Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft 2020: „Gemeinsam Europa wieder stark machen“

Buchstaben EU mit Flaggentextur

Deutsche Präsidentschaft im Rat der Europäischen Union

Am 1. Juli 2020 hat Deutschland für sechs Monate die Präsidentschaft im Rat der Europäischen Union (EU) übernommen. Was heißt das? Vor welchen Herausforderungen steht die EU zur Zeit und welche Auswirkungen ergeben sich für den Bezirk?

EU-Ratspräsidentschaft – Was bedeutet das?

Jedes Halbjahr hat ein anderer EU-Mitgliedstaat den Vorsitz im Rat der EU – die EU- Ratspräsidentschaft – inne. Der Rat der Europäischen Union ist eines der wichtigsten Organe der EU. Der Ratsvorsitz hat die Aufgabe, die Interessen der Mitgliedstaaten zu vertreten und die Europäischen Union voranzubringen.

Im Rat der Europäischen Union kommen die nationalen Ministerinnen und Minister zusammen, um Politik auf EU-Ebene zu gestalten. Zusammen mit dem Europäischen Parlament ist der Rat der Europäischen Union damit das Hauptbeschlussorgan der Union. Der Rat tagt je nach Thema in zehn unterschiedlichen Formationen. Den Vorsitz hat in der Regel die Fachministerin oder der Fachminister inne, dessen Land den Vorsitz führt.

In der zweiten Jahreshälfte 2020 hat Deutschland zum 13. Mal den Vorsitz im Rat der Europäischen Union inne. Die Präsidentschaft beginnt unter sehr veränderten Bedingungen. Im Mittelpunkt stehen die COVID-19-Pandemie und ihre gesundheitlichen, wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen in den Mitgliedsländern.

Die Covid-19-Pandemie hat Europa in eine neue Zeit versetzt und vor große gesundheitliche, gesellschaftliche und wirtschaftliche aber auch logistische Herausforderungen gestellt. Um diese zu meistern, bedarf es einer gemeinsamen europäischen Antwort. Deutschland kommt dabei eine besondere Verantwortung zu. Es werden Themen eine Rolle spielen, die für die Zukunft Europas von großer Bedeutung sind: etwa wie der nächste mehrjährige Finanzrahmen, Klimaschutz, Digitalisierung, Rechtsstaatlichkeit oder Europas Rolle in der Welt. Ganz aktuell geht es um die Frage, wie der europäische Binnenmarkt mit seinen vier Grundfreiheiten (freier Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital) umgeht bzw. wieder voll hergestellt werden kann – aber auch die Verhandlungen zur Ausgestaltung des künftigen Verhältnisses der EU zum Vereinigten Königreich fallen in diese Zeit

Wie europäische Themen im Bezirk einfließen

  • Nachhaltiges Europa

Für das Jahr 2020 haben die Vereinten Nationen den Beginn der SDG-Aktionsdekade 2020 – 2030 ausgerufen. Die Bundesregierung führt in ihrem Aktionsprogramm für die EU-Ratspräsidentschaft an, die Umsetzung der Agenda 2030 innerhalb der EU und im Rahmen der europäischen Entwicklungszusammenarbeit fördern zu wollen.

Konkret will die Bundesregierung während der Ratspräsidentschaft etwa acht Umweltaktionsprogramme und den Entwurf eines europäischen Klimaschutzgesetzes diskutieren und die Einführung eines Mindestpreises für CO2 im Europäischen Emissionshandel vorantreiben.

Der Bezirk Treptow-Köpenick überarbeitet in diesem Rahmen momentan die bestehende Lokale Agenda 21 zu einer Kommunalen Nachhaltigkeitsstrategie, die sich an den 17 Zielen für eine nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen orientiert. In öffentlichen Workshops werden zu allen Zielen Maßnahmen für Treptow-Köpenick erarbeitet, die auf lokaler Ebene globale Ziele unterstützen und voran bringen.

  • Ein gerechtes Europa: Gleichstellung von Frauen und Männern

Gleichstellung ist ein weiterer thematischer Schwerpunkt auf der veröffentlichten Agenda der bundesdeutschen EU – Ratspräsidentschaft.

Dazu zählen die Abmilderung der negativen Folgen der Corona-Pandemie für Frauen, der Ausbau des europaweiten Hilfesystems für von Gewalt betroffenen Frauen, die Reduktion der „Gender Pay Gap“ in Europa und die Wandlung geschlechtsspezifischer Stereotype und Rollenbilder.

Der Bezirk Treptow-Köpenick setzt sich mit Projekten für eine kontinuierliche Umsetzung einer Gleichstellung von Frauen und Männern im Bezirk ein. Neben den Zielformulierungen aus den Abteilungen, Organisationseinheiten und Ämtern gibt es konkrete Projekte, die das Thema Gleichstellung weiter befördern. Das sind ganz konkret die angesprochenen familienfreundlichen Strukturen im Bezirksamt, um Job und Familienpflichten unter den berühmten „Hut“ zu bekommen, eine gerechte Förderung von Frauen in Führungspositionen, die Unterstützung von Männern bei der Inanspruchnahme von Elternzeit sowie Fortbildung und Leitfäden für eine gendergerechte Sprache.

  • Der neue mehrjährige Finanzrahmen

Der mehrjährige Finanzrahmen (MFR) gibt die Prioritäten der EU-Finanzplanung vor. Das heißt: Im MFR wird für sieben Jahre festgelegt, in welchen Bereichen die EU wieviel investieren will. Damit ist er vor allem Ausdruck der politischen Schwerpunktsetzung. Die EU-Kommission führt den Haushaltsplan anschließend in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten und unter der Kontrolle des Europäischen Parlaments aus.

  • Wie sieht der neue MFR aus für Deutschland?

Nach viertägigen Beratungen verständigte man sich in Brüssel auf einen MFR in Höhe von 1,8 Billionen Euro. Von 2021 bis 2023 sollen davon 750 Milliarden für einen Wiederaufbaufonds zur Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie bereitstehen. 390 Milliarden Euro davon werden als Zuschüsse und 360 Milliarden als Kredite zur Verfügung gestellt.

Im Rahmen der Verhandlungen über den MFR wurden auch für Deutschland zusätzliche Gelder zu den 3,67 Miliarden Euro beschlossen. Jeweils 650 Millionen Euro sind für die Förderung der ostdeutschen Regionen und die ländliche Entwicklung vorgesehen. Intensive Gespräche zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat der Europäischen Union und der Europäischen Kommission über den mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) und den Aufbauplan sollen Mitte August beginnen. Der Beschlussfassungsprozess kann erst nach Zustimmung des Europäischen Parlaments abgeschlossen werden.

  • Warum ist ein Mehrjähriger Finanzrahmen auch für den Bezirk relevant?

Eine langfristige Perspektive ist auch wichtig für potenzielle Empfänger von EU-Geldern oder für Behörden, die an der Finanzierung von Projekten beteiligt sind. Auch die Haushaltsbehörden der EU-Länder sind auf langfristige Planungen angewiesen. Die Strukturfondsmittel werden im Rahmen verschiedener Förderprogramme des Landes Berlin umgesetzt.

Der Europäische Fond für regionale Entwicklung (EFRE) ist das wichtigste Instrument der Regionalförderung der Europäischen Union. Er trägt dazu bei, den wirtschaftlichen Zusammenhalt der Europäischen Gemeinschaft durch Ausgleich der wichtigsten regionalen Ungleichgewichte zu stärken. Der Europäische Sozialfonds (ESF) trägt durch die Verbesserung der Beschäftigungs- und Arbeitsmöglichkeiten, durch die Förderung einer hohen Beschäftigungsquote und durch vermehrte und bessere Arbeitsplätze zur Stärkung des sozialen Zusammenhalts in der Europäischen Gemeinschaft bei. Von beiden Fonds profitiert auch der Bezirk Treptow-Köpenick und die unterschiedliche Vereine und Einrichtungen, die im Bezirk mitwirken.