Drucksache - 1121/4  

 
 
Betreff: Aktuelle Situation der Flüchtlinge
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion Bündnis 90/Die Grünen 
Verfasser:Dr.Vandrey/Wapler/Prejawa/Kaas Elias/Wieland 
Drucksache-Art:Große AnfrageGroße Anfrage
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Beratung
29.01.2015 
41. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin vertagt   
19.02.2015 
42. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin erledigt   

Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
Große Anfrage
schriftliche Beantwortung

Wir fragen das Bezirksamt:

 

Wir fragen das Bezirksamt:

 

  1. Wie viele Flüchtlinge sind derzeit in unserem Bezirk in welchen Unterkünften untergebracht (davon wie viel Kinder und Jugendliche) und wie viele Flüchtlinge werden in den nächsten Wochen erwartet?
     
  2. Wie wird die Unterbringung von Flüchtlingen zwischen Land/LaGeSo und Bezirk koordiniert und in welchen Liegenschaften bzw. auf welchen Grundstücken im Bezirk ist die Unterbringung weiterer Flüchtlinge geplant?
     
  3. Welche örtlichen Initiativen zur Unterstützung von Flüchtlingsunterbringungen sind dem BA bekannt, in welcher Weise unterstützt das Bezirksamt diese Initiativen und welche Möglichkeiten sieht das BA, die Unterstützung und Kooperation zu verbessern?
     
  4. Welchen Bedarf sieht das BA für die medizinische Versorgung und psychologische Betreuung der Flüchtlinge, wie läuft die medizinische Versorgung aktuell, inwieweit wird Unterstützung durch das Land benötigt?
     
  5. Welche ehrenamtlichen und welche - inzwischen durch das Land Berlin regelfinanzierten - Sprachlernangebote sind dem Bezirksamt bezogen auf die bezirklichen Flüchtlingsunterkünfte bekannt und welche Möglichkeiten sieht der Bezirk, die ehrenamtlichen Sprachlernangebote zu unterstützen?

 

 

 

Sehr geehrte Frau Vorsteherin,

 

die Große Anfrage wird wie folgt schriftlich beantwortet:

 

  1. Wie viele Flüchtlinge sind derzeit in unserem Bezirk in welchen Unterkünften untergebracht (davon wie viel Kinder und Jugendliche) und wie viele Flüchtlinge werden in den nächsten Wochen erwartet?

 

Das LAGeSo hat uns mit Stand vom 20. Januar 2015 gemeldet, das in unserem Bezirk 1073 Flüchtlinge in Flüchtlingsunterkünften untergebracht sind. Das LAGeSo meldet uns nach anfänglichen Schwierigkeiten inzwischen laufend Belegungszahlen. Diese enthalten allerdings keine Aufgliederung nach Männer und Frauen oder nach Kindern und Jugendlichen. Deshalb kann ich Ihnen diese Frage nicht beantworten. Über die Standorte der Wohnheime habe ich in vielen Zusammenhängen bereits ausführlich berichtet und es wundert mich ehrlich gesagt, dass sie diese erneut erfragen. Es sind: das Wohnheim in der Brandenburgischen Straße, in der Rognitzstraße in der Soorstrasse, die Erstaufnahmeeinrichtung im Kaiserdamm und die Notunterbringungen in den Turnhallen Waldschulallee und Rudolstädter Straße.

Auch die Frage, wie viele Flüchtlinge in den nächsten Wochen in unserem Bezirk verteilt werden, kann nur das LAGeSo beantworten, weil dort die Verträge mit den Wohnheimbetreibern geschlossen werden.

 

  1. Wie wird die Unterbringung von Flüchtlingen zwischen Land/LaGeSo und Bezirk koordiniert und in welchen Liegenschaften bzw. auf welchen Grundstücken im Bezirk ist die Unterbringung weiterer Flüchtlinge geplant?

 

Ich habe dem Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Arbeit  am 22.01.15 einen schriftlichen Bericht zur aktuelle Situation der Unterbringung von Flüchtlingen vorgelegt, der in der vergangenen Woche allen Fraktionen zugegangen ist.

Es ist nochmals darauf hinzuweisen, dass die Unterbringung, Leistungsgewährung und Betreuung von Flüchtlingen dem Landesamt für Gesundheit und Soziales (LaGeSo) unterliegt. Dies betrifft sowohl die bauliche als auch inhaltliche Ausstattung der Einrichtungen. In der Regel beauftragt das LaGeSo einen privaten Betreiber den Betrieb vor Ort zu erbringen.

Gemäß dem AZG (Allgemeines Zuständigkeitsgesetz) vom 02.10.1958 in der Fassung vom 22.07.1996 ist nach § 4 in Verbindung mit der Anlage Nr. 14, (11), (16) die Errichtung, Betrieb und Belegung von Erstaufnahmeeinrichtungen für den genannten Personenkreis zentrale Aufgabe der Senatsverwaltung, die durch das LAGeSo wahrgenommen wird.

 

Folgende weiteren Planungen sind uns bekannt:

 

Eschenallee 3

Die Liegenschaft Eschenallee 3 in Westend soll kurzfristig mit einer Kapazität von 300 Plätzen als Notunterbringung genutzt werden.

Hierzu kann ich Ihnen aktuell berichten, dass nach Auskunft der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales das Prüfverfahren hinsichtlich der Betreiberauswahl noch nicht abgeschlossen ist.  Ein Mietvertrag für das Objekt wurde jedoch schon abgeschlossen. Derzeit wird mit SenFin über die Höhe der Investitionen verhandelt, um den Standort für die Dauernutzung (bis zu 5 Jahren) zu sichern. Das Bezirksamt konnte die Zusage erhalten, dass eine Belegung in den Winterferien nicht erfolgt und vor der Belegung eine gemeinsame Infoveranstaltung durchgeführt werden kann.

 

Reemtsma- Gelände

Zurzeit finden Gespräche zwischen dem LAGeSo und dem Eigentümer statt. Um eine schnellere Entlastung der Sporthallen zu erreichen, hat das Bezirksamt gegenüber dem LaGeSo um Beschleunigung der Entscheidungsfindung gebeten. 

 

Sporthallen

Zurzeit sind berlinweit fünf öffentliche und eine nichtöffentliche Sporthalle belegt (eine weitere soll kurzfristig dazukommen). Wegen der schlechten Unterbringungssituation in den Sporthallen sieht das LAGeSo dies als letzte in Betracht kommende Möglichkeit. Das Bezirksamt sieht eine besondere Problematik in der Belegung der Turnhallen in der Waldschulallee und der Rudolstädter Str. und hat bereits deutlich gegenüber der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales und dem LAGeSo darauf hingewiesen, dass es sich nur vorübergehende Nutzung handeln kann.

 

  1. Welche örtlichen Initiativen zur Unterstützung von Flüchtlingsunterbringungen sind dem BA bekannt, in welcher Weise unterstützt das Bezirksamt diese Initiativen und welche Möglichkeiten sieht das BA, die Unterstützung und Kooperation zu verbessern?

 

Die BVV hat beschlossen (Drucksache 724/4) die Empfehlung auszusprechen, in den Flüchtlingsunterkünften zukünftig als Standard eine Ehrenamtskoordination einzurichten. Dieser Empfehlung wurde von Seiten der Senatsverwaltung bis dato nicht gefolgt. Der Staatssekretär sieht nach seinen Recherchen keinen weiteren Handlungsbedarf für die Einrichtung einer Koordinationsstelle.

 

Um eine Willkommenskultur zu entwickeln, fremdenfeindlichen Initiativen und sich aufbauenden Eskalationen zwischen den Unterstützungsinitiativen und den Einrichtungen entgegen zu treten, hat der Bezirk beschlossen, eine SoSoko "Flüchtlingsheim Soorstraße" ab Februar 2014 im Rahmen des Ehrenamtlichen Dienstes (EAD) einzurichten. Es werden regelmäßige Treffen mit den Ehrenamtlichen und der Heimleitung organisiert, so dass es mittlerweile eine Beruhigung der Situation und einen konstruktiven Austausch gibt.

 

Es gibt eine enge Zusammenarbeit mit der Initiative "Willkommen im Westend", einem Bündnis zur Unterstützung von Asylsuchenden und Flüchtlingen in Charlottenburg. Hier engagieren sich Menschen aus der Nachbarschaft, Vertreter verschiedener Parteien, Organisationen wie der Flüchtlingsrat, der Jesuiten Flüchtlingsdienst, bezirkliche Kirchengemeinden und Initiativen wie Multitude e.V., der seinen Ursprung in der "Initiative Deutschunterricht" hat. Er besteht aus vielen Ehrenamtlichen, die aus unterschiedlichen Gründen geflüchteten Menschen unterstützen möchten.

 

Der Auftrag an den EAD lautet bei Bedarf in den Einrichtungen für Flüchtlinge, wie in der Soorstraße seit Februar 2014 umgesetzt, unterstützend tätig zu werden.

Alle Aktivitäten im Hinblick auf Austausch, Koordination, Zusammenarbeit und Vernetzung der einzelnen Teilbereiche und Interessengruppen erfordern Präsenz, permanente Kommunikation und eine thematische Einarbeitung in die besondere Fragestellung der Flüchtlingssituation. Dies führt zur Bindung enormer Zeit- und Personalressourcen.

Der Aufwand diesen Auftrag, neben den anderen Arbeitsbereichen des EAD, umzusetzen sprengt die Ressourcen und Kapazitäten des EAD. Es ist dringend erforderlich die Personal- und Fachkapazitäten für den EAD zu erhöhen.

Im Bezirksamt wird zurzeit u.a. die Zuordnung der von der Senatsverwaltung anvisierten zwei Stellen für Koordination Flüchtlingsarbeit zum EAD geprüft.

 

4.              Welchen Bedarf sieht das BA für die medizinische Versorgung und psychologische Betreuung der Flüchtlinge, wie läuft die medizinische Versorgung aktuell,

inwieweit wird Unterstützung durch das Land benötigt?

 

Wie läuft die medizinische Versorgung aktuell:

 

Die gesetzlichen Regelungen zur Gesundheitsversorgung von Flüchtlingen sehen Folgendes vor:

 

Flüchtlinge, die einen Asylantrag gestellt haben, haben Anspruch auf einen Krankenschein zur Akut-/ Notfallversorgung über das LAGeSo (mit Duldung/ Grenzübertrittsbescheinigung (GÜB) über das Sozialamt). Da­mit können sie zu niedergelassenen Ärzten/Ärztinnen oder in die Rettungsstelle eines Kran­kenhauses gehen. Leistungen nach Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) schließen nur Behandlungen von akuten Erkrankungen und Schmerzzuständen ein, also alles, was aus me­dizinischen Gründen unaufschiebbar ist. Die Zentrale medizinische Gutachtenstelle (ZMGA) am LAGeSo behält es sich vor, dies ggf. zu prüfen.

Dort erfolgen auch Begutachtungen für die Notwendigkeit von orthopädischen Hilfsmitteln, Zahnersatz und weiteren medizinischen Hilfen. Bedingt durch das AsylbLG gibt es hier keine gleichwertige Behandlung von kranken Menschen.

 

Zurzeit führt der KJGD mit dem Bereich Infektionsschutz bei Masernausbrüchen in Asylbewerberheimen Riegelungsimpfungen durch, die nur mit hohem Personalaufwand durchgeführt werden können und längerfristig mit dem derzeitigen Personalschlüssel nicht mehr zu bewältigen sind. Dringend wird daher eine zentrale Impfstelle benötigt, die vom LAGeSo ausgestattet, geführt und finanziert wird. Ebenso ist eine weitere zentrale Einrichtung zur Tuberkulosediagnostik zu fordern.

 

Die Kosten für die notwendige medizinisch-therapeutische Versorgung von Flüchtlings-Schulkindern werden auf Antrag in der Regel durch das LAGeSo übernommen. Notfalls wür­den die Kinder auch von den Therapeut/innen des ÖGD in den Schulen ohne Kostenüber­nahme behandelt.

 

Der Zahnärztliche Dienst untersucht in Kitas und Schulen. Hierbei weist die Mehrzahl der Kinder gravierende Karies-Schäden und einen daraus resultierenden umfangreichen zahn­ärztlichen Behandlungsbedarf auf.

 

Die Praxis weicht jedoch davon ab:

 

Die Flüchtlinge in den Notunterkünften haben zum großen Teil noch keine grünen Versiche­rungsscheine vom LAGeSo - das heißt, sie haben keinen Zugang zum etablierten Gesund­heitssystem. Bei Akuterkrankungen sind die Erste-Hilfe-Stellen der Kliniken Anlaufstelle: dort werden Patienten untersucht und mit einem Privatrezept, z.B. Antibiotikum, entlassen. We­der die Flüchtlinge noch die Heimleitung verfügen über finanzielle Mittel zur Beschaffung der Medikamente oder über Sprachmittler in der Klinik oder beim niedergelassenen Arzt zur Übermittlung der nötigen Anweisung für die Medikamenteneinnahme.

 

Der Auftrag des LAGeSo, die Erstversorgung der Flüchtlinge zu gewährleisten, wird im me­dizinischen Bereich auf die bezirklichen Gesundheitsämter verlagert.

 

Problematisch wird es, wenn die Kinder aufgrund einer Behinderung Hilfsmittel benötigen.

Hier muss eine Kostenübernahme stattfinden, ohne die eine Hilfsmittelversorgung nicht er­folgen kann.

 

Angebote des Gesundheitsamtes:

 

Zentrum für sexuelle Gesundheit und Familienplanung:

 

Wie alle in Berlin lebenden Menschen mit geringem Einkommen, können auch Flüchtlinge mit Leistungen nach dem AsylbLG im Zentrum für sexuelle Gesundheit die Kostenüber­nahme für Verhütungsmittel und ggf. Einlage einer Spirale oder ähnliches bekommen.

Gleiches gilt für die anderen Leistungen des Zentrums wie Beratung und Untersuchung zu sexuell übertragbaren Krankheiten, HIV-Antikörpertest oder psychologische Beratung bei Krisen oder Partnerschaftskonflikten. Durch das Zentrum werden in Flüchtlingsheimen Ver­anstaltungen z. B. zum Thema Verhütung durchgeführt.

Ein großes Problem ist es, für eine schwangere Frau, die Leistungen nach dem AsylbLG erhält, eine Hebamme zu finden. Viele Hebammen wollen diese Frauen nicht übernehmen, da es häufig sehr lange dauere bis das LAGeSo oder das jeweils zuständige Sozialamt die Rechnung bezahle.

 

 

Kinder- und Jugendärztlicher Bereich:

 

Alle Kinder und Jugendlichen, die keinen oder nicht ausreichenden Zugang zur regulären Gesundheitsversorgung haben, werden durch die Ärztinnen des Kinder- und Jugendgesund­heitsdienstes, die Kinder- und Jugendpsychiater/-innen, Psychologin, Zahnärztinnen, Sozial­arbeiterinnen und Therapeutinn/-en medizinisch versorgt und/oder in andere Einrichtungen zur Behand­lung vermittelt.

 

Weitere Angebote sind die Zuzugsuntersuchungen für Kinder, die in eine Willkommensklasse aufgenommen werden sollen bzw. die Untersuchung vor der Aufnahme in eine Kita. Hier stehen Sprachmittler nur aus dem Programm für die EU-Osterweiterung zur Verfügung (Bul­garisch, Rumänisch, Serbisch). Für Syrisch und Arabisch, für Flüchtlinge aus Afghanistan stehen weder Sprachmittlung noch muttersprachliche Informationsmaterialien zur Verfügung.

 

In der aufsuchenden Arbeit der Sozialarbeiterinnen mit der Kinderkrankenschwester des KJGD werden die Flüchtlingsfamilien zu Hilfen rund um die Geburt, Ernährung und Pflege von Kindern, Teilnahme an Vorsorgeuntersuchungen und Impfungen, Zahnpflege (Zahn­bürsten und Zahnpasta), Kitaunterbringung und Schulbesuch, Spracherwerb, Vermittlung in Alphabetisierungskurse und Integrationskurse, Spiel- und Bewegungsange­bote für Kinder unterschiedlichster Altersgruppen Freizeitgestaltung informiert.

 

Der KJGD bietet durch eine Familienhebamme mit Sprachmittlerin (nur Bul­garisch, Rumänisch, Serbisch) eine Geburtsvorberei­tungsgruppe für Migrantinnen und Nichtversicherte im Haus des Säuglings an.

 

Deshalb sollten die Angebote verstärkt und regionalisiert werden.

 

Aufgrund der Erfahrungen der Sozialpädagoginnen in der Beratungsarbeit ist hervorzuhe­ben, dass  Sprechstunden zur Gesundheitsberatung, zur Vermittlung in Tageseinrichtungen, Schulen etc. für die Kinder, Vermittlung in Sprachangebote, etc. wichtig sind. Es ist für die Flüchtlinge und Asylsuchenden aber zu schwierig, eigenständig in die Ämter zu gehen und dort das Angebot in Anspruch zu nehmen.

 

Zahnbehandlungen:

 

Nicht in Lokalanästhesie zu behandelnde junge Kinder (< 12 Jahre) benötigen eine Behand­lung in Narkose. Wiederkehrend erhalten Eltern Zuzahlungsaufforderungen von Zahnarzt­praxen (ca. 25,00-150,00 Euro) und Anästhesisten (80,00 -150,00 Euro). Hier wäre ein Hin­weis auf die Regelung der GKV, nach denen eine solche Behandlung  zuzahlungsfrei ist, durch die Senatsverwaltung an die Kassenzahnärztliche Vereinigung (KZV) und Kassenärzt­liche Vereinigung (KV) mit der Bitte, ihre Mitglieder auf diesen auch für Flüchtlinge geltenden Sachverhalt hinzuweisen,  sehr hilfreich.

 

Des Weiteren erreichen uns Mitteilungen von Eltern, dass Zahnarztpraxen bei ihren Kindern nur eine bestimmte Anzahl von Zähnen pro Quartal behandeln wollen oder nur akute Be­schwerden als Notfallhilfe durchführen wollen. Die KZV Berlin könnte gebeten werden, ihre Mitglieder darauf hinzuweisen, dass die Behandlung der kariösen Defekte auf der Grundlage des grünen Krankenkassenscheins erfolgen kann.

 

Infektionsschutz:

 

Im Rahmen von meldepflichtigen Erkrankungen werden Ausbruchssituationen in Flüchtlings­heimen bekannt und es müssen Maßnahmen zur Verhinderung der Weiterverbreitung einer Erkrankung vorgenommen werden. Am Beispiel eines Masernausbruchs in einem Flücht­lingsheim konnte gezeigt werden, dass durch das rasche Kontrollieren des Impfstatus, das Angebot einer Riegelungsimpfung für Kontaktpersonen und ein zeitlich begrenzter Verle­gungs- und Aufnahmestopp weitere Erkrankungen verhindert werden konnten.

 

Die Asylbewerberheime werden unter dem Aspekt des präventiven Infektionsschutz begangen und erforderlich Maßnahmen eingefordert.

 

Psychologische Betreuung:

 

Viele Flüchtlinge leiden an einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) und benöti­gen dringend psychologische Beratung oder Therapie. Der Sozialpsychiatrische Dienst hatte jedoch bisher nur wenig Kontakt zu Flüchtlingen, da sich dieser nur vereinzelt im Rahmen von Kriseninterventionen und Einweisungen nach PsychKG ergibt.

 

Insbesondere wenn es zu versorgende Kinder gibt, ist eine psy­chische Stabilisierung dringend notwendig, denn die Kinder sind von der physischen und emotionalen Versorgung abhängig. Traumata werden auf diese Weise an die Kinder weiter gegeben.

 

Bezirksübergreifend existieren Angebote zur psychosozialen Betreuung. So gibt es an der psychiatrischen Institutsambulanz der Charité Campus Benjamin Franklin und am Evangelischen Krankenhaus Königin Elisabeth Herzberge (KEH) eine psychiatrische muttersprachliche Spezialsprechstunde auf arabisch und viet­namesisch. Des Weiteren bieten u.a. das Berliner Zentrum für Folteropfer, Xenion (Steglitz), das Zentrum für Flüchtlingshilfe und Migrationsdienste (ZfM) und das Beratungs- und Betreuungszentrum für junge Flüchtlinge und Migranten (BBZ) Unterstützung für (traumati­sierte) Flüchtlinge an.

Aus den Erfahrungen des Zentrums für sexuelle Gesundheit und Familienplanung sowie dem KJGD zeigt sich aber, dass diese Stellen jedoch lange Wartelisten und immer wieder einen Annahmestopp haben. Es fehlen muttersprachliche Therapiemöglichkeiten oder auch Therapeut_innen, die mit Sprachmittlung arbeiten und zusätzlich für Traumatherapien qualifiziert sind.

Menschen mit einer PTBS können aufgrund der Erkrankung in der Regel selbst nicht aktiv werden und benötigen Unterstützung bei der Therapiesuche.

Da das AsylbLG nur die Behandlung von akuten Erkrankungen und Schmerzzuständen ab­deckt, wird die Notwendigkeit von Therapien durch die Zentrale Begutachtungsstelle geprüft. Dies erfordert ein psychiatrisches Gutachten, welches wiederum längere Wartezeiten hervor­ruft. Diese sind für die Menschen mit einer PTBS höchst problematisch.

 

 

 

 

 

Wünschenswerte Verbesserungen:

 

  • Die Flüchtlinge müssen vom Beginn ihres Aufenthaltes an Zugang zur medizinischen Versorgung haben.
  • Das Angebot einer zentral angebotenen Erstimpfung im LAGeSo bei Ankunft, da zu die­sem Zeitpunkt mit Hilfe der zum Erstantrag benötigten Sprachmittler gleich eine Impfaufklärung erfolgen könnte.
  • Der KJGD muss derzeit für Impfstoffe über 3-6 Monate in Vorleistung treten, bis das LAGeSo die Kosten erstattet.

Verbrauchsmaterialien wie Kanülen, Tupfer, Pflaster, Desinfektionsmittel, Einmalhandschuhe und prophylaktische Medikamente wie Vitamin D oder Vitamin K oder auch Antibiotika als Notfallmedikamente werden bisher überhaupt nicht erstattet. Diese Kosten werden derzeit von den Bezirken getragen.

 

  • Kürzere Wartezeiten bei der Zentralen Begutachtungsstelle, insbesondere bei psychi­schen Erkrankungen.
  • Größere Zahl an Übersetzer_innen, die bei Arztbesuchen, Ämtergängen, Antragsstel­lungen, etc. unterstützen könnten.
  • Kürzere Erstattungszeiten für Kosten bei Geburtsbegleitung für die Hebammen
  • Ein/e kompetente/r Ansprechpartner/in im Hilfsmittelbereich, die/der sich aktiv um die Hilfsmittelversorgung der Kinder kümmert
  • Die Behandlung der kariösen Defekte - auch in Narkose - auf der Grundlage des grü­nen Krankenkassenscheins muss durch die Mitglieder der KZV Berlin bzw. KV Berlin gewährleistet sein.
  • Für die psychologische Betreuung der Menschen in den Einrichtungen besteht  dringen­der Bedarf an zusätzlichen Angeboten und die bestehenden Angebote müs­sen in den Einrichtungen vor Ort vorgestellt werden und regelmäßig Präsenz zeigen.
  • Der Antragsprozess für eine therapeutische Versorgung dauert viel zu lange und Ansprechpartner sind kaum per Telefon, Fax oder Mail erreichbar bzw. sie melden sich nicht zurück. Um den Kindern, die Hilfsmittel be­nötigen, eine Teilhabe am (Schul-)Leben und eine möglichst störungsfreie Entwicklung zu ermöglichen, muss der Prozess massiv beschleunigt werden.
  • Für Kinder müssten mehr therapeutisch orientierte Projekte zur Verarbeitung von traumati­schen Erfahrungen, zum Abbau von Ängsten etc. unter professioneller Anleitung installiert werden (z.B. Kunsttherapie- und Malprojekte).
  • Die bestehenden Angebote müssen in die Einrichtungen, vor Ort vorgestellt werden und dort re­gelmäßig Präsenz zeigen: In entsprechenden Sprechstunden könnten die speziellen Bera­tungs- und Unterstützungsbedarfe geklärt werden und spezielle Fachstellen und Fach­dienste, Rechtsanwälte, Psychologinnen, ÄrztInnen, Übersetzungsdienste, Asylverfahrens­beratung (mindestens in den Erstaufnahmeeinrichtungen), Aufenthaltsrechtliche Beratungs­dienste, Kirchliche Initiativen, etc. ihre Unterstützung anbieten.

 

Die Unterstützung durch das Land sollte also so aussehen, dass

 

  1. eine zentrale Impfstätte sowie eine weitere zentrale Einrichtung zur Tuberkulosediagnostik geschaffen wird,
  2. Gelder zur Finanzierung von medizinischen Versorgungen schneller zur Verfügung stehen,
  3. ein/e im Hilfsmittelbereich kompetenter Ansprechpartner/in mit entsprechender Entscheidungskompetenz schnell Zeit für die Bearbeitung der Hilfsmittelversorgungsfälle hat,
  4. mehr therapeutische Projekte zur Verarbeitung von traumatischen Erfahrungen geschaffen werden.

 

  1. Welche ehrenamtlichen und welche - inzwischen durch das Land Berlin regelfinanzierten - Sprachlernangebote sind dem Bezirksamt bezogen auf die bezirklichen Flüchtlingsunterkünfte bekannt und welche Möglichkeiten sieht der Bezirk, die ehrenamtlichen Sprachlernangebote zu unterstützten?

 

Die durch das Land Berlin regelfinanzierten Angebote zum Erlernen der deutschen Sprache erfolgen in unserem Bezirk durch die Volkshochschule (VHS). Die VHS hält aktuell 2 Sprachkurse für Flüchtlinge vor; in diesen beiden Kursen sind noch freie Plätze verfügbar. Diese Kurse haben in den Räumen des Wohnheims in der Soorstraße begonnen und werden ab 7.KW im VHS Gebäude Pestalozzistraße fortgesetzt. Die Idee ist dabei, Flüchtlingen ein Angebot zu machen, außerhalb der Unterkunft am öffentlichen Leben teilzuhaben. Diese Kurse, die es auch an den anderen 12 Berliner Volkshochschulen gibt, werden aus zweckgebundenen Mittel von der Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen gefördert. Der Unterricht wird ausschließlich von qualifizierten und mit der Zielgruppe und Erwachsenbildung langjährig vertrauten, erfahrenden Kursleiter/innen  durchgeführt. Der Einsatz von nachgewiesen qualifizierten Kursleitenden ist Bedingung und Voraussetzung für die VHS im Zusammenhang mit der Qualitätstestierung und Zertifizierung und Bedingung für die Abrufung von Fremdmitteln. Die VHS verhandelt derzeit eine deutliche Ausweitung von Sprachkursen für Flüchtlinge mit verschiedenen Einrichtungen und Trägern im Bezirk, um über gemeinsame Raumnutzungen auch an weiteren Standorten diese Angebot zu realisieren.

 

Darüber hinaus gibt es nach Kenntnis des Bezirksamtes in den einzelnen Unterkünften Angebote zum Sprachenlernen und zur Sprachmittlung durch Vereine und Ehrenamtliche.

 

  • Brandenburgische Straße: durch den Verein Xenos - berufliche Orientierung (Integrationskurse, Deutschkurse, freiwilliges soziales Jahr) und Deutschkurse der Deutsch-Kaukasische Gesellschaft
  • Rognitzstraße: Sprachunterrichtsangebote sind derzeit nicht bekannt, es stehen den Heimbewohnern aber in der Zeit von Montag bis Freitag von 8.00 - 17.00 Uhr Sozialarbeiter mit verschiedenen Sprachkenntnissen in Englisch, Russisch, Polnisch, Italienisch und Rumänisch zur Verfügung.
  • Soorstraße: durch den Verein "Multitude" (ehrenamtliche Studenten) findet dienstags und mittwochs jeweils von 19 -21 Uhr Unterricht für Deutsch nationenübergreifend statt: serbisch/deutsch, persisch/deutsch, arabisch/deutsch (im Durchschnitt 12 Personen) und sehr gut organisiert: 6 Studenten/innen teilen sich die 12 Schüler und so ist der Unterricht sehr lernintensiv und sprachkenntnisspezifisch individuell zugeschnitten.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

Carsten Engelmann

 

 

 


 

 
 

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