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Rundschreiben Nr. 11 / 2011

Rundschreiben Nr. 11.2011

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

schon bald wird es wieder losgehen. Schnee und Eisglätte werden Berlin und seine Mit-bürger/innen heimsuchen. Alle Menschen sind davon betroffen. Allerdings gibt es für die Menschen mit Behinderung die VV-Integration vom 31. August 2006. Sie wird gerade von SenInnSport bearbeitet und gilt bis dahin in der jetzigen Fassung weiter. Hier steht unter 11.2, dass Menschen mit Behinderung unter Fortzahlung der Bezüge Dienstbefreiung ge-währt werden kann. Dies sollten sie auf jeden Fall, bevor sie ihre Kolleginnen und Kolle-gen beraten, mit ihrem Dienstherren besprechen. Klar ist auch, dass es keine Allgemein-lösung, sondern nur individuelle Vorgehensweisen gibt.

Themen des heutigen Rundschreibens:

  • Besonderer Kündigungsschutz – Wie sieht das Verfahren aus?
    Die Kündigung eines schwerbehinderten Menschen durch den Arbeitgeber ist erst dann zulässig, wenn das Integrationsamt zugestimmt hat. Im Kündigungsschutzverfahren spielt auch die Schwerbehindertenvertretung eine aktive Rolle. Deshalb ist es für sie – aber nicht nur für sie – wichtig, den Ablauf zu kennen.
  • Betriebsbedingte Kündigung eines Schwerbehinderten
    Die unternehmerische Entscheidung einen leidensgerechten Arbeitsplatz in Wegfall zu bringen, erweist sich dann als unsachlich bzw. willkürlich, wenn der Arbeitgeber aus § 81 Abs. 4 SGB IX gleich wieder verpflichtet wäre, einen solchen zu schaffen.
  • Probleme mit Berliner Behörden?
    Mehr Bürgernähe will das Abgeordnetenhaus von Berlin mit der Einführung der Online-Petition erreichen. Seit nunmehr einem Monat ist es möglich, Petitionen mittels eines Online-Formulars auf der Webseite des Abgeordnetenhauses einzureichen, wenn es Probleme mit den Berliner Behörden gibt.
  • Bundestag lädt Behinderte wieder aus
    Der Bundestag musste 300 eingeladene Menschen mit Behinderung wieder ausladen. Der Grund: es haben sich zu viele Menschen angemeldet, die auf den Rollstuhl angewiesen sind, insgesamt 100 Personen. Sicherheits- und Brandschutzgründen machen der Veranstaltung nun einen Strich durch die Rechnung.
  • Persönliches Budget – keine Erkenntnisse
    Der Bundesregierung liegen derzeit keine exakten Erkenntnisse darüber vor, wie viele Menschen mit Behinderungen einen Antrag auf ein Persönliches Budget gestellt haben und wie viele dieser Anträge bewilligt oder abgelehnt wurden. Es soll aber ein Forschungsprojekt geben, was bis Ende 2012 läuft und Daten und Fakten liefern soll. Auch wir sind gespannt.
  • Dies und Das
    • Buchtipp: Nach längerer Krankheit zurück in den Job
    • Kommentar SGB IX: Rechte schwerbehinderter Menschen
    • Internetportal für gehörlose Menschen
    • Berlin räumt auf – Sieger bei ProRecycling
    • UN-Behindertenrechtskonvention

Besonderer Kündigungsschutz – Wie sieht das Verfahren aus?

Die Kündigung eines schwerbehinderten Menschen durch den Arbeitgeber ist erst dann zulässig, wenn das Integrationsamt zugestimmt hat. Im Kündigungsschutzverfahren spielt auch die Schwerbehindertenvertretung eine aktive Rolle. Deshalb ist es für sie – aber nicht nur für sie – wichtig, den Ablauf zu kennen.

Schwerbehinderte Beschäftigte haben nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) IX einen besonderen Kündigungsschutz. Ihre Kündigung bedarf der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes. In durchschnittlich 30.000 Fällen pro Jahr beantragen Arbeitgeber eine solche Zustimmung bei den Integrationsämter in Deutschland. Wie läuft das Verwaltungsverfahren beim Integrationsamt ab?

Wo finden sich Regelungen?
Neben den speziellen Vorschriften über den besonderen Kündigungsschutz im SGB IX finden sich auch in anderen Büchern des Sozialgesetzbuches Vorschriften über das Verfahren, zum Beispiel zur Mitwirkungspflicht im SGB I oder zu den Bevollmächtigten und Beiständen im SGB X. Soweit das SGB IX spezielle Regelungen für das Kündigungsverfahren trifft, haben diese aber Vorrang vor den allgemeinen Regelungen. Wichtig ist: Das Kündigungsverfahren ist nicht förmlich. Es ist vom Integrationsamt einfach, zweckmäßig und zügig zu gestalten. Tätig wird das Integrationsamt, wenn ein Arbeitgeber einen Antrag stellt. Dieser ist schriftlich zu stellen und zu begründen.

Wie wird der Sachverhalt ermittelt?
Für das weitere Vorgehen durch das Integrationsamt gilt dann der so genannte Grundsatz der Amtsermittlung. Das heißt, das Integrationsamt ist von sich aus verpflichtet, alles zu klären, was es für die Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält und ist nicht etwa an das Vorbringen oder an Beweisanträge der Beteiligten gebunden. Das Integrationsamt befragt also Zeugen, Sachverständige, behandelnde Ärzte und schaltet bei Bedarf Fachdienste ein, zum Beispiel den Technischen Beratungsdienst oder einen Integrationsfachdienst. Es kann auch Gutachten oder Kurentlassungsberichte von Rehabilitationsträgern anfordern. Schwierigkeiten bei der Aufklärung ergeben sich manchmal dadurch, dass es neben dem besonderen Kündigungsschutz ja noch den allgemeinen arbeitsrechtlichen Rechtsschutz gibt und Fragen auftreten können, bei denen Unsicherheit besteht, ob sie vom Integrationsamt oder von den Arbeitsgerichten zu klären sind.

Wie werden die Beteiligten angehört?
Eine Entscheidung des Integrationsamtes über den Antrag des Arbeitgebers ohne eine vorausgehende umfassende Anhörung der Beteiligten, insbesondere des betroffenen schwerbehinderten Menschen selbst, wäre ermessensfehlerhaft und rechtswidrig. Deshalb kommt den Anhörungsverpflichtungen eine große Bedeutung zu. Angehört wird in jeder Phase des Verfahrens: Bei seiner Einleitung, aber immer auch dann, wenn die jeweils andere Seite etwas Neues vorgetragen hat oder neue Ermittlungsergebnisse vorliegen. In der Praxis werden die eingehenden Schriftsätze des Arbeitgebers oder des schwerbehinderten Menschen jeweils ausgetauscht, damit alle Seiten Gelegenheit haben, zu allen relevanten Gesichtspunkten Stellung zu nehmen. Häufig lassen sich die Beteiligten durch Bevollmächtigte vertreten, zum Beispiel durch Rechtsanwälte oder Rechtsbeistände der Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände oder der großen Behindertenverbände, die ebenfalls Rechtsberatung durchführen dürfen.

Welche Rolle hat die Schwerbehindertenvertretung?

Das Integrationsamt muss immer eine Stellungnahme des Betriebs oder Personalrats und der Schwerbehindertenvertretung – sofern im Betrieb gewählt – einholen. Diese Stellungnahmen sind für das Integrationsamt sehr wichtig, denn sie können wertvolle Hinweise auf Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten enthalten. Je detaillierter die Schwerbehindertenvertretung Stellung nimmt, je mehr Informationen sie liefert, desto besser kann das Integrationsamt auch einen Arbeitsplatz erhalten.

Wie wird entschieden?
Falls notwendig, wird das Integrationsamt eine mündliche Verhandlung durchführen. Dies wird vor allem dann unumgänglich sein, wenn Unklarheiten geklärt werden müssen, besonders aber, damit das Integrationsamt seiner Verpflichtung nachkommen kann, in jeder Phase des Verfahrens eine gütliche Einigung anzustreben. Die mündlichen Verhandlungen finden regelmäßig vor Ort in den Betrieben statt, seltener im Integrationsamt. Vor Ort lässt sich die oft größere Zahl der Beteiligten besser zusammenbringen und oft ist es sinnvoll, sich den konkreten Arbeitsplatz, um den es geht, auch anzuschauen. Soweit es dem Integrationsamt nicht möglich ist, eine gütliche Einigung zu erreichen, entscheidet es durch 15 einen förmlichen Verwaltungsakt über die Kündigung.

Welche Fristen sind zu beachten?
Bei einem Antrag auf Zustimmung zur ordentlichen Kündigung soll das Integrationsamt innerhalb eines Monats nach Eingang des Antrags eine Entscheidung treffen. Diese Frist kann nicht immer eingehalten werden, besonders wenn aufwändige medizinische Sachaufklärung vorzunehmen ist. Bei der außerordentlichen Kündigung gibt es dagegen eine zwingende Frist von zwei Wochen, in der das Integrationsamt entscheiden muss. Erfolgt dies nicht, tritt nach Zeitablauf die Fiktion der Zustimmung ein – die Zustimmung gilt als erteilt. Die Mitteilung darüber kann ebenfalls wie ein förmlicher Verwaltungsakt angefochten werden. Die Entscheidung des Integrationsamtes muss dem Arbeitgeber und dem schwerbehinderten Menschen zugestellt werden. Das gesamte Verwaltungsverfahren beim Integrationsamt ist kostenfrei. Kosten für einen beauftragten Bevollmächtigten können allerdings nur im Widerspruchsverfahren erstattet werden und zwar dann, wenn der Widerspruch erfolgreich war.

Wie wird der Datenschutz gewährleistet?
Für die Einholung medizinischer Unterlagen braucht das Integrationsamt immer die datenschutzrechtliche Zustimmungserklärung der betroffenen schwerbehinderten Arbeitnehmer. Der Datenschutz hat auch bei der Frage, welche Informationen über die Behinderung an den Arbeitgeber weitergegeben werden, eine große Bedeutung.
Das Integrationsamt darf personenbezogene Einzelheiten dazu nur weitergeben, wenn das Einverständnis des Betroffenen vorliegt. Deshalb werden regelmäßig die vom Versorgungsamt festgestellten Behinderungen nicht in den Bescheid des Integrationsamtes aufgenommen. Wird die Zustimmung im Hinblick auf die vorliegende Behinderung versagt, kann bei fehlendem Einverständnis des Betroffenen nur das Vorliegen der Schwerbehinderteneigenschaft an sich genannt werden.

Welche Rechtsbehelfe sind möglich?
Der Bescheid des Integrationsamtes kann – in den Bundesländern aber unterschiedlich geregelt – mit einem Widerspruch, eventuell auch gleich oder nachfolgend mit einer Klage beim Verwaltungsgericht überprüft werden. Die im Bescheid des Integrationsamtes enthaltene Rechtsbehelfsbelehrung hilft hier weiter. Die Rechtsbehelfe haben aber keine aufschiebende Wirkung. Das heißt, der Arbeitgeber kann von einer erteilten Zustimmung gleich Gebrauch machen und kündigen, trägt aber das Risiko, dass die Zustimmungsentscheidung im Rechtsbehelfsverfahren später auch aufgehoben werden könnte.

Prüfpflicht zur Besetzung freier Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen

Arbeitgeber sind verpflichtet zu prüfen, ob sie freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen besetzen können. Um auch arbeitslose oder arbeitssuchend schwerbehinderte Menschen zu berücksichtigen, müssen sie frühzeitig Verbindung mit der Agentur für Arbeit aufnehmen. Diese in § 81 Abs. 1 SGB IX geregelte gesetzliche Pflicht trift alle Arbeitgeber, nicht nur die des öffentlichen Dienstes. Ein abgelehnter schwerbehinderter Arbeitnehmer kann sich darauf berufen, dass die Verletzung dieser Pflicht seine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lasse.

Der mit einem Grad von 60 schwerbehinderte Kläger hat eine kaufmännische Berufsausbildung, ein Fachhochschulstudium der Betriebswirtschaft und die Ausbildung zum gehobenen Verwaltungsdienst absolviert. Er bewarb sich bei der beklagten Gemeinde auf deren ausgeschriebene Stelle für eine Mutterschaftsvertretung in den Bereichen personalwesen, Bauleitplanung, Liegenschaften und Ordnungsamt. Die beklagte besetzte die Stelle anderweitig, ohne zuvor zu prüfen, ob der freie Arbeitsplatz mit schwerbehinderten Menschen besetzt werden kann oder diesbezüglich Kontakt zur Agentur für Arbeit aufgenommen zu haben. Der Kläger verlangte daraufhin eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG), da er sich wegen seiner Behinderung benachteiligt sah.

Während die Vorinstanzen die Klage abgewiesen hatten, war die Revision des Klägers vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts im Grundsatz erfolgreich. Die Prüfpflicht zur Berücksichtigung schwerbehinderter Menschen bei der Besetzung freier Stellen besteht immer und für alle Arbeitgeber und unabhängig davon, ob sich ein schwerbehinderter Mensch beworben hat oder bei seiner Bewerbung diesen Status offenbart hat. Verletzt ein Arbeitgeber diese Prüfpflicht, so stellt dies ein Indiz dafür dar, dass er einen abgelehnten schwerbehinderten Menschen wegen der Behinderung benachteiligt hat, weil er seine Förderungspflichten unbeachtet gelassen hatte. Da vorliegend der Arbeitgeber die Vermutung einer solchen Benachteiligung nicht wiederlegen konnte, war die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen, das noch über die Höhe der dem Kläger zustehenden Entschädigung zu entscheiden haben wird.

_Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13. Oktober 2011, 8 AZR 608/10, Vorinstanz: LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 6. September 2010, 4 Sa 18/10_

Betriebsbedingte Kündigung eines Schwerbehinderten

LArbG Berlin-Brandenburg 7. Kammer, Entscheidungsdatum: 30.03.2010 , Aktenzeichen: 7 Sa 58/10
Leitsatz
Die unternehmerische Entscheidung einen leidensgerechten Arbeitsplatz in Wegfall zu bringen, erweist sich dann als unsachlich bzw. willkürlich, wenn der Arbeitgeber aus § 81 Abs. 4 SGB IX gleich wieder verpflichtet wäre, einen solchen zu schaffen.
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 02. Dezember 2009 – 17 Ca 12606/09 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung.
Der am …1955 geborene, verheiratete Kläger, der sechs volljährige Kinder hat, ist bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin seit dem 13.06.1983 auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages (Bl. 36 d.A.) im Akkordlohn beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge für die Metallindustrie Anwendung.
Zunächst war der Kläger als Ofenbediener und später als Zieher tätig. Im Jahr 1995 erlitt er einen Arbeitsunfall, bei dem er mehrere Finger seiner linken Hand verlor und infolgedessen mit einem Grad von 60 als schwerbehindert anerkannt wurde. Da er nach einem werksärztlichen Attest vom 29. Juli 1996 seine bis dahin ausgeübte Tätigkeit in der Zieherei bzw. als Zieher ebenso wenig ausüben konnte, wie sonstige Tätigkeiten, bei denen eine volle Funktions- bzw. Greiffähigkeit beider Hände notwendig war, setzte ihn die Beklagte ab 1996 als Kranbediener im Bereich „Zieherei Allgemein“ ein. Für die dort anfallenden Aufgaben des Klägers wird auf die Tätigkeitsbeschreibung (Bl. 34 und 35 d. A.) Bezug genommen.
Auf Grund von Auftragsrückgängen schloss die Beklagte mit dem bei ihr bestehenden Betriebsrat unter dem 27. Februar 2009 eine Betriebsvereinbarung zum Zwecke der Einführung von Kurzarbeit für die Zeit vom 01. März 2009 bis zum 31. August 2009. Die Betriebsvereinbarung über Kurzarbeit wurde in der Folgezeit durch zwei Betriebsvereinbarungen ergänzt, mit denen u. a. auch die wöchentliche Arbeitszeit weiter reduziert wurde. Mit einer weiteren Betriebsvereinbarung aus Juli 2009 verlängerten die Betriebsparteien die Kurzarbeit auf den Zeitraum vom 1. September 2009 bis zum 28. Februar 2010. Ob sich die wirtschaftliche Lage bei der Beklagten seit Sommer 2009 entspannte, ist zwischen den Parteien streitig.
Außerdem schlossen die Betriebsparteien am 27. Februar 2009 eine Rahmenbetriebsvereinbarung über die Einführung eines Prämienentgelts für bestimmte Bereiche, u. a. auch für die Rohrzieherei. Diese Rahmenbetriebsvereinbarung Nr. 165 sah unter anderem für diejenigen Arbeitnehmer, die den zur Anwendung des Prämienentgelts auf die Arbeitsverhältnisse erforderlichen Änderungsvertrag abschlossen, bis zur vollständigen Beendigung von Kurzarbeit in den Jahren 2009 und 2010 den Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen vor. Insgesamt unterzeichneten 111 von 127 Arbeitnehmern das Änderungsangebot der Beklagten zur Einführung eines Prämienentgelts. Der Kläger lehnte eine entsprechende Änderungsvereinbarung ab.
Mit Schreiben vom 20. Mai 2009 (Bl. 60 ff. d. A.) hörte die Beklagte den bei ihr bestehenden Betriebsrat zu einer beabsichtigten ordentlichen Kündigung des Klägers aus betriebsbedingten Gründen an, für deren Begründung sie dort anführt, die Geschäftsführung habe am 19. Mai 2009 endgültig und abschließend beschlossen, die im Bereich Zieherei Allgemein eingerichtete Funktion eines „Kranbedieners“ vollständig und dauerhaft in Wegfall zu bringen und die verbleibenden Aufgaben ab dem 01. Oktober 2009 von 3 anderen Mitarbeitern, die in der Funktion eines „Kranbedieners/Anfasers/Richters und Einteilsägers bzw. eines Kranbedieners/Anfasers/Ofenbedieners tätig sind, mit erledigen zu lassen, bei Bedarf auf eine Personalreserve zurückzugreifen bzw. eventuelle Verzögerungen und das Entstehen von Arbeitsrückständen in Kauf zu nehmen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Anhörungsschreibens wird auf die Anlage B 5 (Bl. 60 – 68 d. A.) Bezug genommen. Der Betriebsrat widersprach der Kündigung des Klägers mit Schreiben vom 27.05.2009 u.a. mit der Begründung, die Kündigungen beträfen nur solche Mitarbeiter, die das neue Leistungsentgeltsystem nicht akzeptiert hätten, ohne dass eine Sozialauswahl stattgefunden habe. Wegen der Einzelheiten der Begründung des Widerspruchs wird auf das Schreiben des Betriebsrates vom 27.05.2009 Bezug genommen.

Ebenfalls mit Schreiben vom 20. Mai 2009 (Bl. 69 d. A.) beantragte die Beklagte beim Integrationsamt die Zustimmung zur Kündigung des Klägers. Diese wurde ihr mit Bescheid vom 29. Juni 2009 erteilt (Bl. 78 ff. d. A.). Nachdem die Beklagte den Bescheid erhalten hatte, sprach sie mit Schreiben vom 07. Juli 2009 dem Kläger gegenüber eine ordentliche betriebsbedingte Kündigung zum 28. Februar 2010 aus und stellte ihn zugleich ab dem 1. Oktober 2009 von der Arbeitsleistung frei.
Mit der vorliegenden Klage wendet sich der Kläger gegen diese Kündigung, die er mangels betriebsbedingten Erfordernisses und wegen fehlerhafter Sozialauswahl für sozial ungerechtfertigt und wegen fehlerhafter Betriebsratsanhörung für unwirksam hält.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 2. Dezember 2009, auf dessen Tatbestand wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens Bezug genommen wird, festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers durch die Kündigung der Beklagten vom 7. Juli 2009 nicht aufgelöst worden ist, und die Beklagte verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens in der Rohrlinie zu allen dort anfallenden Arbeiten, insbesondere als Kranbediener, zu den bisherigen Arbeitsbedingen weiter zu beschäftigen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt, weil die Beklagte betriebsbedingte Gründe i. S. von § 1 Abs. 2 KSchG nicht bzw. nicht ausreichend vorgetragen habe. Zudem verstoße die Kündigung der Beklagten gegen das Ultima-Ratio-Prinzip. Milderes Mittel sei eine Änderungskündigung, mit der dem Kläger eine der Prämienregelung entsprechende Vertragsänderung hätte angeboten werden können. Außerdem sei die Kündigung mangels ordnungsgemäßer Betriebsratsanhörung gem. § 102 Abs. 1 BetrVG unwirksam, weil sich die Beklagte gegenüber dem Betriebsrat darauf beschränkt habe, die unternehmerische Entscheidung mitzuteilen, ohne plausibel darzustellen, warum die unternehmerische Entscheidung überhaupt getroffen worden sei, inwieweit die innerbetrieblichen Gründe kausal für die Entscheidung gewesen seien und warum durch eine Änderungskündigung die Kündung nicht zu vermeiden gewesen wäre. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Gegen dieses der Beklagten am 11. Dezember 2009 zugestellte Urteil richtet sich ihre Berufung, die sie mit einem beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg am 11. Januar 2010 eingegangenen Schriftsatz eingelegt und mit einem beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg am 10. Februar 2010 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.
Die Beklagte und Berufungsklägerin verweist auch in der Berufungsinstanz zur Begründung der Kündigung auf ihre erstinstanzlich vorgetragene unternehmerische Entscheidung des Geschäftsführers vom 19. Mai 2009, die im Bereich der Zieherei/Allgemein eingerichtete Funktion eines Kranbedieners mit Wirkung zum 1. Oktober 2009 wegfallen zu lassen und die verbleibenden Aufgaben dem Mitarbeiter G. H., der im Bereich Zieherei/Allgemein in der Funktion eines „Kranbedieners/Anfasers/Richters und Einteilsägers tätig sei sowie den beiden Mitarbeitern K. und W., die als Kranbediener/Anfaser/Ofenbediener tätig seien, zu übertragen. Bei Bedarf könne auf eine aus zwei weiteren Mitarbeitern des Bereichs Zieherei/Allgemein gebildete Personalreserve zurückgegriffen werden. Zudem habe die Geschäftsführung am 19. Mai 2009 endgültig entschieden, eventuelle Verzögerungen und das Entstehen von Arbeitsrückständen bei der Abarbeitung der verbleibenden Aufgaben eines Kranbedieners in Kauf zu nehmen. Diese unternehmerische Entscheidung habe zum Wegfall von zwei Arbeitsplätzen als „Kranbediener“ geführt, darunter auch der Arbeitsplatz des Klägers. Hintergrund für die unternehmerische Entscheidung sei ein anhaltender, sich in der 14. Kalenderwoche noch einmal gravierend verschlechternder Auftragsrückgang gewesen, der nicht durch die Einführung von Kurzarbeit habe ausreichend aufgefangen werden können. Unter Bezugnahme auf ihre Darstellungen zu den in den einzelnen Bereichen anfallenden Tätigkeiten sowie der rückläufigen Auftrags- und Arbeitsmengenentwicklung, die bei den verbleibenden Mitarbeitern zu entsprechenden freien Kapazitäten geführt hätten, hält die Beklagte die unternehmerische Entscheidung auch für auf Dauer durchführbar. Die Einführung von Kurzarbeit stehe der von der Beklagten angestellten Prognose eines dauerhaften Arbeitsausfalls nicht entgegen, da sich der Umfang nach Einführung von Kurzarbeit nochmals erhöht habe. Der Einsatz von Leiharbeitnehmern im Februar 2010 erfolge wegen einer kurzfristigen Auftragsspitze, die durch eine unerwartete fehlende Marktpräsenz der Wettbewerber verursacht worden sei. Die Unternehmensgruppe Diehl-Metall habe technische Probleme im Produktionsablauf zu bewältigen gehabt und die Beklagte um Unterstützung bei deren Lösung ersucht. Sowohl diese Unternehmensgruppe als auch deren Kunden hätten vorübergehend die benötigten Produkte bei der Beklagten bestellt. Soweit Mitarbeiter aufgrund des in der Rahmenbetriebsvereinbarung Nr. 165 vorgesehenen Kündigungsschutzes nicht mehr in die Sozialauswahl einzubeziehen gewesen seien, werde damit nicht in unzulässiger Weise das Kündigungsschutzgesetz umgangen. Die Zusage von Kündigungsschutz sei sachlich gerechtfertigt gewesen, weil den Arbeitnehmern, die mit der Prämienregelung einverstanden gewesen seien, nach einem Entgeltverzicht die Sicherung der Arbeitsplätze habe angeboten werden sollen. Die Kündigung verstoße nicht gegen das Maßregelungsverbot. Sie habe die Kündigung nicht ausgesprochen, weil der Kläger der Änderungsvereinbarung nicht zugestimmt habe, sondern dringende betriebliche Erfordernisse diese bedingt hätten. Auch habe sie dem Kläger nicht vorrangig eine Änderungskündigung aussprechen können, da es bei ihrer unternehmerischen Entscheidung nicht darum gegangen sei, das Prämienentgeltsystem nun noch bei denjenigen einzuführen, die zuvor dem widersprochen hätten, sondern die betriebliche Arbeitsmenge an den Bedarf anzupassen. Auch erweise sich die Betriebsratsanhörung als rechtswirksam.
Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 02. Dezember 2009 (Az.: 17 Ca 12606/09) aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger und Berufungsbeklagte verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil unter Ergänzung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens und verweist darauf, dass sich mittlerweile die Auftragslage verbessert habe, wie sich auch an dem Einsatz von Leiharbeitnehmern zeige. Mittlerweile müssten alle Arbeitnehmer im Bereich der Zieherei wieder voll arbeiten. Der Kläger vertritt außerdem die Auffassung, die Herausnahme derjenigen Mitarbeiter aus der Sozialauswahl, die die Änderungsvereinbarungen unterzeichnet hatten, stelle eine Umgehung von § 1 Abs. 3 KSchG dar, die so nicht zulässig sei. Die Beklagte habe die unternehmerische Entscheidung getroffen, diejenigen Arbeitnehmer zu kündigen, die den Änderungsvertrag nicht unterzeichnet hätten. Hier sei zudem der Vorrang der Änderungskündigung vor der Beendigungskündigung zur Durchsetzung eines Prämiensystems zu berücksichtigen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze der Beklagten und Berufungsklägerin vom 10. Februar 2010 (Bl. 292 – Bl. 307 d. A.) sowie vom 23.03.2010 (Bl. 350 – Bl. 360 d. A.) sowie auf denjenigen des Klägers und Berufungsbeklagten vom 18.03.2010 (Bl. 320 – Bl. 336 d. A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
1. Die gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist von ihr fristgemäß und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO, § 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG).
Die Berufung der Beklagten ist daher zulässig.
2. Die Berufung der Beklagten ist jedoch unbegründet. Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 7. Juli 2009 aufgelöst worden ist und die Beklagte zur vorläufigen Weiterbeschäftigung verurteilt. Auch in der Berufungsinstanz ist es der Beklagten nicht gelungen die soziale Rechtfertigung im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG für die streitgegenständliche Kündigung zu begründen. Die Kündigung erweist sich mithin als rechtsunwirksam.
2.1 Gemäß § 1 Abs. 2 KSchG ist eine Kündigung ua. dann sozial gerechtfertigt, wenn sie durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist, die der Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen. Dabei ist im Grundsatz davon auszugehen, dass sich betriebliche Erfordernisse iSv. § 1 Abs. 2 KSchG insbesondere aus innerbetrieblichen Umständen (Unternehmerentscheidungen), wie Rationalisierungs-maßnahmen, Umstellung oder Einschränkung der Produktion oder von Arbeitsabläufen ergeben (vgl. z.B. BAG v. 23.April 2008 – 2 AZR 1110/06 – EzA-SD 2008, Nr 15, 3-4). Eine solche unternehmerische Organisationsentscheidung begründet ein dringendes betriebliches Erfordernis iSd. § 1 Abs. 2 KSchG, wenn sie sich auf die Einsatzmöglichkeit des gekündigten Arbeitnehmers auswirkt. Dabei kann die unternehmerische Entscheidung auch darin bestehen, die Zahl der Arbeitskräfte zu bestimmen, mit denen eine Arbeitsaufgabe erledigt werden soll. Der Arbeitgeber kann grundsätzlich sowohl das Arbeitsvolumen (Menge der zu erledigenden Arbeit) als auch das diesem zugeordnete Arbeitskraftvolumen (Arbeitnehmer-Stunden) und damit auch das Verhältnis dieser beiden Größen zueinander festlegen (BAG v. 22. Mai 2003 – 2 AZR 326/02 – AP Nr 128 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung). Die unternehmerische Entscheidung selbst ist nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (vgl. z.B. BAG 21. September 2006 – 2 AZR 607/05 – AP KSchG 1969 § 2 Nr. 130 = EzA KSchG § 2 Nr. 62). Darunter fallen insbesondere solche unternehmerische Entscheidungen, die gegen gesetzliche und tarifliche Normen verstoßen (vgl. dazu BAG v. 18. Dezember 1997 – 2 AZR 709/96 – BAGE 87, 327).

Es obliegt den Arbeitsgerichten aber nachzuprüfen, ob eine unternehmerische Entscheidung überhaupt getroffen wurde und ob sie sich betrieblich dahingehend auswirkt, dass der Beschäftigungsbedarf für den gekündigten Arbeitnehmer entfallen ist. Zwar muss nicht ein bestimmter Arbeitsplatz entfallen sein. Voraussetzung ist aber, dass die Organisationsentscheidung ursächlich für den vom Arbeitgeber behaupteten Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses ist. Erschöpft sich die Entscheidung des Arbeitgebers im Wesentlichen darin, Personal einzusparen, so rückt sie nahe an den Kündigungsentschluss heran. Da die Kündigungsentscheidung selbst nach dem Gesetz nicht frei, sondern an das Vorliegen von Gründen gebunden ist, muss der Arbeitgeber in solchen Fällen seine Entscheidung hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit (“Dauer”) verdeutlichen, damit das Gericht prüfen kann, ob sie im Sinne der oben gekennzeichneten Rechtsprechung offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich, also missbräuchlich ausgesprochen worden ist (BAG v. 22. Mai 2003 – 2 AZR 326/02 – a.a.O.).
2.2 Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall erweist sich die streitgegenständliche Kündigung als sozial ungerechtfertigt. Die ihr zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung der Beklagten – deren Vortrag insoweit als zutreffend unterstellt – ist zum einen schon deshalb nicht auf Dauer durchführbar, weil sie so gegen gesetzliche Vorgaben in § 81 Abs. 4 SGB IX verstößt und eine Umorganisation wieder erforderlich würde, zum anderen ist sie auch hinsichtlich Durchführbarkeit und Dauer nicht hinreichend dargetan.
2.2.1 Nach dem Vortrag der Beklagten liegt dem Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses für den Kläger die unternehmerische Entscheidung zugrunde, die im Bereich Zieherei Allgemein eingerichtete Funktion eines „Kranbedieners“ ab dem 1.Oktober 2009 vollständig und dauerhaft wegfallen und die verbleibenden Aufgaben von Mitarbeitern wahrnehmen zu lassen, die in den Funktionen „Kranbediener/Anfaser/Richter und Einteilsäger“ (Herr H.) bzw. den Funktionen „Kranbediener/Anfaser/Ofenbediener“ (Herr K. und Herr W.) tätig sind. Diesen Vortrag der Beklagten als zutreffend unterstellt, würden die beiden Arbeitsplätze eines alleinigen Kranbedieners in Wegfall geraten; es würden nur noch kombinierte Arbeitsplätze vorhanden sein. Auf diesen könnte der Kläger ohnehin nicht weiterbeschäftigt werden, weil er aufgrund der durch seinen Arbeitsunfall eingetretenen Verletzungen zur Verrichtung der kombinierten Tätigkeiten nicht in der Lage ist. Die Beklagte hatte ihm – nach ihrem eigenen Vortrag – den Arbeitsplatz des Kranbedieners mit den alleinigen Aufgaben eines Kranbedieners als leidensgerechten Arbeitsplatz zugewiesen.
Einer solchen auf Dauer angelegten unternehmerischen Entscheidung der Beklagten stehen indes die gesetzlichen Pflichten der Beklagten nach § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr 1 SGB IX entgegen, wonach die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger einen leidensgerechten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen und ihm eine behindertengerechte Beschäftigung zu ermöglichen. Unstreitig ist der Kläger nach einem Arbeitsunfall bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin mit einem Grad von 60 als behindert anerkannt. Nach § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB IX haben schwerbehinderte Menschen gegenüber ihren Arbeitgebern Anspruch auf Beschäftigung, bei der sie ihre Fähigkeiten und Kenntnisse möglichst voll verwerten und weiterentwickeln können. Ist dazu die Umgestaltung der Arbeitsorganisation erforderlich, ist der Arbeitgeber auch dazu verpflichtet, sofern dies möglich ist. So kann der schwerbehinderte Arbeitnehmer z.B. verlangen, dass er nur mit leichteren Arbeiten beschäftigt wird, sofern im Betrieb die Möglichkeit zu einer solchen Aufgabenumverteilung besteht (BAG v. 14. März 2006 – 9 AZR 411/05 – AP Nr 11 zu § 81 SGB IX).
Dieser Verpflichtung nach § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB IX ist die Beklagte zunächst nachgekommen, indem sie dem Kläger nach dem Arbeitsunfall die Tätigkeit eines Kranbedieners zugewiesen hat. Dies waren die Tätigkeiten, die der Kläger mit seiner unfallbedingten Behinderung noch ausüben konnte. Diesen leidensgerechten Arbeitsplatz kann die Beklagte nicht allein durch die unternehmerische Entscheidung, verschiedene Tätigkeiten zusammenzufassen, in Wegfall bringen. Eine solche unternehmerische Entscheidung erwiese sich als unsachlich bzw. willkürlich. Die Beklagte wäre nämlich unmittelbar nach deren Umsetzung wieder verpflichtet im Wege einer Umorganisation die Tätigkeiten des Kranbedieners in einem Arbeitsplatz zusammenzufassen, um dem Kläger nach § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB IX wieder eine leidensgerechte Tätigkeit zuzuweisen.
2.2.2. Allerdings hat die Beklagte nicht nur die oben beschriebene unternehmerische Entscheidung zur Umgestaltung der Arbeitsplätze der Kranbediener getroffen, sondern zudem die Entscheidung, zwei Arbeitsplätze in Wegfall zu bringen, um die Zahl der Beschäftigten an das Arbeitsvolumen anzupassen. Insoweit hat die Beklagte ihre unternehmerische Entscheidung entsprechend der oben dargestellten Grundsätze hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit (“Dauer”) indes nicht ausreichend verdeutlicht.
Die unternehmerische Entscheidung der Beklagten, im Bereich des Klägers zwei Arbeitsplätze wegfallen zu lassen, ist nur dann auf Dauer durchführbar, wenn im Bereich des Klägers entsprechendes Arbeitsvolumen entfällt. Dazu hat die Beklagte erstinstanzlich umfangreiche Berechnungen zum Rückgang der Arbeitsmenge und des durchschnittlich dadurch freiwerdenden Arbeitsvolumens in den verschiedenen Arbeitsbereichen, so auch im Arbeitsbereich des Klägers, schriftsätzlich dargestellt, in deren Ergebnis die Beklagte zu einem Rückgang von ca. 10,97 Stunden wöchentlich pro Arbeitnehmer kommt (vgl. S. 22 des Schriftsatz der Beklagten vom 18.11.2009). Dass dieser Rückgang aber auf Dauer bestehen wird, lässt sich dem Vortrag der Beklagten nicht hinreichend entnehmen. Vielmehr sprachen die verschiedenen, auch noch im Juli 2009, also in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Zugang der hier streitigen Kündigung, mit dem Betriebsrat abgeschlossenen Vereinbarungen zur Einführung von Kurzarbeit indiziell dafür, dass die Beklagte selbst von einem nur vorübergehenden Arbeitsmangel ausgegangen ist, der eine betriebsbedingte Kündigung noch nicht rechtfertigen kann (vgl. BAG v. 26.06.1997 – 2 AZR 494/96 – AP Nr 86 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung).
Dieses Indiz hat die Beklagte nicht durch konkreten Sachvortrag entkräftet, wonach eine Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger auf Dauer entfallen ist. Die Tätigkeiten der Kranbedienung sind in gleicher Weise von dem die Kurzarbeit begründenden Auftragsrückgang betroffen, wie die anderen Arbeiten in diesem Bereich. Rationalisierungsmaßnahmen, die zu einem geringeren Anfall dieser Arbeiten führen würden, hat die Beklagte nicht behauptet. Vielmehr beruft sich die Beklagte zur Widerlegung dieses Indizes auf ihre unternehmerische Entscheidung, den Arbeitsplatz eines Kranbedieners in der Weise umorganisiert zu haben, dass alleinige Tätigkeiten der Kranbedienung nicht mehr anfallen werden. Dies wäre zwar im Regelfall durchaus eine Rationalisierungsmaßnahme, die zu einem dauerhaften Wegfall entsprechender Arbeitsplätze führen und damit nach der obigen Rechtsprechung das durch die Einführung von Kurzarbeit begründete Indiz für den nur vorübergehenden Arbeitsmangel an der Tätigkeit eines (ausschließlichen) Kranbedieners widerlegen könnten. Im konkreten Fall galt dies jedoch nicht. Denn der Dauerhaftigkeit dieser unternehmerischen Entscheidung stand die sich aus dem Arbeitsunfall und der darauf beruhenden Schwerbehinderung des Klägers begründete Verpflichtung der Beklagten entgegen, dem Kläger einen leidensgerechten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Steigt das Auftragsvolumen und damit das Arbeitsvolumen wieder an, wovon die Beklagte in Anbetracht der vereinbarten Kurzarbeit wohl ausgeht, steigt auch das Arbeitsvolumen im Bereich der Kranbedienung wieder an. Die Beklagte könnte und müsste dem Kläger in diesem Fall – ungeachtet ihrer getroffenen unternehmerischen Entscheidung – nach entsprechender Umorganisation einen leidensgerechten Arbeitsplatz als Kranbediener zuweisen. Mithin war der Wegfall des Beschäftigungsbedarfs für den Kläger gleichfalls nicht auf Dauer angelegt. Ein dringendes betriebliches Erfordernis war insoweit nicht gegeben. Dahingestellt bleiben kann in diesem Zusammenhang, ob der Kläger nicht nach entsprechenden Umorganisationen schon deshalb weiterbeschäftigt werden konnte, weil die Beklagte im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung beim Kläger, dem für die Prüfung der Wirksamkeit maßgeblichen Zeitpunkt, außerordentliche Kündigungen gegenüber anderen Mitarbeitern ausgesprochen hat und damit weiteres verteilbares Arbeitsvolumen frei geworden ist.
Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Berechnungen der Beklagten nur dann rechnerisch schlüssig sind, wenn die Beklagte die beiden Mitarbeiter, die sie als Personalreserve bezeichnet, gleich mit in ihre Einsatzplanung einbezieht. Die Beklagte hat selbst vorgetragen, dass aufgrund ihrer unternehmerischen Entscheidung, die Arbeitsplätze der alleinigen Kranbediener in Wegfall zu bringen, zwei Arbeitsplätze als Kranbediener betroffen seien. Ausgehend von einem durchschnittlichen Rückgang an Arbeitszeitvolumen von ca. 10,97 Stunden pro Mitarbeiter ergab sich damit ein abzudeckender Bedarf von insgesamt, 48,06 Stunden wöchentlicher Arbeitszeit. Dafür standen der Beklagten aber bei den 3 Mitarbeitern, die sie an sich für die Übernahme dieser Tätigkeit eingeplant hat, ohne Berücksichtigung der mit dem Betriebsrat vereinbarten Kurzarbeit, nur 32,91 Stunden zur Verfügung.
2.3 War die streitgegenständliche Kündigung schon mangels betriebsbedingtem Erfordernisses nicht sozial gerechtfertigt, kam es auf die Frage der zutreffenden Sozialauswahl und die Auswirkungen des einzelvertraglichen Kündigungsschutzes nicht an.
3. Die Berufung der Beklagten war aus diesen Gründen zurückzuweisen, mit der Folge, dass sie gemäß § 97 ZPO die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen hat.

Probleme mit Berliner Behörden?

Mehr Bürgernähe will das Abgeordnetenhaus von Berlin mit der Einführung der Online-Petition erreichen. Seit nunmehr einem Monat ist es möglich, Petitionen mittels eines Online-Formulars auf der Webseite des Abgeordnetenhauses einzureichen, wenn es Probleme mit Berliner Behörden gibt.

Landesbehindertenbeauftragter Jürgen Schneider und der Vorsitzende des Petitionsausschusses des Abgeordnetenhauses, Andreas Kugler, waren sich bei einem Meinungsaustausch darin einig, dass die Möglichkeit der Online-Petition gerade für Menschen mit Behinderung die Hemmschwelle zur Einschaltung des Petitionsausschusses senkt. Durch Online-Petitionen können über die Verfolgung persönlicher Anliegen hinaus auch Probleme an die Politik herangetragen werden, die in allen Lebenslagen die Interessen von Menschen mit Behinderung betreffen.

Schneider sieht darin ebenso ein Element beziehungsweise einen Auslöser für Partizipationsprozesse im Sinne der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen.

Hier geht es zum Online-Formular: www.parlament-berlin.de/

Was ist der Petitionsausschuss?
(Petition= Ersuchen oder Beschwerde)
Der Petitionsausschuss ist ein parlamentarischer Ausschuss, etwa vom Bundestag oder von Landtagen, der sich mit Eingaben von Bürgern befasst, die sich von einer Bundes- oder Landesbehörde ungerecht behandelt fühlen. Auch Bürger, die Anregungen für Änderungen bestehender Gesetze haben, können sich mit Petitionen an den Petitionsausschuss des zuständigen Gesetzgebers wenden. Der Petitionsausschuss bildet daher eine wichtige Schnittstelle zwischen Parlament und Bevölkerung.
Unter https://epetitionen.bundestag.de/ können Sie eine Petition online eingeben. Sie können auch bereits verfasste Petitionen mitzeichnen.

Bundestag lädt Behinderte wieder aus

Der behindertenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Ilja Seifert, hat heute Abend bedauert, dass der Bundestag die im Mai eingeladenen 300 Menschen mit Behinderungen wieder ausgeladen hat. Im Mittelpunkt der Veranstaltung „Menschen mit Behinderung im Deutschen Bundestag“ am 2. und 3. Dezember 2011 sollte der Dialog mit den Politikern zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention stehen.

Ziel einer Auftaktsitzung, Diskussionen in Arbeitsgruppen und einer abschließenden Sitzung im Plenarsaal war es, „ein gemeinsames Signal für die Bereitschaft zur Inklusion und zur Überwindung von Barrieren in allen Lebensbereichen auszusenden.“
Mit heutigem Datum wurden diese 300 Menschen wieder ausgeladen, weil sich darunter – völlig unerwartet – über 100 Rollstuhlfahrer/innen befanden und die Organisatoren feststellten, dass dies aus Sicherheits- und Brandschutzgründen nicht ginge. Die Veranstaltung soll nun im Oktober 2012 stattfinden, wobei diesmal dafür gesorgt werden soll, dass die Zusammensetzung der einzuladenden Personen den Gegebenheiten der Räumlichkeiten im Bundestag entspricht.

“Damit hat das wirkliche Leben auf äußerst unangenehme Weise den Bundestag eingeholt”, stellte Seifert fest. “Es gibt Bereiche, wo Rollstuhlfahrer/innen nicht hinein oder auch wieder hinaus kommen und es gibt unakzeptable Begrenzungen in der Zahl (bei Bus und Bahn, in Kinos, Theater, Stadien usw.) Und auch der Bundestag mit seinen großen und neuen Gebäuden muss sich nun – über 10 Jahre nach dem Einzug – mit der Frage beschäftigen, wie viele Rollstuhlfahrer/innen hinein dürfen.”
Da das Schreiben aus dem Bundestag auch seine Unterschrift trägt und er um Stellungnahme gebeten wurde, möchte der Bundestagsabgeordnete der Linken darauf hinweisen, dass diese Entscheidung mehrheitlich, das heißt gegen seine Stimme, fiel. “Ich war und bin der Meinung, dass die Veranstaltung mit Einschränkungen und Kompromissen (allerdings nicht bei Fragen von Sicherheit und Brandschutz) durchführbar gewesen wäre, blieb aber mit dieser Auffassung in der Minderheit”, so Seifert.

Viele weitere Wortmeldungen und Rechtfertigungen finden Sie auf den Internetseiten von Kobinet: www.kobinet-nachrichten.de

Persönliches Budget – keine Erkenntnisse

Der Bundesregierung liegen derzeit keine exakten Erkenntnisse darüber vor, wie viele Menschen mit Behinderungen einen Antrag auf ein Persönliches Budget gestellt haben und wie viele dieser Anträge bewilligt oder abgelehnt wurden. Das teilt sie in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke mit, berichtet der parlamentarische Informationsdienst “Heute im Bundestag”.

Weiter heißt es, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ein Forschungsprojekt zum Persönlichen Budget in Auftrag gegeben hat, dass bis Ende 2012 läuft und anschließend belastbare Daten über die Bewilligung und Strukturen des Persönlichen Budgets liefern soll. Mit dem Persönlichen Budget können Menschen mit Behinderungen anstelle von Dienst- oder Sachleistungen Geld oder auch Gutscheine erhalten, um sich Assistenzleistungen selbst zu organisieren.
Die Antworten der Bundesregierung stehen auf der Website des Deutschen Bundestages als sechsseitige Drucksache 17/7052 zum kostenlosen Herunterladen zur Verfügung:Drucksache zum Persönlichen Budget 17/7052

Wenn Sie sich noch nicht so gut mit dem Persönlichen Budget auskennen oder weitere Informationen benötigen, können Sie einmal auf unsere Webseiten oder zum Beispiel bei den Paritätischen unter www.budget.paritaet.org recherchieren. Das Kompetenzzentrum Persönliches Budget des PARITÄTISCHEN ist bei der Beantwortung von Fragen behilflich. Es unterstützt die Anwendung und Vereinfachung der Inanspruchnahme des Persönlichen Budgets. Auf den Seiten finden Sie auch nach Zielgruppe oder Bundesland sortiert die jeweiligen Ansprechpartner, um einen persönlichen Termin zu vereinbaren.

Informieren Sie sich – nehmen Sie ein Stück Leben wieder selbst in die Hand.

sopoaktuell – Rentenanpassung 2012 und aktuelle Finanzlage der Rentenversicherung

Auf dem aktuellen Presseseminar gab der Präsident der Deutschen Rentenversicherung heute die neuesten Zahlen rund um die gesetzliche Rentenversicherung bekannt: Aufgrund der guten Beitragsentwicklung betrugen die Einnahmen der allgemeinen Rentenversicherung im Jahr 2010 244,7 Mrd. Euro, wobei 184,4 Mrd. Euro auf Beiträge und 59 Mrd. Euro auf Bundeszuschüsse entfielen. Die Ausgaben beliefen sich insgesamt auf 242,6 Mrd. Euro, wobei die Rentenausgaben 211 Mrd. Euro, Aufwendungen für die Krankenversicherung der Rentner 14,3 Mrd. Euro und Leistungen zur Teilhabe (Reha-Leistungen) 5,2 Mrd. Euro betrugen. Die Rentenanpassung zum 1.7.2012 wird nach den im Frühjahr 2012 dann vorliegenden Werten berechnet. Nach den heute bekannten Zahlen würde sie für die alten Bundesländer knapp 2,3 , für die neuen Bundesländer 3,2 % betragen. Weiterhin soll der Beitragssatz zum 1.1.2012 auf 19,6 % abgesenkt werden. Dass dies der politisch falsche Weg ist, belegt die aktuelle Forsa-Umfrage vom 18. und 19. Oktober 2011. Sie stellt fest, dass eine deutliche Mehrheit der befragen Bundesbürger (79) meint, dass die Überschüsse in der Rentenversicherung gegen Altersarmut eingesetzt werden sollten. Dieser Ansicht sind Frauen häufiger als Männer.

1. Der Beitragssatz sinkt!
Die Nachhaltigkeitsrücklage, die dem Ausgleich unterjähriger Schwankungen dient, betrug Ende 2010 18,6 Mrd. Euro und entsprach damit 1,11 Monatsausgaben und wird weiter ansteigen. Der Beitragssatz ist zum 1. Januar dann abzusenken, wenn am 31.12.diesen Jahres bei Beibehaltung des bisherigen Beitragssatzes die Mittel der Nachhaltigkeitsrücklage die 1,5fachen Monatsausgaben voraussichtlich überschreiten (§ 158 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI). Dies ist rechnerisch der Fall. Deshalb wird nach den Angaben des Schätzerkreises der Beitragssatz für 2012 auf voraussichtlich 19,6 % durch Rechtsverordnung festgelegt werden. Im Hinblick auf das sinkende Rentenniveau und die bereits bestehende Altersarmut ist dies jedoch der falsche Weg. Vielmehr sollten die Leistungen der Rentenversicherung deutlich ausgebaut werden, insbesondere der sog. Reha-Deckel. Zur Verhinderung von Erwerbsminderung und einem längeren und gesunden Arbeiten bis zur Rente sind verstärkte Aufwendungen zur medizinischen Reha unerlässlich. Die aktuelle Forsa-Umfrage vom 18. und 19. Oktober 2011 stellt fest, dass eine deutliche Mehrheit der befragten Bundebürger (79%) meint, dass die Überschüsse in der Rentenversicherung gegen Altersarmut eingesetzt werden sollten. Dieser Ansicht sind Frauen häufiger als Männer. Nur 12% – eher die Anhänger der CDU/CSU und FDP – geben an, dass die Überschüsse genutzt werden sollten, um die Beiträge geringfügig zu senken. Dies beweist die falsche Richtung der schwarz-gelben Regierung, der es nicht darum geht Altersarmut zu
bekämpfen, sondern lediglich, Arbeitgeber zu entlasten!

2. Die theoretische rechnerische Anpassung nach der Rentenformel aus heutiger Sicht Die Rentenformel beinhaltet zahlreiche „Faktoren“, die mal rentensteigernd, mal kürzend wirken:
  • Der Entgeltfaktor gibt die Lohn- und Gehaltsentwicklung – und zwar des Jahres 2010 im Verhältnis zum Jahr 2011 – wieder und beträgt unter Bezugnahme auf heutige Zahlen in den alten Bundesländern (aBL) 3,2 %, in den neuen Bundesländern (nBL) 3,3 %.
  • Der Nachhaltigkeitsfaktor (NF), der – ganz grob – das Verhältnis zwischen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und Rentner/innen widerspiegelt, ist positiv und damit rentensteigernd. Er beträgt bundeseinheitlich rd. 2 %.
  • Der Riester-Faktor ist negativ, beträgt bundeseinheitlich rd. –0,65 % und wirkt damit dämpfend.

Nach Errechnung der Rentenformel mit Entgeltfaktor, Nachhaltigkeitsfaktor und Riester-Faktor
würden sich folgende Werte ergeben:
aBL: theoretische Anhebung der Renten um rd. + 4,6 % (ohne Riester-Faktor sogar rd. 5,2 %!)
nBL: theoretische Anhebung der Renten um rd. + 4,7 % (ohne Riester-Faktor sogar rd. 5,3 %!)

Gäbe es nicht den Ausgleichsfaktor!!!!
Der Ausgleichsfaktor beinhaltet die bisher unterbliebene Rentenminderung und soll diese unterbliebenen Rentenminderungen dann nachholen, wenn es wieder zu einer positiven Rentenanpassung kommt. Mann/Frau kann sich den Ausgleichsfaktor wie ein Schuldenkonto vorstellen, das bei positiver Entwicklung abgebaut werden wird. Der Ausgleichsbedarf beträgt am 1.7.2011: aBL: 2,85 nBL: 1,43. Die Hälfte der errechneten Anpassung dient dieser Schuldentilgung, in den aBL rd. 2,3 %, in den nBL rd. 2,35 %. Damit beträgt der (Rest)ausgleichsbedarf nach Anpassung in den aBL zum 1.7.2012 0,6 %. In den nBL sind „nur“ 1,43 % Tilgung nötig, um den Ausgleichsbedarf abzubauen. Deshalb kommt es hier zu einer höheren Anpassung von 3,2 %. Achtung: Da mit bereits gerundeten Zahlen gerechnet wurde, kommt es zu kleinen Abweichungen.

Fazit:
  • Die Rentenanpassung muss wieder einfacher und transparenter werden. Die derzeitige Formel und die Berechnung wird kaum mehr verstanden.
  • ver.di fordert seit Jahren, dass die Kürzungsfaktoren aus der Rentenformel gestrichen werden, damit Rentnerinnen und Rentner an der Entwicklung der Löhne und Gehälter teilhaben können.
  • Das Rentenniveau muss deutlich verbessert werden. Die Beitragssatzsenkung ist der falsche Weg

Dies und Das - oder in Kürze mitgeteilt

  • Buchtipp: Nach längerer Krankheit zurück in den Job
    Richter, Regina/Habib, Edeltrud: Das Betriebliche Eingliederungsmanagement. 22 Praxisbeispiele, W. Bertelsmann Verlag, Bielefeld 2011, 323 Seiten, 29,90 Euro, ISBN 978-3-7639-4799-7.

Krankheit darf nicht in Arbeitslosigkeit münden. Daher ist die Rückkehr von Mitarbeitern ins Berufsleben nach längeren physischen oder psychischen Erkrankungen mit dem Betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) gesetzlich festgeschrieben. Wie das BEM-Verfahren aussieht, regelt das Gesetz jedoch nicht. Wie funktioniert das BEM also in der Praxis? Der Leitfaden „Das Betriebliche Eingliederungsmanagement“ informiert über die gesetzlichen Vorgaben und stellt 22 Beispiele zur Umsetzung des BEM in der Praxis vor.
Das BEM gibt einen gesetzlichen Rahmen zur Wiedereingliederung vor, den die Betriebe umsetzen sollen. Dabei verlangen die Einzelfälle oft kreative Lösungen, damit Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit einer längeren Krankengeschichte wieder eine neue Arbeitsperspektive finden. Der Praxisband befasst sich mit dem Aufbau und der Umsetzung des BEM in Betrieben und vermittelt Wissen über die gesetzlichen Grundlagen, den Datenschutz und das Aktivieren von möglichen Kooperationspartnern.
Der Band wendet sich an Personalverantwortliche und Mitarbeitervertretungen sowie an Sozialversicherungen und in den Gesundheitsberufen, die den Aufbau von BEM unterstützen und Einzelfälle erfolgreich bearbeiten wollen. Für den Praxiseinsatz bietet der Ratgeber Checklisten, Gesprächsleitfäden und Musterbriefe, klärt die Rechtsgrundlagen und gibt Hinweise zum Datenschutz.

  • Kommentar SGB IX: Rechte schwerbehinderter Menschen
    Cramer/Fuchs/Hirsch/Ritz: SGB IX – Kommentar zum Recht schwerbehinderter Menschen und Erläuterungen zum AGG und BGG (Vahlens Kommentare). Verlag Frans Vahlen, München 2011, 6.Auflage, 971 Seiten, 94 Euro, ISBN 978-3-8006-2953-4.

Kompetente Antworten für alle Bereiche des Behindertenrechts bietet die 6. Auflage des Standartkommentars an. Neben dem SGB IX sind auch alle untergesetzlichen Regelungen eingearbeitet, etwa Rechtsverordnungen, gemeinsame Empfehlungen und Regelungen der Sozialversicherungen. Ebenso berücksichtigt sind die einschlägigen Normen der Rehabilitationsträger aus dem jeweils eigenen Leistungsrecht, vor allem aus SGB II, III, V, bis VIII und XII. Auch die beiden andeen für die Förderung der Teilhabe besonders wichtigen öffentlich-rechtlichen und zivilrechtlichen Gesetze, das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), soweit behindertenrechtlich relevant, sowie das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG), das entsprechende Verordnungsrecht und die Landesbehindertengleichstellungsgesetze, sind in eigenen Teilen des Buches fachkundig erläutert.
Der Kommentar wendet sich an Verbände, Sozialleistungsträger und Einrichtungen, Anwaltschaften, Gerichte, betriebliche Personalabteilungen und Interessenvertretungen.

  • Internetportal für gehörlose Menschen
    Das barrierefreie Internetportal imh plus (Information für gehörlose und schwerhörige Menschen mit zusätzlichen Handicaps) bietet Informationen zur „Teilhabe am Arbeitsleben“ für gehörlose und schwerhörige Menschen mit zusätzlichen Handicaps. Der Inhalt ist gegliedert in die Rubriken Kommunikation, schulische Bildung, Wege zum Beruf, Ausbildung, Arbeit und Arbeitslosigkeit sowie Umschulung und Weiterbildung. Außerdem findet man Adressen von Bildungseinrichtungen und beratenden Experten sowie Bildungsangebote. Die Artikel stehen in verständlicher und in leichter Sprache sowie als Gebärdenvideos zur Verfügung.

Mehr Informationen unter www.imhplus.de

  • Berlin räumt auf – Sieger bei ProRecycling
    Mal eine interessante Information, die nichts mit dem Thema Behinderung zu tun hat. Die Zahlen sind aber so enorm, dass man sie sich einfach mal genau angucken sollte und vielleicht überlegt der ein oder andere dann auch noch einmal darüber nach, ob wirklich ALLES ausgedruckt werden muss.
    Das Land Berlin hat nämlich beim diesjährigen Städtewettbewerb der Initiative Pro Recyclingpapier teilgenommen und ist als Sieger hervor gegangen. Der Anteil an Recyclingpapier in der Verwaltung beträgt 700,2 Mio. Blatt bei einem Gesamtverbrauch an Büropapier von 756,1 Mio. Blatt (entspricht 93 %). Insgesamt hat Berlin durch die Verwendung von Recyclingpapier eine Einsparung von rund 110,8 Mio. Liter Wasser, rund 22,8 Mio. KWh an Energie sowie rund 608.000 kg Co² bewirkt. Um es sich noch deutlicher zu machen: Die eingesparte Menge Wasser deckt den täglichen Wasserverbrauch von rund 886.000 BürgerInnen und mit der eingesparten Energie können über 6.500 Drei-Personen-Haushalte ein Jahr lang versorgt werden.
  • UN-Behindertenrechtskonvention
    Die UN-Regeln für Menschen mit Behinderungen gibt es jetzt auch in leichter Sprache. Das heißt, jetzt können auch Menschen mit Lernschwierigkeiten diese wichtigen Regeln verstehen. Die UN-Regeln in leichter Sprache gibt es als Buch. Dieses Buch kostet kein Geld. Hier können Sie die UN-Regeln in leichter Sprache bestellen:
    Telefon-Nummer: 0800 20 20 74 / E-Mail Adresse: budget@paritaet.org / Internet-Adresse: www.budget.paritaet.org