Aktuelles

Interessenbekundungsverfahren für ein Förderprojekt gem. § 44 LHO (Zuwendungen) zur Durchführung eines zur Stärkung der politischen Bildung und politischen Teilhabe von arabischsprachigen Berliner:innen und deren Nachkommen

1. Ausgangslage

Arabischsprachige Menschen machen in Berlin einen nicht unerheblichen Anteil der Bevölkerung aus. Allein auf Basis der Staatsangehörigkeiten Ägypten, Libanon, Syrien und Irak sowie der Schätzungen über palästinensische Bevölkerung ist von rund 150.000–200.000 Menschen auszugehen 1.
Die meisten arabischsprachigen Menschen in Deutschland, die nicht hier geboren oder aufgewachsen sind, bringen zunächst keine Erfahrung einer auf politischer Teilhabe basierenden Demokratie mit. Inspiriert durch den arabischen Frühling haben viele neu zugewanderte Menschen aus der Region Westasien-Nordafrika (WANA) zwar Erfahrung mit politischem Aktivismus, dieser unterscheidet sich jedoch stark von demokratischer Teilhabe. So sollte es einerseits darum gehen, die direkte politische Teilhabe von arabischsprachigen Menschen zu stärken, indem ihr Verständnis politischer Partizipation und demokratischer Strukturen durch politische Bildungsarbeit ausgebaut wird und andererseits darum, ihre zivilgesellschaftliche Arbeit als politische Teilhabe anzuerkennen und Instrumente der politischen Bildung zu entwickeln, um diese im deutschen demokratischen System wirksamer zu machen 2.
Durch das geplante Projekt sollen Selbstorganisationen und Initiativen aus den arabischsprachige Communitys unterstützt werden, passgenaue Angebote der politischen Bildung und Teilhabe zu entwerfen und durchzuführen. Es sollen (politische) Interessen erkundet und Angebote entwickelt werden, die sowohl inhaltlich als auch räumlich dem Alltag der Menschen entsprechen. Es ist eine größere Glaubwürdigkeit und Akzeptanz durch die Selbstorganisationen zu erwarten, da sich diese durch Kenntnisse der Lebensrealitäten ausweisen und zudem bereits ein Vertrauensverhältnis besteht. Somit werden die Angeboten nicht (von außen) angetragen, sondern selbstbestimmt innerhalb der Communitys entwickelt und durchgeführt.
Es können Projekte im finanziellen Umfang von bis zu 50.000 € jährlich eingereicht werden.

2. Vorhaben

Die Grundidee: Menschen, die sich als „arabischsprachig“ bezeichnen lassen oder einen familiären Bezug dazu aufweisen, erfahren Stärkung der politischen Bildung und Teilhabe durch Selbstorganisationen der Community. Sie entwickeln Interessenschwerpunkte, werden als politische Subjekte adressiert und können sich gestärkt in (dominanz)gesellschaftliche Diskurse einbringen.

  • Was verstehen wir unter „politischer Teilhabe"?

    Unter „politischer Teilhabe“ verstehen wir dabei vielfältige Formen von politischem und gesellschaftlichem Engagement. Das kann das aktive Mitwirken in einer Partei sein, genauso aber auch in einem Verein, einer Initiative, in einer Elternvertretung oder einer Arbeitsgemeinschaft im Stadtteil. Ebenso gehören Beteiligungsformen wie eine Petition, ein Gespräch im Wahlkreisbüro von Abgeordneten, Beiräte im Bezirk, Volksinitiativen etc. dazu. Auch die Möglichkeiten zur aktiven Teilhabe bei Selbstvertretungen und die Teilnahme bei der Vorbereitung von Demonstrationen, Unterschriftenlisten oder Veranstaltungen werden aufgezeigt. Die Menschen werden dabei unterstützt, ihren eigenen Weg zur gesellschaftlichen Mitgestaltung und zur Vertretung ihrer Interessen zu finden; sie werden ermutigt, diesen entschlossen zu gehen.

  • Welche Projektbestandteile soll es geben?
    Das Projekt soll sich aus verschiedenen Elementen zusammensetzen:
    • Begegnung mit Politiker:innen mit eigener Zuwanderungsgeschichte: Die Begegnung mit Politiker:innen, die selbst eine Zuwanderungsgeschichte haben, motiviert dazu, die eigenen Interessen zu entwickeln und Möglichkeiten und Wege deren Vertretung zu suchen. Die Politiker:innen können in die eigenen Räum eingeladen oder an deren Wirkstätte besucht werden. Es können auch zu thematischen Formaten verschiedene Politiker:innen zur Begegnung eingeladen werden. Im Rahmen des Projekts werden diese Gesprächsrunden vor- und nachbereitet und ein Transfer der neu gewonnenen Einsichten in den eigenen Alltag unterstützt.
    • Workshops und weitere Veranstaltungsformate zur Förderung politischen und gesellschaftlichen Engagements. Die Workshops richten sich an die Communitys. Inhalte der Workshops können sein: Formen der politischen Teilhabe (politische und gesellschaftliche Engagementmöglichkeiten) werden vorgestellt, Handwerkszeug des politischen und gesellschaftlichen Engagements werden vermittelt (z.B. Vereinsarbeit, Netzwerke knüpfen, Umgang mit Misserfolgen, Self-Empowerment), Medienkompetenz wird erarbeitet bzw. vertieft, Erfahrungsaustausch unter den Aktiven mit den bisher erreichten Schritten auf dem Weg zu mehr politischer Teilhabe. Ggf. sollten bei den Workshops auch Expert:innen einbezogen werden. Aktuelle gesellschaftspolitische Themen, die innerhalb der Communitys für virulent erachtet werden. Außerdem können Exkursionen organisiert werden oder weitere geeignete Formate entwickelt werden.

    Die fachliche Begleitung und Koordination der Projekte sowie die Vorbereitung der Workshops findet statt durch eine Projektkoordinatorin oder einen Projektkoordinator in der umsetzenden Organisation.

  • Wer kann eine Förderung erhalten?

    Förderung können nichtstaatliche Organisationen, Träger und Vereine (juristische Personen) erhalten, die Erfahrung in der Organisation und Umsetzung von politischer Bildung und der Förderung politischer Teilhabe haben. Privatpersonen können keine Förderung erhalten. Voraussetzung ist ein vollständiger Eintrag der Organisation in die Berliner Transparenzdatenbank. Ein Rechtsanspruch auf Förderung besteht nicht. An der Förderung der beantragten Projekte dürfen außer der Landeszentrale keine weiteren öffentlichen Stellen des Landes Berlin beteiligt sein.

Für das Projekt ist die Durchführung eines Verfahrens der Selbstevaluation vorzusehen. Die Ergebnisse dieser sollten nachvollziehbar für die kontinuierliche Weiterentwicklung des Projekts genutzt werden.

3. Zeitplan

Das Projekt soll im Zeitraum 01.04.2024 bis 31.12.2025 umgesetzt werden. Idealerweise sollen dabei Konzepte, Kooperationen und Netzwerke entstehen, die auch in den Folgejahren für weiterführende Angebote der politischen Bildung nutzbar gemacht werden können. Eine Fortführung der Förderung der ausgewählten Projekte über 2025 hinaus ist beabsichtigt.

4. Anforderung an Träger und Interessenbekundung

Interessenbekundungen werden erbeten von Organisationen wie Vereinen, NGOs möglichst aus den Communitys oder mit nachgewiesener enger Anbindung an die Communitys, die über Erfahrung in der Umsetzung von Projekten mit arabischsprachigen Menschen verfügen, nach Möglichkeit mit Bezug zu den Themen politische Teilhabe und gesellschaftliche Mitgestaltung. Idealerweise soll es sich bei den bekundenden Akteuren um Dachorganisationen handeln, die über weitere Vereine etc. als Mitglieder verfügen. Bevorzugt werden Interessenbekundungen von Organisationen mit Migrationsbezug berücksichtigt. Erforderlich ist die Einreichung folgender Unterlagen:
  • Kurzkonzept für die Durchführung des Projektes (max. vier DIN A 4 Seiten)
  • Finanzkalkulation zur Umsetzung der Projektmittel
  • Selbstdarstellung mit Nennung von Referenzprojekten (max. zwei DIN A 4 Seiten)
  • Angabe einer Kontaktperson mit E-Mail-Adresse und Telefonnummer

5. Kriterien für die Auswahlentscheidung

Alle eingehenden Interessensbekundungen werden nach gleichen Maßstäben nach den folgenden Kriterien bewertet. Die Relevanz der einzelnen Kriterien ergibt sich aus der prozentualen Gewichtung:
  • Stimmigkeit des Konzepts und Angemessenheit der Ansprache von Erwachsenen (Zugang zu potenziellen Teilnehmer:innen), Beachtung der Grundlagen der politischen Bildung (50%)
  • Nachgewiesene Expertise des/der Einreichenden in Bezug auf die vorgeschlagenen Aktivitäten (30%), gemessen an benannten Referenzprojekten bzw. Erfahrungen und Qualifikation der Mitarbeitenden
  • Verhältnis von Kosten zu den erwartenden Effekten (20%) gemessen an der Wirtschaftlichkeit des Angebots und den zu erwartenden Effekten bezüglich der Zahl der erreichten Teilnehmenden, der Intensität der Bildungsangebote und bezüglich der Nachhaltigkeit des Angebots

6. Einreichung

Die Interessenbekundung muss bis zum Dienstag, 26.03.2024, 18.00 Uhr (Poststempel oder E-Maileingang) eingereicht werden an:
Berliner Landeszentrale für politische Bildung
Melike B. Çınar
Hardenbergstr. 22–24
10623 Berlin
E-Mail an: melike.cinar@senbjf.berlin.de
Referentin für Veranstaltungen und Kooperationen in der Landeszentrale

  • Interessenbekundungsverfahren Arabischsprachige

    PDF-Dokument (347.4 kB)

1 Amt für Statistik Berlin-Brandenburg
2 Basma Bahgat und Lina Fustok: „Konzeptpapier Entwicklung von Angeboten der politischen Bildung zur Stärkung der politischen Teilhabe von arabisch-sprachigen Berliner*innen“