Thema des Monats April 2012

Wie weiter mit den Bezirksfinanzen?

Die Bezirksverordnetenversammlung diskutiert

Rathaus Wilmersdorf, runder Innenhof mit Löwenbrunnen, 30.6.2006, Foto: KHMM

Rathaus Wilmersdorf, runder Innenhof mit Löwenbrunnen, 30.6.2006, Foto: KHMM

Am 8. März 2012 hat die BVV den Bezirksdoppelhaushaltsplanentwurf 2012/13 beschlossen; er wird nun termingerecht dem Abgeordnetenhaus vorgelegt. Im Mittelpunkt der Beratungen standen vorausgegangene Beschlüsse des Bezirksamts zu strukturellen Einsparungen, darunter auch zum Verkauf des Rathauses Wilmersdorf und anderer Grundstücke mit öffentlichen Einrichtungen.

CDU-Fraktion

In den letzten Jahren hat es die Rot/Grüne Mehrheit in unserem Bezirk versäumt, strukturelle Einsparungen vorzunehmen. Gleichzeitig wurden die Bezirke vom Rot/Roten Senat mit zu geringen finanziellen Mitteln ausgestattet. Im Bezirk muss endlich damit begonnen werden, fraktionsübergreifend zu diskutieren, wo der Bezirk finanzielle Schwerpunkte setzen möchte. Gleichzeitig müssen „kreative Finanzierungsmöglichkeiten“ erprobt werden. Ideenlose Schließungen und der Verkauf unserer Immobilien sind keine Lösung unserer finanziellen Probleme. An dieser Diskussion müssen die Bürgerinnen und Bürger beteiligt werden. Der SPD und CDU geführte Senat hat in einem ersten Schritt die Zuweisungen an die Bezirke erhöht. Gemeinsam müssen jetzt die Aufgaben der Bezirke klar definiert und vom Land bedarfsgerechter finanziert werden. Die Kostenleistungsrechnung muss weiterentwickelt, Fehler korrigiert, Zuweisungsmodelle neu überdacht, Sondertatbestände klar definiert werden.
Susanne Klose

SPD-Fraktion

Die BVV hat in ihrer Sitzung am 08.03.2012 mit den Stimmen der rot-grünen Zählgemeinschaft den Haushalt 2012/2013 verabschiedet. Da die vom Senat zugewiesenen Mittel nicht ausreichen, müssen für den Erhalt der finanziellen Handlungsfähigkeit des Bezirks Immobilien verkauft und schmerzhafte Einschnitte hingenommen werden. Ein Schwerpunkt der künftigen Haushaltspolitik unseres Bezirks wird daher die Einwirkung auf die Landesebene sein, damit die Bezirke mit ausreichenden finanziellen Mitteln ausgestattet werden und nicht zum Haushalten zu Lasten der Substanz gezwungen sind. Nur dann ist eine gestaltende Politik für die Kieze und die Menschen in den Bezirken möglich. Ein „Weiter-So“ auf Kosten des Erhalts von Spielplätzen, Jugendfreizeitheimen, Bibliotheken, von integrations-, sozial- und genderpolitischen Projekten und anderen Schwerpunkten bezirklicher Politik darf es nicht geben.
Bassem Al Abed

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Die Haushaltsberatungen waren geprägt durch die unzureichenden Zuweisungen des Landes, die mit den Vorgaben der Kosten- und Leistungsrechnung harte Einschnitte erzwingen. Es wäre ebenso leicht wie unverantwortlich, sich wegzuducken, den Planentwurf abzulehnen und unsere Haushaltsführung vollends dem Finanzsenator zu überlassen. Politik für den Bezirk muss anders aussehen: gegen die Fehlsteuerungen auf Landesebene gilt es anzugehen – seien es die völlig irrealen kalkulatorischen Kosten, die uns für Gebäude in Rechnung gestellt werden, oder die Vorgaben des Senats zur weiteren Einsparung von Personal, das schon jetzt nicht ausreicht, um alle bezirklichen Aufgaben wahrzunehmen. Gerade in den größten Bereichen Soziales, Jugend und Bildung stoßen angesichts des Bedarfs die Einsparungen an ihre Grenzen.
Christoph Wapler

Piraten

In Berlin gibt es seit langem Bestrebungen, die Zweigliedrigkeit der Verwaltung abzuschaffen. Ein Mittel, neben der Verwaltungsreform, ist die Zuweisung einer Globalsumme des Senats an die Bezirke, die dadurch in eine Spirale von Sparmaßnahmen gezwungen werden. Der Bezirk schafft sich nicht selbst ab, er wird abgeschafft. Die Piraten in Charlottenburg-Wilmersdorf haben zur Wahl 2011 dargelegt, dass eine stärkere Beteiligung der Bürger am Haushalt inklusive der notwendigen Sparmaßnamen erforderlich ist. Die dafür nötigen Mittel könnten aus der sogenannten “City-Tax” kommen, deren Einnahmen dann zu 50% direkt an die Bürgerhaushalte der zwölf Bezirke fließen, und nicht der Sanierung der Bezirkshaushalte dienen.
Holger Pabst

Die Linke

Vor dem Hintergrund, dass die Bezirksfinanzen beschlossen wurden, ohne den Beschließenden die notwendige Zeit für ein gesamtinhaltliches Verstehen zu geben, kann keiner eine vernünftige Antwort geben. Selbst die Frage, ob sie durch den Verkauf der vielen Liegenschaften wenigstens zukünftig gesichert sind, ist nicht zu beantworten. Eine Situation, die mehr Ohnmacht der Handelnden widerspiegelt, als dass sie gestalterisches Entscheiden darstellt. Alle, die über den Haushalt abgestimmt haben, egal wie, sind hier die Verlierer. Man kann nun nur hoffen, dass die beiden Haushaltsjahre ohne Haushaltssperren verlaufen. So kann und darf es nicht weitergehen. Hier müssen alle politischen Kräfte eine neue Verteilung der Finanzmittel gemeinsam erarbeiten. Es geht um eine gerechtere Mittelzuweisung für Personalbedarf, Unterhaltungskosten der Liegenschaften, Parks und Straßen sowie der sozialen und kulturellen Leistungen, die für alle verständlich und nachvollziehbar dargestellt sind.
Wolfgang Tillinger