurde ärgerlich. “Aber dann”, sagte sie, “wenn du wie alle anderen aussiehst und nicht in eine besondere Kirche gehst, wie kannst du dann wissen, daß du wirklich jüdisch bist? Wie kannst du sicher sein?”

Aus der kindlichen Perspektive beschreibt Judith Kerr die überstürzte Flucht des Vaters im Februar 1933, dem die Familie bald folgte:

“Warum ist Papa so plötzlich weggefahren?”
“Weil ihn gestern jemand angerufen und ihn gewarnt hat, daß man ihm vielleicht den Paß wegnehmen würde. Darum habe ich ihm einen kleinen Koffer gepackt, und er hat den Nachtzug nach Prag genommen – das ist der kürzeste Weg aus Deutschland hinaus.”
“Wer könnte ihm denn seinen Paß wegnehmen?”
“Die Polizei. In der Polizei gibt es ziemlich viele Nazis.”
“Und wer hat ihn angerufen und ihn gewarnt?”
Mama lächelte zum ersten Mal.
“Auch ein Polizist. Einer, den Papa nie getroffen hat; einer, der seine Bücher gelesen hat, und dem sie gefallen haben.”

Kerrs Sohn Michael (1921 in Berlin geboren) wurde als Sir Michael Kerr oberster Richter in Großbritannien.

7/9

Villa Harteneck, Informationstafel am Eingang. 1910-12 gebaut von Adolf Wollenberg für den Chemiefabrikanten Carl Harteneck, Bau- und Gartendenkmal; in der NS-Zeit Privatwohnsitz von Admiral Canaris, vom Wilmersdorfer Gartenbauamt wurde 1985 der Garten restauriert und als öffentlicher Park zugänglich gemacht, während das Haus in Privatbesitz blieb, Botschaftsresidenz Südafrika im Obergeschoss, Blumenkünstler im Erdgeschoss.

Die Parkanlage zeigt sehr schön die Dreiteilung, die für Grunewaldvillenparks typisch war, heute aber kaum noch sonst irgendwo erhalten ist: Im vorderen, repräsentativen Bereich wurde ein Ziergarten angelegt und architektonisch auf das Haus bezogen, hier mit Brunnenanlage in der Mitte und Pergola gegenüber dem Haus als architektonischem Kontrapunkt. Daneben begann früher ein Nutzgarten (Kräuter, Gemüse, Obst), der heute als Grünanlage angelegt ist. An diesen schloss ein Naturgarten mit vielen Bäumen an, der an den Wald erinnert, der sich hier ursprünglich befand.

Der Park ist Teil des bezirklichen Uferwanderweg-Konzeptes, das noch immer nur in Teilen realisiert ist, weil viele Seegrundstücke bisher nicht für einen öffentlichen Weg erschlossen sind. Man kann aber aus dem Garten hinaus die Fontanestraße überqueren und über einen Spielplatz an den Dianasee gelangen. Der Anschluss in die andere Richtung an den Hundekehlesee ist allerdings in absehbarer Zukunft nicht möglich, weil u.a. der Tennisclub Rot-Weiß von seinem Grundstück nichts abgibt.

Nr.3

Australische Botschaft als vorbildlicher exzellenter Neubau des berühmten australischen Architekten Derryl Jackson. Die Botschafterwohnung im 1. OG ist durch eine Brücke mit dem öffentlichen Bereich verbunden.

Gustav-Freytag-Straße

(1909 benannt nach dem Journalisten, Kulturhistoriker und Schriftsteller Gustav Freytag, 1816-1895)

3

Tschechische Botschaftsresidenz in einem umgebauten Altbau

Gottfried-von-Cramm-Weg

(1983 benannt nach dem berühmten Tennisspieler (1909-1976), zuvor Oberhaardter Weg, bis 1939 Joseph-Joachim-Straße nach dem berühmten jüdischen Geiger, an den in Grunewald seit 1967 der Joseph-Joachim-Platz erinnert)

Nr.35

Villa Koncewski, 1923 von Oskar Kaufmann (vgl. Douglasstr. 15-17), Bau- und Gartendenkmal. Vor einigen Jahren denkmalgerechter Ausbau des Hauptgebäudes, als Kompromiss musste mit Zustimmung des Landeskonservators der Abriss des Remisengebäudes erlaubt werden, an dessen Stelle ein Neubau entstand; auf der Rückseite terassenförmig zum Hundekehlesee hin abfallend. Teuer vermietete Wohnungen haben genügend kaufkräftige Interessenten gefunden.

47-55

Tennisanlagen des Lawn Tennis Turnier Club LTTC Rot-Weiß.

Gegründet am 28.4.1897 als Zusammenschluß der Spielvereinigungen Königgrätzer und Lutherstraße. Bisher nie ein Rasenturnier ausgetragen (Lawn = Rasen). Zunächst auf einem Platz Nähe Nollendorfstraße, seit ca. 1900 in Grunewald (Grundstück nach Fürsprache der Prinzessin Louise Sophie von Preußen erhalten für 750.000 Goldmark beim Forstamt. 1907 erste Deutsche Meisterschaften auf der Anlage (Tennisasse: Prenn, Weiß, Henkel, Laver, von Cramm, Bungert, Borg), seit 1979 ausschließlich Damen. Steffie Graf seit 1984 Mitglied des Clubs (1986 Finalsieg über Martina Navratilova)

1996 wurden mit 20 Mio DM aus Lottomitteln ausfahrbare zusätzliche Tribünen gebaut, um die German Open hier zu halten.

Gustav-Freytag-Straße

Koenigsallee

(häufig fälschlicherweise mit ö geschrieben, 1895 benannt nach dem Bankier, Kunstmäzen und Mitbegründer der Villenkolonie Grunewald Felix Koenigs. Er besaß einige Grundstücke in der Villenkolonie)

64

Wird nach langem Leerstand und teilweise problematischer Heim-Nutzung durch das DRK Residenz des türkischen Botschafters.

65

1910 von Walther Rathenau und Johannes Kraaz, Baudenkmal, Gedenktafel am Zaun. Rathenau selbst hat das Haus gemeinsam mit seinem Freund Johannes Kraaz entworfen. Die auffällig schmale Eingangstür wird als Zeichen seiner Einsamkeit gedeutet.

Sein Freund Alfred Kerr schrieb über das “Jagdhaus”:

“Es war beileibe weder schlicht noch ein Jagdhaus – sondern barg im Innern, was das Herz begehrte… Wilhelm kam hier oft vorbei, wenn er nach Potsdam fuhr; Walthers Freunde schoben ihm eine List unter: der Kaiser sollte beim Vorüberfahren aufmerksam werden und nach dem Besitzer des “Jagdhauses” fragen, das in brandenburgischem Spartanertum von den prunkreichen Villen des Grunewalds ruckartig abstach.”

Walther Rathenau (1867-1922) übernahm als Sohn des AEG-Gründers Emil Rathenau als Direktor die Leitung der AEG. Daneben schrieb er philosophische und essayistische Werke (besonders umstritten 1896 “Höre Israel”, wo er den deutschen Juden die vollständige Assimilation empfiehlt) und war politisch in der DDP aktiv, organisierte im Ersten Weltkrieg den Nachschub für das Heer, wurde am 1.2.1921 Reichsaußenminister. Seine Politik der Aussöhnung mit Russland (Rapallo-Vertrag) machte ihm Feinde über die antisemitischen Gegener hinaus. Obwohl er wusste, dass er extrem gefährdet war, lehnte er verschärfte Sicherheitsmaßnahmen für seine Person ab.

Am 24. Juni 1922 wurde er auf dem Weg von seinem Haus ins Außenministerium in der Koenigsallee Ecke Erdener Straße im offenen Wagen ermordet. Die Attentäter überholten sein Auto in der Kurve, schossen auf ihn und warfen eine Handgranate in seinen Wagen. Blutüberströmt wurde er in sein Haus zurückgebracht, wo er kurz danach starb. Ein Gedenkstein am Ort des Attentats erinnert an den Mord.

Seit 1990 geht von dort jährlich am 9. November ein von Schülern gemeinsam mit dem Bezirksamt organisierter Gedenkmarsch zum Bahnhof Grunewald.

Walther Rathenau war lange befreundet mit dem Publizisten Maximilian Harden, der nicht weit entfernt in der Wernerstr.16 wohnte, Am 3.7.1922, nur 9 Tage nach Rathenaus Ermordung, wurde auf Harden unweit seines Hauses in der Wernerstraße ebenfalls ein Attentat von Rechtsradikalen verübt, das er nur knapp überlebte. Harden zog danach in die Schweiz, wo er 1927 an den Folgen des Attentats starb.

59

(Ecke Douglasstr. 2, Landhaus, 1911-12 von Hugo Maass, Baudenkmal)

57a

Problematischer Neubau der Gesobau.

53-55 (Ecke Fontanestraße)

(Gedenktafel für Carl Fürstenberg neben dem Eingang Koenigsalle 53c-e),

Auf dem Seegrundstück wurden in den 50er Jahren vier Reihenhäuser entlang der Koenigsallee gebaut. 1898 bis 1933 lebte hier der Bankier Carl Fürstenberg (1850-1933), Direktor der Berliner Handelsgesellschaft BHG, beteiligte seine Bank am Ausbau des Kurfürstendamms und an der Erschließung der Villenkolonie Grunewald. Die Villenkolonie war sein Lieblingsprojekt, für das er sich persönlich einsetzte. Er ließ sich hier am Dianasee von dem Architekten Ernst von Ihne eine zunächst nur als Sommersitz gedachte Villa bauen, zog aber 1905 ganz in den Grunewald.

Alfred Kerr schrieb:

“Der wirkliche Herr des Hauses war nicht der Finanzmann, sondern Aniela, seine Frau: Polin von fremdartiger Schönheit, aristokratisch, überlegen.”

Sie richtete die legendären gesellschaftlichen Empfänge aus, auf denen Künstler wie Walter Leistikow, Hanns Fechner und Max Klein und Prominente wie Richard Strauss, Gerhart Hauptmann, Max Reinhardt, Walther Rathenau, Maximilian Harden und Alfred Kerr verkehrten. Walter Leistikow bewohnte mehrere Jahre ein Gartenhaus auf dem Grundstück und malte hier seine berühmten Grunewald-Bilder.

Alfred Kerr schreibt über die Empfänge bei den Fürstenbergs:

“Aniela hatte mich im Grunewald bei dem Bildhauer Max Klein kennengelern und in ihr Haus gezogen … Dort waren die Gesellschaften in der Mischung oft recht locker – obschon die Gäste wegen der Tischordnung manchmal tobgrollten.

Gutgekleidete Töchter; leckere Mädel aus üppigem Haus; hübsche Finanzfrauen; Diplomatie; zwischendurch irgendein Fürst Radziwill; eine Sängerin; irgendein Douglas; preußische Minister; Volk, Edle, Füllsel – und Rathenau.”

Aniela Fürstenberg war nicht nur als Berliner “Gesellschaftslöwin” beliebt, sondern auch bekannt für ihr soziales Engagement. Im Charlottenburger Westend gründete sie ein Säuglings- und Mütterheim für mittellose und ledige Mütter.

Hagenplatz

(1934 nach dem Landesforstmeister Otto von Hagen (1817-1880) benannt, zuvor Kurmärker Platz)

Koenigsallee

49

Landhaus der Arztwitwe Margarete Rose, 1939/40 von Hugo Schellenberg gebaut

47

Landhaus für Dr. Eugen Hirschberg, 1906/07 von Max Ravoth

45

Gedenktafel für die Journalistin und populäre Schriftstellerin Vicki Baum (1888-1960), die hier von 1926 bis zu ihrer Übersiedlung in die USA 1931 lebte. Schrieb hier 1929 ihren Erfolgsroman “Menschen im Hotel”. Sie wohnte hier mit ihrem Mann Richart Lert, der Generalmusikdirektor an der Staatsoper Unter den Linden war. Ihre beiden Söhne besuchten das nahegelegene Grunewald-Gymnasium (heute Walther-Rathenau-Gymnasium).

In ihrem Erinnerungsbuch “Es war alles ganz anders” schrieb sie:

“Wir wohnten nahe den Grunewaldseen, und in der warmen Jahreszeit fuhren wir nach einem leichten Frühstück allesamt hinaus, um rasch ein paar Stöße zu schwimmen … Dann brachten wir, mein Mann und ich, die Kinder zur Schule, aber um Himmels willen nie bis an den Eingang: wer im Wagen vorfuhr, war als Dicketuer gezeichnet.”

Zur Verfilmung ihres Romans “Menschen im Hotel” reiste Vicki Baum 1931 nach Hollywood, kehrte noch einmal kurz zurück, entschied sich aber dann wegen des wachsenden Antisemitismus 1932 endgültig zur Übersiedlung in die USA.

30-32

“Löwenpalais”; Galerie Stiftung Starke

Hasensprung

(1898 benannt nach einer Weinlage bei Oestrich-Winkel, westlich von Winkel im Rheingau-Taunus-Landkreis in Hessen; in diesem Teil der Villenkolonie wurden einige Straße nach Weinorten bzw. Weinsorten benannt – angeblich von den Gründern der Villenkolonie beim gemütlichen Treffen in weinseliger Stimmung)

Der Fußgängerweg verbindet Winkler Straße und Koenigsallee. Die Brücke (1920) ist Baudenkmal und bietet einen reizvollen Blick auf Diana- und Koenigssee.

Koenigssee

Der 22.000 m² große Koenigssee wurde 1889 künstlich angelegt und ist Bestandteil der Kleinen Grunewaldseenkette. Ein 515 m langer Abschnitt am Ufer ist als Bestandteil des Uferwanderwegs öffentliche Grünanlage (Koenigsallee 27/33). Als Naturdenkmal geschützt ist eine prächtige Blutbuche (Koenigsallee 27 a).

Die Koenigsalleequerung ermöglicht den Blick auf die Brücke – Koenigsallee und die Besichtigung des Bau- und Gartendenkmals Koenigsallee 20/20 a (Wilhelm Walther, 1912 – 1919). Das Grundstück ist öffentlich zugänglich und bietet einen sehr schönen Ausblick auf den See.

Dianasee

25.000 m² groß, 1889 künstlich angelegt. Von dem geplanten Uferwanderweg, der 680m lang am See enlangführen soll, sind 280 m realisiert. Weil derzeit keine Grundstücke angekauft werden können, stagniert das Projekt.

Winkler Straße

(Schreibweise! 1898 benannt nach dem Weinort Winkel, heute Stadtteil von Oestrich-Winkel im Rheingau-Taunus-Kreis in Hessen)

11

1906 von Hermann Muthesius im englischen Landhausstil für den Ingenieur und Fabrikanten Eduard Bernhard, Bau- und Gartendenkmal. Der Pavillon als Ausguck weist darauf hin, dass ursprünglich von hier aus der Blick auf den Dianasee frei war.

10

1901 von Hermann Solf für den Stahlbauunternehmer und Kommerzienrat Noelle, in den 70er Jahren in ein Mehrfamilienhaus umgebaut

13

1895/96 von Cornelius & Jaehn für den Druckereibesitzer Martin Franz, Baudenkmal

15

1896 Architekt und Bauherr Ewald Becher, Baudenkmal

12

1896/97 von Heimann, Zaar & Vahl für den Arzt Paul Maren. Klassizistischer Bau im Stil der italienischen Renaissance (Toskana). Bis vor einigen Jahren DRK-Wohnheim für Flüchtlingsfrauen, jetzt vorbildlich restauriert und privat genutzt. Neues Beispiel für großbürgerliches Wohnen wie zu Beginn der Besiedlung. (Der Besitzer darf aus Sicherheitsgründen nicht genannt werden.)

14

Privates Krankenhaus

15a

Neubau der norwegischen Botschaftsresidenz, interessanter architektonischer Kontrast, ehemaliges bezirkliches Grundstück.

20

Hier planen die Vereinigten Arabischen Emirate einen Neubau für ihre Botschaft, über dessen Größe noch verhandelt wird. Das Grundstück geht durch bis zum Dianasee.

Bettinastraße

3

Gedenktafel für den Schriftstller und Dramatiker Hermann Sudermann (1857-1928). Er war im Kaiserreich äußerst populär und konnte sich hier neben seinem Schloss Blankensee bei Trebbin seit 1915 die von Otto March erbaute Villa als Sommersitz leisten. Heute ist hier der Sitz der Hermann-Sudermann-Stiftung, das Grab des Dramatikers befindet sich auf dem Friedhof Grunewald an der Bornstedter Straße.

Er litt zeitlebens darunter, dass er von der Theaterkritik nicht ernstgenommen wurde.

Alfred Kerr schrieb über ihn:

“Von allem, was große und echte Überlieferung in unserer Literatur heißt, ist er geschieden; mit allem, was Anempfindung und oberflächliche Mode heißt, ist er eng verknüpft. Wildgewordener Frauenroman ist seine Note. Mit Gerhart Hauptmann (Scherzbolde vergleichen die Beiden) hat er nichts gemein als die letzte Silbe seines Namens.”

4

Gedenktafel für den Verleger Hans Ullstein (1859-1935), der mit seinen Brüder Hermann, Louis, Franz und Rudolf den vom Vater Leopold Ullstein gegründeten Verlag leitete.

Heute: Gemeindepsychiatrische Klinik Eibenhof des DRK

Fontanestraße

8

Gedenktafel für den großen Regisseur Max Reinhardt

Gasthaus Floh am Bahnhof Grunewald

Der Regierende Bürgermeister kehrt hier manchmal nach dem Joggen mit seiner Begleitung ein.