Perspektiv-Werkstätten

13. und 15. August 2019

Grafik Perspektiv-Werkstatt

Ausgangspunkt des Beteiligungsverfahrens der Testphase waren die zwei Perspektiv-Werkstätten, welche am 13. und 15. August 2019 im Gemeindesaal der Heilig Kreuz-Passion in der Nostitzstraße stattfanden. Für die Teilnahme wurden 4.000 Personen aus dem näheren Umfeld der Bergmannstraße per Zufallsstichprobe aus dem Melderegister des Landes Berlin ausgewählt und postalisch eingeladen. Aus den Rück-meldungen wurden 100 Personen nach demografischem Schlüssel zufällig ausgewählt und zu den Werkstätten eingeladen. In den Werkstätten entwickelten die Anwohner*innen in Kleingruppen verschiedene „Perspektiven“ für die Bergmannstraße. Diese „Perspektiven“ sind das Ergebnis der Werkstätten. Sie stellen keine abschließenden Planungen oder Entwürfe, sondern viel mehr Tendenzen und Grundideen dar.

Ausgewählte Perspektiven der Werkstätten

  • Grünraum statt Autoverkehr
    Grafik Gruenraum mit Autoverkehr

    Diese Perspektive hat die Vision einer autofreien Bergmannstraße mit hoher Aufenthaltsqualität für Fußgänger*innen. Zentral sind verschiedene Aufenthaltsmöglichkeiten, die sich über den niveaugleichen Straßenraum verteilen. Diese nehmen diverse Formen und Gestaltungen an, wie z.B. Sitzgelegenheiten, Co-Working Spaces mit Ladestationen, Wiesenabschnitte,
    Urban Gardening, Kräutergarten oder Schaukeln. Begegnung und Begrünung
    spielen hierbei eine zentrale Rolle, Holz wird als ansprechendes Material favorisiert. Auch die Gastronomie kann Teile dieser Aufenthaltsflächen nutzen und ggf. Patenschaften für die Begrünung übernehmen, jedoch steht diese Nutzung nicht im Vordergrund. W-LAN steht im gesamten Straßenraum zur Verfügung.

    In dieser Perspektive haben Fußgänger*innen Priorität. Radfahrer*innen können den Raum rücksichtsvoll nutzen, der Radschnellverkehr soll jedoch auf die Gneisenaustraße verlegt werden. ÖPNV Busse erhalten durch absenkbare Poller weiterhin Durchfahrtmöglichkeit über die Friesen- und Zossener Straße. Krankentransporte und zeitlich begrenzter Lieferverkehr können mit versenkbaren Pollern vom Mehringdamm Zufahrt erhalten. Die Zufahrt über die Nostitz- und Solmstraße ist durch Poller nicht möglich. Mit Rücksicht auf das erhöhte Verkehrsaufkommen im vorderen (westlichen) Abschnitt der Bergmannstraße aufgrund des Einzelhandels und des Gesundheitszentrums könnte sich dieser gestalterisch vom zweiten Abschnitt unterscheiden.

    Auf einen Blick

    • Autofreie Bergmannstraße
    • Priorisierung von Fußgänger*innen
    • Diverse Aufenthaltsmöglichkeiten mit Begrünung im gesamten Straßenraum
    • Bergmannstraße in zwei Abschnitten: vor und hinter dem Gesundheitszentrum
    • Zufahrt für Lieferverkehr und Krankentransporte möglich


    Anmerkungen der Experten in den Werkstätten

    • Stärkere Reglementierung im Abschnitt bis zum Gesundheitszentrum durch das hohe Verkehrsaufkommen aufgrund des Einzelhandels und des Gesundheitszentrums schwierig
    • Aufteilung der Bergmannstraße in Abschnitte sinnvoll
    • Niveauangleichung ist sehr kostenintensiv (geschätzt ca. 400 € pro qm)
    • Konfliktpotenzial zwischen Rad- und Fußverkehr
    • Grundsätzlich muss die Bergmannstraße verkehrlich im größeren räumlichen Kontext betrachtet werden
  • Grünraum und teilweise Autoverkehr
    Grafik Gruenraum mit Autoverkehr

    In dieser Perspektive soll die Bergmannstraße aufgrund verschiedener Bedarfe in drei Abschnitte unterteilt werden. Der erste Abschnitt reicht vom Mehringdamm bis zum Gesundheitszentrum, der zweite vom Gesundheitszentrum bis zur Zossener Straße, der Dritte von der Zossener Straße bis zur Friesenstraße. Der Fußverkehr hat in dieser Perspektive Priorität. Für den Radverkehr soll insbesondere der Radweg auf der Gneisenaustraße verbessert und attraktiver gestaltet werden (Vorschlag: ähnlich wie Radweg Hasenheide). In der Bergmannstraße gibt es keinen Radweg, Radfahrende müssen sich Fußgänger*innen unterordnen. Zudem wird die schnelle Rad-Durchfahrt durch Grün- oder Aufenthaltselemente („Grüne Inseln“), welche mittig im Straßenraum platziert sind, erschwert. Die Aufenthaltselemente zeichnen sich durch viel Grün und die Verwendung von ansprechenden Holzmaterialien aus und ermöglichen das Miteinander.

    Abschnitt 1: Mehringdamm bis Gesundheitszentrum

    • Keine Niveauangleichung, Bürgersteige bleiben erhalten, keine Parklets bzw. Aufenthaltsmöglichkeiten
    • Verkehrsberuhigung auf 7 km/h
    • Nur Krankentransporte, zeitlich begrenzter Lieferverkehr und PKW-Zufahrt zum Parkhaus erlaubt

    Abschnitt 2: Gesundheitszentrum bis Zossener Straße

    • Priorisierung von Fußgänger*innen
    • Sämtliche PKWs und Parken verboten
    • Zeitlich begrenzter Lieferverkehr, Taxis/Autos für Gehbehinderte, etc. weiterhin erlaubt
    • Niveauangleichung des Straßenraums, Aufhebung der Verkehrstrennung
    • Fokus auf Begegnung und Kinderfreundlichkeit
    • Möglicher Lärm durch vermehrte Nutzung des Straßenraums durch Fußgänger*innen wird als Herausforderung angesehen

    Abschnitt 3: Zossener Straße bis Friesenstraße

    • nicht abschließend bearbeitet
    • Ermöglichung der Bus-Durchfahrt

    Auf einen Blick

    • Bergmannstraße in drei Abschnitten
    • Priorisierung von Fußgänger*innen
    • im ersten Abschnitt Zufahrt für Lieferverkehr und Krankentransporte möglich
    • Gesundheitszentrum bis Zossener Straße ebenerdiger, PKW-freier Raum mit diversen Aufenthaltsmöglichkeiten zur Begegnung

    Die Gruppe spricht sich im Übrigen dafür aus, die Parklets so lange stehen zu lassen, bis über die endgültige Umgestaltung der Bergmannstraße entschieden worden ist.

    Anmerkung der Experten in den Werkstätten

    • Aufteilung der Bergmannstraße in Abschnitte sinnvoll
    • Stärkere Reglementierung des Verkehrs im westlichen Abschnitt aufgrund des Einzelhandels und des Gesundheitszentrums schwierig
    • Niveauangleichung ist sehr kostenintensiv (ca. 400 € pro qm)
    • Konfliktpotenzial zwischen Rad- und Fußverkehr
    • Dezidierte Radwege führen erfahrungsgemäß dazu, dass Radfahrer*innen auf ihr Recht beharren und weniger rücksichtsvoll fahren
    • Grundsätzlich muss die Bergmannstraße im gesamten Verkehrskontext betrachtet werden
  • Einbahnstraßen und Raum für alle
    Grafik Einbahnstraße

    In dieser Perspektive soll durch zwei Ansätze der Verkehr beruhigt werden. Zum
    einen erhalten nur noch Anwohner*innen, zeitlich begrenzter Lieferverkehr und Krankentransporte motorisierte Zufahrt auf die Bergmannstraße. Zum anderen wird diese in Abschnitten, die jeweils nur in eine Richtung bzw. gar nicht befahrbar sind, unterteilt. Die erste Einbahnstraße reicht vom Mehringdamm bis Nostitzstraße, die zweite von der Schenkendorfstraße bis zur Nostitzstraße. Der Verkehr verlässt die Bergmannstraße aus beiden Richtungen über den nördlichen Teil der Nostitzstraße, der somit ebenfalls zur Einbahnstraße wird. Der letzte Abschnitt zwischen der Schenkendorfstraße und der Friesenstraße wird autofrei, lediglich der Bus kann durch absenkbare Poller weiterhin die Friesenstraße und Zossener Straße befahren. Umstritten ist in dieser Perspektive, ob sich der Radverkehr die Fahrbahn mit dem motorisierten Verkehr teilt oder eigene Radwege in beide Richtungen erhält.

    Es werden weitergehend autofreie Aufenthaltsorte geschaffen. Zum einen entsteht ein neuer Bereich um die Marheineke Markthallte. Außerdem wird der südliche Teil der Nostizstraße für Auto- und Radverkehr gesperrt. Hier entsteht eine begrünte und mit Brunnen und Sitzmöglichkeiten gestaltete Ruhe-Zone. Zudem gibt es in der gesamten Bergmannstraße keine Parkplätze. Dafür gibt es mehr entsiegelte und begrünte Flächen entlang der Straße sowie nicht-kommerzielle Sitzmöglichkeiten.

    Anmerkungen zur Erarbeitung
    Die Ansätze dieser Perspektive wurden innerhalb der Gruppe kontrovers diskutiert und es herrschte bis zuletzt keine Einigkeit in vielen Aspekten. Es stand immer wieder zur Diskussion, ob eine Funktionstrennung der Verkehre gewollt ist oder nicht und wie die Fläche dementsprechend aufgeteilt werden soll. Zudem war strittig, wie der Radverkehr gestärkt und gleichzeitig genug Aufenthaltsflächen für Fußgänger*innen geschaffen werden soll. Es gab Stimmen, die sich weiterhin Parkplätze und leichtere Befahrungsmöglichkeiten gewünscht haben.

    Auf einen Blick

    • Einbahnstraßen vom Mehringdamm bis zur Nostitzstraße sowie von der Schenkendorfstraße bis zur Nostitzstraße
    • Autofreier Abschnitt von der Friesenstraße bis zur Schenkendorfstraße (Ausnahme Bus)
    • Umgang mit Radverkehr strittig
    • Ruhe-Zone im südlichen Abschnitt der Nostitzstraße ohne Auto- und Radverkehr mit viel Begrünung und Gestaltungselementen
    • Entsiegelte und begrünte Flächen entlang der Bergmannstraße

    Anmerkungen der Experten in den Werkstätten

    • Einbahnstraßen führen zu mehr Verkehr durch Umwege // Verkehr passt sich neuen Voraussetzungen an (strittig unter Experten)
    • Einbahnstraße für Autoverkehr und gleichzeitiger Radverkehr in beide Richtungen auf derselben Fahrbahn problematisch
    • Lieferverkehr hält sich oft nicht an Lieferzonen, Einbahnstraße könnte dieses Verhalten verstärken
    • Die Ergebnisse der Kinder- und Jugendbeteiligung sollten bedacht werden, z.B. durch Aufenthaltsflächen gezielt für Kinder und Jugendliche
  • Fahrradachse
    Grafik Die Fahrradachse

    Diese Perspektive unterteilt die Bergmannstraße in zwei Abschnitte: einen vor und einen nach dem Gesundheitszentrum. Der erste Abschnitt bleibt unverändert, sodass das Gesundheitszentrum und der dortige Geschäftsbereich von allen Verkehrsteilnehmenden gleichberechtigt erreicht werden kann. Der zweite Abschnitt zeichnet sich durch eine Fußgänger*innenzone aus, die lediglich durch eine gegenläufige Fahrradachse unterbrochen wird. Mithilfe von versenkbaren Pollern an den anliegenden Straßen ist diese Fahrradachse auch für Anlieger und zeitlich geregelten Lieferverkehr befahrbar. Anlieferung soll möglichst durch Lastenräder stattfinden, Lieferzonen neben der Fahrradachse sind vorhanden. Der Bus erhält weiterhin Zufahrt über die Zossener Straße und die Friesenstraße. Parkplätze für Anwohner*innen sind sichergestellt, z.B. in Form einer Quartiersgarage, nicht jedoch im Straßenraum.

    Die neu gewonnenen Aufenthaltsflächen in den Fußgäger*innenzonen neben
    der Radachse sind niveaugleich und in ihrer Form und Gestaltung flexibel. Flächen mit intensiver Begrünung oder Wasserelementen werden geschaffen. Es wird außerdem Raum für Mitgestaltung und informelle Nutzungen geboten,
    während der Gastronomie tendenziell weniger Fläche zur Verfügung steht. Wichtig ist, dass eine Übermöblierung verhindert wird, mögliche Gestaltungselemente sind unter anderem Bänke und Bepflanzung oder Sitzmöglichkeiten um Bäume.

    Anmerkungen zur Erarbeitung
    Es fanden kontroverse Diskussionen innerhalb der Gruppe statt und verschiedene Sichtweisen auf Verkehr und Aufenthalt wurden deutlich. Mögliche Auswirkungen von Verkehrsberuhigung in der Bergmannstraße auf die umliegenden Straßen wurden kritisch gesehen, wie z.B. potenziell erhöhter Verkehr durch Parkplatzsuche.

    Auf einen Blick

    • Bergmannstraße in zwei Abschnitten: vor und hinter dem
      Gesundheitszentrum
    • Niveaugleiche Fußgänger*innenzone im östlichen Abschnitt, mittig durchquert von einer Fahrradachse
    • Nutzung der Fahrradachse durch Anlieger-Pkw und Lieferverkehr mithilfe von versenkbaren Pollern an angrenzenden Nebenstraßen möglich
    • Übersichtliche, grüne und flexible Gestaltung der Fußgänger*innenzone

    Anmerkungen der Experten in den Werkstätten

    • Eine ausgewiesene Radverkehrsachse fördert schnellen Radverkehr, der die Überquerung der Straße erschwert und potenzielle Konflikte mit Fußgänger*innen birgt
    • Niveauangleichung ist sehr kostenintensiv (ca. 400 € pro qm)

Die Perspektiven sind keine fertigen Entwürfe, sondern mögliche Tendenzen, Vorschläge oder Visionen derjenigen Anwohner*innen, die an den Werkstätten teilgenommen haben. Die auf diesem Aufsteller zu sehenden Gestaltungsvorschläge sind beispielhaft, um die Vorschläge der Anwohner*innen zu verdeutlichen. Die Perspektiven stellen konkrete Ansätze und Ideen zur öffentlichen Diskussion und spiegeln die vielfältigen Ansprüche und Bedürfnisse der Menschen wider. Es stellt eine Herausforderung dar, eine gemeinsame Vision für die Bergmannstraße zu finden, denn einige Wünsche und Vorstellungen sind gegensätzlich bzw. nicht miteinander vereinbar. Jedoch ist es wichtig, ein Bewusstsein für diese Vielfalt an Bedürfnissen zu entwickeln, sich darüber auszutauschen und Varianten zu diskutieren, um Prioritäten für die Gestaltung der Bergmannstraße zu bestimmen. Das war das Ziel der Open-Air-Galerie, des Real-Labors und der Online-Beteiligung.

  • Perspektivwerkstätten_3
  • Perspektivwerkstätten_2
  • Perspektivwerkstätten_1
  • Testphase - Auswertung der Beteiligung August bis September 2019

    Real-Labor I Perspektiv-Werkstätten I Online-Beteiligung

    PDF-Dokument (2.6 MB)

  • Begegnungszone Bergmannstraße Auswertung Sachstandsforum

    PDF-Dokument (544.7 kB)