Veranstaltungsreihe 2017: Was war die Stasi?

Funktion, Tätigkeit und Bedeutung

Mehr als ein Vierteljahrhundert nach dem Ende der DDR wird die Staatssicherheit neu in den Blick genommen und aus verschiedenen Perspektiven betrachtet. Detail an Detail zu reihen und fehlenden Sensationen nachzujagen, lohnt nicht länger. Stattdessen ist es an der Zeit, den historischen, juristischen und gesellschaftlichen Ort der Stasi zu bestimmen.

In der neuen Reihe wird die Herkunft der Stasi behandelt. Was prägte sie? Waren es die sowjetischen Geheimpolizeien, ihre zaristischen Vorläufer oder die Gestapo? Was war die DNA der Stasi? Auch die rechtliche Stellung der Geheimpolizei wird offengelelgt. Wieso dominierte sie die Justiz? War die Staatssicherheit wirklich allmächtig? Und wo lagen ihre Grenzen?

Die Stasi prägte ebenfalls die DDR-Gesellschaft. Die Folgen der umfassenden und unbegrenzten Tätigkeit der Geheimpolizei werden beleuchtet. Gab es eine eigene “Lebenswelt” der Stasi-Angehörigen? Welche Wirkungen hatte die im Verhältnis größte Geheimpolizei der Welt auf die Landesbewohner? War die DDR ein Stasi- oder Nischen-Staat? Oder beides?

Im Kalten Krieg war die Stasi ein wichtiges Instrument. Welche Bedeutung hatte für sie der Ost-West-Gegensatz? Gab es Spionage, Entführungen und Propaganda nicht auch auf der Gegenseite? Welchen Einfluss hatte die Stasi in West-Berlin, das sie als “Aquarium westlicher Dekadenz” betrachtete, und wo es nur so von ihren Agenten wimmelte?

Auf Grund der Entspannungspolitik kam es durch den KSZE-Prozess in den 1970er Jahren zu Veränderungen. An die Stelle von Schauprozessen traten Zersetzungsmaßnahmen. Aber waren sie eine Erfindung der Stasi? Gab es nicht auch unter anderen Regimen Konzepte zur Verunsicherung und Einschüchterung von Kritikern und Oppositionellen?

Donnerstag, 26. Oktober 2017, 19 Uhr

Ort: Rathaus Mitte, Robert-Havemann-Saal, Karl-Marx-Allee 31, Berlin-Mitte

„Heißes Herz, kühler Kopf, saubere Hände …“ – Korruption und Verfall in der Stasi

Es ist wenig bekannt, dass in der Stasi die Korruption grassierte. Das galt nicht nur für Sonderbereiche wie die des Obristen Wurm und seines „Nachfolgers“ Schalck-Golodkowski. Auch im normalen Alltag bauten sich Stasi-Offiziere Luxusvillen, gegen die die Häuser in Wandlitz unscheinbar waren. Beim Einsatz von Spitzeln wurden laufend Zahlungen – auch in Devisen – unterschlagen. Mielke kritisierte den Prunk seiner „Bezirksfürsten“ – tat aber nichts dagegen.

Impulsreferat:
Dr. Klaus Bästlein, Historiker und Jurist, Referent beim Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen

Diskussion:

  • Jan Eik, Diplom-Ingenieur und Schriftsteller, Berlin
  • Prof. Dr. Bernd Stöver, Historiker, Universität Potsdam
  • Dr. Klaus Bästlein

Moderation:
Gerald Endres, Dokumentarfilmer, Klein-Machnow

In Kooperation mit der Robert-Havemann-Gesellschaft und dem Deutsch-
Russischen Museum

Donnerstag, 16. November 2017, 19 Uhr

Ort: Vertretung des Freistaats Thüringen beim Bund, Mohrenstraße 64, Berlin-Mitte

Allwissend und hilflos? Die Stasi im Herrschaftsgefüge des SED-Staates

Die Kenntnisse der Stasi über die Unzufriedenheit und die Versorgungsengpässe waren umfassend. Sie wurden in Berichten und Meldungen auch weitergegeben. Dennoch regierte der riesige Apparat am Ende der DDR zunehmend hilflos. Wieso wurde die Stasi trotz all ihres Wissens handlungsunfähig? Welche Stellung hatte sie im SED-Staat tatsächlich? Und warum konnte die Bevölkerung das Regime aus den Angeln heben?

Diskussion:

  • Dr. Jens Gieseke, Historiker, Abteilungsleiter beim Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam
  • Ronny Heidenreich, Historiker, Mitarbeiter der Historikerkommission zur Erforschung der Geschichte des BND
  • Prof. Dr. Jens Reich, Molekularbiologe, 1989 im Neuen Forum aktiv, Mitglied der frei gewählten Volkskammer

Moderation:
Prof. Dr. Daniela Münkel, Historikerin, Projektleiterin beim Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen

In Kooperation mit der Robert-Havemann-Gesellschaft

Mittwoch, 6. Dezember 2017, 19 Uhr

Ort: Berliner Landeszentrale für politische Bildung, Amerika-Haus, Hardenbergstr. 22-24, Berlin-Charlottenburg

Was bleibt? Die Staatsssicherheit und die Zukunft der „Dienste“

Die Staatssicherheit ist Vergangenheit, aber die Geheimdienste haben Konjunktur. Es erfolgt eine nahezu ungebremste Aufrüstung. Dabei gibt es durchaus Gemeinsamkeiten zwischen den klandestinen Staatsorganen vor und nach 1990. Wo unterscheiden sich also insoweit Rechts- und Unrechtsstaat? Was ist mit den vielen Skandalen? Werden die Geheimdienste in der Bundesrepublik wirklich hinreichend kontrolliert?

Diskussion:

  • Clemens Binninger, Vorsitzender des letzten NSU-Ausschusses
  • des Bundestages und der Konferenz der Parlamentarischen Kontrollgremien
  • Dr. Helmut Müller-Enbergs, Historiker
  • Winfriede Schreiber, Juristin, 2004 bis 2013 Leiterin des Verfassungsschutzes in Brandenburg
  • Wolfgang Wieland, Jurist, stellv. Mitglied des letzten G 10-Kommission des Bundestags

Moderation:
Harald Asel, Journalist beim rbb-Inforadio

In Kooperation mit der Berliner Landeszentrale für Politische Bildung und der Robert-Havemann-Gesellschaft

Bisherige Veranstaltungen:

25. Januar 2017

Erich Mielke – das Gesicht der Stasi

Die Veranstaltung soll den historischen Ort der Stasi bestimmen. Es geht daher weniger um den stalinistischen Spießer Mielke als um die Stellung der DDR-Geheimpolizei im 20. Jahrhundert. Die Person Mielkes wird daher als Spiegel geheimdienstlicher Tätigkeit betrachtet. Der Schwerpunkt liegt bei der Stasi, der Mielke sein Gesicht gab.

Vortrag:
Dr. Klaus Bästlein (Historiker und Jurist, Referent beim Berliner Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen)

Diskussion:
  • Dr. Klaus Bästlein
  • Dr. Heribert Schwan (Journalist und Mielke-Biograf)
  • Prof. Dr. Bernd Stöver (Historiker, Potsdam)

Moderation:
Harald Asel (Journalist, RBB-Inforadio)

In Kooperation mit der Robert-Havemann-Gesellschaft und dem RBB-Inforadio

23. Februar 2017

Lehrzeiten – Die Stasi unter Anleitung des MGB

Die sowjetische Geheimpolizei verfügte in Deutschland 1946 über 2.600 Mitarbeiter und 15.000 Mann Wachsoldaten. Der MGB (russische Abkürzung von “Ministerium für Staatssicherheit”) baute auch die DDR-Staatssicherheit auf. Sie wurde ab Ende 1948 aus den politischen Kommissariaten 5 der Kriminalpolizei und politisch zuverlässigen Mitarbeitern der SED gebildet. Die offizielle Gründung erfolgte am 8. Februar 1950 mit rund 1.100 Hauptamtlichen. Bis 1957 leiteten MGB bzw. KGB die Staatssicherheit unmittelbar an. Die Stasi wurde so zu einem Kind der sowjetischen Geheimpolizei. 1957 zählte sie schon über 16.000 Mitarbeiter. Die geringe Qualifikation der neuen Geheimpolizisten ging oft mit Brutalität einher.

Vortrag:
Nikita Petrov (Historiker, 2. Vorsitzender Memorial Moskau)

Diskussion:
  • Nikita Petrov
  • Dr. Ines Reich (Historikerin, Leiterin der Gedenk- und Bildungsstätte Leistikowstraße, Potsdam)
  • Dr. Ann-Kathrin Reichardt (Wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen)

Moderation:
Dr. Jörg Morré (Historiker, Direktor des Deutsch-Russischen Museums)

In Kooperation mit dem Deutsch-Russischen Museum

Mittwoch, 29. März 2017, 19 Uhr

Kader für die Firma – Personalentwicklung und Lebenswelt der Stasi

Die Stasi war keine rote Gestapo. Anders als die westdeutschen “Dienste” rekrutierte sie neues Personal. Das führte zu vielen Problemen. Dann setzte ein ungeheures Wachstum ein. Die Staatssicherheit wurde im Verhältnis zur Bevölkerung die größte Geheimpolizei der Welt. Dabei entwickelte sich eine eigene Lebenswelt.

Vortrag:
Dr. Jens Gieseke (Historiker, Abteilungsleiter beim Zentrum für Zeitgeschichtliche Forschung, Potsdam)

Diskussion:
  • Dr. Jens Gieseke
  • Ruth Hoffmann (Journalistin, Hamburg (Autorin des Buches “Stasi-Kinder”))
  • Dr. Uwe Krähnke (Historiker, Universität Leipzig)

Moderation:
Dr. Falco Werkentin (Soziologe, Berlin)

In Kooperation mit der Robert-Havemann-Gesellschaft

Mittwoch, 26. April 2017, 19 Uhr

Stasi im Kalten Krieg – Spionage, Entführungen und Propaganda

Die Stasi war ein wichtiges Instrument der SED im Kalten Krieg. Ihre verschiedenen Tätigkeitsfelder sollen näher behandelt werden. Das Repertoire reichte von der klassischen Spionage über brutalen Menschenraub bis zur antiwestlichen Propaganda. Dazu wurden nicht nur Dokumente gefälscht, sondern sogar ernste Zwischenfälle inszeniert.

Vortrag:
Prof. Dr. Bernd Stöver (Historiker, Universität Potsdam)

Diskussion:
  • Prof. Dr. Wolfgang Krieger (Historiker, Mitglied der Kommission zur Geschichte des BND, Marburg)
  • Dr. Susanne Muhle (Historikerin, Gedenkstätte Berliner Mauer)
  • Prof. Dr. Daniela Münkel (Historikerin, Projektleiterin beim Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen)
  • Prof. Dr. Bernd Stöver

Moderation:
Margit Miosga (Journalistin, Berlin)

In Kooperation mit dem DDR-Museum, dem Deutsch-Russischen Museum und der Gedenkstätte Berliner Mauer

Mittwoch, 31. Mai 2017, 19 Uhr

Vor 50 Jahren: Der Tod des Benno Ohnesorg – Die Stasi in West-Berlin

Trailer:
Ute Bönnen / Gerald Endres (Filmemacher, Kleinmachnow; Ausschnitte aus ihrer RBB-Fernsehdokumentation “Die Stasi in West-Berlin”)

Vortrag:
Dr. Helmut Müller-Enbergs (Historiker, Projektleiter beim Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen)

Diskussion:
  • Dr. Maria Nooke (Historikerin, Leiterin der Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde)
  • Dr. Helmut Müller-Enbergs
  • Dr. Falco Werkentin (Soziologe, Berlin)

Moderation:
Harald Asel (Journalist, RBB-Inforadio)

In Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung und dem RBB-Inforadio

Mittwoch, 28. Juni 2017, 19 Uhr

Gegen PID und PUT: “Zersetzung” als Strategie infolge der KSZE

Die Stasi kämpfte gegen die “Politisch-Ideologische Diversion” (PID) und die “Politische Untergrund-Tätigkeit” (PUT). Im Zuge der KSZE wurde die direkte Repression schwieriger und die “Zersetzung” zum bevorzugten Kampfmittel. Die “Zersetzung” war aber keine Erfindung der Stasi, sondern gehörte stets zum Repertoire der Geheimdienste.

Vortrag:
Hans-Hermann Lochen (Jurist, Ministerialrat im BMJ a. D.)

Diskussion:

  • Rainer Eppelmann (Theologe, DDR-Oppositioneller und von Zersetzungsmaßnahmen Betroffener, Berlin)
  • Hans-Hermann Lochen
  • Dr. Gerhard Sälter (Historiker und Mitarbeiter im Projekt zur Geschichte des BND)

Moderation:
Prof. Dr. Axel Klausmeier (Historiker, Direktor der Stiftung Berliner Mauer)

In Kooperation mit der Gedenkstätte Berliner Mauer und der Robert-Havemann-Gesellschaft

Mittwoch, 27. September 2017, 19 Uhr

Ort: Gedenkstätte Berliner Mauer, Bernauer Str. 119, Berlin-Wedding

Die Hauptabteilung IX – Recht als Instrument der Stasi

Als „Untersuchungsorgan“ bildete die Hauptabteilung IX das Herzstück der Stasi. Hier wurden in politischen Fällen Prozesse inszeniert, Anklagen konstruiert und Urteile präjudiziert. Die Stasi ermittelte und gab dann den Staatsanwaltschaften die Anklagen und den Gerichten die Urteile vor. Die „Hauptabteilung IX“ galt als Elite der Stasi. Erich Mielke fühlte sich ihr stets besonders verbunden.

Vortrag:
Dr. Roger Engelmann (Historiker)

Diskussion:

  • Dr. Roger Engelmann
  • Hans Hermann Lochen (Jurist)

Moderation:
Dr. Gerhard Sälter (Historiker)

In Kooperation mit der Gedenkstätte Berliner Mauer und dem Forum Recht und Justiz im Kammergericht

Sonderveranstaltung:

Donnerstag, 15. Juni 2017, 19 Uhr

Staatssicherheit an der Charité

Begrüßung:
Dr. Klaus Bästlein (Referent beim Berliner Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen)

Buchvorstellung:
„Staatssicherheit an der Charité“
Dr. Jutta Begenau (Medizin-Soziologin und Autorin)

Kurzvortrag „Die Charité zwischen Selbstreinigung und Auflösung 1990–95“
Prof. Dr. em. Harald Mau (Facharzt für Kinderchirurgie, 1990–95 Dekan der Medizinischen Fakultät, Mitglied des Vorstandes der Ärztekammer Berlin)

Podiumsgespräch über die Stasi an der Charité und deren Aufarbeitung
Teilnehmer:

  • Dr. Jutta Begenau
  • Prof. Dr. Harald Mau
  • Dr. Helmut Müller-Engbers (Historiker und Stasi-Experte)
  • Moderation:
    Prof. Dr. Sabine Schleiermacher (Medizin-Historikerin an der Charité)