Frau lächelt in die Kamera

IoT als Grundvoraussetzung für Digitalisierung der Industrie

22.04.2020

Das IoT und KI Unternehmen Industrial Analytics gewann im letzten Jahr mit der Vorstellung ihres TurboMonitors den Deep Tech Award 2019. Seitdem hat sich das Unternehmen erfolgreich weiterentwickelt und sich in der IoT und KI Szene einen Namen gemacht. Im Interview erzählt uns Anja Vedder, die Mitgründerin und Geschäftsführerin von Industrial Analytics, wie wichtig IoT für die Digitalisierung der Industrie ist. Sie gibt uns einen Einblick, wie sich ihr Unternehmen seit dem Deep Tech Award fortentwickelt hat und was der Standort Berlin der schnell wachsenden Deep Tech Szene bietet.

Hallo Frau Vedder, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen unsere Fragen zu beantworten. Könnten Sie sich vorstellen und Ihre Rolle bei Industrial Analytics in ein paar Sätzen zusammenfassen?

Sehr gerne. Ich bin Mitgründerin und Geschäftsführerin (COO) von Industrial Analytics und verantworte das operative Geschäft und den Vertrieb. Wir haben das Unternehmen Ende 2017 zu sechst gegründet. Unser Gründerteam besteht größtenteils aus Maschinenbau- Ingenieur*innen, die über viele Jahre bei MAN Diesel & Turbo SE, jetzt MAN Energy Solutions, in Berlin zusammengearbeitet haben. Vor Industrial Analytics habe ich mehr als zehn Jahre im Turbomaschinen After Sales Service gearbeitet, zuletzt als Head of Operations Europe Berlin.

Was genau macht Industrial Analytics und welche Services werden von Ihrem Unternehmen angeboten?

Industrial Analytics bietet innovative IoT und KI Software Services für das Monitoring von Industrieanlagen. Wir unterstützen vor allem Betreiber großer Anlagen bei der Digitalisierung. Wir kennen uns sehr gut mit verfahrenstechnischen Prozessen und rotierenden Maschinen wie Verdichtern, Turbinen und Pumpen aus. Daher kommen unsere Kunden vor allem aus der Prozess- oder Grundstoffindustrie, also Chemieunternehmen, Raffinerien aber auch Versorger.

Aufgrund der COVID-19 Pandemie haben wir unser Monitoring Service um den „Virtuellen Leitstand“ erweitert. Unsere Kunden stehen vor der Herausforderung, ihre Anlagen mit weniger Personal fahren zu müssen, entweder krankheitsbedingt oder um das Risiko zu minimieren. Gleichzeitig müssen die gesunden Mitarbeiter vor einer Ansteckung geschützt werden. Die Mitarbeiter sollen über dezentrale Arbeitsplätze genauso zusammenarbeiten können wie in der Leitwarte. Dabei ist das Thema Kollaboration ein zentrales Thema. Hier nutzen wir moderne webbasierte Technologien für die UI, Chat-Funktionen und die Einbindung von KI als Arbeitserleichterung bei der Entscheidungsfindung.

Wie wichtig ist IoT zur Digitalisierung der Industrie?

IoT ist aus meiner Sicht eine Grundvoraussetzung für die Digitalisierung in der Industrie. Wir konzentrieren uns bei Industrial Analytics auf die Vernetzung von Maschinen und Anlagen und die Auswertung von Sensordaten insbesondere hochfrequenter Daten wie Vibrationen und Akustik. Diese setzen wir in Verbindung mit den Prozessdaten, um den Gesundheitszustand von Maschinen und Anlagen besser beurteilen zu können.

Wie erleben Sie Berlin als Standort für IoT?

Ich habe beobachtet, dass sich in Berlin in den letzten Jahren ein wichtiges Ökosystem rund um das Thema IoT entwickelt hat. Beispiele dafür sind der IoT Campus von Bosch.IO, das Accelerator Programm der Deutschen Bahn “DB Mindbox” und die Digital Hub Initiative des BMWi.
Veranstaltungen wie bspw. die Hub Berlin oder die Industry of Things World und vor allem auch die Arbeit des Digitalverbands Bitkom helfen jungen Unternehmen wie uns, sich besser zu vernetzen.

Sie waren im letzten Jahr einer der Gewinner*innen des Deep Tech Awards 2019. Was hat Ihnen der Award ermöglicht und wie hat sich Ihr Unternehmen seitdem weiterentwickelt?

Unser gesamtes Team hat sich sehr über den Award im April letzten Jahres gefreut. Wir haben sogar eine „Deep Tech Award Party“ mit allen Mitarbeiter*innen und ortsansässigen Geschäftspartner*innen veranstaltet. Der Award hat uns zum einen ermöglicht, die Sichtbarkeit von Industrial Analytics zu erhöhen. Wir haben dann auch sehr viel positive Resonanz erhalten. Zum anderen haben wir das Preisgeld für die Produktentwicklung eingesetzt.

Etwa zur gleichen Zeit haben wir unsere Seed-Finanzierungsrunde abschließen können. Mittlerweile sind wir auf 14 Vollzeitbeschäftigte in Berlin und Brandenburg angewachsen. Wir konnten neue Kunden wie beispielsweise Evonik und die Deutsche Bahn gewinnen. Weiterhin haben wir unser Produktportfolio für die Anlagenüberwachung neben dem preisgekürten „TurboMonitor“ mit dem digital unterstützten Anlagenrundgang „PlantWalk“ erweitert und einen Softwareservice zur effizienten Entwicklung von Schmierölzusätzen mit definierten Eigenschaften entwickelt, den Polymer Predictor kurz auch „PolyPep“ genannt.

Im Februar diesen Jahres sind wir in unsere neuen und erstmals eigenen Räumlichkeiten nach Kreuzberg in den Elisabethhof gezogen. Vorher haben wir verschiedene Co-Working Spaces genutzt wie das betahaus und zuletzt die Räumlichkeiten des SAP Accelerators für S/4HANA & Digital Supply Chain.

Was bietet der Standort Berlin den Unternehmen, die sich in der Deep Tech Szene etablieren möchten? Und wieso haben Sie sich für diesen Standort entschieden?

Berlin ist in jedem Fall ein Magnet für viele. Eben auch für Softwareentwickler. Wir haben bisher weniger Probleme gehabt, hier hochqualifizierte Fachkräfte zu finden. Die liegt auch daran, dass es für viele vor allem jüngere Menschen attraktiver geworden ist, in einem Start-up zu arbeiten. Uns ist es wichtig, unseren Mitarbeiter*innen das selbstständige und flexible Arbeiten zu ermöglichen, was unter den aktuellen Umständen natürlich noch selbstverständlicher geworden ist. Verantwortung übernehmen und mitgestalten, wohin die Reise geht, sind wichtige Faktoren, um gute Leute zu begeistern.

Unsere Kooperationen mit den Berliner Universitäten und vor allem mit dem Hasso-Plattner-Institut (HPI) in Potsdam helfen uns natürlich, auch dabei Nachwuchs zu rekrutieren. Das HPI unterstützt uns zudem im Rahmen von Forschungsprojekten bei der Weiterentwicklung unserer Technologien. Das Land Berlin hat gerade für junge Unternehmen, bei denen die Produktentwicklung noch am Anfang steht, verschiedene öffentlich geförderte Programme.

Welche Tipps geben Sie den Unternehmen, die sich für den Deep Tech Award 2020 bewerben möchten? Gibt es da ein bestimmtes Erfolgsrezept?

Wichtig ist es den Innovationsgehalt, den Nutzen sowie das Alleinstellungsmerkmal deutlich herauszuarbeiten. Ein bestimmtes Erfolgsrezept habe ich nicht. Ich kann aber allen jungen Unternehmen dazu raten, sich hierfür zu bewerben.