Pressemitteilung: Mit Generalvollmacht Vermögen einer Seniorin veruntreut? – Anklageerhebung

Pressemitteilung vom 17.11.2023

Ein 60-Jähriger soll rund eine halbe Millionen Euro einer 93-Jährigen veruntreut haben. Deswegen muss er sich aufgrund einer Anklage der Staatsanwaltschaft Berlin unter anderem wegen gewerbsmäßiger Untreue in insgesamt 31 Fällen vor dem Amtsgericht Tiergarten verantworten.
Im Januar 2010 soll die Geschädigte eine notariell beurkundete Generalvollmacht für den Beschuldigten – einen ihr seit dreißig Jahren guten Bekannten – ausgestellt haben, damit er sie in ihren finanziellen Angelegenheiten vertrete. Darin soll ausdrücklich festgehalten worden sein, dass der Lebensstandard der Dame erhalten bleiben solle. Stattdessen habe der Mann zwischen Juli 2015 und Juni 2018 in insgesamt 31 Fällen Einzelüberweisungen vom Konto der Geschädigten auf sein eigenes vorgenommen sowie Anteile an einem Fonds und eine Wohnung der Geschädigten verkauft und sich die jeweiligen Erlöse auf sein Konto überwiesen. Der Geschädigten soll dadurch ein Schaden in Höhe von rund 240.000 Euro entstanden sein.
Zudem muss sich der Mann als Einziehungsbetroffener in 102 Fällen vor dem Amtsgericht Tiergarten verantworten. Bereits zwischen Januar 2010 und April 2015 soll er in insgesamt 102 Fällen Geldbeträge in einer Höhe von 1.000 bis 15.000 Euro vom Konto der 93-Jährigen abgehoben bzw. auf sein eigenes Konto überwiesen haben. Diese mutmaßlichen Taten wären verjährt, sodass eine Strafverfolgung nicht mehr möglich ist. Trotzdem könnte aber zumindest die Einziehung der weiteren 310.000 Euro, die der Mann so erlangt haben soll, angeordnet werden.

Häußer
Staatsanwältin
Pressesprecherin

Rechtliche Einordnung: Wenn Straftaten entweder aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht mehr verfolgt und verurteilt werden können, dann besteht gemäß §§ 76, 76a Strafgesetzbuch (StGB) dennoch die Möglichkeit von dem Betroffenen den Betrag einzuziehen, den er durch die Taten erlangt hat (sog. „Wertersatz“).

§ 76 StGB: Nachträgliche Anordnung der Einziehung des Wertersatzes
Ist die Anordnung der Einziehung eines Gegenstandes unzureichend oder nicht ausführbar, weil nach der Anordnung eine der in den §§ 73c oder 74c bezeichneten Voraussetzungen eingetreten oder bekanntgeworden ist, so kann das Gericht die Einziehung des Wertersatzes nachträglich anordnen.

§ 76a StGB: Selbständige Einziehung

Absatz 1: Kann wegen der Straftat keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, so ordnet das Gericht die Einziehung oder die Unbrauchbarmachung selbständig an, wenn die Voraussetzungen, unter denen die Maßnahme vorgeschrieben ist, im Übrigen vorliegen. Ist sie zugelassen, so kann das Gericht die Einziehung unter den Voraussetzungen des Satzes 1 selbständig anordnen. Satz3Die Einziehung wird nicht angeordnet, wenn Antrag, Ermächtigung oder Strafverlangen fehlen oder bereits rechtskräftig über sie entschieden worden ist.

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