Ein Jahr nach der Amokfahrt: Gedenken am Kurfürstendamm

  • Mahnwache und stilles Gedenken an Amokfahrt

    Passanten nehmen an einer Mahnwache und stillem Gedenken zum Jahrestag der Amokfahrt am Kurfürstendamm teil.

  • Mahnwache und stilles Gedenken an Amokfahrt

    Eine Frau mit weißen Rosen nimmt an der Mahnwache und dem stillen Gedenken teil.

Auch ein Jahr später scheint die Sonne in Berlin, sind zahlreiche Menschen zwischen Gedächtniskirche und Luxuskaufhaus KaDeWe in Berlin unterwegs. So wie am 8. Juni 2022. Damals raste ein Auto zwischen Kurfürstendamm (Ku'damm) und Tauentzienstraße in Fußgängergruppen - und die Lehrerin einer Schülergruppe aus Hessen starb.

Zum ersten Jahrestag der Amokfahrt ist am Donnerstag mit einer Schweigeminute und einer Mahnwache in Berlin der Opfer gedacht worden. Der Verkehrsclub Deutschland und der Fachverband Fußverkehr Deutschland (Fuss e.V.) erinnerten an die Tat, bei der 16 Menschen verletzt wurden, einige lebensgefährlich.

Schülerinnen und Schüler gestalten Figur zur Mahnung

An der Stelle, wo der Autofahrer das erste Mal in eine Menschengruppe fuhr, wurde vorübergehend eine Figur aus Stahl zur Mahnung aufgestellt. Schülerinnen und Schüler aus dem hessischen Bad Arolsen haben diese mitgestaltet, schilderte Fuss-Bundesvorstand Roland Stimpel. Die Betroffenen wünschten sich ein dauerhaftes Gedenken am Tatort am Ku'damm, Ecke Rankestraße. In dem Bereich hatte das Auto vor allem die Jugendlichen aus Hessen getroffen, die ihre Abschlussfahrt in die Hauptstadt gemacht hatten. Ihre Lehrerin starb mit 51 Jahren, viele Schülerinnen und Schüler wurden verletzt. Zum Jahrestag sind etliche von ihnen nach Berlin zurückgekehrt, wie die Bürgermeisterin des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf, Kirstin Bauch (Grüne), berichtete.

«Ihnen gehört ihr eigener Moment»

Die jungen Menschen wollten aber in aller Stille jenseits der öffentlichen Mahnwache gedenken. «Ihnen gehört ihr eigener Moment», sagte Bauch. Sie werde die Jugendlichen jedoch treffen. «Ich hoffe, dass es mir gelingt, ihnen einen schönen Moment zu schenken.» Sie habe großen Respekt vor den Jugendlichen, die den Mut gefunden hätten, nach Berlin zurückzukehren. Begleitet werden die jungen Menschen auch von der Zentralen Anlaufstelle, die bei der Berliner Senatsjustizverwaltung angesiedelt ist. Sie hat Hilfsangebote für Verletzte, Ersthelfende oder Augenzeugen koordiniert. Nach Angaben einer Justizsprecherin wurden insgesamt 146 Menschen nach der Amokfahrt betreut. Neben den Verletzten meldeten sich laut Behörde damals auch Passanten oder Helferinnen als Betroffene. Bis heute gebe es weiterführende Kontakte zu 50 Menschen, hieß es. Das Hilfsangebot bestehe weiterhin.

Anteilnahme mit Betroffenen und Angehörigen

Die Berliner Senatskanzlei teilte bei Twitter mit: «Unsere Gedanken sind bei der getöteten Lehrerin, den Angehörigen und Betroffenen.» Die Grünen twitterten: «Wir gedenken in Trauer der verstorbenen Lehrerin. Unsere tiefste Anteilnahme gilt den Betroffenen, ihren Familien und Freunden.» Der Berliner Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Stephan Weh, erklärte: «Der Tag hat auf brutale Art und Weise gezeigt, wie schnell ein Mensch aus dem Leben gerissen werden kann.» Im Nachgang sei der eine gute Betreuung von Betroffenen erforderlich, dies gelte auch Rettungskräfte und Polizisten, die als Ersthelfer häufig traumatische Erfahrungen sammelten.

Fahrer wegen Mordes und Mordversuch verurteilt

Der heute 30 Jahre alte Fahrer ist inzwischen rechtskräftig verurteilt - wegen Mordes und Mordversuchs in 16 Fällen. Nach Überzeugung des Landgerichts Berlin hat er die Tat im Zustand einer akuten Psychose begangen. Darum hat es eine dauerhafte Unterbringung des Mannes in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Der VDC-Vorsitzende Heiner von Marschall forderte mit Blick darauf, die Fahrtüchtigkeit von Autofahrern besser zu überprüfen. Autos seien «potenziell tödliche Maschinen».

Gedenkkultur rund um den Breitscheidplatz

Unterdessen sucht der Bezirk nach einer Gesamtlösung für eine angemessene Gedenkkultur rund um den Breitscheidplatz und die Gedächtniskirche. Nach dem islamistischen Anschlag 2016 mit 13 Toten und etwa 70 Verletzten wurde der Bereich abgesperrt. Nur wenige Meter von dem Platz, wo der Attentäter damals einen Lkw in den Weihnachtsmarkt gesteuert hatte, ereignete sich die Amokfahrt vor einem Jahr. Zudem ist der Bereich für Raser eine beliebte Strecke. 2016 starb ein unbeteiligter Autofahrer, als sich Autofahrer ein illegales Rennen lieferten und den Wagen eines unbeteiligten Mannes mit Tempo 160 bis 170 rammten.

Autor:in: dpa
Veröffentlichung: 8. Juni 2023
Letzte Aktualisierung: 8. Juni 2023

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