Freiversuch und Meldefristverlängerung

Gemäß § 13 JAO 2003 kann eine Prüfung im Freiversuch abgelegt werden. Dies bedeutet, dass

  • eine nicht bestandene Prüfung als nicht abgelegt gilt; der Kandidat kann danach noch zweimal an der staatlichen Pflichtfachprüfung teilnehmen (im Normal- und Wiederholungsversuch);
  • bei bestandener Prüfung die Möglichkeit der Notenverbesserung besteht.

Zu den Voraussetzungen:

1.
Die Prüfung muss nach dem achten Semester (= 4 Jahre) nach Aufnahme des Studiums abgelegt werden. Für die Berechnung des Zeitraums kommt es grundsätzlich allein darauf an, wann mit einem rechtswissenschaftlichen Studium begonnen wurde. Unterbrechungen werden nur ausnahmsweise unter den in § 13 Abs. 2 JAO 2003 genannten Voraussetzungen berücksichtigt (s.u.). Sind ab Aufnahme des Studiums der Rechtswissenschaft vier Jahre verstrichen, endet die Frist; es kommt insoweit nicht darauf an, in welches Fach- bzw. Hochschulsemester die Universität den Studierenden eingestuft hat.

Im Falle einer Anerkennung von Nachweisen, die vor Immatrikulation an einem rechtswissenschaftlichen Fachbereichen oder Fakultäten oder/und in fachfremden Studiengängen erworben wurden, kann eine Aufnahme des rechtswissenschaftlichen Studiums in diesem Sinne ausnahmsweise schon zu einem früheren Zeitpunkt vorliegen. Insoweit kommt es auf die konkrete Anerkennung und Studiengestaltung im Einzelfall an. Im Zweifelsfällen können die Unterlagen in Kopie zur Prüfung bereits vor der Anmeldung bei dem Prüfungsamt eingereicht werden.

2.
Im Einzelfall kann ausnahmsweise eine Verlängerung der Meldefrist für den Freiversuch in Betracht kommen. Die Voraussetzungen für eine Meldefristverlängerung und deren zeitliche Höchstgrenze (4 Semester) sind in § 13 Abs. 2 JAO 2003 geregelt. Die jeweiligen Voraussetzungen für eine Meldefristverlängerung sind durch Einreichung aussagekräftiger, nachvollziehbarer und inhaltlich prüfbarer Belege nachzuweisen.

Zu einzelnen Tatbeständen:

Nr. 1: Schwere Krankheit oder anderer schwerwiegender Grund
Eine längerfristige Hinderung am Studium liegt grundsätzlich ab einem Zeitraum von 4 Monaten vor. Die Studierfähigkeit muss vollständig aufgehoben sein, eine Beeinträchtigung reicht nicht aus. Die Erkrankung muss durch ein ausführliches ärztliches Attest nachgewiesen werden, aus dem sich der Krankheitsverlauf und dessen Dauer sowie darüber hinaus ergibt, auf Grund konkret welcher Beschwerden die Erkrankung den Prüfling tatsächlich in welchem Umfang am Studium gehindert hat. Im Einzelfall kann auch die Angabe der Diagnose erforderlich sein. Grundsätzlich reicht ein privatärztliches Attest, dass die genannten Voraussetzungen erfüllt aus; im Einzelfall kann die Einholung eines amtsärztlichen Attests angefordert werden.

Nr. 3: Mitgliedschaft in einem auf Gesetz beruhenden Gremium der Hochschule
Nachzuweisen ist die Wahl sowie die tatsächliche Tätigkeit in dem Gremium.
Beispiel: der Fachschaftsrat ist ein auf Gesetz beruhendes Gremium, nicht aber der Personalrat der studentischen Hilfskräfte.

Nr. 4: Studium an einer ausländischen Universität
Für eine Meldefristverlängerung um ein Semester genügt gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 4 JAO 2003 grundsätzlich jeder Leistungsnachweis, der im Rahmen des Studiums an dem rechtswissenschaftlichen Fachbereich im Ausland erworben wird. Dieser Leistungsnachweis kann sich beispielsweise auch auf Völkerrecht oder auf deutsches Recht beziehen. Für eine Meldefristverlängerung um zwei Semester muss darüber hinaus der Nachweis des einjährigen Studienaufenthaltes erbracht sowie ein Leistungsnachweis im ausländischen Recht erworben werden. Der Nachweis muss sich zwar nicht auf das Recht des Gastlandes, aber auf ein fremdes nationales Rechtssystem beziehen.
Beispiel: Völkerrecht und Europarecht sind nicht nationales Recht. Leistungsnachweise z.B. zur Rechtsvergleichung oder -geschichte werden anerkannt, wenn sie im Schwerpunkt konkrete Bezüge zu einem fremden nationalen Recht aufweisen; dies muss sich grundsätzlich aus dem Leistungsnachweis selbst ergeben.

Besonderheit: Ein im Ausland erworbener Leistungsnachweis kann nicht sowohl für eine Meldefristverlängerung aus auch für den Nachweis einer Zulassungsvoraussetzung gem. § 6 JAG 2003 verwendet werden.
Beispiel: Ein an einer ausländischen Universität erworbener Schein, der als Grundlagenschein von der Heimatuniversität anerkannt wird, kann nicht mehr für die Meldefristverlängerung herangezogen werden.

Nr. 5: Ablegung der universitären Schwerpunktbereichsprüfung, (§ 13 Abs. 2 Nr. 5 JAO 2003)
Alle Teile der Schwerpunktbereichsprüfung müssen tatsächlich abgelegt worden sein (inkl. Fremdensprachennachweis). Der Nachweis erfolgt durch das

Zeugnis der Universität über die Schwerpunktbereichsprüfung oder eine universitäre Bescheinigung über die vollständige Ablegung; auf das Bestehen kommt es nicht an. Die Bescheinigung kann bis Ende Februar (Frühjahrskampagne) bzw. August (Herbstkampagne) nachgereicht werden.

Besonderheit: Ein im Ausland erworbener Abschluss, der von der Heimatuniversität als Schwerpunktbereichsprüfung anerkannt wird, kann nicht gleichzeitig für eine Meldefristverlängerung nach § 13 Abs.2 Nr. 4 und Nr. 5 verwendet werden.

Nr. 8: Ein Fachsemester für die Teilnahme an einer internationalen, fremdsprachlichen Verfahrenssimulation im Rahmen des Studiums an einer deutschen Hochschule, wenn der Prüfling hierfür einen Leistungsnachweis erworben hat. Der Leistungsnachweis, der von einer juristischen Fakultät der Universitäten im Geltungsbereich dieser Verordnung auszustellen oder zu bestätigen ist, muss ausweisen, dass die Verfahrenssimulation den deutlich überwiegenden Teil des Studienaufwandes des Prüflings während dieses Semesters dargestellt hat. Die internationale Verfahrenssimulation darf nicht als weitere Studiums- und/oder Prüfungsleistung geltend gemacht werden.

3.
Für die Durchführung des Freiversuchs gelten grundsätzlich keine Besonderheiten.
Eine nicht angefertigte Aufsichtsarbeit wird mit null Punkten bewertet, § 7 Abs.2 JAO 2003. Bei Nichterscheinen zu der mündlichen Prüfung gilt die gesamte Prüfung als nicht bestanden, § 9 Abs.7 S. 2 JAO 2003.

Krankheit kann im Freiversuch nicht geltend gemacht werden, § 13 Abs.5 JAO 2003. Ist ein Kandidat aus Krankheitsgründen verhindert, die Prüfung vollständig innerhalb einer Kampagne abzulegen, verfällt der Freiversuch grundsätzlich. Ausnahme nur bei längerfristiger Erkrankung (§ 13 Abs.4 JAO 2003). Eine Aufrechterhaltung bereits erbrachter Prüfungsleistungen ist nur unter den für den Normalversuch geltenden Voraussetzungen möglich (§ 7 Abs.1 JAO 2003), wenn der Kandidat ausdrücklich erklärt, von dem Freiversuch in den Normalversuch wechseln zu wollen.

Wer an dem Freiversuch teilgenommen, diesen aber nicht bestanden hat, kann sich zu dem Normalversuch erst in der übernächsten Prüfungskampagne anmelden.
Beispiel: Freiversuch im Frühjahr 2008, Nichtbestehensbescheid geht im August 2008 zu => Anmeldung zum Normalversuch frühestens im Januar 2009 für Frühjahr 2009.