Thema des Monats Februar 2011

Bezirksverordnetenversammlung Thema des Monats Februar 2011 Wie weiter nach dem Bürgerentscheid?

Die Bezirksverordnetenversammlung diskutiert

Theater am Kurfürstendamm, 19.1.2011, Foto: KHMM

Theater am Kurfürstendamm, 19.1.2011, Foto: KHMM

Der von dem Verein “Rettet die Kudamm-Bühnen” initiierte Bürgerentscheid über den Erhalt der beiden Theater “Komödie” und “Theater am Kurfürstendamm” im Kudamm-Karree scheiterte am 16. Januar an der zu geringen Beteiligung von 13,68 Prozent der rund 238.000 Wahlberechtigten in Charlottenburg-Wilmersdorf. 15 Prozent müssen sich mindestens beteiligen, damit ein Bürgerentscheid erfolgreich sein kann.

SPD-Fraktion

Das Scheitern des Bürgerentscheids zum Kudamm-Karree hat gezeigt, dass die Argumente der Initiative „Rettet die Kudamm-Bühnen“ nicht überzeugend waren. 13,68 Prozent Beteiligung in dem Bezirk, der ansonsten mit die höchste Wahlbeteiligung in Berlin aufweist, zeigt, dass die Pläne des Bezirks zur Weiterentwicklung des Karrees anerkannt werden. Es geht uns darum, das Karree als Kulturstandort in die Zukunft zu führen. Mit dem international renommierten Architekten Sir David Chipperfield ist ein Umbau, der sowohl Geschichte als auch Zukunft von Berlins wichtigstem Boulevard repräsentieren soll, möglich. Wir wollen ein Theater, das architektonisch in ein offenes und einladendes Gesamtensemble eingebettet ist. In der monströsen, heruntergekommenen und praktisch fast komplett leer stehenden Bausünde der 70er Jahre, in dem die Theater derzeit eingekerkert sind, ist dies nicht möglich. Der Wandel – und nicht etwa das Museale – ist immer ein Teil der Geschichte des Boulevards gewesen.
Fréderic Verrycken

CDU-Fraktion

Grundsätzlich werden Bürgerbegehren von der CDU-Fraktion als ein sehr hohes demokratisches Gut angesehen, so also auch das Bürgerbegehren zu den Kudamm-Bühnen. Doch jetzt nach dem Scheitern stehen die Zeichen auf Erneuerung im Kudamm-Karree, der Kudamm kann an dieser Stelle endlich durch die Umsetzung der Pläne des Stararchitekten Chipperfield im Auftrag des Investors Ballymore wieder attraktiver werden. Der Spielbetrieb des Theaters im neuen Glanz wird durch einen städtebaulichen Vertrag langfristig gesichert, zu Konditionen, die es der Familie Woelffer ermöglichen, ein Theater wirtschaftlich zu führen. Mit Unterstützung der CDU-Fraktion wird nun das Baugenehmigungsverfahren weiter vorangebracht mit dem Ziel, die Planreife noch in diesem Herbst zu erteilen. Die CDU-Fraktion freut sich, dass es gelungen ist, im 125. Geburtstagsjahr des Kudamms eine weitreichende Entscheidung für eine deutliche Aufwertung unseres Boulevards treffen zu können.
Bodo Schmitt

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Auch wenn am 16. Januar das knapp verfehlte Quorum erreicht worden wäre: an der unbefriedigenden Situation würde es nicht viel ändern. Der Investor ist nicht bereit, auch nur eine der Bühnen zu erhalten, und die Handhabe des Bezirks ist beschränkt. Es ist Privatgelände, die Theater stehen nicht unter Denkmalschutz, niemand kann die Inhaber von einem Abriss abhalten. Nur im Rahmen üblicher Verhandlungen kann der Bezirk Forderungen stellen. Und hier denken wir, ist mehr möglich. Das Bezirksamt muss darauf drängen, dass endlich Detailplanungen vorgelegt werden. Dabei kann vielleicht ein Weg gefunden werden, zumindest ein Theater zu erhalten. Und man würde sehen, wie ernst es dem irischen Investor mit dem Standort ist oder ob nur ein weiterer Verkauf vorbereitet wird. Gerade dann sollten keine vorschnellen Zugeständnisse gemacht werden.
Nicole Ludwig

FDP-Fraktion

Der Bürgerentscheid ist mit einer Beteiligung von nur 14 Prozent gescheitert. Die vorher suggerierte breite Öffentlichkeit ist nicht erkennbar. Die Grünen als Dagegen-Partei haben mit ihrer stadtplanungspolitischen Sprecherin im Abgeordnetenhaus Eichstädt-Bohlig das Instrument der Bürgerbeteiligung instrumentalisiert und wollten so eigene politische Vorstellungen durchsetzen. Die Bürger haben nicht mitgemacht. Einem privaten Eigentümer kann man den Erhalt der Ku’damm-Bühnen nicht vorschreiben, der Staat muss nicht alles regeln. Wenn jedoch am Tag nach der Niederlage zu Gesprächen um Kompromisse angesucht wird, so muss festgehalten werden, dass die Suche nach gemeinsamen Lösungen seitens des Vereins im Vorhinein abgelehnt wurde. Es muss Schluss sein mit Verzögerungstaktik, wir brauchen zukunftsweisende Stadtentwicklung für den Ku’damm und unseren Bezirk. Nach dem Scheitern des Bürgerentscheids ist es nun am Investor, den Worten auch Taten folgen zu lassen und wie angekündigt ein Theater zu bauen.
Johannes Heyne

Fraktion Die Linke

Es wird nach dem Bürgerentscheid genauso weitergehen wie davor. Dem Investor werden seine Wünsche vom Munde abgelesen und umgesetzt. Bürgermeinung, das hat die Phase der Entscheidung gezeigt, ist da lästig. Gewonnen hat allein der Investor. Der am Zusammenbruch des irischen Bankensystems durch hochriskante Immobiliengeschäfte seinen Anteil hat. Sich über die Finanzspritze der deutschen Steuerzahler für die irischen Banken seine Finanzierung organisiert. Nun mit Hilfe des Bezirksamtes ein Einkaufszentrum baut, über das dann viel Geld in die Taschen von wem auch immer gespült wird. Verloren hat die Kultur, der Kudamm und seine Besucher. Die immer mehr an Stelle von Theater- und Kinobesuchen nur noch in Schaufenster gaffen dürfen. Die deutschen Steuerzahler, die das Ganze indirekt mit bezahlen. Aber vor allem die irische Jugend, die in ihrer Heimat wegen dieser skrupellos erzeugten Immobilienblase keine Zukunft mehr hat. Aber das geht uns ja nichts an! Oder?
Wolfgang Tillinger