Fütterung von Vögeln auf dem Balkon

Wollen Sie auf Ihrem Wohnungsbalkon die Vögel in der Stadt durch ein zusätzliches Nahrungsangebot unterstützen, sind folgende rechtliche Rahmenbedingungen zu beachten:

Vorrangig ist zunächst die Hausordnung einer Wohnungseigentumsgemeinschaft zu beachten. Ein darin enthaltenes Fütterungsverbot ist einzuhalten.
Sofern die Hausordnung keine Regelung vorsieht, gelten die gesetzlichen Maßstäbe. Nach § 1004 Absatz 1 Satz 2 BGB kann ein Eigentümer die Unterlassung bevorstehender Beeinträchtigungen seines Eigentums verlangen. In einer Wohnungseigentumsgemeinschaft übt diesen Anspruch nach § 9a Absatz 2 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) die Gemeinschaft aus, soweit das Gemeinschaftseigentum betroffen ist.

Der Unterlassungsanspruch ist nach § 1004 Absatz 2 BGB jedoch ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung der Beeinträchtigung verpflichtet ist. Nach § 14 Absatz 1 Nummer 2 WEG ist jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, solche Einwirkungen auf sein Sondereigentum und das Gemeinschaftseigentum zu dulden, aus denen ihm kein Nachteil erwächst, der über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgeht. Unterlassung kann ein Nachbar also erst verlangen, wenn erhebliche Nachteile zu befürchten sind. Verhaltensweisen, die sozialadäquat sind – sich also im Rahmen des sozial Üblichen bewegen – sind danach zu dulden (Suilmann, in: Bärmann, Wohnungseigentumsgesetz, 15. Aufl. 2023, § 14 Rn. 60).

Das Füttern von Vögeln auf dem Balkon ist grundsätzlich als sozialadäquat anzusehen (LG Braunschweig, 4.3.2014 – 6 S 411/13, BeckRS 2018, 16749; LG Berlin, 21.5.2010 – 65 S 540/09, ZMR 2012, 440). So handelt ein Wohnungsnutzer nicht pflichtwidrig, wenn er auf seinem Balkon Wassergefäße aufstellt und Vogelfutter ausstreut (Siegmund, in: Blank/Börstinghaus/Siegmund, Miete, 7. Aufl. 2023, § 535 Rn. 494).

Etwas anderes kann sich nur daraus ergeben, dass die Anwesenheit der Vögel zu außergewöhnlichen Beeinträchtigungen der Nachbarwohnungen führt. Insbesondere bei der Fütterung von Tauben haben Gerichte solche Beeinträchtigungen angenommen, meist ohne zwischen Stadttauben und Wildtauben zu differenzieren. Dass sich die Entscheidungen auf Stadttauben beziehen, dürfte sich jedoch daraus ergeben, dass stets erhebliche Verschmutzungen oder (vermeintliche) Gesundheitsgefahren den Ausschlag gaben (AG Köln, 4.1.2017 – 203 C 319/16, BeckRS 2017, 145001; AG Frankfurt a. M., 18.11.2016 – 33 C 2568/16 (76), IBRRS 2017, 1323; LG Düsseldorf, 27.11.1992 – 21 S 112/92, BeckRS 1992, 30946566). In einem Fall ging es um die gleichzeitige Anwesenheit von mehr als 30 Tauben (AG Nürnberg, 8.4.2016 – 14 C 7772/15, WuM 2017, 150). Gelegentlich wird auch explizit nur auf Stadttauben Bezug genommen (AG Hamburg-Altona, 7.1.2020 – 316 C 165/19; AG Bonn, 20.4.2018 –204 C 204/17, IMR 2018, 326; AG Karlsruhe, 27.3.1991 – 8 C 123/91, NJW-RR 1992, 463). Auch von „verwilderten Tauben“ ist in einem Urteil des Amtsgerichts München, das die Fütterung untersagt, die Rede (AG München, 23.9.2016 – 485 C 5977/15 WEG, ZMR 2016, 1002).

Insgesamt ergibt sich damit aus der verfügbaren Rechtsprechung, dass es zulässig ist, Vögel auf dem Balkon einer Wohnung zu füttern, soweit dadurch keine Verunreinigungen fremden oder Gemeinschaftseigentums verursacht werden. Unter Umständen sind Maßnahmen zu ergreifen, damit es nicht zu einer Verschmutzung der anderen Balkone kommt, insbesondere darf die Futterstelle nicht über die Balkonbrüstung hinausragen (AG Frankfurt, 2.10.2013 –33 C 1922/13 (93), IMR 2014, 80).