Scheunenviertel

Scheunenviertel

Das Scheunenviertel hat eine bewegte Geschichte hinter sich: vom Armenviertel zum jüdischen Ghetto bis zur Verwüstung. Heute knüpft das Scheunenviertel wieder an jüdische Traditionen an.

Scheunenviertel

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Vor dem Einschluss des Geländes in das Stadtgebiet durch den Bau der Zollmauer in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts war das hiesige Gebiet zunächst von Scheunen bestanden. Deren brandgefährdeter Inhalt musste aus der Stadt hinaus verlagert werden, woraufhin hier das Scheunenviertel entstand.
Berliner Volksbühne
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Volksbühne im Scheunenviertel

Auf dem Rosa-Luxemburg-, ehemals Bülowplatz findet man heute die Volksbühne. Sie wurde 1915 für den Volksbühnen-Verein errichtet und vereinfacht bis 1954 wiederaufgebaut. Der 1889 gegründete Verein "Freie Bühne" machte in nicht öffentlichen Vorstellungen den Mitgliedern unter Umgehung der preußischen Zensur naturalistisches Theater zugänglich. Stücke etwa von Gerhart Hauptmann waren ihres "revolutionären" Gehalts wegen verboten: Sie machten das Leben der Armen zum Thema. Heute ist die Volksbühne für die Inszenierungen des Intendanten Frank Castorf berühmt. In den Platz sind zahlreiche Zitate Luxemburgs, der Mitbegründerin der Kommunistischen Partei, eingelassen.
Rechts der Volksbühne steht mit dem Karl-Liebknecht-Haus die Parteizentrale der Linkspartei, erworben von der kommunistischen Vorgängerpartei im Jahre 1926. Rundherum entstanden bis 1930 im Zuge der städtebaulichen Neugestaltung Wohnungsbauten. Die mit horizontalen Bändern gegliederten Häuser entwarf der Architekt Hans Poelzig. Das Lichtspieltheater Babylon ist seit Fertigstellung der Häuser unter diesem Namen in Betrieb, im großen Saal spielt Berlins einzige Stummfilm-Orgel.

Scheunenviertel als Zentrum der ostjüdischen Auswanderung

Über die Hirtenstraße gelangen wir zur Almstadtstraße, der ehemaligen Grenadierstraße, und über die Münzstraße zur parallel dazu verlaufenden Dragonerstraße (heute Max-Beer-Straße). Hier befand sich mit dem Scheunenviertel das Zentrum der ostjüdischen Auswanderung. Die Menschen flüchteten aus Litauen, Polen und der Ukraine vor Pogromen nach Berlin und wollten meist weiter Richtung Amerika. Der Anteil der armen, meist streng orthodoxen Ostjuden an der Wohnbevölkerung der Straßen betrug hier bis zu 70 Prozent. Ein großer Teil von ihnen war illegal hierher geflohen. Es gab Betstuben, Druckereien hebräischer Bücher, Ritualienverkäufer und koschere Läden. Die strenggläubigen Ostjuden sahen sich deutlich unterschieden vom liberalen Berliner Westjudentum. In den 1880er Jahren setzte die Entwicklung ein, die nach 1918 ihren Höhepunkt erlebte. Nach 1933 konnten sich die Einwohner des Viertels eine Emigration meist nicht leisten, weshalb 1938 viele von den Nationalsozialisten nach Polen abgeschoben wurden. Der Versuch, via Berliner Scheunenviertel in ein besseres Leben zu flüchten, endete dort meist mit einem grausamen Tod. Heute erinnert auf den Straßen nichts mehr an die dichte Atmosphäre der Vorkriegszeit.

Die originellen Läden der 1990er verschwinden

Der Weg folgt der Münzstraße nach rechts, bis sie auf die Alte und Neue Schönhauser Straße trifft. Hier halten wir uns links, wo in der Neuen Schönhauser Straße 13 das 1890 von Alfred Messel entworfene Volkskaffeehaus, ehemals eine soziale Einrichtung für verarmte Arbeiter und Kleinbürger, zu finden ist. Mit der Sanierung der Häuser hat sich nicht nur das Publikum verändert. Immer mehr Ketten-Boutiquen verdrängen die originellen Läden der 1990er Jahre. Gegenüber weist das spätbarocke Haus Nummer 8 aus dem Jahre 1770 darauf hin, dass man mit der Spandauer Vorstadt einen der ältesten erhaltenen Berliner Stadtteile erreicht.

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Mulackstr. 6
10119 Berlin

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| Aktualisierung: 17. November 2015