Südliche Spreeinsel und Inselbrücke

Berlin-Mitte, alte Bausubstanz vor einem Hochhausneubau auf der Fischerinsel

Wohn- und Geschäftshaus An der Fischerbrücke 16 vor dem Hochhausneubau Fischerinsel 2, 1969.

Heute ist es schwer vorstellbar, dass sich an diesem Standort 1969 noch ein Wohn- und Geschäftshaus mit der Adresse An der Fischerbrücke 16 befunden hat. Noch weniger denkbar ist die Ortsbezeichnung Hinter der Mauer am Wursthofe. Letztere diente der heute in Vergessenheit geratenen Kaufmannsstadt Cölln, die im Jahr 1237 mit einem Pfarrer namens Symeon ihre erste urkundliche Erwähnung gefunden hat. Sein damaliger Wirkungsort war der nahe Petriplatz, der mit Petrikirche und dem Cöllner Rathaus über Jahrhunderte Mittelpunkt der Kaufmannsstadt war. Die jüngst erfolgten archäologischen Grabungen am Petriplatz lassen die Stadtgründung um das Jahr 1150 vermuten. In der vorangegangenen slawischen Zeit hat es an diesem Ort keine ständige Siedlung gegeben.

Die Verbindung zwischen Alt- und Neu-Cölln

Auf einer von Spreewasser umgebenen Insel gegründet, war die Stadt Cölln vorerst auf die südliche Hälfte der heutigen Spreeinsel beschränkt. Die unabhängigen Handelsstädte Berlin und Cölln waren schon in der Mitte des 13. Jahrhunderts durch eine gemeinsame Stadtmauer geschützt. Der westliche Spreearm wurde zum Cöllner Stadtgraben ausgebaut und in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts durch holländische Spezialisten kanalisiert. Nach dem Bau der Mühlendammkolonnaden und der davon abgehenden Fischerbrücke über die Spree entstand in direkter Verlängerung die Brücke vom Cöllnischen Wursthofe über den Kanal nach Neu-Cölln, die heutige Inselbrücke.

Mit Putten und Obelisken geschmückt

Die Inselbrücke von 1693 war eine hölzerne Pfahlbrücke und besaß einen Klappendurchlass für die Schifffahrt. Bis dahin war die benachbarte Roßstraßenbrücke die einzige Verbindung Alt-Cöllns über den Spreekanal gewesen. Die nur 5 Meter breite Inselbrücke entwickelte sich zu einer stark frequentierten Verbindung. 1876 ging die Brücke in den Besitz der Stadt Berlin über, die von 1910 bis 1913 eine 20 Meter breite, dreibogige Steinbrücke errichten ließ. Die neue Inselbrücke war nach den Plänen des Berliner Stadtbaurates Ludwig Hoffmann mit Muschelkalk verkleidet, die Balustraden waren mit Putten und Obelisken geschmückt. Mit der neuen Brücke musste auch die Straße An der Fischerbrücke verbreitert und sämtliche Inselgebäude abgeräumt werden (siehe QR-Code Inselgebäude und Hafenkastanie).

Eine denkmalgeschützte Fernwärmetrasse

Im Zweiten Weltkrieg trug die Inselbrücke schwere Schäden davon. Das Bauwerk konnte schrittweise wieder ertüchtigt werden, aber der Figurenschmuck schien verloren. Als von 1969 bis 1973 das Wohngebiet Fischerinsel errichtet wurde, wurde zur Versorgung des neuen Stadtquartiers eine Fernwärmetrasse über die Brücke geführt. Bei der Sanierung der Inselbrücke im Jahr 2000 ist es dann doch gelungen, Teile des Figurenschmuckes aus der Spree zu bergen. Ohne Figuren, aber mit der „verkleideten“ Fernwärmetrasse ist die denkmalgeschützte Inselbrücke ein beliebter Aufenthaltsort.

Baustellen und Grabungen am Ort der Stadtgründung

Im Jahr 2000 wurde die zum Wohnquartier Fischerinsel gehörende Großgaststätte Ahornblatt abgerissen. Vor der Errichtung von zwei Neubauten an der Gertraudenstraße haben ArchäologInnen bis in knapp 5 Meter Tiefe bauliche Reste freigelegt, die bis auf die Zeit der Stadtgründungen zurückgehen. Im Sommer 2023 wurde der neue Uferpark eingeweiht. Mit dem ausstehenden Ersatzneubau der Mühlendammbrücke und der geplanten Errichtung eines Wehrs neben der Schleuse sind die Bautätigkeiten zwischen Inselbrücke und Mühlendamm jedoch noch nicht abgeschlossen.

Text: Christina Kautz

Literatur:
  • Aulich, Ulrich, Taucher holen Steine der Inselbrücke aus der Spree. In: Berliner Zeitung vom 28.04.1999
  • Escher, Felix, Prof. Dr., Berlin-Cölln als Hafen- und Handelsstadt im Mittelalter und in der frühen Neuzeit.
    In: Geschichtswerkstatt Spree-Insel, Helmut Engel (Hg.). Potsdam, 1998
  • Fidicin, Ernst. Berlin, historisch und topographisch dargestellt, Berlin 1843 (Seite 135)
  • Melisch, Claudia Maria, Garlisch, Ines, Dr., Feuchter, Jörg, Dr., Die ersten Berliner. Leben an der Spree zwischen 1150 und 1300. Berlin, 2023