Das „Gentle Project“ wirkt häuslicher Gewalt in Flüchtlingsunterkünften entgegen

Pressemitteilung vom 17.04.2023

Mehr als 32.000 Geflüchtete leben aktuell in den Unterkünften des Landesamtes für Flüchtlings-angelegenheiten (LAF) – mehr als jemals zuvor. Wo Menschen auf begrenztem Raum zusammen-leben, wächst auch das Konfliktpotential: In Partnerschaften, in Familien, aber auch in der Unterkunft insgesamt. Um Bewohnerinnen und Bewohner zu befähigen, Konflikte gewaltfrei zu lösen und ein friedliches Zusammenleben zu fördern, hat das LAF gemeinsam mit seinem langjährigen Partner Ipso einen innovativen Präventionsansatz entwickelt: Das „Gentle Project“. Es bietet strukturierte Gesprächsgruppen für Männer und Frauen in LAF-Unterkünften, die von geschulten Beraterinnen und Beratern aus arabisch- und farsisprachigen Ländern geleitet werden.

Katja Kipping, Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales: „Femizide, also Mordfälle, in denen ein Mann seine Partnerin tötet, haben im vergangenen Jahr in Berlin die öffentliche Wahrnehmung auf ein Problem gelenkt, das oft verborgen bleibt. Um solche Taten zu verhindern, müssen wir richtige Antworten auf viele Fragen finden: Was sind die Ursachen? Wo können wir intervenieren? Das Gentle Project bietet Geflüchteten in unseren Unterkünften einen sicheren Raum, um die Ursachen von Konflikten wahrzunehmen und an ihnen zu arbeiten. Männer lernen, ihre tradierten Rollenbilder zu hinterfragen. Frauen erfahren, welche Rechte und Handlungsmöglichkeiten sie haben. Wir brauchen mehr Schutzräume und Beratungsangebote für Frauen, um Gewalt in der Partnerschaft nachhaltig zu bekämpfen.“

Maryam Gardisi, Geschäftsführerin Ipso: „Das Gentle Project wurde von unseren erfahrenen BeraterInnen entwickelt und basiert auf Erkenntnissen, die sie in ihrer jahrelangen Gesprächs-praxis bei Ipso gewonnen haben. „Gentle“ meint nicht nur einen freundlichen Umgang, sondern bezieht sich auch auf ein positiv besetztes Rollenangebot für Männer: den „Gentleman“. Der Begriff drückt eine Haltung aus, mit der wir den Männern begegnen und sie zur Selbstreflexion einladen. In den Gruppen- und Einzelgesprächen für Männer geht es um die Wahrnehmung von tieferliegenden, oft schambesetzen Ursachen hinter gewalttätigem Verhalten. Männer und Frauen erfahren, wie unterdrückte oder unerfüllte Bedürfnisse zu manifester oder latenter Gewalt führen – und was beide Seiten tun können, um frühzeitig gegenzusteuern. Ein zentraler Gelingensfaktor des Projekts: Wir schaffen einen Raum frei von Verurteilung, in dem Männer und Frauen eine neue Sicht auf sich selbst und ihr Verhalten entwickeln können, um es zu verändern.“

Zahlen und Fakten zum Projekt
Das Gentle Project startete im September 2022 als Pilotprojekt und wurde auf das Gesamtjahr 2023 ausgeweitet. Es wird durch das LAF mit insgesamt 185.000 Euro gefördert. Bislang wurden 176 Personen in fünf LAF-Unterkünften durch das Projekt erreicht, 91 Frauen und 85 Männer, davon 34 Männer mit gewalttätigem Verhalten.

Film zum Gentle Project

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