Vidalinda

Absicht, Entstehung und Zweck des Gemeinschaftshauses

Angeregt durch das, was sie bei einer Reise in USA und in Israel an Wohnkultur kennen lernten, kamen mehrere Herren der Deutsch-Jüdischen Gemeinschaft in Buenos Aires zu dem Entschluss, ein faszinierendes Projekt zu verwirklichen. Es ging darum, eine Wohnstätte für ältere Menschen zu errichten, in der diese in Geborgenheit, Sicherheit und mit einem gewissen Komfort wohnen können. Bedingungen, die sie woanders nicht finden würden.

Als das Vorhaben in einigen Kreisen bekannt wurde, fand diese Idee sofort enormes Interesse und Zuspruch. Zur Verwirklichung war es unabdingbar, dass die ersten Interessenten Gründeranteile von damals einer Million Pesos (etwa 10.000 US Dollar) zeichnen. Die erreichte Gesamtsumme übertraf jedoch bei weitem den Erwerbswert des Grundstückes in der Straße Vidal 2362 im Stadtteil Bekgrano von Buenos Aires. So war der erste erfolgreiche Schritt getan.

Die nun folgende uneigennützige Mitwirkung von Rechtsanwälten, Notaren, Wirtschaftsprüfern, Architekten und anderen Beratern ermöglichte, eine geeignete Gesellschaftsform sowie deren Statuten festzulegen. Und so kam es 1967 zur Gründung der „Asociacion Mutual Israelita Vidalinda“ (israelitische Genossenschafts-Gesellschaft Vidalinda). Die Bezeichnung Vidalinda in Anlehnung an den Straßennamen, in dem das Gebäude steht, sowie die Verbildlichung von Vida (Leben) und linda (schönes) – also Vidalinda gleich schönes Leben. Es wurde unter anderem festgelegt, dass die Gesellschaft die Inhaberin des Komplexes sein muss und dass deren Mitglieder nur die Nutznießer der jeweiligen Wohnung sein können. Dies war kein leichtes Unterfangen, gab es doch nirgendwo in Südamerika ein auch nur teilweise ähnliches Vorbild.

Die Erlangung der Rechtspersönlichkeit war ein anderer ermüdender Weg. Sie wurde fast drei Jahre nach der Antragstellung, als der Bau schon längst fertig war, erteilt. Das Bauprojekt sah vor, in 15 Stockwerken je fünf zweieinhalb sowie zwei eineinhalb Zimmer-Wohnungen zu errichten, das heißt eine Gesamtzahl von 105 Wohnungen. Jede Wohnung wurde mit vollständig eingerichteter Küche, einem komplett ausgestattetem Badezimmer sowie einem großen Kofferraum versehen und besitzt außerdem einen geschlossenen Balkon. Über dem 15. Stockwerk befinden sich die Gasheizungsanlage und andere technische Komponenten. Im Erdgeschoss befindet sich außer einer großen Eingangshalle das Verwaltungsbüro, zwei große bequeme Aufenthaltsräume, eine umfangreiche Bibliothek mit Büchern in drei Sprachen, das behagliche Restaurant sowie die Wohnung des Hausmeisters.

Das Gebäude ist mit drei Fahrstühlen versehen. Außerdem befindet sich auf der Rückseite des Geländes ein 600 qm großer Garten. In der eigens zum Haus gehörenden Tiefgarage haben bis zu 26 Autos Platz. Zur Straßenseite hin sind vier Ladengeschäfte, von denen eines unabdingbar eine Apotheke sein muss. Die Mieten der Geschäfte und die der Garagenparkplätze tragen wesentlich dazu bei, die monatlichen Unkostenbeiträge eines jeden Bewohners möglichst niedrig zu halten.

Das Schema der Wohnungszuteilung war denkbar einfach. Gründungsmitglieder hatten entsprechend ihrer Anmeldung Vorrecht in der Wahl und Zuteilung einer Wohnung und danach die weiteren Mitglieder der Gesellschaft. Die feierliche Einweihung von Vidalinda fand am 20. Dezember 1970 statt. Und es war von Anfang an ein tiefgründiges Anliegen der Gründerväter, zunächst älteren Menschen ein zu Hause zu bieten, in dem diese sich weitgehend nach ihren überlieferten Gewohnheiten, im Kreise gleichgesinnter Nachbarn in jeder Beziehung wohl fühlen konnten. Wobei die gemeinsame Sprache, mit der sie aufgewachsen waren, ein nicht zu unterschätzendes Anliegen war. Diese Tatsache hatte die Menschen hauptsächlich auch zusammengeführt.

Abgesehen vom Nutznießerrecht einer komfortablen Wohnung bietet das Leben in Vidalinda vielfältige Möglichkeiten, am Gemeinschaftsleben, z. B. kulturelle Veranstaltungen und / oder Freizeit-Entspannung teilzunehmen. Hervorzuheben ist auch, dass für die Gesamtheit der Einwohner ein Notfall-Ärzte & Ambulanz Dienst besteht. Der Erwerb des Nutznießerrechts auf unbeschränkte Zeit gleicht nahezu dem jeweiligen Marktwert einer vergleichbaren Eigentumswohnung am Platz. Bei Verlassen einer Wohnung oder im Todesfall erhält die bei Einzug festgelegte Person den in dem jeweiligen Moment gültigen Wert zurück erstattet.

Die vorbildlich geführte Verwaltung unter eigener Regie zum Wohle der Bewohner führt dazu, dass die Vidalindeaner in Harmonie leben. Die Bedeutsamkeit des Bestehens von Vidalinda ist durch anhaltende Nachfrage selbst nach fast 40 Jahren des Bestehens gekennzeichnet.


Ernst Herbert Farr
Chiffre 110102