Textilien und Berufsbekleidung nachhaltig beschaffen

Textilien im Regal

Textilien im Regal

Ausgangslage

Die Beschaffung von Textilien steht vor besonderen Herausforderungen: Kleidung und Berufsbekleidung werden intensiv genutzt und müssen hohen Anforderungen entsprechen. Gleichzeitig verursachen die Rohstoffgewinnung, die Herstellung und der Transport von Textilien ebenso wie deren Nutzung und Entsorgung erhebliche Umweltwirkungen entlang der ganzen Wertschöpfungskette. Deshalb verpflichtet das Berliner Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz die öffentliche Hand, Abfälle zu vermeiden, Produkte länger zu nutzen und Stoffkreisläufe zu schließen. Ziel ist es, durch langlebige, reparierbare und recycelbare Produkte Umweltbelastungen zu reduzieren und zum Klimaschutz beizutragen. Da es bisher keine einfachen Standardlösungen gibt, die den vielfältigen Anforderungen gerecht werden, setzt Berlin auf Austausch, Kooperationen und Pilotprojekte – gemeinsam mit Partnerinnen und Partnern aus Verwaltung, Wissenschaft und Wirtschaft.

Hilfsmittel zur umweltfreundlichen Beschaffung für die öffentliche Hand

Mit der Verwaltungsvorschrift Beschaffung und Umwelt (VwVBU) steht eine konkrete Handreichung zur umweltfreundlichen Beschaffung zur Verfügung. Das Leistungsblatt 33 der VwVBU bietet die Grundlage für die Berücksichtigung von Umweltkriterien bei der Beschaffung von Arbeits- und Dienstbekleidung, Bettwäsche und Matratzen.

  • Bisher bestehende Fassung des Leistungsblattes 33

    Arbeitsbekleidung, Bettwäsche und Matratzen

    PDF-Dokument (174.6 kB)

In der Ausschreibungspraxis zeigte sich jedoch, dass in einigen Marktsegmenten nicht ausreichend mit entsprechenden Umweltgütezeichen zertifizierte Produkte zur Verfügung stehen, sodass Vergabestellen bei der Beschaffung nachhaltiger Varianten der benötigten Produkte an Grenzen stoßen.

Um hier Abhilfe zu schaffen, wurde in enger Zusammenarbeit mit Berliner Bedarfsstellen, der Kompetenzstelle faire Beschaffung (KSFB) sowie Unternehmen ein alternativer Leistungsblattentwurf entwickelt. Ziel ist eine flexiblere und ökologisch weniger anspruchsvolle Fassung des Leistungsblatts 33.1, sodass Auftraggeberinnen und Auftraggebern eine alternative Grundlage zur Beschaffung vergleichsweise umweltfreundlicher Textilprodukte zur Verfügung steht. Der Entwurf kann freiwillig zur Berücksichtigung von Umweltaspekten bei geeigneten Ausschreibungen genutzt werden.

  • Alternative Fassung des Leistungsblattes 33.1

    Arbeitsbekleidung, Haushalts- und Bettwäsche sowie Matratzen

    PDF-Dokument (308.4 kB)

Vorgeschichte: Pilotprojekte und Fachdialoge

Wichtige Impulse für eine nachhaltige Textilbeschaffung stammen aus Pilotprojekten und Fachdialogen. Sie liefern praktische Erfahrungen, zeigen Chancen und Grenzen auf und schaffen damit eine Grundlage für die Weiterentwicklung von Beschaffungsinstrumenten.

Pilotprojekte „Textilkreislauf Berlin“

Textilien verursachen entlang ihres gesamten Lebenszyklus erhebliche Umweltbelastungen. Vor diesem Hintergrund hat die Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt in 2023 ein Pilotprojekt durchgeführt, das die Machbarkeit eines geschlossenen Berliner Textilkreislaufs demonstriert. Dafür wurden nicht mehr gebrauchsfähige Alttextilien gesammelt, sortiert und werkstofflich recycelt. Das Material wurde zu Garnen verarbeitet und daraus T-Shirts und Sweatshirts gefertigt, die im Praxistest als langlebig und tragbar überzeugten. Der gesamte Prozess wurde ohne den Einsatz von Wasser, Chemikalien oder neuen Rohstoffen durchgeführt.

Partner wie HUMANA und das Start-up Circularity Germany haben dabei wesentliche Beiträge zur Sammlung, Sortierung und Vermarktung geleistet.

  • Steckbrief Textilkreislauf Berlin

    PDF-Dokument (979.4 kB)

Bereits in 2021 wurde ein erfolgreiches Pilotprojekt zu Kreislaufwirtschaft für Alttextilien bei der Polizei Berlin durchgeführt. Eigens für das Projekt aus Sekundärmaterialien produzierte T-Shirts und Sweatshirts wurden einem mehrmonatigen Tragetest unterzogen, durch den wesentliche Erkenntnisse zur Praxistauglichkeit sowie zum Tragekomfort der recycelten Kleidungsstücke gewonnen werden konnten. Weiterentwicklungsmöglichkeiten und Verbesserungsansätze wurden identifiziert und es wurde deutlich, dass die Recycling-Produkte grundsätzlich für den Einsatz im Dienstgebrauch geeignet sind.

Mit Blick auf die seit 2025 geltende EU-weite Getrenntsammlungspflicht für Alttextilien liefern derartige Projekte wichtige Erkenntnisse für die Kreislaufführung von Textilien in Berlin. Die von der EU beschlossene Herstellerverantwortung für Textilien löst nun die Herausforderungen hinsichtlich der Kosten für Sammlung und Sortierung, womit die Marktchancen von Geschäftsmodellen der textilen Kreislaufwirtschaft sich verbessern werden. Auch die Bundesregierung bietet mit einem aktuellen Leitfaden (PDF.Datei, 13 MB) Unterstützung bei der nachhaltigen Textilbeschaffung.

Fachdialoge zur nachhaltigen Bekleidungsbeschaffung

In bisher drei Fachdialogen diskutierten Berliner und Brandenburger Vergabestellen gemeinsam mit Unternehmen und Fachleuten über Wege zu einer sozial verantwortlichen und ökologisch nachhaltigen Beschaffung von Berufsbekleidung. Während der erste Fachdialog im Oktober 2022 Grundlagen und Mindestanforderungen für faire und umweltfreundliche Textilbeschaffung in den Blick nahm, vertiefte der zweite Fachdialog im Oktober 2023 die Frage, wie zirkuläre Ansätze – also Wiederverwendung und Recycling – konkret in die öffentliche Beschaffung integriert werden können. Der dritte Fachdialog in 2024 nahm die Konditionen für die Kreislaufführung vonseiten der Bedarfsstellen, die sowohl in ihrer Rolle als Beschafferinnen, als auch in der Rolle der Abfallerzeuger im Bereich von Alttextilien auftreten sowie der Bieterunternehmen in den Blick.

  • Dokumentation 3. Fachdialog 2024

    Öffentliche Beschaffung von Dienstbekleidung in Berlin und Brandenburg: Konditionen für die Kreislaufführung?

    PDF-Dokument

  • Dokumentation 2. Fachdialog 2023

    Bekleidungsbeschaffung unter Berücksichtigung sozialer und ökologischer Aspekte mit dem Fokus auf zirkuläre Textilien für die öffentliche Beschaffung

    PDF-Dokument (1.0 MB)

  • Dokumentation 1. Fachdialog 2022

    Bekleidungsbeschaffung unter Berücksichtigung sozialer und ökologischer Aspekte

    PDF-Dokument (888.3 kB)

Schulungsunterlagen zur nachhaltigen Bekleidungsbeschaffung

Um den Beschaffungsstellen die Anwendung der VwVBU zu erleichtern, wurden vom Öko-Institut e.V. Schulungsunterlagen erstellt und im Herbst 2015 entsprechende Schulungen durchgeführt. Die Schulungsunterlagen gliedern sich in einen allgemeinen sowie einen themenspezifischen Teil. Im allgemeinen Teil wird die VwVBU im Detail vorgestellt und es werden praktische Hinweise zur Anwendung gegeben. Der Schwerpunkt dieser Schulung liegt auf dem seit 2016 geltenden Leistungsblatt zu Berufsbekleidung und Flachwäsche und geht zudem auf die Einbindung sozialer Anforderungen sowie weiteren Informationsquellen ein.

  • Umweltfreundliche Beschaffung von Berufsbekleidung und Flachwäsche

    PDF-Dokument (562.0 kB)

  • Anwendung der Verwaltungsvorschrift Beschaffung und Umwelt (VwVBU)

    PDF-Dokument (1.0 MB)