Drucksache - 1086/4  

 
 
Betreff: Prävention gegen häusliche Gewalt - Angebote für Kinder und Jugendliche
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:SPD-Fraktion 
Verfasser:Wuttig/Fortong/Schmitt-Schmelz 
Drucksache-Art:Große AnfrageGroße Anfrage
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Beratung
11.12.2014 
40. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin beantwortet   

Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
Große Anfrage
Beantwortung

Wir fragen das Bezirksamt:

 

 

Wir fragen das Bezirksamt:

 

  1. Welche Anlaufstellen für Kinder und Jugendliche, die Opfer von häuslicher Gewalt geworden sind oder diese miterleben mussten, sind dem Bezirksamt bekannt und wie bewertet das Bezirksamt die Zusammenarbeit mit diesen?
     
  2. Gibt es in den KITAs des KITA-Eigenbetriebes Nordwest Projekte, die sich mit der Problematik häusliche Gewalt beschäftigen? Wenn ja, welche?
     
  3. Ist dem Bezirksamt bekannt, ob Schulen in Charlottenburg-Wilmersdorf die Kinderworkshops zur Prävention von häuslicher Gewalt "Gewalt kriegt die rote Karte" der Berliner Initiative gegen Gewalt an Frauen - BIG e.V. in Anspruch nehmen und wenn ja, welche Erfahrungen sie damit gesammelt haben?
     
  4. Welche (Beratungs-)Angebote gibt es in den bezirklichen Kinder- und Jugendeinrichtungen für von häuslicher Gewalt betroffene Kinder und Jugendliche? Wie werden diese angenommen?
     
  5. Welche Fortbildungsangebote zum Thema häusliche Gewalt gibt es für die Erzieherinnen und Erzieher des KITA-Eigenbetriebes Nordwest und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der bezirklichen Kinder- und Jugendeinrichtungen und in welchem Maße werden diese in Anspruch genommen?

 

 

Zur Beantwortung Frau BzStR'in Jantzen

 

Sehr geehrte Frau Vorsteherin, sehr geehrte Damen und Herren,

Ihre Anfrage beantworte ich wie folgt:

 

Zu 1.

Zunächst sei hier auf die im Rahmen des Netzwerk Kinderschutz existierenden Beratungs- und Hilfeangebote hingewiesen. Hier sichert werktags zwischen 8 und 18 Uhr vorrangig der Regionale Sozialpädagogische Dienst (RSD) der bezirklichen Jugendämter eine verbindliche Erreichbarkeit und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden ggf. je nach Einzelfall sofort tätig, um Schutz und Hilfe für betroffene junge Menschen zu gewährleisten.

 

Kontaktaufnahme zu den von Gewalt betroffenen Kindern, Jugendlichen und deren Familien erfolgt überwiegend auf der Grundlage von verpflichtenden Meldungen der Polizei, die sie unmittelbar nach Einsätzen von häuslicher Gewalt an das zuständige Jugendamt faxen.

Ferner vermitteln ggf. Fachkräfte aus Einrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit bzw. der Tagesbetreuung oder auch Lehrerinnen und Lehrer einen Kontakt zum Jugendamt, wenn sich Kinder/Jugendliche ihnen anvertrauen. Kinder und Jugendliche können sich auch direkt an den RSD wenden, auch ohne Wissen ihrer Personensorgeberechtigten (§ 8 SGB VIII).

             

Darüber hinaus sind zu jeder Tages- und Nachtzeit der Kindernotdienst, der Jugendnotdienst, der Mädchennotdienst und die Hotline Kinderschutz des Berliner Notdienst Kinderschutz zentrale Anlaufstellen für Kinder und Jugendliche - aber auch für Personen aus dem Umfeld der betroffenen jungen Menschen, die helfen möchten.

 

Eine weitere Möglichkeit ist das Kinder- und Jugendtelefon. Hier können Kinder und Jugendliche von Montag bis Samstag von 14.00 - 20.00 Uhr mit ehrenamtlichen Beraterinnen/ Beratern, ggf. auch anonym über ihre Sorgen sprechen.

 

Die Kooperation des Jugendamtes mit den Einrichtungen des Berliner Notdienst Kinderschutz ist sehr positiv. Wurde dort in der Zeit zwischen 18 und 8 Uhr, am Wochenende und an Feiertagen eine erste Krisenintervention notwendig, erfolgt eine unverzügliche und sehr verbindliche Fallübergabe an den RSD des zuständigen Jugendamtes, damit weitere Hilfe und Unterstützung erfolgen kann.

In Einzelfällen arbeitet das Jugendamt auch mit Trägern weiterer Angebote zusammen wie der Berliner Initiative gegen Gewalt an Frauen - BIG e.V. oder Strohhalm e.V. Auch hier sind die Erfahrungen positiv zu werten.

 

 

Zu 2.

Im Kita-Eigenbetrieb Kindertagesstätten Nordwest gibt es keine Projekte explizit zum Thema "häusliche Gewalt".

 

Die gesamte Bildung und Förderung der Kinder in unseren Kindertagesstätten gemäß dem Berliner Bildungsprogramm zielt auf die Stärkung von Ich- und Sozialkompetenzen, was sich Resilienz fördernd auswirkt.

Unter Resilienz versteht man die Fähigkeit, erfolgreich mit belastenden Situationen (z.B. Erfahrungen mit häuslicher Gewalt, traumatische Erfahrungen) umzugehen und diese verarbeiten zu können

 

 

 

Zu 3.

Nach Auskunft der Regionalen Schulaufsicht und BIG e.V. hat noch keine Schule im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf den Kinderworkshop zur Prävention häuslicher Gewalt "Gewalt kriegt die rote Karte" der Berliner Initiative gegen Gewalt an Frauen-BIG e.V. in Anspruch genommen. BIG e.V. war mit zwei Schulen - die über "ECHT FAIR! Die interaktive Ausstellung für Kinder und Jugendliche zur Gewaltprävention" auf das Angebot aufmerksam geworden sind - dazu im Gespräch. Leider konnten die Kinderworkshops nicht zustande kommen, weil einmal das Format nicht passte und einmal interne Umstrukturierungen einer Schule keine Ressourcen hergaben.

 

 

Die Ausstellung war in den Jahren 2012, 2013 und 2014 im Bezirk und das

Interesse an ihr nahm von Jahr zu Jahr zu. Die Begleitung der Schulklassen durch die Ausstellung wurde zum Teil von BUG e.V. und zum Teil von MitarbeiterInnen der Friedenskirche übernommen.

 

Die Ruth-Cohn-ErzieherInnenfachschule, das Finkenkrug-Förderzentrum und die Loschmidt-Oberschule haben das Angebot einer Fortbildung zum Thema "Kinder und häusliche Gewalt" in Anspruch genommen.

 

Da das Interesse von Schulen aus ganz Berlin - insbesondere an den

Kinderworkshops - grundsätzlich stets größer ist als die Möglichkeit dem nachzukommen, hat BIG e.V. zunächst keine weiteren Versuche der proaktiven Kontaktaufnahme unternommen. BIG e.V. ist jedoch gerne bereit, ihre Arbeit in den Gremien vorzustellen. In diesem Zusammenhang hoffe ich, dass die Initiative der BVV, für die Angebote von BIG e.V. mehr Mittel bereit zu stellen, erfolgreich sein wird.

 

Zu 4.

Jede niedrigschwellige und lebenswelt-orientierte Einrichtung mit offenem und freiwilligem Zugang baut in ihrer Wirkungsweise an erster Stelle auf Beziehung, auf Vertrauen und auf Verlässlichkeit gegenüber den Besucherinnen und Besuchern.

 

Je nach anvertrauten Sorgen und Nöten von Kindern oder Jugendlichen sind den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Verfahrenswege bei gewichtigen Anhaltspunkten einer möglichen Kindeswohlgefährdung, wie z.B. bei Gewalt in der Familie oder im Lebensumfeld des Kindes bekannt und Wege der Hilfe werden möglichst unter Beteiligung der Kinder und Jugendliche angeboten.

 

In der Angebotsplanung der Einrichtungen werden Themen, Bedarfe und Problemlagen der Kinder und Jugendlichen aufgegriffen. So fand 2012 im Rahmen Fallunspezifischer Arbeit in der Region 2 eine Regionalkonferenz zum Thema "Häusliche Gewalt" unter Mitwirkung von BIG e.V. statt.

 

An diese Auftaktveranstaltung schloss sich die Interaktive Ausstellung für Kinder und Jugendliche zur Gewaltprävention "ECHT FAIR!" an, die von einigen Schulklassen und auch von Einrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit besucht wurde. Aufgrund des großen Anklangs wurde die Ausstellung 2013 und auch 2014 erneut angeboten, im Haus der Jugend Anne Frank und in der Friedenskirche Charlottenburg.

 

ECHT FAIR! ist eine Ausstellung der BIG Prävention und für Kinder und Jugendliche ab der 5.Klasse konzipiert. Neben der Anregung zur Auseinandersetzung mit der Thematik werden die jungen Menschen über ihre Rechte und ihren Anspruch auf Schutz und Hilfe informiert und auch werden unmittelbare Handlungsalternativen aufgezeigt.

Konzeptioneller Bestandteil dieses Projektes ist immer eine intensive Vorbereitung und Begleitung der pädagogischen Fachkräfte und zeigt auf, wie sie im Alltag präventiv wirken können. Somit dient diese Ausstellung auch der Erweiterung der fachlichen Kompetenzen, der Fortbildung der beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

 

Zu 5.

Der Eigenbetrieb Kindertagesstätten Nordwest begleitet die Kindertagesstätten mit interner und externer Fachberatung. Großer Wert wird auf eine kontinuierliche Fort- und Weiterbildung der pädagogischen Fachkräfte gelegt. Im Fortbildungszentrum des Eigenbetriebes werden praxisnahe Fort- und Weiterbildungen durchgeführt.

Seit 2010 führt der Eigenbetrieb Kindertagesstätten Nordwest in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Kinderschutzbund 2-mal jährlich 3-tägige Fortbildungen für die hier beschäftigten pädagogischen Fachkräfte zum Thema "Umgang mit Verdacht auf Kindeswohlgefährdung" durch, die stets ausgelastet sind. Die Problematik der häuslichen Gewalt wird als eine Form der Kindeswohlgefährdung in diesem Rahmen erörtert und bearbeitet.

 

Pro Kindertagesstätte muss mindestens eine pädagogische Fachkraft die trägerinterne Fortbildung zum Thema Kindeswohlgefährdung besucht haben und in ihrem Kita-Team als Multiplikator/in agieren.

 

Im Eigenbetrieb Kindertagesstätten Nordwest besteht eine "Fachgruppe Kinderschutz". Sie setzt sich aus 10 Kita-Leitungen aus allen drei Bezirken und einer Fachberaterin zusammen. Die Mitglieder der Fachgruppe sind Ansprechpartnerinnen und Multiplikatoren für alle pädagogischen Fachkräfte des Eigenbetriebs.

 

Für die Sicherstellung des Schutzauftrages bei Kindeswohlgefährdung werden im Eigenbetrieb pädagogische Fachkräfte als "insoweit erfahrende Fachkräfte" qualifiziert. Darüber hinaus motivieren wir unsere pädagogischen Fachkräfte, auch Fortbildungsangebote anderer Anbieter zu nutzen. Insbesondere die Angebote des Sozialpädagogischen Fortbildungsinstitut Berlin-Brandenburg werden durch die pädagogischen Fachkräfte rege frequentiert.

 

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kinder- und Jugendeinrichtungen im Bezirk haben die Möglichkeit, wie alle anderen Fachkräfte der Jugendhilfe auch,  Fortbildungsangebote des Sozialpädagogischen Fortbildungsinstituts Berlin-Brandenburg (SFBB) zu nutzen. Eine statistische Erfassung über die Inanspruchnahme erfolgt nicht. In konkreten Einzelfällen ist auch eine Beratung durch die Kinderschutzkoordiation des Jugendamtes möglich.

Zeichnet sich in den Einrichtungen ein fachlicher Unterstützungsbedarf z.B. für Fortbildungen zu einem bestimmten Thema ab, besteht die Möglichkeit in Kooperation mit dem Fortbildungsinstitut, bedarfsgerechte Angebote zu entwickeln und anzubieten.

 

In den Jahren 2012-2014 wurde, wie unter 4. erwähnt, in Kooperation mit BIG Prävention eine Fortbildung durch die Ausstellung ECHT FAIR! umgesetzt.

 

 


 

 
 

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