Pressemitteilung zum Jahresbericht 2021 (Band 2)

Pressemitteilung vom 06.12.2021

Große Herausforderungen für die kommende Haushaltsaufstellung

Präsidentin Klingen sieht dringenden Bedarf zur Konkretisierung der Finanzierung der Vorhaben im Koalitionsvertrag

Der Rechnungshof legt heute dem Abgeordnetenhaus den zweiten Teil des Jahresberichts 2021 vor und unterrichtet gleichzeitig den Senat.

Schwerpunkt des Berichts ist die Finanzlage Berlins, die seit dem Jahr 2020 maßgeblich von den Auswirkungen der Corona-Pandemie geprägt ist. Daneben wird das Prüfungsergebnis für die Haushalts- und Vermögensrechnung einschließlich der Kreditaufnahme 2019 dargestellt. Der Bericht geht ausführlich auf die Einhaltung der Schuldenbremse, die Corona-Maßnahmen und die Verschuldung im Kernhaushalt und in den Landesunternehmen ein.

Die Corona-Krise hat tiefe Spuren bei den Landesfinanzen hinterlassen. Die Schulden Berlins sind Ende 2020 auf ein Rekordniveau von 63,7 Milliarden Euro gestiegen.

„Die Feststellung einer Notlage und die Ermächtigung zur Aufnahme von Krediten in dieser Situation war richtig. Das Schuldenbremsegesetz hat sich als krisentaugliches Instrument bewiesen. Allerdings darf seine Anwendung jetzt nicht überdehnt werden“, sagt Karin Klingen, Präsidentin des Rechnungshofs von Berlin.

Das Abgeordnetenhaus hatte im Jahr 2020 das Vorliegen einer außergewöhnlichen Notsituation festgestellt und eine Ermächtigung für pandemiebedingte Kreditaufnahmen von 7,3 Milliarden Euro erteilt. Dieser Umfang war für die Bewältigung der Pandemie im Haushaltsjahr 2020 jedoch nicht notwendig: 5,4 Milliarden Euro wurden der Pandemierücklage zugeführt. Der Rechnungshof kritisiert, dass der Senat umfangreiche Kredite für Folgejahre aufgenommen hat und diese in einer Rücklage parkt.

„Die Notlagenkredite dürfen nicht zur Finanzierung von zusätzlichen Maßnahmen dienen, die schon immer gewünscht waren, sondern müssen zur Bekämpfung der Notlage verwendet werden“, so die Präsidentin des Rechnungshofs.

Der Rechnungshof sieht seine Kritik an der Pandemierücklage durch das Urteil des Hessischen Staatsgerichtshofs bestätigt, das am 27. Oktober 2021 in einem ähnlich gelagerten Fall das „Corona-Sondervermögen“ des Landes für unvereinbar mit der Hessischen Verfassung erklärt hat. Eine vergleichbare verfassungsgerichtliche Überprüfung ist im Land Berlin nicht möglich. Davor hatte der Rechnungshof bereits im Jahr 2019 gewarnt.

Der Rechnungshof begrüßt, dass sich die Koalitionspartner bei der Vorstellung ihres Vertrages am 29. November zur Einhaltung der Schuldenbremse und zu einer nachhaltigen Finanzpolitik bekannt haben. Der Rechnungshof erwartet aber, dass diese Absichtserklärung und die teilweise noch sehr offenen Finanzierungsfragen konkretisiert werden.

Das Ziel der Koalitionspartner, bis zum Ende der Legislaturperiode einen strukturellen Haushaltsausgleich herbeizuführen, hält der Rechnungshof für zu wenig ambitioniert. Auch die Überlegung im Koalitionsvertrag, eine Rückzahlung der Notfallkredite nur vorzusehen, wenn diese nicht ausgeschöpft werden, und mit der bisher vorgesehenen Tilgung möglicherweise erst zum Ende der Legislaturperiode zu beginnen, sieht der Rechnungshof kritisch.

Für problematisch hält der Rechnungshof auch die Ankündigung, für mögliche Verluste der Landesunternehmen im Haushalt 2022/23 erneut Notfallkredite aufzunehmen, obwohl in der Pandemierücklage noch Mittel in Milliardenhöhe vorhanden sind, deren Verwendung noch nicht festgelegt ist.

Der Rechnungshof begrüßt, dass im Koalitionsvertrag Überlegungen für verstärkte Investitionen des Landes festgeschrieben sind. „Wir sehen Pläne, die Investitionstätigkeit verstärkt in Bereiche außerhalb des Kernhaushaltes zu verlagern, jedoch als problematisch an“, sagt Karin Klingen. „Wenn etwa Landesunternehmen oder Sondervermögen dafür Kredite aufnehmen, erhöht dies nicht nur deren Schuldenstand, sondern auch das finanzielle Risiko des Landes.”

Die Präsidentinnen und Präsidenten der Rechnungshöfe des Bundes und der Länder haben auf ihrer Konferenz Anfang Oktober 2021 in Berlin deutlich gemacht, dass eine Umgehung der Schuldenbremse durch Auslagerung von Kreditaufnahmen in Fonds, Nebenhaushalte und andere Konstruktionen vermieden werden sollte. Der Rechnungshof beabsichtigt, die Prüfung von Auslagerungen in die Landesunternehmen in Zukunft verstärkt zu prüfen.

„Die kommenden Haushaltsaufstellungen stehen vor besonderen Herausforderungen. Die Koalitionspartner müssen nicht nur die Finanzierung der in den nächsten zwei Jahren geplanten Maßnahmen konkretisieren, sondern stellen auch die Weichen für den zukünftigen Umgang mit der hohen Verschuldung. Das wird Auswirkungen für mehrere Generationen haben“, sagt die Präsidentin des Rechnungshofs.

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