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Rundschreiben Nr. 06 / 2011

Rundschreiben Nr. 06-2011

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

sicherlich haben sie unser Rundschreiben Nr. 05-2011 vermisst. Nein, wir haben sie nicht vergessen, sondern es ist im Mai tatsächlich ausgefallen. Wir bitten um ihr Verständnis und hoffen, dass wir dafür in dieser Ausgabe ein paar interessante Artikel rund um das Thema Behinderung für sie zusammen tragen konnten.

Themen des heutigen Rundschreibens:

  • Rechtsprechung: SchwbV ist bei Kündigung eines ihrer Mitglieder gefragt
    Die außerordentliche Kündigung des Mitglieds einer Schwerbehindertenvertretung bedarf lauf Landesgericht LAG Hamm der Zustimmung der SchwbV und nicht der des Betriebs-rats. Diese sei als eigenständige Repräsentantin der schwerbehinderten Menschen in ihrer amtlichen Funktion unmittelbar in ihrer Zusammensetzung betroffen.
  • Einstiegsgehälter für BeamtInnen richten sich nicht mehr nach dem Lebensalter
    Die Einstiegsgehälter von BeamtInnen sollen sich künftig nicht mehr nach dem Lebensal-ter richten, sondern nach ihrer Erfahrung in einer hauptberuflichen Tätigkeit. Einen ent-sprechenden Gesetzesentwurf zur Änderung der Besoldungsregelung und des Landes-beamtenversorgungsgesetzes hat der Senat auf Vorlage von Innensenator Dr. Körting zur Kenntnis genommen.
  • Fragerecht des Arbeitgebers
    Die tätigkeitsunabhängige generelle Frage eines Arbeitgebers nach dem Vorliegen einer Schwerbehinderteneigenschaft eines Stellenbewerbers ist gemäß § 81 Abs. 2 SGB IX in Verbindung mit dem AGG nicht zulässig.
  • Rundschreiben I Nr. 45/2011 von SenInnSport
    Gewährung von Erholungsurlaub bei BeamtInnen sowie RichterInnen nach krankheitsbedingter Dienstunfähigkeit und Eintritt in den Ruhestand. Rechtsprechung zur Frage der Anwendbarkeit der EU-Arbeitszeitrichtlinie auf BeamtInnen, hier: Urlaubsabgeltung

** Neues Online-Beratungsangebot
** Unfallschutz auch auf dem Weg zum Essen
** Rechte von Menschen mit Behinderung vertreten

  • ver.di aktuell: Rente mit 100 in Europa
    Nur ein Viertel der über 60-jährigen hat in Deutschland einen sozialversicherten Job. Trotzdem hat die Regierung die Rente erst ab 67 durchgedrückt. Und die Provokation geht weiter: die Wirtschafts“weisen“ wollen die Rente ab 69…
  • DB Bahn: Mobil mit Handicap: dafür setzten wir uns ein
    Die aktuelle und neu aufgelegte Informationsbroschüre „Mobil mit Handicap – Service für mobilitätseingeschränkte Reisende“ von der Deutschen Bahn ist erschienen. Sie bietet einen Überblick über Serviceleistungen, unterstützt bei der individuellen Reiseplanung und gibt wertvolle Tipps rund um das Thema Reisen mit der Bahn.

Rechtsprechung: SchwbV ist bei Kündigung eines ihrer Mitglieder gefragt

Die außerordentliche Kündigung des Mitglieds einer Schwerbehindertenvertretung bedarf laut Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm der Zustimmung der Schwerbehindertenvertretung und nicht der des Betriebsrates. Im Ausgangsfall ging es um eine Frau (GdB von 50), die als Helferin in einem Seniorenzentrum arbeitete. Sie war als Vertrauensperson Mitglied in der Schwerbehindertenvertretung und gehörte zusätzlich dem Betriebsrat an. Nachdem Sie in den Verdacht geraten war, Waren auf Kosten einer Bewohnerin für ihren eigenen Gebrauch beschafft zu haben, beantragte der Arbeitgeber beim Integrationsamt die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung, die erteilt wurde. Ebenso beantragte er beim Betriebsrat die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung, was dieser aber verweigerte. Das Arbeitsgericht gab dem Arbeitgeber Recht, woraufhin Betriebsrat und Arbeitnehmerin Beschwerde einlegten.

Das LAG gab der Beschwerde statt – hier müsse anstatt des Betriebsrats die Schwerbehindertenvertretung beteiligt werden. Diese sei als eigenständige Repräsentantin der schwerbehinderten Menschen in ihrer amtlichen Funktion unmittelbar in ihrer Zusammensetzung betroffen. Vertrauenspersonen der schwerbehinderten Menschen besitzen gegenüber dem Arbeitgeber die gleiche persönliche Rechtsstellung, namentlich was den Kündigungsschutz angeht, wie Mitglieder des Betriebs- oder Personalrates. Wenn solchen außerordentlich gekündigt werden soll, müsse auch das Gremium, dem sie angehören, die Zustimmung erteilen. Dafür spreche entscheidend auch der Sinn und Zweck des im BetrVG aufgestellten Zustimmungserfordernisses bei einer außerordentlichen Kündigung. Neben dem Schutz des jeweils betroffenen Amtsträgers soll verhindert werden, dass ein demokratisch gewähltes Gremium durch den Verlust einzelner Mitglieder in seiner Funktionsfähigkeit und in der Kontinuität der Amtsführung beeinträchtigt wird. Dieses Ziel ist nach Auffassung des LAG nur dann (effektiv) zu erreichen, wenn das jeweils betroffene Gremium selbst über die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung entscheidet, hier also die Schwerbehindertenvertretung

LAG Hamm, Az.: 13 TaBV 72/10

Einstiegsgehälter für BeamtInnen richten sich nicht mehr nach dem Lebensalter

Pressemitteilung, Berlin, den 22.02.2011

Aus der Sitzung des Senats am 22. Februar 2011:

Die Einstiegsgehälter von Beamtinnen und Beamten sollen sich künftig nicht mehr nach dem Lebensalter richten, sondern nach ihrer Erfahrung in einer hauptberuflichen Tätigkeit. Einen entsprechenden Gesetzentwurf zur Änderung der Besoldungsregelung und des Landesbeamtenversorgungsgesetzes hat der Senat heute auf Vorlage von Innen- und Sportsenator Dr. Ehrhart Körting zur Kenntnis genommen.

Das bisherige System mit zwölf Dienstaltersstufen soll damit durch ein System mit acht Erfahrungsstufen ersetzt werden. Von der Umstrukturierung ist nicht nur der Besoldungseinstieg, sondern auch der weitere Aufstieg in den Besoldungsgruppen betroffen. Beide richten sich dann nicht mehr nach dem Lebensalter der Beamtinnen und Beamten, sondern ausschließlich nach Diensterfahrung und Leistung. Das Gesetz bezieht sich auch auf Richterinnen und Richter.
Hintergrund der Änderungen ist das Verbot einer Diskriminierung aufgrund des Alters unter Berücksichtigung der jüngsten Rechtsprechung im Tarifbereich sowie die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf.

Die Überleitung der vorhandenen Beschäftigten in das neue Besoldungssystem umfasst einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren. Sie wird zunächst höhere Kosten (Vorlaufkosten) verursachen. Diese werden für das Jahr 2011 rund 1,3 Mio. €, für das Jahr 2012 rund 3,5 Mio. € und für das Jahr 2013 rund 2,4 Mio. € betragen.

Die in der Überleitungszeit entstehenden Vorlaufkosten gleichen sich voraussichtlich aber im Durchschnitt bis zum Ruhestandseintritt wieder aus. Es handelt sich insofern nicht um Mehrkosten für das Land. Es sind lediglich Kosten, die vorzeitig anfallen, im weiteren Verlauf aber wieder ausgeglichen werden.
Die Vorlage wird nun vor Beschlussfassung durch den Senat dem Rat der Bürgermeister zur Stellungnahme zugeleitet.

Aus der Sitzung des Senats am 19. April 2011:

Der Senat hat heute auf Vorlage von Innen- und Sportsenator Dr. Ehrhart Körting – nach Stellungnahme durch den Rat der Bürgermeister – beschlossen, den Gesetzentwurf zur Besoldungsneuregelung für das Land Berlin und zur Änderung des Landesbeamtenversorgungsgesetzes beim Abgeordnetenhaus einzubringen.

Fragerecht des Arbeitgebers

Urteil vom 07.10.2008, Gericht: Arbeitsgericht Berlin, Aktenzeichen: 8 Ca 12611/08 / 8 Ca 15665/08, Grundlage SGB IX § 81 Abs. 2, AGG § 7, AGG § 8

Nichtamtliche Leitsätze:
Die tätigkeitsunabhängige generelle Frage eines Arbeitgebers nach dem Vorliegen einer Schwerbehinderteneigenschaft eines Stellenbewerbers ist gem. § 81 Abs. 2 SGB IX in Verbindung mit dem AGG nicht zulässig.
Eine falsche Antwort auf eine solche Frage berechtigt den Arbeitgeber nicht zur Anfechtung und Kündigung des mit diesem Bewerber abgeschlossenen Arbeitsvertrages.

Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit verschiedener von der Beklagten ausgesprochener Kündigungen sowie Vertragsanfechtungen der Beklagten auf Grund der Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers, ferner diverse Zahlungs- und weitere Ansprüche.
Der 1969 geborene Kläger, der verheiratet und einem Kind unterhaltspflichtig ist, ist seit 1.4.2007 als Mitarbeiter im Bereich Business Development und Vertrieb für die Bereiche Lösungsgeschäft der Branchen, Partnerschaften und Prisma- Produkte zu einem in der Klageschrift angegebenen durchschnittlichen monatlichen Gehalt von zuletzt 6 000 Euro beschäftigt. Im Arbeitsvertrag der Parteien heißt es unter § 12 (Besondere Vereinbarungen):
“Der Arbeitnehmer versichert, dass sämtliche bei der Bewerbung gemachten Angaben der Wahrheit entsprechen und, dass er nicht schwerbehindert i.S.d. SchwG ist. Dem Arbeitnehmer steht ein Arbeitsplatz, ein Laptop mit Einwahlmöglichkeit und ein geeignetes, angemessenes Fahrzeug der Klasse A 4, VW Passat o.Ä. zu.”

Nach Ausspruch der Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom 14.7.2008 zum 15.8.2008 teilte der Kläger mit Schreiben seines Prozessvollmächtigen vom 17.7.2008 der Beklagten mit, dass der Kläger schwerbehindert ist mit einem GdB von 100.
Hierauf warf die Beklagte mit Schreiben ihres nachmaligen Prozessbevollmächtigten vom 22.7.2008 vor, wahrheitswidrig bei der Einstellung die Frage nach seiner Schwerbehinderung verneint und dies auch im Arbeitsvertrag unterzeichnet zu haben; ferner ficht die Beklagte mit dem Schreiben ihres nachmaligen Prozessbevollmächtigten den Arbeitsvertrag wegen arglistiger Täuschung an und kündigt ihn vorsorglich erneut fristlos. Eine Zustimmung des Integrationsamtes liegt weder zu dieser Kündigung noch zu der Kündigung vom 14.7.2008 vor.
Eine weitere, von der Beklagten im September 2008 zum 15.10.2008 ausgesprochene Kündigung nach erfolgter Zustimmung des Integrationsamtes ist Gegenstand des gesonderten Verfahrens 6 Ca 15756/08 (Arbeitsgericht Berlin).

Mit der am 29.7.2008 (Fax) beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage, die der Kläger mit am 6.8.2008 (Fax) eingegangener Klageerweiterung auf die Kündigung und die Anfechtung der Beklagten vom 22.7.2008 erstreckt hat, wendet sich der Kläger gegen die ausgesprochenen Kündigungen, die bereits aus formellen Gründen unwirksam seien. Eine Anfechtung komme nicht in Betracht, weil der Kläger bereits im Rahmen des Einstellungsgesprächs bzw. im Vorfeld des Arbeitsvertragsabschlusses nicht nach einer Schwerbehinderung gefragt worden sei. Der vom Arbeitgeber formularmäßig erstellte Arbeitsvertrag enthalte zudem in seinem § 12 eine überraschende Klausel. Im Übrigen könne ein Fragerecht nach der Schwerbehinderung generell heute nicht mehr anerkannt werden. Da das Anfechtungsschreiben vom 22.7.2008 sowohl dem Kläger als auch seinem Prozessbevollmächtigten übermittelt worden sei, richte sich der darauf bezogene Feststellungsantrag auf mehrere Anfechtungserklärungen.
Gründe:

I. Die Klage ist nicht insgesamt zulässig. (Wird ausgeführt)

II. Die im Übrigen zulässige und hinsichtlich der Angriffe gegen die Kündigungen der Beklagten vom 14.7. und 22.7.2008 rechtzeitig erhobene bzw. erweiterte (§§ 13 Abs. 1 Satz 2, 4 KSchG) Klage ist überwiegend begründet, da die von der Beklagten ausgesprochenen Kündigungen unwirksam sind und ein Recht zur Anfechtung des Arbeitsvertrags nicht bestand. Gleichwohl kann der Kläger vorläufige Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens nicht von der Beklagten verlangen. Er kann jedoch im tenorierten Umfang Zahlungen von der Beklagten verlangen, ferner ist das vertragliche Wettbewerbsverbot im Arbeitsvertrag der Parteien unwirksam.
Im Einzelnen gilt Folgendes:

I. Die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung vom 14. und 22.7.2008 sind gem. den §§ 85 SGB IX, 134 BGB rechtsunwirksam. Nach § 85 SGB IX bedarf die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen durch den Arbeitgeber der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes, an der es vorliegend unstreitig hinsichtlich beider angegriffener Kündigungen fehlt.
Dass der Kläger ein schwerbehinderter Mensch ist, steht auf Grund des von ihm – auch der Beklagten – vorgelegten Schwerbehindertenausweises fest. Unerheblich ist der Umstand, dass die Beklagte bei Ausspruch der Kündigung vom 14.7.2008 keine Kenntnis von der Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers hatte. Der Kündigungsschutz nach § 85 SGB IX hängt nämlich nicht davon ab, ob der Arbeitgeber entsprechend informiert ist. Kündigungsschutz gewährt dem schwerbehinderten Menschen allein und bereits der Umstand seiner Schwerbehinderung (KR Etzel, 8. Aufl. §§ 85-90 SGB IX Rn. 13 m.w.N.). Allerdings ist der Arbeitnehmer gehalten, nach Ausspruch einer Kündigung dem Arbeitgeber von der Schwerbehinderteneigenschaft Kenntnis zu geben, wenn er sich auf seinen besonderen Kündigungsschutz als schwerbehinderter Mensch berufen will. Dabei kann hier im Einzelnen dahinstehen, innerhalb welcher Frist nach Ausspruch der Kündigung diese Bekanntgabe zu erfolgen hat. Jedenfalls ist eine Bekanntgabe innerhalb der Klagefrist des § 4 KSchG ausreichend (vgl. BAG v. 12.01.2006 – 2 AZR 539/05 – br. 2007, 32); innerhalb dieser Frist hat der Kläger unstreitig der Beklagten seine Schwerbehinderteneigenschaft bekannt gemacht mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 17.7.2008.
Dieser Umstand führt im Weiteren dazu, dass der Beklagten bei Ausspruch der Kündigung vom 22.7.2008 die Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers bereits bekannt war; gleichwohl liegt unstreitig eine vorherige Zustimmung des Integrationsamtes auch zu dieser Kündigung nicht vor.

2. Auch die Anfechtungserklärungen der Beklagten vom 22.7.2008 haben das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht beendet, da die Erklärung nicht von einem entsprechenden Anfechtungsrecht der Beklagten getragen ist. Dabei ist angesichts der Datumsgleichheit der Anfechtungserklärungen von einer einheitlichen Anfechtung des Arbeitsverhältnisses durch die Beklagte unter dem 22.7.2008 auszugehen, die lediglich sowohl dem Kläger persönlich als auch seinem Prozessbevollmächtigten übermittelt wurde. Dementsprechend hat die Beklagte auch keine unterschiedlichen Begründungen dazu gegeben. Lediglich aus Gründen der Klarheit ist die Tenorierung in diesem Punkt dem klägerischen Antrag gefolgt, der die doppelte Übermittlung der Anfechtungserklärung zu Grunde legt.

Die von der Beklagten erklärte Anfechtung des Arbeitsvertrages geht ins Leere, weil ein Anfechtungsrecht nicht bestand, insbesondere nicht auf Grund von § 123 Abs. 1 BGB. Nach dieser Vorschrift kann seine dem Vertragsschluss zu Grunde liegende Willenserklärung anfechten, wer – neben dem hier nicht vorliegenden Fall einer Drohung – durch arglistige Täuschung zur Abgabe dieser Willenserklärung bestimmt worden ist.
Dies setzt objektiv voraus, dass der Täuschende durch Vorspielung oder Entstellung von Tatsachen beim Erklärungsgegner einen Irrtum erregt und ihn zur Abgabe einer Willenserklärung veranlasst hat. Grundsätzlich kann die Täuschung auch in einem Verschweigen von Tatsachen bestehen, allerdings nur dann, wenn der Schweigende zur Offenbarung der entsprechenden Tatsache auch ungefragt verpflichtet ist. Daraus folgt, dass nicht jede falsche Angabe des Arbeitnehmers bei Einstellungsverhandlungen bereits eine arglistige Täuschung i.S.d. § 123 BGB darstellt, sondern nur eine falsche Antwort auf eine zulässig gestellte Frage (vgl. ArbG Herne, Urt. v. 31.3.2006 – 1 Ca 2452/05 – Rn. 89; Suckow in Schleusener/ Suckow/ Voigt, AGG, 2. Aufl. 2008 § 11 Rn. 68 m.w.N.). Ein Fragerecht des Arbeitgebers bei den Einstellungsgesprächen ist danach insoweit anerkannt, als der Arbeitgeber ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse bei der Beantwortung seiner Frage im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis hat. Ein solches berechtigtes Interesse ist nur dann gegeben, wenn das Interesse des Arbeitgebers so gewichtig ist, dass dahinter das Interesse des Arbeitnehmers, seine persönlichen Lebensumstände zum Schutz seines Persönlichkeitsrechts und zur Sicherung der Unverletzlichkeit seiner Individualsphäre geheim zu halten, zurückzutreten hat (ArbG. Herne, a.a.O. unter Hinweis auf BAG v. 5.10.1995 AP Nr. 40 zu § 123 BGB m.w.N.).

Soweit das BAG in seiner früheren Rechtsprechung die Frage nach einer Schwerbehinderteneigenschaft des Bewerbers grundsätzlich für zulässig gehalten hat, kann dies nach Auffassung des Gerichts im Geltungsbereich der §§ 1, 7 AGG in dieser allgemeinen Weise nicht mehr anerkannt werden (ebenso Schleusener in: Schleusener/Suckow/Voigt, AGG, 2. Aufl. 2008 § 3 Rn. 30; ferner bereits vor Inkrafttreten des AGG ArbG Herne, a.a.O., sowie LAG Hamm, Urt. vom 19.10.2006 – 15 Sa 740/06 mit zustimmender Anmerkung Tolmein in: jurisPR-ArbR 18/2007 Anmerkung 4).

§ 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX verbietet eine Benachteiligung schwerbehinderter Beschäftigter durch den Arbeitgeber, wobei § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX hinsichtlich der Einzelheiten auf die Regelungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes verweist. Dieses verbietet in § 7 jede Benachteiligung aus in § 1 AGG genannten Gründen, also auch aus Gründen einer Behinderung. Unter Geltung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes muss daher die allgemeine Frage nach Vorliegen einer Schwerbehinderung als unmittlbare Benachteiligung des Bewerbers aufgefasst werden, es sei denn, sie ist aus Gründen des § 8 Abs. 1 AGG gerechtfertigt (Schleusener, a.a.O., § 3 Rn. 30). Daraus wiederum folgt, dass eine Anfechtung aus in § 1 AGG genannten Gründen nicht in Betracht kommt (Schleusener, a.a.O., § 7 Rn. 30).

In Betracht kommt allein ein Fragerecht des Arbeitgebers im Rahmen von § 5 AGG, beispielsweise wenn Ziel der Frage die Eingliederung des schwerbehinderten Menschen oder eine Steigerung der Beschäftigungsquote schwerbehinderter Menschen durch den Arbeitgeber ist (Schleusener, a.a.O., § 3 Rn. 31). Darüber hinaus ist ein Fragerecht des Arbeitgebers anzuerkennen hinsichtlich gesundheitlicher, seelischer oder ähnlicher Beeinträchtigungen des Bewerbers, durch die er zur Verrichtung der beabsichtichtigten vertraglichen Tätigkeit ungeeignet ist (Schleusener, a.a.O., § 3 Rn. 32; ArbG Herne, a.a. O.; LAG Hamm a. a.O.). Im gegebenen Fall muss dabei der Arbeitgeber darlegen, dass dem schwerbehinderten Menschen eine Anforderung für die beabsichtigte Tätigkeit fehlt, wenn er dem festgelegten Anforderungsprofil entspricht ( Schleusener, a.a.O., § 8 Rn. 51).

Ein generelles Fragerecht des Arbeitgebers nach der Schwerbehinderung oder der Schwerbehinderteneigenschaft des Bewerbers kann mithin unter der Geltung der §§ 1, 7 AGG nicht mehr anerkannt werden. Unter Beachtung dessen kann auf Grund des Vorbringens der Beklagten nicht festgestellt werden, dass sie daran anknüpfend zur Anfechtung des Arbeitsvertrages der Parteien nach § 123 BGB berechtigt gewesen wäre.
Dabei kann nicht davon ausgegangen werden, dass bei Einstellung des Klägers die Frage nach seiner möglichen Schwerbehinderteneigenschaft seitens der Beklagten aufgeworfen worden wäre. Sie hat dies zwar im Rahmen ihres Prozessvortrags andeutungsweise vorgebracht; wollte man dieses Vorbringen für substanziiert erachten, wäre die Beklagte in dieser Hinsicht jedenfalls beweisfällig geblieben, nachdem der Kläger ausdrücklich bestritten hat, dass bei Einstellung über eine mögliche Schwerbehinderung gesprochen worden wäre.

Angesicht dessen käme ein Anfechtungsgrund der Beklagten allein dann noch in Betracht, wenn der Kläger auch ohne eine hierzu an ihn gerichtete Frage verpflichtet gewesen wäre, seine Schwerbehinderteneigenschaft zu offenbaren.
Entgegen der Auffassung der Beklagten kann davon im vorliegenden Falle aber nicht ausgegangen werden. Eine derart weitgehende Offenbarungspflicht des Bewerbers kann nur angenommen werden, wenn dieser aus Gründen seiner Schwerbehinderung zur Verrichtung der beabsichtigten vertraglichen Tätigkeit ungeeignet ist.

Das ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Soweit die Beklagte meint, bei einem GdB v. 100 sei davon regelmäßig auszugehen, kann dem nicht gefolgt werden. Träfe die Auffassung der Beklagten zu, wäre nicht erklärlich, warum die Beklagte – wie geschehen – den Kläger über die gesetzliche Probezeit des § 1 Abs. 1 KSchG hinaus beschäftigt hat. Darüber hinaus hat die Beklagte selbst vorgetragen, der Kläger habe bei seiner Bewerbung gute Zeugnisse vorgelegt. Angesichts dessen erscheint die dazu von der Beklagten vorgebrachte Auffassung geradezu widerlegt, sodass auch angesichts des GdB v. 100 nicht davon ausgegangen werden kann, der Kläger sei für die Position bei der Beklagten ungeeignet oder in einem Maße eingeschränkt gewesen, dass eine Offenbarungspflicht seiner Schwerbehinderteneigenschaft nach sich gezogen hätte. Eine Anfechtung des Arbeitsverhältnisses kommt daher auch unter diesem Aspekt nicht in Betracht.

Schließlich kann sich auch unter Berücksichtigung von § 12 des Arbeitsvertrags der Parteien ein Anfechtungsrecht der Beklagten nicht ergeben. In dieser Vertragsbestimmung heißt es neben Regelungen zu Arbeitsplatz, Laptop und Dienstfahrzeug, der Arbeitnehmer versichere, sämtliche bei der Bewerbung gemachten Angaben wahrheitsgemäß gemacht zu haben, ferner, dass er nicht schwerbehindert i.S.d. SchwG ist.

Diese Vertragsbestimmung ist gem. § 7 Abs. 2 AGG unwirksam, da sie gegen § 7 Abs. 1 AGG verstößt. Wie vorstehend ausgeführt, ist die Frage nach der Schwerbehinderteneigenschaft des Bewerbers grundsätzlich eine unmittelbare Benachteiligung, es sei denn, sie wäre gem. § 8 Abs. 1 AGG gerechtfertigt (Schleusener, a.a.O., § 3 Rn. 30). Gerade die Formulierung einer Versicherung in § 12 des Arbeitsvertrags, nicht schwerbehindert zu sein, lässt erkennen, dass es dem Vertragsverwender darauf ankommt, jemanden einzustellen, der nicht schwerbehindert ist. Von daher ist bereits nicht feststellbar, dass es sich um eine im Rahmen der §§ 5, 8 Abs. 1 AGG zulässige Frage handeln könnte. Ohne entsprechende Zulässigkeit war der Kläger nicht nur berechtigt, eine entsprechende Erklärung zu verweigern, sondern darüber hinaus eine unzutreffende Antwort zu geben (Schleusener, a.a.O., § 3 Rn. 28).

Angesichts dessen kann die Beklagte die erklärte Anfechtung nicht auf die Unterzeichnung des Arbeitsvertrages durch den Kläger einschließlich der Regelung in § 12 stützen. Es kann mithin dahinstehen, ob der Kläger insoweit überhaupt einen Irrtum bei der Beklagten hervorgerufen hat, insbesondere ob er in zurechenbarer Weise die in § 12 des Arbeitsvertrags enthaltene Erklärung zu verantworten hat. In diesem Zusammenhang dürfte nämlich auch von Bedeutung sein, dass – wie oben ausgeführt – nicht davon ausgegangen werden kann, dass im Rahmen der Einstellung des Klägers über die Frage einer möglichen Schwerbehinderteneigenschaft gesprochen wurde.

Ebenso kann nach allem dahinstehen, inwieweit § 12 Satz 1 des Arbeitsvertrags der Parteien überhaupt Vertragsbestandteil geworden ist oder ob § 305c Abs. 1 BGB dem entgegensteht, wofür manches spricht, sofern es sich um einen von der Beklagten gestellten Vertrag i.S.d. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB gehandelt hätte. Aus den vorstehenden Gründen kann dies letztlich jedoch auf sich beruhen, da nach allem ein Anfechtungsrecht der Beklagten in der gegebenen Situation nicht anerkannt werden kann, sodass die von ihr erklärte Anfechtung die Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien nicht zur Folge hat.

Möglichkeiten des Handelns bei Verstößen de Arbeitgebers gegen das SGB IX

„Was kann eine SBV im Bereich des öffentlichen Dienstes unternehmen wenn der AG oder seine Beauftragten/SB aus der Personalverwaltung bzw. der BA-Schwb (§ 98 SGB IX) seinen/ ihren Pflichten aus dem SGB IX nicht nachkommen? Also das SGB IX nicht beachten?

Sie können neben den Sanktionsmöglichkeiten des § 156 Abs. 1 Satz 9 SGB IX und arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren, sofern es sich bei den hier handelnden Personen um Beamte handelt, noch folgende Möglichkeiten nutzen.

Sie können hier ein Disziplinarverfahren anregen!
Sie müssen die Sachlage für den Verdacht eines Dienstvergehens nämlich z.B. die Nichtbefolgung des § 82 SGB IX beschreiben und an den jeweiligen Dienstvorgesetzten mit der Aufforderung hier entsprechende Disziplinarische Maßnahmen zu prüfen und veranlassen herantreten.
Dieser muss dann sofern entsprechende Verstöße, also Dienstvergehen vorliegen ein Disziplinarverfahren einleiten da er sich andernfalls selbst einem solchen aussetzt.

Disziplinarisch zu belangen sind aber nur Beamte, nicht Angestellte:

Es kommen in betracht:
  • der Beamte, der die Entscheidung über die Nichteinladung getroffen hat,
  • der beamtete Arbeitgeberbeauftragte nach § 98 SGB IX, der obwohl verantwortlich für die Einhaltung des SGB IX die rechtswidrige Nichteinladung zugelassen hat
  • der beamtete Dienststellenleiter, der keine organisatorische Vorkehrungen zur Einhaltung des § 82 SGB IX getroffen, sondern den rechtswidrigen Zustand zumindest geduldet hat.

Das Disziplinarverfahren ist ein Verfahren, in dem ein mögliches Dienstvergehen von Beamten oder Soldaten geprüft und gegebenenfalls sanktioniert wird. Rechtliche Grundlage in Deutschland ist das Bundesdisziplinargesetz (BDG) bzw. die für Landesbeamte geltenden jeweiligen Länderbestimmungen.

§ 17 BDG Einleitung von Amts wegen
Liegen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vor, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen, hat der Dienstvorgesetzte die Dienstpflicht, ein Disziplinarverfahren einzuleiten. Der höhere Dienstvorgesetzte und die oberste Dienstbehörde stellen im Rahmen ihrer Aufsicht die Erfüllung dieser Pflicht sicher; sie können das Disziplinarverfahren jederzeit an sich ziehen. Die Einleitung ist aktenkundig zu machen. Bedeutet, es erfolgt ein Eintrag in die Personalakte.

Der Katalog möglicher Disziplinarmaßnahmen ist genau festgelegt. Mögliche Maßnahmen sind:
  • Verweis
  • Geldbuße
  • Kürzung der Dienstbezüge
  • Versetzung in ein Amt derselben Laufbahn mit geringerem Endgrundgehalt (Zurückstufung)
  • Entfernung aus dem Dienst

Das oben angegebene. Beispiel betrifft erst nur einmal den § 81 und § 82 SGB IX, kann aber auch z.B. auf § 95 Abs. 2 SGB IX oder andere Verstöße gegen das SGB IX oder andere Gesetze/Verordnungen angewandt werden!

Fazit:
Selbst wenn das Disziplinarverfahren „nur“ mit einem Verweis endet bleibt zu mindest ein Eintrag in der Personalakte.

Aber:
Man sollte auch im Rahmen der vertrauensvollen Zusammenarbeit, § 99 SGB IX, vorher stets in einem Grundsatzgespräch mit Arbeitgeber und BA-Schwb § 98 SGB IX, auf die Pflichten lt. SGB IX hinweisen und auch auf die Sanktionierungsmöglichkeiten lt. SGB IX, also den § 156 SGB IX. Weiter dann auch auf die Möglichkeiten eines Disziplinarverfahren, bei Verstößen gegen die Pflichten aus dem Gesetzt; hier SGB IX. Auch darauf, dass man hofft dieses alles nie nutzen zu müssen. Aber sollten Verstöße auftreten leider auch im Rahmen seiner Mandatspflichten diese Möglichkeiten prüfen und dann auch ggf. anwenden zu müssen.

Hinweis:
Auf Länderebene gibt es analog/vergleichbare Landesdisziplinarordnungen / Gesetze für Landesbeamte!
Kontexlink: www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/bdobukbminaano/gesamt.pdf
Anordnung zur Durchführung der Bundesdisziplinarordnung bei den bundesunmittelbaren Körperschaften mit Dienstherrnfähigkeit im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung.

Rundschreiben I Nr. 45/2011 von SenInnSport

Gewährung von Erholungsurlaub bei Beamtinnen und Beamten sowie Richterinnen und Richtern nach krankheitsbedingter Dienstunfähigkeit und Eintritt in den Ruhestand

Rechtsprechung zur Frage der Anwendbarkeit der EU-Arbeitszeitrichtlinie auf Beamtinnen und Beamte hier: Urlaubsabgeltung

Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 20. Januar 2009 entschieden, dass Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABl. L 299 vom 18. November 2003, S. 9 ff. – sog. Arbeitszeitrichtlinie) dahin auszulegen ist, dass er einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten entgegensteht, nach denen für nicht genommenen Jahresurlaub am Ende des Arbeitsverhältnisses keine finanzielle Vergütung gezahlt wird, wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer während des gesamten Bezugszeitraums und/oder Übertragungszeitraums oder eines Teils davon krankgeschrieben bzw. im Krankheitsurlaub war und deshalb den Anspruch auf
bezahlten Jahresurlaub nicht ausüben konnte (EuGH, Urteil vom 20. Januar 2009, C-350/06 und C-520/06, 2. Leitsatz, EuGHE I 2009, 179 = NJW 2009, 495 ff. – Rechtssache Schultz-Hoff).

Unter Berufung auf dieses EuGH-Urteil haben auch Berliner Beamtinnen und Beamte, die ihren Erholungsurlaub wegen Krankheit nicht nehmen konnten und in den Ruhestand versetzt wurden, eine finanzielle Entschädigung verlangt.

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entsprechenden Klagen (zumindest teilweise) stattgegeben und die beklagten Dienstbehörden verpflichtet, den Klägerinnen und Klägern eine finanzielle Abgeltung des nicht verjährten Mindesturlaubs von vier Wochen, soweit sie im jeweiligen Jahr nicht bereits Erholungsurlaub hatten, zu bewilligen (VG Berlin, Urteil vom 10. Juni 2010, 5 K 175.09 sowie weitere Urteile).

Wohl überwiegend geht die Verwaltungsrechtsprechung jedoch davon aus, dass die Arbeitszeitrichtlinie für Beamte keinen Anspruch auf eine Abgeltung krankheitsbedingt nicht genommenen Urlaubs begründet. Auch das OVG Rheinland-Pfalz hält in seinem Urteil vom 30. März 2010 (2 A 11321/09) daran fest. Gegen dieses Urteil wurde Revision eingelegt, so dass die Frage, ob Beamtinnen und Beamten ein Anspruch aus Art. 7 Abs. 2 Arbeitszeitrichtlinie zusteht, inzwischen beim Bundesverwaltungsgericht anhängig ist. Entscheidend gegen eine Abgeltung von Urlaubsansprüchen im Beamtenbereich sprechen die
strukturellen Unterschiede zwischen einem Arbeits- und einem Beamtenverhältnis. Aufgrund des verfassungsrechtlich verankerten Alimentationsprinzips erhalten Beamte ihre Besoldung unabhängig von der konkreten Arbeitsleistung und damit auch während urlaubs- oder krankheitsbedingter Abwesenheit. Arbeitnehmer müssen dagegen bei dauerhafter Erkrankung Einbußen bei ihrer Vergütung hinnehmen. Beamte genießen somit im Fall dauerhafter Erkrankung
auch ohne eine Abgeltung von Urlaubsansprüchen einen die europarechtlichen Vorgaben übersteigenden Schutz. Ich halte daher an meiner Auffassung fest, nach der eine Urlaubsabgeltung nicht gewährt wird (Nr. 7 meines Rundschreibens I Nr. 31/2010). Gegen das o. g. Urteil des Verwaltungsgerichts
Berlins und weitere Urteile wurde Berufung eingelegt. Die weitere Rechtsprechung zu dieser Thematik bleibt abzuwarten.

Vor diesem Hintergrund empfehle ich, bis zur grundsätzlichen Klärung der Rechtsfrage Anträge auf finanzielle Abgeltung von Urlaubsansprüchen weiter abzulehnen und Widersprüche zurückzuweisen.

Weitere Klagen zu der gleichen Rechtsfrage können ggf. durch ein Aussetzen des Verwaltungsverfahrens vermieden werden. Ob von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht wird, ist im Rahmen des pflichtgemäßen behördlichen Verfahrensermessens zu entscheiden. Hierzu sollte den Antragstellern bzw. Widerspruchsführern ggf. ein entsprechend begründeter Hinweis gegeben werden, nach dem der Antrag bzw. Widerspruch derzeit abgelehnt würde und insoweit vom Einverständnis mit einer Aussetzung des Verfahrens ausgegangen wird.

Für den Fall, dass die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Berlin bestätigt wird und eine finanzielle Entschädigung zu leisten ist, empfehle ich darüber hinaus ggf. entsprechende haushaltsmäßige Vorsorge zu treffen.

Im Auftrag
Weyrich

Dies und Das

  • Neues Online-Beratungsangebot
    Freiburg (kobinet) Für Menschen mit Behinderung und psychischer Erkrankung ist es oft schwierig, wichtige Informationen zu finden. Ein neues Online-Angebot der Caritas will nun Abhilfe schaffen. Betroffene können anonym und kostenlos über ein Webportal Fragen zu allen Themen rund um Behinderung und psychischer Erkrankung stellen.

“An Werktagen soll die Antwort innerhalb von 48 Stunden erfolgen. Bei speziellen Fragen vermitteln die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an wohnortnahe Beratungsstellen. Geplant ist außerdem, das Online-Angebot um Gebärdenvideos und Texte in Leichter Sprache zu erweitern. Das Angebot wurde von der Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie zusammen mit dem Deutschen Caritasverband entwickelt”, heißt es im Familienratgeber. ■

  • Unfallschutz auch auf dem Weg zum Essen
    Arbeitnehmer sind auch dann unfallversichert, wenn sie im Betrieb auf dem Weg zum Essen verunglücken. Das geht aus einem Urteil des Sozialgerichts Frankfurt hervor. Die Richter gaben der Klage einer Verkäuferin in einem Supermarkt statt. Die Klage einer Berufsgenossenschaft, die eine Entschädigung zahlen musste, wurde abgewiesen.

Die Arbeitnehmerin wollte eine Flasche Limonade, die sie in einer Arbeitspause trinken wollte, an der Kasse des Marktes zahlen. Auf dem Weg dorthin rutschte sie aus und verdrehte sich das Knie. Sie musste vier Wochen zu Hause bleiben. Die Berufsgenossenschaft argumentierte, das Bezahlen des Getränks sei die persönliche Angelegenheit der Frau gewesen und falle deshalb nicht in den Versicherungsschutz. Dem Urteil zufolge schließt aber eine Unfallversicherung auch den Weg zur „privaten Nahrungsaufnahme“ eines Arbeitnehmers während einer Pause ein. Essen und Trinken seien schließlich „regelmäßige unaufschiebbare, notwendige Handlungen, um die Arbeitskraft des Versicherten zu erhalten“, heißt es in der Entscheidung.
Urteil Az.: S 23 U 252/09 Sozialgericht Frankfurt ■

  • Rechte von Menschen mit Behinderung vertreten
    Buchtipp: Tipps für die betriebliche Vertretung behinderter Menschen, Aufgaben, Rechte, Kompetenzen (Reihe: aktiv in der Schwerbehindertenvertretung). Bund Verlag 2010, 303 Seiten, 14,90 Euro, ISBN 978-3-7663-3757-3

Die Wahlen sind beendet. Den „Neulingen“ im Amt, aber auch den wieder gewählten Mitgliedern stellen sich zu Beginn ihrer Tätigkeit viele Fragen. Antworten darauf gibt dieser Ratgeber, der rechtliches und organisatorisches Grundlagenwissen vermittelt, Themen der sozialen Kompetenz aufgreift und Anregungen für die praktische Arbeit gibt. ■

ver.di aktuell: Rente mit 100 in Europa

DB Bahn: Mobil mit Handicap: dafür setzten wir uns ein

Die Bahn freut sich, Ihnen die aktuell neu aufgelegte Informationsbroschüre “Mobil mit Handicap – Service für mobilitätseingeschränkte Reisende” vorzustellen.

Die Broschüre bietet einen detaillierten Überblick über bestehenden Serviceleistungen für mobilitätseingeschränkte Reisende, unterstützt bei der individuellen Reiseplanung und gibt darüber hinaus wertvolle Hinweise sowie Tipps rund um das Thema Reisen mit der Bahn.

Gute Nachrichten für preisbewusste Gelegenheitsfahrer:
Die BahnCard 25 ist jetzt auch zum ermäßigten Preis für nur 39 Euro für die 2. Klasse und 78 Euro für die 1. Klasse erhältlich. Von der ermäßigten BahnCard 25 profitieren Personen ab 60 Jahren, Schwerbehinderte (GdB 70) sowie Rentner wegen voller Erwerbsminderung. Sie ist ein Jahr gültig und Sie sparen bei jeder Reise 25% auf den Normalpreis.

Bestellt werden kann die kostenlose Broschüre bei der Bahn:

DB Vertrieb GmbH
P.DVP 42
Stephensonstraße 1
D-60326 Frankfurt/Main

Telefax: 069 – 265 20 491