Senatorin Kiziltepe zum ersten Fokusbericht zur Armuts- und Sozialberichterstattung: „Wir müssen Angebote erhalten und stärken!“

Pressemitteilung vom 27.06.2025

Unter dem Titel „Armutsbetroffenheit aus subjektiver Perspektive“ veröffentlicht die Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung (SenASGIVA) erstmals einen Fokusbericht im Rahmen der Integrierten Armuts- und Sozialberichterstattung. Im Mittelpunkt stehen die subjektiven, individuellen Erfahrungen und Wahrnehmungen von Menschen, die in Armut leben. Für den Bericht wurden arme Berlinerinnen und Berliner interviewt. Diese Menschen sprechen selbst und bekommen so eine Stimme in der gesellschaftspolitischen Debatte. Die qualitative Studie betrachtet und analysiert mithilfe von 20 ausführlichen Interviews die Lebensrealität armer Menschen.

Der Fokusbericht zeigt deutlich, dass Armut eine vielschichtige Problematik darstellt. Deutlich wird zudem, dass Armut prekäre Auswirkungen auf alle Lebensbereiche hat. Für die betroffenen Menschen ist die soziale Infrastruktur in der Stadt ganz wichtig. Nachbarschaftszentren und Beratungsstellen, das Sozialticket und kostenlose Angebote sind für viele arme Menschen unverzichtbar. Gleichzeitig wird der Zugang zu staatlicher Unterstützung häufig als bürokratisch und hinderlich wahrgenommen. Die Erkenntnisse im Bericht unterstreichen den dringenden Handlungsbedarf – nicht nur in Form finanzieller Hilfen, sondern auch durch gezielte strukturelle Verbesserungen.

Senatorin Cansel Kızıltepe: „Unser Bericht und die Erfahrungen der Menschen zeigen wie vielschichtig Armut ist und wie viele Bereiche des täglichen Lebens von Armut bestimmt werden: Wohnen, Bildung, Gesundheit, soziale Kontakte und Teilhabe. Die Studie hilft uns noch besser zu verstehen, wie betroffene Menschen damit umgehen und wie wichtig soziale Unterstützungsangebote sind. Wir müssen diese Angebote erhalten und weiterhin stärken. Gleichzeitig gilt es, die strukturellen und bürokratischen Hürden beim Zugang zu Hilfeleistungen weiter abzubauen.“

Der vollständige Bericht ist unter www.berlin.de/sen/soziales/service/sozialberichterstattung/fokusberichte-1534852.php abrufbar.

Hintergrundinformationen:

Die qualitative Studie im Rahmen der integrierten Armuts- und Sozialberichterstattung gibt Einblick in die Lebensrealitäten von Menschen in Berlin, die in Armut erleben. In 20 Interviews berichten Betroffene von ihren Erfahrungen, Herausforderungen und Sichtweisen.

Zentrale Ergebnisse:

  • Armut entsteht durch ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren: fehlende oder geringe berufliche Qualifikationen, gesundheitliche Einschränkungen, familiäre Belastungen – vor allem bei Alleinerziehenden.
  • Chronische Krankheiten oder Behinderungen führen häufig zu langfristiger Erwerbsminderung und Abhängigkeit von Sozialleistungen. Verschuldung – z. T. ausgelöst durch unerwartete finanzielle Engpässe – kann Menschen langfristig in Armut halten.
  • Das vorhandene Einkommen reicht meist nur für das Nötigste: Miete, Essen, medizinische Versorgung. Viele Betroffene erleben soziale Isolation, Scham und das Gefühl, ausgegrenzt zu sein. Teilhabe an Bildung, Freizeit oder gesellschaftlichem Leben ist oft nur eingeschränkt möglich.
  • Viele Betroffene leben in beengten oder schlecht instandgehaltenen Wohnungen. Der Umzug in eine bessere Wohnung scheitert oft an zu hohen Mietkosten oder mangelndem Wohnungsangebot.
  • Um mit Armut umzugehen, entwickeln Betroffene vielfältige Bewältigungsstrategien: gezielte Ausgabenplanung, Kauf von Second-Hand-Waren, Verzicht auf neue Anschaffungen, Nutzung kostenloser Freizeitangebote.
  • Einrichtungen wie Tafeln, Sozialkaufhäuser oder Nachbarschaftszentren leisten wichtige Unterstützung – materiell und durch soziale Beratungsangebote (z. B. Schuldnerberatung). Diese Unterstützung wird als hilfreich erlebt, insbesondere, wenn sie unkomplizierten Zugang zu weiteren Hilfen ermöglicht.
  • Wenn es um staatliche Unterstützung geht, wird vielfach auf Barrieren hingewiesen: lange Wartezeiten, bürokratische Verfahren und das Gefühl, stigmatisiert zu werden. Das hält einige Berechtigte ab, Unterstützungsleistungen in Anspruch zu nehmen.