Editorial

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in diesem Sommer schauten die Berlinerinnen und Berliner erst nach Österreich und in die Schweiz und dann nach Peking. In den Alpenrepubliken fand die Fußball-Europameisterschaft statt, bei der die deutsche Mannschaft nach großer Leistung erst im Endspiel unterlag. Anschließend feierten Trainer und Spieler das gute Abschneiden mit ihren Fans vor dem Brandenburger Tor. Bei den Olympischen Spielen in Peking waren Berliner Athleten sehr erfolgreich. Sie holten vier Gold-, eine Silber- und drei Bronze-Medaillen. Ein schöner Erfolg. Und nicht der einzige Anlass zum Feiern, wie auch diese Ausgabe von aktuell beweist.

So schaut das Märkische Museum in diesem Jahr auf sein 100-jähriges Bestehen zurück. Das von Stadtbaurat Ludwig Hoffmann errichtete Gebäude am Cöllnischen Park verbreitet inzwischen selbst eine museale Aura. Deshalb soll es jetzt grundlegend renoviert und mit dem benachbarten Marinehaus einen Erweiterungsbau erhalten. Eine Jury unter Leitung des berühmten Architekten Hans Kollhoff hat das Londoner Architektenbüro Stanton Williams zum Sieger gekürt. Voraussichtlich ab 2012 soll die Stiftung Stadtmuseum Berlin dann ihre Schätze in ansprechender, neuer Umgebung zeigen können.

Ein anderes, gerade für Berlin sehr bedeutendes Jubiläum zog sich thematisch durch viele Veranstaltungen dieses Jahres: der 60. Jahrestag der Gründung des Staates Israel. Nach Jahren der Angst, der Verfolgung und des Völkermords gab es einen Staat, der Juden ein sicheres und selbstbestimmtes Leben garantierte. Das ist wahrlich ein Grund zu feiern, nicht nur für Juden, sondern auch für all jene in aller Welt, die Lehren aus der Geschichte gezogen und diese zur Richtschnur ihres persönlichen Handelns gemacht haben. Das Bekenntnis zur deutschen Verantwortung an der Shoah ist ein Eckpfeiler der besonderen und besonders guten deutsch-israelischen Beziehungen. Oder, wie es Bundeskanzlerin Angela Merkel ausgedrückt hat: „Die Erinnerung an die Opfer der Shoah ist Teil der Staatsräson der Bundesrepublik Deutschland.“

Zur leidvollen deutsch-jüdischen Geschichte gehört auch die Bücherverbrennung vor 75 Jahren, der in Berlin in zahlreichen Veranstaltungen gedacht wurde. Ich selbst habe die Ausstellung „Sex brennt“ zu Magnus Hirschfeld und seinem Institut für Sexualwissenschaften im medizinhistorischen Museum der Charité eröffnet. Magnus Hirschfeld war Jude, Sozialist und schwul. Und damit gleich dreifach stigmatisiert. Die Plünderung und Schließung seines Instituts durch nationalsozialistische Studenten am 6. Mai 1933 war der sichtbare Auftakt zu den Bücherverbrennungen wenige Tage später.

Ein großer jüdischer Berliner musste diese Schmach nicht mehr mit erleben und erleiden: Oscar Tietz, der vor 150 Jahren geboren wurde und vor 85 Jahren starb. Er legte den Grundstein für einen der großen deutschen Kaufhaus-Konzerne, die spätere Hertie Waren- und Kaufhaus GmbH.

Anlass zur Freude bieten auch einige andere Themen dieser aktuell -Ausgabe: so die Präsentation der Kunstsammlung Scharf-Gerstenberg, die seit diesem Jahr in Berlin zu sehen ist, und manches mehr, wie sie in diesem Heft nachlesen können.


Ihr
Klaus Wowereit
Regierender Bürgermeister von Berlin