Stolperstein Damaschkestraße 22 (früher Küstriner Str. 10)

Hausansicht Damaschkestr. 22

Hausansicht Damaschkestr. 22

Vor dem Haus Damaschkestraße 22 wurde am 21. August 2006 der Stolperstein für Siegmund Flatow verlegt. Die Stolpersteine für Sarah Spanglet, Manes Spanglet und Helmut Spanglet wurden am 7. April 2022 verlegt.

Stolperstein für Siegmund Flatow

Stolperstein für Siegmund Flatow

SIEGMUND FLATOW
JG. 1884
DEPORTIERT 1942
AUSCHWITZ
ERMORDET

Siegmund Flatow ist am 31. Juli 1884 in Stolp (Pommern) geboren. Sein Vater hieß Moses und nannte sich Moritz, seine Mutter hieß Helene. Siegmund Flatow war ein in Berlin bekannter Humorist und trat als Conferencier auf. Verheiratet war er mit Alwine Kiekebusch – nach den nationalsozialistischen Rassegesetzen „Arierin“. Sie war Chansonsängerin und trat unter dem Künstlernamen Else Busch auf. Das Ehepaar hatte einen Sohn Curth, geboren am 9. Januar 1920 in Berlin, und wohnte in der Suarezstraße 36. Im Adressbuch ließ sich Siegmund Flatow bis 1933 mit dem Zusatz „Impresario“ eintragen. Später wohnten sie in der Küstriner Straße 10 (heute: Damaschkestraße 22), standen allerdings nicht mehr im Adressbuch.

Vor 1939 ist Siegmund Flatow nach Belgien geflüchtet. Im Mai 1940 wurde er unter der deutschen Besatzung verhaftet und in dem Durchgangslager Saint Cyprien in den Pyrenäen interniert. Am 28. August 1942 ist er vom Sammellager Drancy nach Auschwitz deportiert und ermordet worden.

Der Sohn Curth Flatow lebte in Berlin und war ein berühmter Theater-, Film-, Fernseh- und Drehbuchautor. Er hat 2000 in der Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem ein Gedenkblatt für seinen Vater hinterlegt. Am 4. Juni 2011 ist er gestorben.

Quellen: Bundesarchiv; Adressbücher; Unterlagen aus Drancy; Deutsches Filmhaus, Biografien. Literatur: Curt Flatow: Am Kurfürstendamm fing’s an! Berlin 2000.

Biografien von Manes, Helmut und Sara Spranglet

  • English-version-Biography Manes, Sara, Helmut Spanglet. Damaschkestr. 22

    PDF-Dokument (861.9 kB)

Weder über die Geschehnisse noch über die Gefühle im Zusammenhang mit unserer Familiengeschichte, den Deportationen und ermordeten Familienangehörigen wurde nach dem Krieg gesprochen. Deshalb ist das Wenige, das wir heute wissen und verstehen, unendlich kostbar für uns.

Es gab sie. Und sie sind nicht vergessen. Darum wollten wir mit den Stolpersteinen an der zuletzt von ihnen freiwillig gewählten Adresse die Erinnerung an unsere Großeltern Manes und Sara und an unseren Onkel Helmut Spanglet wachhalten.

Stolperstein Manes Spanglet

Stolperstein für Manes Spanglet.

HIER WOHNTE
MANES SPANGLET
JG. 1883
DEPORTIERT 14.11.1941
MINSK
ERMORDET

Manes Spanglet wurde im November 1883 in Jaswin, Galizien geboren. Sara (Salome) Spanglet, geb. Pufeles, wurde 1890 geboren und stammte aus Krakau. 1915 haben sie geheiratet und eine Wohnung in der Prinzregentenstraße in Wilmersdorf bezogen. Manes war Elektroingenieur und besaß zusammen mit einem nicht-jüdischen Partner eine kleine Firma, “Spanglet und Müller”.
Sara war Hausfrau. Zusammen hatten sie drei Kinder, Heinz-Günther (geb. 1917), Helmut (geb. 1923) und Gisela (geb. 1925). Im Arolsen Archiv findet sich ein Dokument vom Standesamt I, Berlin Halensee, demzufolge Manes und Sara am 14. November 1941 mit dem V. Transport nach Minsk deportiert wurden. Weitere Dokumente deutscher Behörden zum Schicksal der Eltern sowie ihres Sohnes Helmut gibt es nicht.

  • Manes und Sara (Salome) Spanglet, ca. 1919

    Manes und Sara (Salome) Spanglet, ca. 1919

  • Sara Spanglet, ca. 1915

    Sara Spanglet, ca. 1915

  • Manes Spanglet, ca. 1935

    Manes Spanglet, ca. 1935

  • Heinz-Günther mit Helmut und Baby Gisela 1925

    Heinz-Günther mit Helmut und Baby Gisela 1925

Stolperstein Helmut Spanglet

Stolperstein für Helmut Spanglet.

HIER WOHNTE
HELMUT SPANGLET
JG. 1923
DEPORTIERT 14.12.1942
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Helmut Spanglet war 19, als er deportiert wurde, aber wir wissen nicht, wie und wo er starb. Wir wissen nur, dass er von seinen Eltern in der Küstriner Straße 10 (heute Damaschkestraße 22) getrennt wurde und im Jugendheim in der Rosenthaler Straße 26 lebte. Von dort hat ihn die Gestapo am 14. Dezember 1942 mit dem 25. Osttransport nach Auschwitz deportiert.

Helmut Spanglet, 1939

Helmut war der ältere Bruder von Gisela (verheiratete Eisner), die mit dem ersten Kindertransport im November 1938 von Berlin nach England geschickt wurde. Und er war der jüngere Bruder von Heinz-Günther Spanglet (der später in England den Namen Stephen Patrick Dale annahm), der 1934, als 17-Jähriger, von der Gestapo für Anti-Nazi-Aktivitäten verhaftet und unter der Bedingung freigelassen wurde, Berlin sofort zu verlassen. Heinz-Günther ging daraufhin zur Handelsmarine nach Hamburg. 1938, als er trotz der früheren Auflagen nach Berlin zurückkehrte, wurde er von der Gestapo erneut verhaftet und in Sachsenhausen inhaftiert. Er kam irgendwann frei und verließ Deutschland, um mit seiner Schwester Gisela in England zu leben, die von einer christlichen Pflegefamilie mit Kindern im ähnlichen Alter aufgenommen worden war. Nach Kriegsbeginn aber internierten ihn die englischen Behörden als “feindlichen Ausländer” in Australien.

  • Gisela, Heinz-Günther und Helmut 1932

    Gisela, Heinz-Günther und Helmut 1932

  • Heinz-Günther mit Gisela mit Freunden

    Heinz-Günther mit Gisela mit Freunden

  • Helmut, Gisela, eine von Saras Schwestern und Heinz-Günther in Berlin 1938

    Helmut, Gisela, eine von Saras Schwestern und Heinz-Günther in Berlin 1938

Aus der Korrespondenz zwischen Dr. Vera Lachmann, der Schulleiterin der kleinen jüdischen Privatschule im Grunewald, mit ihrer früheren Schülerin Gisela im Jahr 1939 wissen wir, dass es Versuche gegeben hat, für Helmut eine Arbeitserlaubnis in der Landwirtschaft zu erwirken, um ihm noch eine Einreise nach England zu ermöglichen.

Nach dem Ende des Krieges mussten Gisela und Stephen davon ausgehen, dass ihr Bruder Helmut wie auch ihre Eltern Manes und Sara nicht überlebt haben. Beide blieben in England und gründeten dort ihre eigenen Familien.

Text: Harriet Eisner, Tochter von Gisela Eisner (Spanglet), und Caroline Dale, Tochter von Stephen Dale (Heinz-Günther Spanglet), die Enkelinnen von Manes und Sara und Nichten von Helmut.
London, Juli 2022.
Fotos: Privatbesitz.
Übersetzung: Gisela Just

Stolperstein Sarah Spanglet

Stolperstein für Sarah Spanglet

HIER WOHNTE
SARAH SPANGLET
GEB. PUFELES
JG. 1890
DEPORTIERT 14.11.1941
MINSK
ERMORDET