Stolpersteine Jenaer Str. 24

Hauseingang Jenaer Str.24, Foto: J.Held, 27.07.2011

Hauseingang Jenaer Str.24, Foto: J.Held, 27.07.2011

Diese Stolpersteine wurden am 22.06.2011 verlegt.

Stolperstein für Walter Friedlaender, Foto: J.Held, 27.07.2011

Stolperstein für Walter Friedlaender, Foto: J.Held, 27.07.2011

HIER WOHNTE
WALTER
FRIEDLAENDER
JG. 1893
DEPORTIERT 26.11.1943
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Stolperstein für Margarete Friedlaender, Foto: J.Held, 27.07.2011

Stolperstein für Margarete Friedlaender, Foto: J.Held, 27.07.2011

HIER WOHNTE
MARGARETE
FRIEDLAENDER
GEB. RAU
JG. 1863
DEPORTIERT 24.7.1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 17.8.1942

Stolperstein für Clara Friedlaender, Foto: J.Held, 27.07.2011

Stolperstein für Clara Friedlaender, Foto: J.Held, 27.07.2011

HIER WOHNTE
CLARA
FRIEDLAENDER
GEB. FRIEDLAENDER
JG. 1863
DEPORTIERT 24.7.1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 29.8.1942

Stolperstein für Clara Bernstein, Foto: J.Held, 27.07.2011

Stolperstein für Clara Bernstein, Foto: J.Held, 27.07.2011

HIER WOHNTE
CLARA BERNSTEIN
GEB. FÜRST
JG. 1888
DEPORTIERT 4.11.1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 16.5.1944
AUSCHWITZ

Lebensdaten der ehemaligen Bewohnerinnen und Bewohner der Jenaer Str. 24
entnommen aus den Akten der Oberfinanzdirektion des Landesarchivs Berlin – Brandenburg in Potsdam und den Akten des Entschädigungsamtes Berlin Wilmersdorf beim Bürgeramt, Fehrbelliner Platz 1
Text von Kerstin Leitner

Walter Friedländer
Walter Friedländer arbeitete zunächst im elterlichen Geschäft, das die Nazis schon 1934/5 der Familie wegnahmen. Er arbeitete dann bei ostpreußischen Firmen als kaufmännischer Angestellter und hatte offenbar ein recht gutes Einkommen. Seit 1925 verheiratet mit Martha, einer Nichtjüdin, verließ er mit ihr Ostpreußen und zog 1937 nach Berlin. Er hoffte, dass dort der antisemitische Druck geringer sei. Leider traf dies nicht zu. Die Firma, für die er als Handelsvertreter tätig war, entließ ihn. Das Geschäft, das er im Namen seiner Frau eröffnete, einen Papier- und Tütenvertrieb, musste er schließen, nachdem den Behörden seine jüdische Abstammung zur Kenntnis kam. Im Januar 1941 wurde Herr Friedländer zur Zwangsarbeit verpflichtet. Im Oktober 1942 musste das Ehepaar die Wohnung in der Jenaer Straße 24 räumen. Offensichtlich fanden sie Unterschlupf in der Motzstraße 86. Am 28.2.1943 wurde er verhaftet und in der Rosenstraße gefangen gehalten. Der Protest der nichtjüdischen Ehefrauen, an dem seine Frau Martha teilnahm, bewirkte am 10.3.1943 seine Freilassung. Aber bereits am 25.3.1943 wurde er wieder verhaftet. Er hatte einer Cousine geholfen, die illegal in der Heilbronner Straße 26 wohnte, einen Koffer zu tragen. Der Hausmeister, der dies beobachtete, denunzierte ihn. Friedländer wurde in ein Lager in Großbeeren gebracht und von dort nach Auschwitz deportiert. Einige Monate später erhielt seine Frau Martha die Benachrichtigung von der Lagerleitung in Auschwitz, dass ihr Mann an Herz-Kreislaufversagen gestorben sei.

Martha Friedländer , Jahrgang 1898, überlebte den Krieg und wohnte bis zu ihrem Tod 1954 in der Jenaer Straße 4 zur Untermiete. Da sie keine Ausbildung hatte und wohl auch keiner bezahlten Tätigkeit nachgegangen war, stand sie vor dem Nichts. Darüber bekam sie Brustkrebs. Die Akte zeigt ihren Kampf um Rente und Entschädigung. Die Militärbehörden und später die Berliner Verwaltung sprachen ihr immerhin eine bescheidene Erwerbsunfähigkeitsrente und später eine Witwenrente von 170 DM monatlich zu. Für ihr möbliertes Zimmer bezahlte sie 50 DM. Ihr Vermieter teilte ihr mit, dass 15 Prozent des Mietpreises dazu kämen, sobald Heizung und Warmwasser zur Verfügung stünden. Aber angesichts ihrer Krankheit und sonstiger Lebenshaltungskosten blieb weder genug, um sich eine Existenz aufzubauen, noch um eine vernünftige medizinische Behandlung zu bekommen. Martha Friedländer starb im April 1954 mit knapp 56 Jahren. Bei ihrem Tod standen noch 1057,57 DM von der Entschädigung, die ihr auf ihren Antrag vom Oktober 1952 im Dezember 1952 zugesprochen worden waren, zur Auszahlung an. Ihre Erben, ein Bruder und eine Halbschwester, erhielten 1962 als Entschädigung für die Judenvermögensabgabe, die Marthas Schwiegermutter 1939 hatte entrichten müssen, 650,- DM.
Beide Erben waren der Meinung, dass ihre Schwester so jung starb wegen der enormen seelischen und physischen Belastungen, die sie erlitten hatte. Ein Amtsarzt war anderer Meinung: Er attestierte, dass Frau Friedländers Krebserkrankung auf erbliche Veranlagung zurückginge.

Margarete Friedländer
Frau Friedländer stammte aus einer wohlhabenden Familie in Osterode/Ostpreußen, die ein Kaufhaus besessen hatte. Sie war 1937 als Witwe zu ihrem Sohn Walter und dessen Frau Martha in die Jenaer Straße 24 nach Berlin gezogen. Ihre wohl unverheiratete Schwägerin Clara wohnte dort auch. Sie bewohnte ein möbliertes Zimmer bei ihrem Sohn und der Schwiegertochter. Sie hatte keinen eigenen Hausstand mehr, als sie bei ihrem Sohn Unterschlupf fand. 1940 verkaufte sie unter erheblichem Druck der lokalen Verwaltung und zu einem herabgesetzten Preis ein Grundstück in Osterode. Der Kauferlös wurde bei einem Berliner Rechtsanwalt hinterlegt. 1939 musste Frau Friedländer eine Judenvermögensabgabe von 3250,- Reichsmark zahlen. Was mit dem restlichen Geld, etwa 25000,- Reichsmark passiert ist, kann den Akten nicht entnommen werden.
Anfang Juli 1942 wurden Margarete Friedländer und ihre Schwägerin verhaftet und zur Sammelstelle in der ehemaligen Synagoge an der Großen Hamburger Straße 26 gebracht. Von dort wurden sie am 24.7.1942 ins Ghetto nach Theresienstadt deportiert, wo beide im folgenden August ums Leben kamen. Vor ihrer Deportation wurde ihr noch am 1.7.1942 vom Gerichtsvollzieher eine Urkunde in die Große Hamburger Straße 26 zugestellt, dass ihr gesamtes Vermögen eingezogen wurde. Erst im Nachhinein, am 18.7. 1942 (sechs Tage vor ihrer Deportation), unterschrieb Frau Friedländer eine Vermögenserklärung. Offensichtlich hatte jemand bemerkt, dass die Akte nicht vollständig war. Frau Friedländer und ihre Schwägerin waren beide 79 Jahre alt, als sie deportiert und getötet wurden.

Clara Bernstein
Zum Zeitpunkt ihrer Verhaftung wohnte Frau Bernstein bei ihrem Vater zur Untermiete in der Duisburger Straße 8. Vermutlich musste sie im Oktober 1942, wie andere jüdische Familien, ihre Wohnung in der Jenaer Straße 24 räumen. Sie war geschieden von einem Schlachtermeister und hatte als Köchin gearbeitet. Als sie von der Gestapo verhaftet wurde, war sie arbeitslos und Ihr Vater ernährte sie von einer kleinen Kriegsversehrtenrente mit. Eine Schwester war in Palästina, ihr Bruder war im 1. Weltkrieg gefallen. Obwohl sie laut Vermögenserklärung keine Wertgegenstände besaß, stellte ihr die Gestapo am 1.11.1942 eine Verfügung in die Große Hamburger Str. 26 zu, in der ihr mitgeteilt wurde, dass ihr gesamtes Hab und Gut eingezogen worden sei. Frau Bernstein wurde am 4.11.1942 ins Ghetto nach Theresienstadt deportiert. Sie war wohl kinderlos und es gibt keine überlieferten Angaben, was mit ihr nach der Deportation geschehen ist. Es ist als sicher anzunehmen, dass sie in Theresienstadt umgebracht wurde.