_von: Helmut Lölhöffel, Stolpersteine-Initiative Berlin Charlottenburg-Wilmersdorf_
Drei Jahre lang musste sie aus ihrem Fenster zusehen, wie tausende Berliner Jüdinnen und Juden am Bahnhof Grunewald in die Deportationszüge getrieben wurden – bis sie selbst dran war. Frida Kalischer wohnte in der Auerbachstraße 2, direkt am Bahnhofsvorplatz. Seit dem 18. Oktober 1941 rollten vom Gleis 17 täglich die Züge nach Theresienstadt und Auschwitz, nach Riga oder Minsk, insgesamt waren es 180 mit mehr als 50.000 Menschen.
Die am 12. März 1883 in Berlin geborene Frida Kalischer war Schriftstellerin, unter anderem verfasste sie das unter dem Pseudonym Fried Kalser 1920 erschienene Buch „Stern über der Schlucht“. Mit ihrer umfangreichen wertvollen Bibliothek zog sie 1939/40 in eine ruhige Wohnung im „Nickel’schen Haus“ am Rande des Grunewalds. Doch das Idyll hielt nicht lange, es wurde zum Haus des Grauens. Erschrocken und tatenlos musste sie aus nächster Nähe mit erleben, wie fast jeden Tag ein Zug, vollgepresst mit Juden, vom Gleis 17 in die Mordlager nach Osten abfuhr.
Schließlich wurde sie selbst abgeholt: Am 14. Dezember 1942 musste sie einen Waggon besteigen, der nach Auschwitz startete. Dort ist Frida Kalischer im Alter von 60 Jahren am Silvestertag 1943 ermordet worden.
Die heutigen Bewohnerinnen und Bewohner der Auerbachstraße 2 hatten sich als ihren Beitrag zum 73. Jahrestag des Beginns der Deportationen vom Bahnhof Grunewald ausgedacht, zu Ehren von Frida Kalischer am Hauseingang einen Stolperstein verlegen zu lassen. Zum Gedenken hatte sich der Berliner Kultur-Staatssekretär Tim Renner angesagt.