Ausgangslage

Viel Arbeit!

Die bauaufsichtliche Genehmigung stellt eine wichtige Aufgabe der öffentlichen Verwaltung zur Gestaltung eines bürgerfreundlichen Umfeldes dar. Die schnelle Erteilung von baurechtlichen Genehmigungen ist ein wesentlicher Beitrag zur Attraktivität in der Stadt für gewerbliche Investoren und private Bauherren.
Bisher wurde aber gerade dem Baugenehmigungsverfahren durch lange Verfahrenszeiten (lange Bearbeitungsdauer) eine investitionshemmende Auswirkung zugeschrieben, auch wenn lange Verfahrenszeiten zum größten Teil auf Beteiligungen anderer Fachbehörden und Dienststellen des Baunebenrechts zurück zu führen sind.

Reform des Berliner Bauordnungsrechts

Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt hat das Bauordnungsrecht und damit das Baugenehmigungsverfahren grundlegend reformiert. Ziel ist eine Verschlankung und Vereinfachung des Verfahrens. Das neue Recht ist am 1. Februar 2006 in Berlin in Kraft getreten und erfordert neue Arbeitsprozesse für alle Produkte bei den Bauaufsichtsbehörden der Bezirke und der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Die neuen behördeninternen Arbeitsprozesse sollen mit diesem Projekt standardisiert durch eine Software unterstützt werden. Gleichzeitig soll der Kontakt mit den Kunden und den übrigen beteiligten Behörden ebenfalls elektronisch erfolgen. Auch die Vorgangsbearbeitung bis hin zur Archivierung soll elektronisch geschehen.

Umfang des Baugenehmigungsverfahren

Zum Verständnis für das Ausmaß der Änderungen ist eine Betrachtung des Baugenehmigungsverfahrens erforderlich: Es handelt sich um ein komplexes Verwaltungsverfahren des Bauordnungsrechts, an dem neben dem Bauherren, dem Entwurfsverfasser, der Baugenehmigungsbehörde auch zahlreiche weitere Behörden und Dienststellen, wie z. B. die Denkmalschutzbehörde oder die Stadtplanung, beteiligt sein können. Für jedes Bauvorhaben wird ein Verwaltungsakt angelegt, der während der gesamten „Lebenszeit“ des Objektes (und auch darüber hinaus) Bestand hat und fortgeschrieben bzw. archiviert wird. Ein solcher Verwaltungsakt setzt sich aus dem Antragsformular, den Bauplänen, den Stellungnahmen der beteiligten Fachdienststellen, den Genehmigungen und Auflagen der Bauordnungsbehörde, den bauaufsichtlichen Schreiben und ggf. den eingelegten Widersprüchen zusammen. Er stellt den Status des einzelnen Objektes dar und ist für die Beurteilung der vorliegenden Sachverhalte unabdingbar.

Unterstützung durch IT-Verfahren

Ein Aktenvorgang wird heute in der Regel in Papierform geführt und zwischen den Fachstellen weitergereicht. Bei diesem Arbeitsablauf wird die Genehmigungszeit nicht primär durch die erforderliche Bearbeitungszeit, sondern durch die Transport- und Liegezeiten zwischen den beteiligten Dienststellen bestimmt. Die Diskrepanz von reiner kumulierter Bearbeitungszeit aller beteiligten Dienstellen mit oft nur wenigen Arbeitstage gegenüber dem gesamten Zeitraum zwischen der Einreichung des Bauantrags und dem Erhalt der Genehmigung gilt es zu beseitigen.

Zur Wahrnehmung der Ordnungsaufgaben der Bauaufsicht gehören diverse Überwachungen und Kontrollen, die teilweise wiederkehrend sind. Dazu wird regelmäßig der aktuelle rechtmäßige Status des Objektes anhand der Bestandsunterlagen evaluiert. Aktenablage und Archivierung erfordern einen hohen Aufwand an Material, Platz und Arbeitskapazität, der durch innovative IT-Lösungen deutlich reduziert werden kann.

Die speziellen derzeit eingesetzten Bau-Fachverfahren unterstützen schon in der täglichen Arbeit die Berliner Bauaufsichtsbehörden.

Ablösenotwendigkeit

Der nächste Schritt ist jedoch konsequenter Weise die Vernetzung der Bauaufsicht als zentrale Anlaufstelle mit dem Antragsteller sowie mit den anderen Fachbehörden über Intranet bzw. Internet. Durch ein intelligentes Informationssystem soll der Antragsteller in die Lage versetzt werden, bereits vor Antragstellung einen möglichst kompletten Überblick über sämtliche Bereiche des Baurechts (so genanntes Baunebenrecht) zu bekommen, da nach dem neuen Berliner Baurecht nicht mehr alle öffentlich-rechtlichen Vorschriften im Rahmen eines nicht immer erforderlichen Baugenehmigungsverfahrens abschließend geprüft werden, aber dennoch einzuhalten sind. Grundlage dafür soll ein einheitliches Verfahren sein.

Es besteht eine Ablösedringlichkeit der vier unterschiedlichen Altsysteme in den Bezirken. Von den 12 Bezirken können nur noch vier Bezirke auf ein marktgängiges Standardprodukt verweisen, welches regelmäßig gewartet und aktualisiert werden kann. In den anderen Bezirken wurde entweder die Produktentwicklung eingestellt oder es handelt sich nur um eine MS-Office Unterstützung der bauaufsichtlichen Aufgaben. Es fehlt eine Unterstützungskontinuität und -flexibilität der Altsysteme in 70 % der Berliner Bauaufsicht. Ausbau und Erweiterung in diesen Ämtern sind nicht gegeben. Zudem sind Interoperabilitäts- und Schnittstellenprobleme in allen Bezirken vorhanden. Datenschutz- und Datensicherheitsanforderungen habe sich außerdem in den letzten Jahren fortentwickelt, die heute erhöhte Anforderungen stellen. SenStadt als Genehmigungsbehörde ausgewählter Bauvorhaben benutzt bisher keine Fachanwendung zur Verfahrensunterstützung bauaufsichtlicher Prozesse.

Diese Gründen zeigen, warum das Projekt sinnvoll ist, denn eine Einheitlichkeit in der Anwendung und der Arbeitsabläufe ist bisher nicht gegeben. Außerdem wird damit einer Forderung des Rechnungshofes von Berlin nach einem einheitlichen Verfahren für die Berliner Verwaltung Rechnung getragen.