Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 10. Januar 2013 – 5 C 24.11
Die Gewährung eines persönlichen Finanzbudgets für den Einsatz einer fachkompetenten Kommunikationshilfe mit dem Ziel, dem Leistungsempfänger die Teilhabe am Berufsschulunterricht als schulischem Teil einer dualen Ausbildung zu ermöglichen, ist eine sonstige Hilfe zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben im Sinne des § 33 Abs. 3 Nr. 6 SGB IX. § 103 Satz 1 SGB III a.F. (= § 118 Satz 1 SGB III) findet entsprechende Anwendung auf in § 33 Abs. 8 SGB IX nicht näher konkretisierte sonstige Hilfen im Sinne des § 33 Abs. 3 Nr. 6 SGB IX.
In dem hier vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall leidet der im Jahr 1991 geborene Leistungsempfänger an einer Hörminderung. Die Versorgungsverwaltung erkannte im Jahr 1994 unter anderem wegen dieser Beeinträchtigung auf einen Grad der Behinderung von 100. Zwischen August 2008 und Januar 2012 war der Leistungsempfänger zur Ausbildung zum Karosserie- und Fahrzeugbaumechaniker beschäftigt. Den schulischen Teil der dualen Ausbildung absolvierte er zuletzt in einer Regelberufsschule. Da die an dieser Schule unterrichtenden Lehrer nicht über eine Gebärdensprachkompetenz verfügten, beantragte er im Oktober 2009 bei dem Integrationsamt des Klägers, ihm eine „Arbeitsassistenz für die Berufsschulbegleitung in Gebärdensprache“ zu bewilligen. Der Kläger leitete den Antrag der nach seiner Auffassung sachlich zuständigen Bundesagentur für Arbeit zu. Diese lehnte das Begehren gegenüber dem Kläger mit der Begründung ab, das klagende Land trage die
Finanzierungsverantwortung für die Sicherstellung des Schulbesuchs. Daraufhin bewilligte der Kläger dem behinderten Auszubildenden „für die notwendige Arbeitsassistenz (fachkompetente Kommunikationshilfe)“ unter Hinweis auf die Vorläufigkeit der Leistungserbringung ein persönliches Finanzbudget.
Das Bundesverwaltungsgericht sah die beklagte Bundesagentur für Arbeit in der (Erstattungs-)Pflicht:
Nach § 102 Abs. 6 Satz 4 SGB IX (2008)1 erstattet für den Fall, dass das Integrationsamt eine Leistung erbracht hat, für die ein anderer Träger zuständig ist, dieser die auf die Leistung entfallenden Aufwendungen. Der Erstattungsanspruch bezieht sich auf Leistungen, die rechtmäßig nach § 102 Abs. 6 Satz 3 SGB IX (2008) erbracht wurden2. Gemäß § 102 Abs. 6 Satz 3 SGB IX (2008) kann das Integrationsamt eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben vorläufig erbringen, wenn deren unverzügliche Erbringung erforderlich ist. Das Integrationsamt des Klägers hat vorliegend eine solche Leistung erbracht. Ihre Erbringung war eilbedürftig und erfolgte lediglich vorläufig. Der Leistungserbringung durch den Kläger stand nicht entgegen, dass dieser zuvor den Antrag des Hilfebedürftigen auf Übernahme der Kosten für einen Kommunikationshelfer an die Beklagte weitergeleitet hatte. Für die erbrachte Leistung war die Beklagte zuständig.
Der Kläger hat eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben erbracht. Die Übernahme der Aufwendungen für den Einsatz einer fachkompetenten Kommunikationshilfe zur Ermöglichung der Teilnahme des Leistungsempfängers an dem Berufsschulunterricht als schulischem Teil einer dualen Ausbildung ist eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben im Sinne des § 33 Abs. 1 SGB IX a.F. Zwar unterfällt die Leistung weder § 33 Abs. 3 Nr. 4 SGB IX a.F. noch § 33 Abs. 8 Satz 1 Nr. 3 SGB IX a.F. Jedoch handelt es sich um eine sonstige Hilfe zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 Abs. 3 Nr. 6 SGB IX a.F.
Die Finanzierung des Einsatzes eines Kommunikationshelfers diente der beruflichen Rehabilitation des Leistungsempfängers.
Gemäß § 33 Abs. 1 SGB IX a.F. werden zur Teilhabe am Arbeitsleben die erforderlichen Leistungen erbracht, um die Erwerbsfähigkeit behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern. Der Begriff “Arbeitsleben” erstreckt sich – wie aus § 33 Abs. 3 Nr. 4 SGB IX a.F. folgt – grundsätzlich auch auf die berufliche Ausbildung.
Der Kommunikationshelfer sollte dem Leistungsempfänger eine erfolgreiche Teilnahme am Berufsschulunterricht ermöglichen. Sein Einsatz war deshalb auf die Herstellung der Erwerbsfähigkeit gerichtet.
Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts handelt es sich bei den Aufwendungen für einen Kommunikationshelfer nicht um eine Leistung der beruflichen Ausbildung nach § 33 Abs. 3 Nr. 4 SGB IX a.F.
Berufliche Ausbildung im Sinne dieser Bestimmung ist die erste zu einem Abschluss führende berufliche Bildungsmaßnahme, die ihrem objektiven Charakter nach nicht auf bereits erworbenen Kenntnissen aufbaut
Als Leistungen zur beruflichen Ausbildung sind nur solche Maßnahmen bewilligungsfähig, die Teil der Ausbildung sind
Hierzu zählt die fachkompetente Kommunikationshilfe nicht, da diese nicht integrierter Bestandteil der Ausbildung ist, sondern lediglich im Zusammenhang mit der Ausbildung des Leistungsempfängers gewährt wird.
Die Förderung des Einsatzes eines Kommunikationshelfers ist auch keine sonstige Hilfe im Sinne des § 33 Abs. 3 Nr. 6 i.V.m. Abs. 8 Satz 1 Nr. 3 SGB IX a.F.
Gemäß § 33 Abs. 3 Nr. 6 SGB IX a.F. umfassen die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben insbesondere auch sonstige Hilfen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben, um behinderten Menschen unter anderem eine angemessene und geeignete Beschäftigung zu ermöglichen beziehungsweise zu erhalten. Leistungen im Sinne des § 33 Abs. 3 Nr. 6 SGB IX a.F. werden in § 33 Abs. 8 Satz 1 SGB IX a.F. beispielhaft konkretisiert.
§ 33 Abs. 8 Satz 1 Nr. 3 SGB IX a.F. erfasst die Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz für schwerbehinderte Menschen als Hilfe zur Erlangung eines Arbeitsplatzes. Im Rahmen einer solchen Arbeitsassistenz kann grundsätzlich auch die Gestellung eines Gebärdensprachdolmetschers finanziert werden. Hier diente die Förderung des Einsatzes des Kommunikationshelfers indes nicht der Erlangung eines Arbeitsplatzes, sondern der Ermöglichung der Teilnahme des Leistungsempfängers an dem Berufsschulunterricht als schulischem Teil der dualen Ausbildung. Zwar ist der erfolgreiche Abschluss der Berufsausbildung Voraussetzung für die Erlangung eines Arbeitsplatzes. Jedoch wird der schulische Teil der Berufsausbildung von § 33 Abs. 8 Satz 1 Nr. 3 SGB IX a.F. nicht erfasst. Dies folgt schon daraus, dass § 33 SGB IX a.F. zwischen der beruflichen Ausbildung (Absatz 3 Nr. 4) und dem Arbeitsplatz (Absatz 3 Nr. 1 und Absatz 8 Satz 1 Nr. 3) unterscheidet. Dies verbietet es, die schulische
Berufsausbildung (auch) als Maßnahme zur Erlangung eines Arbeitsplatzes i.S.d. § 33 Abs. 8 Satz 1 Nr. 3 SGB IX a.F. anzusehen.
Die Förderung des Einsatzes der Kommunikationshilfe ist ein in § 33 Abs. 8 SGB IX a.F. nicht näher konkretisierter Fall einer sonstigen Hilfe zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben im Sinne des § 33 Abs. 3 Nr. 6 SGB IX a.F.
Der Einsatz des Kommunikationshelfers dient der Förderung der Teilhabe des Leistungsempfängers am Arbeitsleben und ist darauf gerichtet, dem Hilfebedürftigen eine angemessene und geeignete Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit zu ermöglichen. Die sonstigen Hilfen im Sinne des § 33 Abs. 3 Nr. 6 SGB IX a.F. stehen im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit behinderter Menschen. Ihr Ziel ist es, die Erwerbsfähigkeit und damit die berufliche Eingliederung behinderter Menschen in die Gesellschaft zu fördern. Dieser Zweck erstreckt sich auch auf die der beruflichen Tätigkeit vorangehende schulische Berufsausbildung. Diese dient der Erlangung der beruflichen Handlungsfähigkeit (vgl. § 1 Abs. 3 Satz 1 BBiG) und ist darauf gerichtet, eine Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit zu ermöglichen. Dementsprechend wurde im Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich hervorgehoben, dass das Ziel der dauerhaften Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben nur erreicht
werden kann, wenn auch ausbildungsbegleitende persönliche Hilfen zur Verfügung stehen.
§ 33 Abs. 8 Satz 1 Nr. 3 SGB IX a.F. schließt nicht aus, den Einsatz eines den Berufsschulunterricht begleitenden Kommunikationshelfers als nicht benannte “sonstige Hilfe” im Sinne des § 33 Abs. 3 Nr. 6 SGB IX a.F. anzusehen. Die in § 33 Abs. 3 und Abs. 8 Satz 1 SGB IX a.F. enthaltenen Leistungskataloge sind nicht abschließend. Dies folgt für § 33 Abs. 3 SGB IX a.F. aus der Wendung “insbesondere” und mit Blick auf § 33 Abs. 8 Satz 1 SGB IX a.F. aus dem Wort “auch”. Dass die Leistungskataloge offen sind, ist Ausdruck des Bestrebens des Gesetzgebers, die Möglichkeiten einer beruflichen Eingliederung des behinderten Menschen jedenfalls grundsätzlich auszuschöpfen. Aus dem Umstand, dass § 33 Abs. 8 Satz 1 Nr. 3 SGB IX a.F. die Übernahme der Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz nur für den Fall vorsieht, dass es sich um eine Hilfe zur Erlangung eines Arbeitsplatzes handelt, kann daher nicht geschlossen werden, dass die Finanzierung eines Assistenten auf
diese Fallgestaltung beschränkt ist. Vielmehr sind Leistungen für den Einsatz eines Assistenten zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben in anderen Fallgestaltungen auf der Grundlage der die “sonstigen Hilfen” generell regelnden Bestimmung des § 33 Abs. 3 Nr. 6 SGB IX a.F. zu erbringen, wenn dessen Voraussetzungen – wie hier – erfüllt sind.
Die unverzügliche Leistungserbringung war auch im Sinne des § 102 Abs. 6 Satz 3 SGB IX (2008) erforderlich. Dies ist unter anderem der Fall, wenn ohne die betreffende Leistung die Teilhabe des schwerbehinderten Menschen am Arbeitsleben akut und konkret gefährdet wäre6. So verhält es sich hier.
Die Leistung erfolgte zudem “vorläufig” im Sinne des § 102 Abs. 6 Satz 3 SGB IX (2008). Der Kläger hat die Leistung gegenüber der Beklagten als vorläufig gekennzeichnet, diese als die seiner Ansicht nach im Außenverhältnis Verpflichtete entsprechend informiert und zur Leistungserbringung aufgefordert sowie anschließend an ihrer Stelle auch tatsächlich vorläufig geleistet.
Der Leistungserbringung durch den Kläger stand nicht entgegen, dass dieser den Antrag des Leistungsempfängers an die Beklagte weitergeleitet hatte. Zwar bewirkte die Weiterleitung, dass die Beklagte die Leistung selbst dann zu erbringen hatte, wenn sie insoweit unzuständig gewesen wäre (§ 102 Abs. 6 Satz 1 SGB IX, 2008 i.V.m. § 14 Abs. 2 Satz 3 und Satz 1 SGB IX (2004)7). Dass sie es dem Kläger gegenüber abgelehnt hatte zu leisten, hinderte diesen nicht, die Leistung seinerseits zu erbringen.
Die umfassende Vorleistungsbefugnis des Integrationsamtes ist Ausfluss des “staatlichen Wächteramtes”, das der Gesetzgeber diesem gegenüber den Trägern der Leistungen zur Teilhabe im Interesse des Schutzes des behinderten Menschen zugewiesen hat. Die hiermit verfolgte Zielsetzung, die unverzügliche Einleitung erforderlicher Rehabilitationsmaßnahmen zu gewährleisten, ermächtigt das Integrationsamt, von seiner Vorleistungsbefugnis auch dann Gebrauch zu machen, wenn es einen Leistungsantrag gemäß § 102 Abs. 6 Satz 1 SGB IX (2008) i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 2 SGB IX (2004) an den seiner Auffassung nach zuständigen Leistungsträger abgegeben hat, dieser jedoch – wie hier – eine Entscheidung über die Leistungsgewährung gegenüber dem Leistungsempfänger entgegen § 14 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. Satz 2 SGB IX (2004) nicht trifft.
Der Kläger hat mit der Förderung des Einsatzes der fachkompetenten Kommunikationshilfe eine Leistung erbracht, für die die Beklagte im Sinne des § 102 Abs. 6 Satz 4 SGB IX (2008) zuständig war. Dass die Förderung den schulischen Teil der dualen Ausbildung betrifft, steht der Annahme einer sachlichen Zuständigkeit der Bundesagentur für Arbeit nicht entgegen. Die Zuständigkeit der Beklagten steht auch mit höherrangigem Recht in Einklang.
Die sachliche Zuständigkeit der Beklagten für die Übernahme der Kosten des Einsatzes des Kommunikationshelfers folgt aus dem Ineinandergreifen der Regelungen des Neunten und des Dritten Buches Sozialgesetzbuch.
Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 5 Nr. 2 SGB IX i.d.F. des Gesetzes vom 23.12.200310 kann die Bundesagentur für Arbeit Rehabilitationsträger für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sein. Die Zuständigkeit und die Voraussetzungen für die Leistungen zur Teilhabe richten sich nach den für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen (§ 7 Satz 2 SGB IX (2001). Hier ist das Dritte Buch Sozialgesetzbuch maßgeblich.
Nach § 3 Abs. 1 Nr. 7 SGB III i.d.F. des Gesetzes vom 15.07.2009beziehungsweise vom 20.12.2011 erhalten behinderte Arbeitnehmer allgemeine und besondere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und diese ergänzende Leistungen nach dem Dritten und Neunten Buch Sozialgesetzbuch. Gemäß § 98 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB III (2001) – können für behinderte Menschen allgemeine Leistungen und besondere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie diese ergänzende Leistungen erbracht werden. Nach § 98 Abs. 2 SGB III (2001) werden besondere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nur erbracht, soweit nicht bereits durch die allgemeinen Leistungen eine Teilhabe am Arbeitsleben erreicht werden kann. Gemäß § 102 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III (2001) sind besondere Leistungen anstelle der allgemeinen Leistungen insbesondere zur Förderung der beruflichen Aus- und Weiterbildung zu erbringen, wenn die allgemeinen Leistungen die wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlichen
Leistungen nicht oder nicht im erforderlichen Umfang vorsehen. So lag es hier. Der Einsatz des Kommunikationshelfers war erforderlich. Hiervon ist das Oberverwaltungsgericht, das das Vorliegen der Voraussetzungen des § 102 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III (2001) bejaht hat, erkennbar ausgegangen. Daran ist der Senat ebenso gebunden wie an die von der Vorinstanz ersichtlich getroffene Annahme, dass dieser Bedarf durch allgemeine Leistungen, die in § 100 SGB III (2008) abschließend aufgeführt sind, nicht gedeckt werden kann.
Die besonderen Leistungen umfassen gemäß § 103 Satz 1 SGB III a.F.01. das Übergangsgeld, 2. das Ausbildungsgeld, wenn ein Übergangsgeld nicht erbracht werden kann, und 3. die Übernahme der Teilnahmekosten für eine Maßnahme. § 103 Satz 1 SGB III a.F. führt die besonderen Leistungen im Sinne von § 98 Abs. 1 Nr. 2 SGB III (2001) abschließend auf. Die Aufwendungen für den Kommunikationshelfer werden vom Wortlaut des § 103 Satz 1 SGB III a.F. nicht erfasst.
Insbesondere unterfällt dessen Einsatz nicht den Teilnahmekosten im Sinne des § 103 Satz 1 Nr. 3 SGB III a.F. Diese beziehen sich auf diejenigen Kosten, die durch die Teilnahme an einer Maßnahme entstanden sind. Hierzu zählen nur solche Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Durchführung einer behindertenspezifischen Maßnahme entstehen. Dies folgt aus dem Wortlaut des § 103 Satz 1 Nr. 3 SGB III a.F. und seiner systematischen Stellung. Die Regelung steht im Zusammenhang mit den die Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben regelnden Normen. § 103 Satz 1 Nr. 3 SGB III a.F. erfasst nur solche Maßnahmen, die sich auf die berufliche Rehabilitation behinderter Menschen beziehen. Ein Rehabilitationsbedarf nach § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX (2004) muss festgestellt sein. Übernahmefähig sind nur die durch diese Maßnahme unmittelbar entstehenden Kosten. Aus der Aufzählung der übernahmefähigen Teilnahmekosten in § 109 Abs. 1 SGB III (2008) folgt nichts anderes, da diese
Regelung eine Maßnahme im Sinne des § 103 Satz 1 Nr. 3 SGB III (2001) voraussetzt. Gemessen daran unterfallen Aufwendungen, die – wie hier – im Zusammenhang mit dem Besuch einer regulären Berufsschule entstehen, nicht dem Anwendungsbereich des § 103 Satz 1 Nr. 3 SGB III a.F.
§ 103 Satz 1 SGB III a.F. findet indes entsprechende Anwendung auf in § 33 Abs. 8 SGB IX a.F. nicht näher konkretisierte sonstige Hilfen im Sinne des § 33 Abs. 3 Nr. 6 SGB IX. a.F. Die erstgenannte Bestimmung enthält insoweit eine planwidrige Regelungslücke, die im Wege der Analogie durch Einbeziehung der hier interessierenden sonstigen Hilfen in den Geltungsbereich des § 103 Satz 1 SGB III a.F. zu schließen ist.
§ 103 SGB III (1997)14 erfasste in Nummer 4 ausdrücklich auch “sonstige Hilfen”. § 114 SGB III (1997) konkretisierte diese Hilfen in Gestalt eines nicht abschließenden Beispielkatalogs, der im Wesentlichen § 33 Abs. 8 SGB IX a.F. entsprach. Von § 114 SGB III (1997) waren auch sonstige Hilfen im Sinne des § 33 Abs. 3 Nr. 6 SGB IX a.F. erfasst. Im Zuge der Einführung des Sozialgesetzbuchs Neuntes Buch durch das Gesetz vom 19.06.2001 wurde § 103 Nr. 4 SGB III (1997) gestrichen. Dies führte dazu, dass Aufwendungen für sonstige Hilfen im Sinne von § 33 Abs. 3 Nr. 6 SGB IX a.F., die – wie hier – keine Teilnahmekosten sind, nicht mehr als besondere Leistungen anzusehen sind. Diese Regelungslücke erweist sich als planwidrig. Sie entspricht nicht dem Willen des Gesetzgebers. Bei der mit der Einführung des Neunten Buches Sozialgesetzbuch einhergehenden Änderung des § 103 SGB III (1997) und Aufhebung sollte es sich lediglich um eine “redaktionelle Anpassung
handeln”, wie in der Begründung des Gesetzentwurfs ausdrücklich hervorgehoben wird. Mithin wollte der Gesetzgeber trotz der Streichung des § 103 Nr. 4 SGB III (1997) insoweit die materielle Rechtslage beibehalten. Die Regelungslücke ist im Wege eines Analogieschlusses zu § 103 Satz 1 SGB III a.F. in der Weise zu schließen, dass diese Bestimmung auf auch nicht näher konkretisierte sonstige Hilfen im Sinne des § 33 Abs. 3 Nr. 6 SGB IX a.F. erstreckt wird.
Dass die Förderung den schulischen Teil der dualen Ausbildung betrifft, steht der Annahme einer sachlichen Zuständigkeit der Bundesagentur für Arbeit nicht entgegen.
Bedenken ergeben sich insbesondere nicht mit Blick auf § 60 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 SGB III (2008), der nach § 99 SGB III (2008) auch im Bereich der Förderung behinderter Menschen Anwendung findet. Danach ist eine erste Berufsausbildung förderungsfähig, sofern sie unter anderem in einem nach der Handwerksordnung staatlich anerkannten Ausbildungsberuf betrieblich durchgeführt wird und der dafür vorgeschriebene Berufsausbildungsvertrag abgeschlossen worden ist. § 60 Abs. 1 SGB III (2008) liefert keinen Hinweis darauf, dass der schulische Teil einer entsprechenden dualen Ausbildung von einer Förderung durch die Beklagte ausgeschlossen werden sollte. Das Merkmal der betrieblichen Durchführung der Berufsausbildung dient nicht der Differenzierung zwischen dem betrieblichen und dem schulischen Teil der dualen Ausbildung, sondern der Abgrenzung zwischen der dualen “Lehrlingsausbildung” und den rein schulischen oder schulisch geprägten Ausbildungen und
Hochschulausbildungen, welche nach dem Bundesgesetz über individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz – BAföG) förderungsfähig sind (vgl. § 2 BAföG17)
Darauf, dass der schulische Teil einer dualen Ausbildung einer Förderung durch die Beklagte nicht grundsätzlich entzogen ist, weist zudem § 33 Abs. 3 Nr. 4 SGB IX a.F. hin, der nach seinem eindeutigen, einer Auslegung nicht zugänglichen Wortlaut nicht allein den betrieblichen Teil der dualen Ausbildung erfasst, sondern sich auch auf deren schulischen Teil erstreckt, sofern dieser jenen zeitlich nicht überwiegt.
Ebenso wenig widerstreitet der Aufgaben- und Leistungszuständigkeit der Beklagten für die Förderung des Einsatzes einer fachkompetenten Kommunikationshilfe im Rahmen des schulischen Teils der dualen Ausbildung die bundesstaatliche Kompetenzordnung. Das Oberverwaltungsgericht nimmt zutreffend an, dass die auf dem Dritten und Neunten Buch Sozialgesetzbuch beruhenden Leistungsansprüche auf einer konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes gründen. Die Gesetzgebungskompetenz der Länder für das Schulwesen steht einer Pflicht der Beklagten, den Einsatz eines Kommunikationshelfers zur Ermöglichung der Teilhabe an dem Berufsschulunterricht zu fördern, nicht entgegen.
Die Gesetzgebungszuständigkeit für die duale Ausbildung ist gespalten. Soweit deren betrieblicher Teil berührt ist, ist sie dem Bund zugewiesen
Soweit der schulische Teil betroffen ist, obliegt sie weitgehend den Ländern.Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Dritte Buch Sozialgesetzbuch beruht auf seinem Recht zur konkurrierenden Gesetzgebung nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 und Nr. 12 GG. Die Befugnis zum Erlass des Neunten Buches Sozialgesetzbuch gründet in Art. 74 Abs. 1 Nr. 7, Nr. 10 und Nr. 12 GG. Auf diese Kompetenztitel geht auch die Aufgaben- und Leistungszuständigkeit der Beklagten im Bereich des Rechts der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zurück. Im Bereich der Berufsbildung ist sie auf die betriebliche und unmittelbar im betrieblichen Zusammenhang stehende Berufsbildung beschränkt (vgl. § 3 Abs. 1 BBiG
Von Art. 74 Abs. 1 Nr. 7, Nr. 10 und Nr. 12 GG nicht erfasst ist die Regelung der Organisation und Ausgestaltung des Unterrichts an Berufsschulen. Dies gilt auch, soweit dieser Bestandteil der dualen Ausbildung oder Gegenstand einer rein schulisch ausgestalteten Berufsbildung ist. Gesetzgebungsbefugt sind insoweit die Länder. Deren Kompetenz für das Schulwesen gründet in Art. 30 und Art. 70 Abs. 1 GG
Sie erstreckt sich insbesondere auf die Festlegung des Ausbildungssystems, der Schulorganisation, der Erziehungsprinzipien, des didaktischen Programms der Lernvorgänge, der Lernziele und der Unterrichtsgegenstände
Gemessen daran ist die Förderung des Einsatzes einer fachkompetenten Kommunikationshilfe, der die effektive Teilnahme an dem schulischen Teil der dualen Ausbildung ermöglicht, nicht Gegenstand der Regelungsbefugnis der Länder im Bereich des Berufsschulwesens. Er berührt nicht die inhaltliche und organisatorische Konzeption des Unterrichts, sondern unterfällt als sonstige Hilfe zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben der Regelungszuständigkeit des Bundes. Dieser hat von seiner Befugnis im Rahmen des Dritten und Neunten Buches Sozialgesetzbuch Gebrauch gemacht.