24. Oktober 2019
Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen
Genslerstraße 66, 13055 Berlin
Am 24. Oktober 2019 findet das diesjährige Forum für zeitgeschichtliche Bildung in der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen statt. In Zeiten politischer Polarisierung möchten wir mit Schüler*innen, Lehrer*innen sowie mit Mitarbeiter*innen der Gedenkstätten über die Herausforderungen für die historische Bildung diskutieren. Nach einem inhaltlichen Podium werden in vier Workshops zu den Fragen von Neutralität, Kontroversität, Multiperspektivität und Empowerment themenbezogene Projekte vorgestellt.
Für eine aktive Beteiligung reichen Sie gerne Ihre Projekte bis zum 23. August 2019 bei der Gedenkstätte ein.
Demokratie stärken! Historische Bildung in Zeiten politischer Polarisierung
Wir erleben in Deutschland momentan eine zunehmende Polarisierung in der politischen Kultur. Freiheit und Rechtsstaatlichkeit werden selbst von einigen Parlamentarier*innen in Frage gestellt oder sogar untergraben. Immer öfter finden sie damit bei Jugendlichen und Erwachsenen Gehör und Beifall. Dies bleibt nicht ohne Folgen für die historisch-politische Bildung, die sich diesen demokratischen Grundwerten verpflichtet fühlt. Gerade in Zeiten, in denen sich die politische Landschaft ebenso rasant verändert wie die Vermittlung und Aneignung an Schulen und außerschulischen Lernorten sollte über die Fragen zu Indoktrination, Kontroversität und Multiperspektivität mit dem Ziel eines nachhaltigen Demokratieverständnisses neu nachgedacht werden. Wie können die damit verbundenen Kriterien angesichts der aktuellen Herausforderungen neu definiert und geschärft werden? Wie können sie in der konzeptionellen und praktischen Arbeit von Lehrer*innen und Gedenkstättenpädagog*innen umgesetzt werden? Wie können Schüler*innen in diesem Rahmen ihre Analyse- und Urteilskompetenz entwickeln? Wo liegen hier die Chancen und wo die Grenzen der Bildungsarbeit? Und wie können Schulen und Gedenkstätten mit ihren daran orientierten Angeboten zur Stärkung des demokratischen Bewusstseins und Verhaltens aktiv beitragen? All diesen Fragen soll im Rahmen des 16. Forums für zeitgeschichtliche Bildung in einer Fachdiskussion, vier Workshops, pointierten Schlussworten und einem resümierenden Poetry Slam nachgegangen werden.
Workshop 1 (Neutralität)
Neutralität – ein Mythos!
Neutralität ist in der historisch-politischen Bildung nicht denkbar und auch nicht wünschenswert. Wer sich zu Demokratie, Freiheit und den universellen Menschenrechten bekennt, muss diese Werte in besonderem Maße bei der Aufarbeitung der beiden deutschen Diktaturen vertreten und vermitteln können. Der Erziehungs- und Bildungsauftrag für Schulen und Gedenkstätten bietet dafür einen scheinbar klaren Rahmen: Mäßigung und Meinungsfreiheit sollen im Gleichgewicht stehen. Tatsächlich aber muss das Verhältnis aus politischer Positionierung und Zurückhaltung durch die Bildner*innen ständig neu verhandelt werden. Wie kann deshalb der neuerdings von verschiedenen Kreisen geforderten Neutralität in der Bildungsarbeit begegnet und das Demokratiebewusstsein mit Emotion und Vernunft gestärkt werden?
Workshop 2 (Kontroversität)
Kontroversität oder Kontrolle?
Kontroversen in Politik und Wissenschaft sollen sich auch in der historisch-politischen Bildung widerspiegeln. Dieses Prinzip gilt in Schulen wie in Gedenkstätten, die über den Nationalsozialismus und Kommunismus in Deutschland aufklären. Oftmals bleibt in der Praxis jedoch kaum Zeit, alle relevanten Positionen zu vergleichen. Kontroversität ist jedoch in einer historischen und demokratischen Urteilsbildung immer gefordert. Aber wie kann sie in der praktischen Arbeit ausgestaltet werden? Welche Deutungen der Geschichte müssen bei der Aufarbeitung von Diktaturen diskutiert und wie sollen sie gewertet werden? Wie kann Pluralismus in der historisch-politischen Bildung gelebt werden und wo stößt er an seine Grenzen?
Workshop 3 (Multiperspektivität)
Welche Perspektive zählt?
In der gesellschaftlichen Aufarbeitung und didaktischen Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und Kommunismus spielt das Narrativ der Opfer eine zentrale Rolle. Deren Stimmen müssen gehört und deren Erfahrungen in pädagogisch begleiteten Formaten vermittelt werden. Die Multiperspektivität verlangt aber auch die Rolle und das Selbstverständnis der Täter*innen und Mitläufer*innen von Fall zu Fall in den Blick zu nehmen, um die Funktionsweisen und möglichen Anziehungskräfte einer Diktatur verstehen zu lernen. Die Perspektiven von Täter*innen oder Opfern müssen kritisch beleuchtet und mit den eigenen Sichtweisen abgeglichen werden. Wie kann es in der konzeptionellen und praktischen Arbeit gelingen, all diese Aspekte zu berücksichtigen und dennoch verbindliche Werte zu vermitteln und sie nicht zu relativieren?
Workshop 4 (Empowerment)
Gegen Populismus und Parolen
An Schulen und Gedenkstätten häufen sich die Vorfälle populistischer und extremistischer Äußerungen und Verhaltensweisen. Relativierung und Leugnung von nationalsozialistischen Verbrechen sind hierbei ebenso an der Tagesordnung wie die Verharmlosung und Verherrlichung kommunistischer Herrschaftspraktiken. Die Lehrer*innen und Gedenkstättenpädagog*innen stehen einer argumentativen und politischen Herausforderung gegenüber, der sie sich tagtäglich stellen müssen. Wie geht man mit diskriminierenden, populistischen und extremistischen Meinungen in der Praxis um? Diese Fragen sollen hier diskutiert und beantwortet werden, um den Bildner*innen Rückhalt zu geben und sie mit erprobten Methoden zu unterstützen.
Kontakt und Ansprechpartner:
Jörg von Bilavsky
Leiter Bildung und Vermittlung
Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen
Genslerstraße 66
D-13055 Berlin
Telefon: +49 (30) 986 082 – 430
Email: j.bilavsky@stiftung-hsh.de
Notieren Sie sich den Veranstaltungstermin 24.10.2019 gerne auch für eine Teilnahme als Besucher des Forums.