Drucksache - 1268/4
Wir fragen das Bezirksamt:
Die Große Anfrage wird wie folgt schriftlich beantwortet:
1. Wie viele Zwangsräumungen hat es in Charlottenburg-Wilmersdorf 2013 & 2014 gegeben, welches sind die Ursachen für Zwangsräumungen und wie bewertet das Bezirksamt diese unter Berücksichtigung der Studie der Humboldt-Universität Berlin "Zwangsräumungen und die Krise des Hilfesystems in Berlin"?
In Charlottenburg-Wilmersdorf wurden
2013 - 443 Räumungsklagen und 398 Zwangsräumungen und 2014 - 554 Räumungsklagen und 450 Zwangsräumungen
registriert.
Das Bezirksamt, Abt. Soziales, der Sozialdienst für Erwerbsfähige und Soziale Wohnhilfe erhält Mitteilungen zu Räumungsklagen über die Gerichte bzw. Gerichtsvollzieher. Die gerichtlichen Mitteilungen über Räumungsklagen erfolgen gemäß § 22 Abs. 9 SGB II und § 36 Abs. 2 SGB XII und sind verpflichtend. Die Räumungsmitteilungen von Seiten der Gerichtsvollzieher sind nicht verpflichtend. Die Mitteilungen beziehen sich immer auf Mietschulden. Im Falle von anderen Gründen wie z.B. Eigenbedarfsanmeldungen der Vermieter gibt es keine Mitteilungen durch die Gerichte. Mit der Bekanntgabe der anstehenden Räumungsklagen werden die Betroffenen unmittelbar von der Sozialen Wohnhilfe, dem Sozialpsychiatrischen Dienst bzw. der Abt. Jugend angeschrieben. Die Dienste unterbreiten Informationen, Beratungs- und Unterstützungsangebote. Neben der Prüfung, ob die Möglichkeit einer Mietschuldenübernahme besteht, wird auch die Unterstützung bei Verhandlungen mit dem Vermieter angeboten. Des Weiteren können bei Bedarf unterstützende Maßnahmen nach § 67 SGB XII eingeleitet werden. Eine Problematik ist, dass es aktuell keine geeignete und von allen Diensten genutzte Datenbank/Software gibt, die Aussagen darüber zulässt, wie viele Menschen, die von Räumungsklagen bzw. Zwangsräumungen bedroht sind und angeschrieben wurden, das Unterstützungsangebot wirklich annehmen.
Bei der Festlegung der Bemessungsgrenzen handelt es sich um ein komplexes Regelwerk, das sich derzeit in Berlin in Folge der aktuellen Rechtssprechung in der Prüfung befindet. Hier bleibt eine endgültige Entscheidung hinsichtlich der Heranziehung des Mietspiegels abzuwarten.
Eine detaillierte Bewertung der Studie kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abgegeben werden.
2. Welche Regelungen bestehen zwischen dem Bezirksamt (Sozialamt), dem Jobcenter, den städtischen Wohnungsbaugesellschaften und weiteren beteiligten Akteuren zur Vermeidung von Zwangsräumungen und wie werden die Betroffenen rechtzeitig und niedrigschwellig erreicht?
Wie unter Punkt 1 dargestellt gibt es die Verpflichtung für die Gerichte zur Mitteilung über anstehende Räumungsklagen. Das Verfahren wurde ebenfalls unter Punkt 1 erläutert. Letztlich liegt es in der Verantwortung der von Zwangsräumung bedrohten Menschen das unterbreitete Beratungs- und Unterstützungsangebot der Sozialen Dienste anzunehmen. Der Sozialdienst gibt gegenüber dem JobCenter Stellungnahmen zur Übernahme von Mietschulden ab. Die Kommune ist Träger der Kosten der Unterkunft. In strittigen Fällen wird von dem kommunalen Weisungsrecht Gebrauch gemacht. Mit den städtischen Wohnungsbaugesellschaften gibt es keine speziellen Vereinbarungen über anstehende Räumungsklagen.
3. Wo sieht das Bezirksamt Mängel, Zwangsräumungen und Wohnungslosigkeit zu vermeiden und welche Möglichkeiten sieht das Bezirksamt, diese zu beheben?
Das Thema beinhaltet eine enorme Komplexität. Je nach Blickwinkel des Betrachters werden andere Sichtweisen und Maßnahmen favorisiert. Hier ist es erforderlich eine Gesamtstrategie für das Thema Wohnen in Berlin zu finden, die u.a. soziokulturelle, wohnungsbaupolitische, infrastrukturelle und rechtliche Aspekte und deren Entwicklungen einbeziehen muss.
4. Wer zieht in zwangsgeräumte Wohnungen ein und welche Folgen kann das für die Soziostruktur von Kiezen und Ortsteilen haben?
Das Bezirksamt hat keine Informationen darüber, wer in die zwangsgeräumten Wohnungen einzieht.
5. Wo kommen zwangsgeräumte Menschen unter und wie wird ihnen unter Mitwirkung der städtischen Wohnungsbaugesellschaften geholfen, eine neue bezahlbare Wohnung im Bezirk zu finden?
Den Menschen wird, wie allen Wohnungslosen, eine Unterbringung nach ASOG zur Verfügung gestellt. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass viele Menschen über ausreichende Selbsthilfepotentiale verfügen und Unterstützung durch Angehörige und Freunde erhalten. Im Rahmen des Geschützten Marksegments verpflichten sich die Wohnungsbaugesellschaften freiwillig angemessenen Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Dieses Angebot gilt berlinweit und ist nicht auf den Bezirk reduziert.
Die aktuelle Situation, dass es in Berlin zu wenig bezahlbaren Wohnraum gibt, verschärft die Lage angemessenen Wohnraum zu finden.
Carsten Engelmann Bezirksstadtrat
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