Besondere Vertragsbedingungen zur Einhaltung der ILO - Kernarbeitsnormen

ILO

UPDATE

  • Am 01. Mai 2020 ist das neu gefasste Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetz (BerlAVG) in Kraft getreten (GVBl. S. 276 vom 30. April 2020).
    Dieses enthält ebenso wie die Vorgängerversion des BerlAVG aus dem Jahr 2010 eine Regelung zur „Beachtung der ILO-Kernarbeitsnormen“ (§ 8).
  • Ein Unterschied zur alten Rechtslage besteht darin, dass sich in § 8 Abs. 3 nunmehr eine Ermächtigungsgrundlage zum Erlass einer Verwaltungsvorschrift zur Ausführung der aufgestellten Vorgaben findet, „insbesondere über die Bestimmung der Waren und Warengruppen, der Länder oder Gebiete, die im Hinblick auf eine Missachtung der ILO-Kernarbeitsnormen in Betracht kommen, sowie zur Nachweisführung“.
  • Die Ausführungsvorschrift zur Beachtung der ILO-Kernarbeitsnormen bei der Vergabe von Bau-, Liefer- oder Dienstleistungen (AV ILO-Kernarbeitsnormen) wird noch im Jahr 2023 in Kraft treten.
  • Damit wird der gemäß der Übergangsbestimmung in § 19 Abs. 3 BerlAVG bis zum Erlass dieser Ausführungsvorschrift weiter anzuwendende § 8 Abs. 2 und 3 BerlAVG a.F. durch eine grundlegende Neugestaltung der ILO-konformen Beschaffung in Berlin abgelöst:
    Ziel der Neugestaltung ist es, einen hohen Standard im Hinblick auf die Beachtung der ILO-Kernarbeitsnormen bei der öffentlichen Auftragsvergabe mit anwendungsfreundli-chen Vorgaben — sowohl für die Auftragnehmer als auch die öffentlichen Auftraggeber – zu verbinden. Die an der alten Rechtslage kritisierten Unsicherheiten bezüglich der Nachweisführung werden ausgeräumt.
  • Der persönliche Anwendungsbereich der Ausführungsvorschrift bezieht sich auf den in § 2 Abs. 1 genannten öffentlichen Auftraggeber, also die unmittelbare Landesverwaltung. Nur diese ist verpflichtet auch den Abschnitt 2 des BerlAVG anzuwenden, welcher u.a. die Beachtung der ILO-Kernarbeitsnormen umfasst.

Die mittelbare Landesverwaltung können diese Ausführungsvorschrift freiwillig anwenden. Gemäß § 2 Abs. 5 BerlAVG wirkt das Land Berlin im Rahmen seiner Befugnisse darauf hin, dass die Regelungen des Abschnittes 2 BerlAVG, mithin auch die Beachtung der ILO-Kernarbeitsnormen, auch von der mittelbaren Verwaltung angewendet werden.

Das Inkrafttreten der o.g. Verwaltungsvorschrift und weitere Informationen darüber werden zur gegebenen Zeit über unseren Vergabeservice-Newsletter an Abonnementen verteilt. Sie sind noch nicht angemeldet? Folgen Sie bitte dem Link

ILO Kernarbeitsnorm bei öffentlichen Auftragsvergabe Berlin

  • Die Internationale Arbeitsorganisation ist eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen mit Hauptsitz in Genf. Sie ist zuständig für die Formulierung und Durchsetzung internationaler Arbeits- und Sozialstandards.
  • Die weltweit geltenden Mindeststandards sollen die Rechte bei der Arbeit und damit menschenwürdige Arbeit für alle Menschen auf der Welt sicherstellen.
  • Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge im Land Berlin dürfen bestimmte Produkte gemäß BerlAVG ab 10.000 Euro (ohne Umsatzsteuer) nur beschafft werden, die n i c h t unter Missachtung der in den Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO ) festgelegten Mindeststandards gewonnen oder hergestellt worden sind.
  • Die Vorgaben gelten nur für folgende Produkte (vgl. Gemeinsames Rundschreiben Nr. 1/2012).:
    • Produkte aus Naturleder (einschließlich Sportbällen aus Naturleder)
    • Naturtextilien, insbesondere aus Baumwolle
    • handgefertigte Teppiche
    • Natursteine
    • Produkte aus Holz
    • Kaffee, Kakao, Tee
    • Südfrüchte, Fruchtsäfte, Wein
    • Gewürze, Honig, Reis, Trockenfrüchte, Nüsse, Zucker, Süßwaren
    • Fischereiprodukte
    • Feuerwerkskörper, Zündhölzer
    • Schnittblumen, Topfpflanzen*

Praxistipps für Auftraggeber:

  • Nutzen der Beratungsstelle für Auftraggeber des Landes Berlin durch die Kompetenzstelle für Faire Beschaffung Berlin.
  • § 8 Abs. 1 und Abs. 2 BerlAVG beinhaltet die Pflicht auf “Hinwirken” der Vergabestelle, dass die ILO-Kernarbeitsnormen durch Auftragnehmer beachtet werden:
    Pflicht zur Forderung von
    1. Gütezeichen oder anderen Nachweisen,
    2. Herkunftsbescheinigungen (Die bestmögliche Beachtung der ILO-Kernarbeitsnormen gilt auch als erbracht, wenn die Produkte außerhalb der Staaten der DAC-Liste hergestellt wurden. Diese Liste wird beim Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung geführt) oder
    3. ersatzweise eine Eigenerklärung, nur in den Fällen, in denen trotz intensiven Bemühens keine diesbezüglichen Zertifikate ermittelt werden konnten*. Siehe Formulare BVB und Eigenerklärung zur Einhaltung der ILO Kernarbeitsnormen.
      #Die Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen wird durch das novellierte BerlAVG als eine Vergabebestimmung eingeordnet. Im alten BerlAVG a.F. wurde sie als Ausführungsbedingung gefordert. Maßgebliche Erwägung für diese neue Zuordnung ist, dass die ILO-Konformität von Produkten gefordert ist, die Gegenstand einer Liefer- oder Teil einer Dienst- oder Bauleistung sind und nach Auffassung des Gesetzgebers mit der Konformität Merkmale des Auftragsgegenstands im Sinne von § 31 Abs. 3 VgV belegen müssen. Dies hat nach der Systematik des Gesetzes zur Folge, dass diese Verpflichtung als Vergabebestimmung nur für die unmittelbare Landesverwaltung gilt.
    4. Nachweisführung, wenn kein Siegel vorhanden ist:
      Gütezeichen sind nur eine Option, um die Einhaltung bestimmter Kriterien nachzuweisen. Es gibt aber auch andere Möglichkeiten für effektive Nachweise, die dann interessant sind, wenn es keine verlässlichen Gütezeichen bzw. Label gibt oder wenn man den Kreis der möglichen Bieter erweitern möchte. Alternative Überprüfungsmethoden, die von Vergabestellen bereits angewendet werden, sind beispielsweise die Berichtslegung anhand von zielführenden Maßnahmen, Qualitätskonzepte anhand von Fragenkatalogen, Bietererklärungen oder externe Audits.
      Fragenkataloge – eignen sich sowohl für den Marktdialog als auch als Beiblatt in den Ausschreibungsunterlagen, um herauszufinden, ob die sozialen Kriterien eingehalten werden. Oftmals reichen wenige gezielte Fragen an den Auftragnehmer aus, um dies einzuschätzen.
      (Quelle: Kompetenzstelle Faire Beschaffung)

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