Mehr Schutz für internationale Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – Nachweis über Einhaltung von Arbeitsnormen bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen wird verpflichtend eingeführt

Pressemitteilung vom 15.11.2023

Die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe hat im Einvernehmen mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen eine Ausführungsvorschrift zur Beachtung der ILO-Kernarbeitsnormen bei der Vergabe von Bau-, Liefer– oder Dienstleistungen (AV ILO-Kernarbeitsnormen) erlassen. Sie tritt am 15. November 2023 in Kraft. Bei den ILO-Kernarbeitsnormen handelt es sich um international anerkannte grundlegende Arbeitsnormen, die von der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) entwickelt wurden. Sie stellen einen Mindeststandard dar und erfassen beispielsweise das Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit.

Grundlage für den Erlass der Ausführungsvorschrift ist das Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetz (BerlAVG). Dieses enthält seit dessen Änderung im Jahr 2020 die Vorgabe, nach welcher Bau-, Liefer- und Dienstleistungen nur an solche Auftragnehmer vergeben werden sollen, welche sich dazu verpflichtet haben, die Leistung nachweislich unter Beachtung der ILO-Kernarbeitsnormen zu erbringen.

Mit der Ausführungsvorschrift wird der Bereich der ILO-konformen Beschaffung in Berlin grundlegend neugestaltet. Sie richtet sich an die öffentlichen Auftraggeber der unmittelbaren Landesverwaltung. Bei allen öffentlichen Aufträgen ab einem geschätzten Auftragswert von 10 000 Euro (ohne Umsatzsteuer) bei Liefer- und Dienstleistungen und ab einem geschätzten Auftragswert von 50 000 Euro (ohne Umsatzsteuer) bei Bauleistungen muss die neue Ausführungsvorschrift angewendet werden. Die Ausführungsvorschrift gibt nunmehr den öffentlichen Auftraggebern eine Reihe von Gütezeichen vor, die seitens der Auftragnehmer als Nachweismöglichkeit der Einhaltung von ILO-Kernarbeitsnormen dienen. Eine Eigenerklärung des Bieters, dass die ILO-Kernarbeitsnormen eingehalten wurden, ist indes nicht mehr zugelassen.

Die Ausführungsvorschrift benennt in einer Produktliste sensible Waren und Warengruppen wie zum Beispiel Textilprodukte, Natursteine oder Agrarerzeugnisse. Für diese ist bekannt, dass es bei der Gewinnung, Herstellung oder Weiterverarbeitung aufgrund der Produktionsverhältnisse in den jeweiligen Ländern immer wieder zu einer Missachtung der ILO-Kernarbeitsnormen kommt.

Entscheidend für die öffentlichen Auftraggeber ist, ob für eine Ware oder Warengruppe derzeit ein so genanntes Produktblatt im Vergabeservice zur Verfügung gestellt wird – nur dann müssen sie von den Bietern fordern, dass das Produkt nachweislich unter Beachtung der ILO-Kernarbeitsnormen gewonnen, hergestellt oder weiterverarbeitet worden ist. Die Produktblätter wurden in enger Zusammenarbeit mit der Kompetenzstelle Faire Beschaffung Berlin entwickelt. Sie enthalten für das jeweilige Produkt taugliche Nachweismöglichkeiten – die öffentlichen Auftraggeber müssen diese nicht selbst recherchieren.

Mit Inkraftsetzung der Ausführungsvorschrift werden fünf Produktblätter zur verpflichtenden Anwendung veröffentlicht, welche klare Anforderungen für den Nachweis der Beachtung der ILO-Kernarbeitsnormen vorgeben:

  • Textilwaren (Arbeitskleidung)
  • Textilwaren (Flachwäsche wie bspw. Bettwäsche und Handtücher)
  • Natursteine
  • Schuhe
  • Sportbälle

Weitere Produktblätter sind in Vorbereitung.

Das Land Berlin will durch die ausdrückliche Beachtung der ILO-Kernarbeitsnormen bei der öffentlichen Auftragsvergabe zu einem besseren Schutz der Menschenrechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in den Gewinnungs-, Produktions- und Weiterverarbeitungsländern beitragen. Als öffentlichem Auftraggeber kommt dem Land Berlin hierbei eine besondere Vorbildfunktion zu. Die Ausführungsvorschrift will durch eine möglichst einfach zu handhabende Regelung erreichen, dass sensible Produkte – wo immer möglich – unter nachweisliche Einhaltung dieser Mindeststandards beschafft werden.

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