Waldsiedlung Zehlendorf als mögliche Erweiterung der UNESCO-Welterbestätte „Siedlungen der Berliner Moderne“ auf deutsche Tentativliste aufgenommen; Vorschlagduo Karl-Marx-Allee und Interbau 1957 durch internationalen Fachbeirat abgelehnt

Pressemitteilung vom 04.12.2023

Mit der Waldsiedlung Zehlendorf als Erweiterung der UNESCO-Welterbestätte „Siedlungen der Berliner Moderne“ konnte Berlin erfolgreich einen Vorschlag auf die nationale Tentativliste (Anmeldeliste) zur Aufnahme in die UNESCO-Liste des Kultur- und Naturerbes der Welt setzen. Dieses Ergebnis hat die Kulturministerkonferenz nach ihrer Sitzung am 4. Dezember 2023 bekanntgegeben. Der Waldsiedlung wurde somit das Potential zum Welterbe anerkannt, mit dem sie zukünftig zu einer ausgewogenen und glaubwürdigen Welterbeliste beitragen könnte.
Die Waldsiedlung Zehlendorf ist eine von sieben Stätten, die ab Februar 2024 auf der erweiterten deutschen Tentativliste an die UNESCO-Kommission in Paris übermittelt werden. Das ebenfalls vom Land Berlin verfolgte Vorhaben, die Gebiete der Karl-Marx-Allee und der Interbau 1957 als UNESCO-Welterbe vorzuschlagen, war nicht erfolgreich. Die Kulturministerkonferenz folgt mit ihrem Beschluss dem Bericht des eigens von ihr eingesetzten internationalen Fachbeirat, der zu den insgesamt 21 Vorschlägen aus den Bundesländern Stellung genommen hat. Der Bericht ist in Kürze auf der Website der KMK abrufbar.

Hintergrund
Die Auszeichnung als UNESCO-Welterbe setzt ein langjähriges und mehrstufiges Verfahren voraus. Das Verfahren für die Erweiterung der nationalen Tentativliste um neue Kandidaten für die Welterbeliste wurde in der Vergangenheit in Deutschland ca. alle 10 Jahre neu eröffnet. Am Tentativverfahren 2021-23 beteiligten sich fast alle Bundesländer. Der Berliner Senat hat am 6. Juli 2021 zwei Einreichungen für die deutsche Tentativliste beschlossen. Am 31. Oktober 2021 wurden beide Berliner Vorschläge eingereicht. Der jüngste Beschluss der Kulturministerkonferenz ist Voraussetzung für eine sorgfältige Ausarbeitung eines qualifizierten Dossiers zur Einreichung beim Welterbezentrum in Paris. Sollte das Dossier dann auf internationaler Ebene bestätigt werden, erfolgt die Nominierung als Welterbestätte.

Joe Chialo, Senator für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt:
„Ich freue mich sehr, dass sich mit der Waldsiedlung Zehlendorf ein Berliner Vorschlag durchsetzen konnte und die Siedlung nun einen Schritt weiter ist auf dem Weg zur Listung als UNESCO-Welterbe. Die Bundesrepublik Deutschland ist bereits mit 52 Welterbestätten auf der Welterbeliste vertreten; davon liegen allein drei Stätten in Berlin. Für die Kulturministerkonferenz ist neben der Nominierung neuer Stätten auch der Schutz und Erhalt bereits anerkannter Welterbestätten von herausgehobener Bedeutung.
Die farbenfrohe Waldsiedlung, auch Papageiensiedlung genannt, soll als eine Erweiterung der bereits seit dem Jahr 2008 bestehenden Welterbestätte „Sechs Siedlungen der Berliner Moderne“ eingetragen werden. Sie würde als siebte Siedlung die weltweite Ausstrahlungskraft Berlins als innovatives Zeugnis des sozialen Wohnungsbaus mit höchstem ästhetisch-funktionalem Anspruch untermauern. Für den mittlerweile herausragenden Erhaltungszustand der Waldsiedlung gilt mein besonderer Dank dem unermüdlichen Engagement der Bürgerinnen und Bürger, die um die Qualität und Besonderheit ihrer Siedlung ringen und die erfolgreiche Positionierung begleitet haben.“

Christian Gaebler, Senator für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen:
„Ich freue mich sehr über die Entscheidung. Die Aufnahme der Waldsiedlung Zehlendorf unterstreicht die wegweisende internationale Bedeutung, die Berlin auf dem Gebiet der modernen Stadtplanung und Architektur in den vergangenen Jahrzehnten eingenommen hat. Die Waldsiedlung ist ein herausragendes Beispiel für den sozialen Wohnungsbau, das uns durch seinen wegweisenden Symbolcharakter auch heute noch inspiriert. Umso mehr bedaure ich angesichts der weltweiten Vorbildwirkung Berlins im Wohnungsbau, dass der zweite Berliner Vorschlag keinen Eingang auf die Tentativliste gefunden hat. Die großen Wohnensembles der Internationalen Bauausstellung 1957 und entlang der Karl-Marx-Allee sind gebaute Symbole des Berliner Wiederaufbaus in Ost und West und bilden eindrucksvoll die besondere Geschichte unserer ehemals geteilten Stadt ab. Heute stehen sie für ein gemeinsames bauliches Erbe, das in so konzentrierter Form nur in Berlin zu finden ist – das ist ein ganz besonderer Aspekt der Baugeschichte und Stadtentwicklung, der mehr Beachtung verdient.“

Patrick Steinhoff, Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung Steglitz-Zehlendorf
„Der Bezirk Steglitz-Zehlendorf hatte in Kenntnis des besonderen architektonischen Stellenwertes bereits 2008 und erneut 2018 in seiner Bezirksverordnetenversammlung die Qualifizierung und Prüfung der Waldsiedlung als potentielles Welterbe beschlossen. Dass die Kulturministerkonferenz nun als ersten Schritt die Aufnahme in die nationale Tentativliste bestätigt hat, erfüllt uns mit großem Stolz.
Die Waldsiedlung ist gerade wegen ihrer architektonischen und freiraumplanerischen Qualitäten ein buntes lebendiges Viertel und soll es auch in Zukunft bleiben. Aufgeschlossene und aufmerksame Bürgerinnen und Bürger setzen sich seit Jahren dafür ein und haben entscheidend zur positiven Entwicklung beigetragen. Dieses Engagement begrüße ich außerordentlich. Dazu gehören auch die aktuellen Bestrebungen der Bewohnerschaft, die Waldsiedlung unter Berücksichtigung ihres besonderen kulturellen Werts energetisch einer modernen Zukunft zuzuführen.“

Dr. Christoph Rauhut, Landeskonservator
„Wir freuen uns sehr, dass mit der Aufnahme der Waldsiedlung Zehlendorf auf die nationale Tentativliste ein weiteres städtebauliches Denkmal der Berliner Moderne gewürdigt wird und damit die Chance bekommt, ebenbürtig und auf Augenhöhe mit den anderen sechs herausragenden Siedlungen Berlins zu stehen. Die positive Entwicklung der letzten 15 Jahre hat gezeigt, dass die Waldsiedlung schon jetzt „welterbeverdächtig“ ist.
Dass die Einzigartigkeit der Ensembles der Karl-Marx-Allee erster und zweiter Bauabschnitt und der Interbau 1957 nicht erkannt wurde, bedauere ich zutiefst. Für mich steht die herausragende Bedeutung dieser Denkmale außer Frage. Die Aktivitäten zur Qualifizierung der Gebiete werden daher auch weiterhin intensive Unterstützung durch das Landesdenkmalamt erfahren. Ich hoffe, dass wir für die Zukunft einen Weg zu finden, wie wir gemeinsam diesen bedeutsamen Gebieten der Berliner Baugeschichte zu einer dies würdigenden Anerkennung verhelfen können. Ich möchte mich in diesem Zusammenhang ganz herzlich bedanken bei den vielen engagierten Bürgerinnen und Bürgern, die mit ihrem unermüdlichen Einsatz in den vergangenen Jahren einen wertvollen Beitrag zur Entwicklung dieser Quartiere geleistet haben“.

Pressekontakt:
Landesdenkmalamt Berlin
Dr. Christine Wolf
Christine.wolf@lda.berlin.de