Berliner Gedenktafel für Anna Maria Jokl

Pressemitteilung vom 17.06.2025

Die Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt erinnert seit heute in der Sächsischen Straße 23, 10707 Berlin-Wilmersdorf mit einer Berliner Gedenktafel an die Autorin und Psychotherapeutin Anna Maria Jokl (1911–2001).

Anna Maria Jokls langes Leben war geprägt von der Flucht vor dem Nationalsozialismus und antisemitischen Erfahrungen. Sie lebte in verschiedenen Städten, lernte die Sprachen und suchte trotz Brüchen immer neu nach einem passenden Ort in der Gesellschaft. Ihre bekannteste Veröffentlichung war die „Die Perlmutterfarbe. Ein Kinderroman für fast alle Leute“.

Von Wien, wo Jokl am 23. Januar 1911 in eine jüdisch assimilierte Familie geboren war, zog sie Ende der 1920er-Jahre nach Berlin zu ihrer Mutter. Dort wurde sie Sozialistin, nahm Schauspielunterricht, sammelte erste Arbeitserfahrungen in Presse, Rundfunk und Film.

Ende 1933 flüchtete sie vor dem NS-Regime nach Prag, ihrer ersten Exilstation. In nur wenigen Wochen schrieb sie dort „Die Perlmutterfarbe“. Am Beispiel von zwei Schulklassen beschreibt sie darin Mechanismen von Ausgrenzung, Denunziation, Manipulation und Verrat sowie die Möglichkeit, diese Strukturen mit Ehrlichkeit und Gesprächen zu überwinden. Eine deutschsprachige Fassung wurde erstmals 1948 in der DDR publiziert, 2008 entstand eine Verfilmung.

1939 musste Jokl erneut flüchten. In London schloss sie sich der tschechischen Exilgemeinschaft an, engagierte sich im Kulturbereich für Kinder und Jugendliche, arbeitete als Sekretärin und begann eine Ausbildung zur Psychoanalytikerin, welche sie in Zürich fortsetzte.

Nach dem britischen Exil ging sie 1950 in die DDR, wo „Die Perlmutterfarbe“ verfilmt werden sollte, wurde aber nach nur zwei Monaten ausgewiesen. Sie ließ sich in West-Berlin nieder, arbeitete als freie Psychotherapeutin, u.a. für das Jüdische Krankenhaus, war Autorin für den Rundfunk, vertrat die Jüdische Gemeinde im Rundfunkrat des SFB, belegte Kurse in Religionswissenschaft, reiste mehrmals nach Israel und lernte Iwrith. Seit 1956 verband sie ein enger Kontakt mit Martin Buber.

1965 zog sie nach Jerusalem, wo sie im Alter von 90 Jahren am 21. Oktober 2001 verstarb.

Die Literaturwissenschaftlerin Jennifer Tharr bezeichnete Sprache „als Konstante ihres Lebens“. Jokl selbst schrieb Anfang der 1940er-Jahre, geprägt von der Ambivalenz zwischen Hoffnung und Skepsis: „Alle Begriffe sind ins Wanken gekommen und müssen neu geschöpft werden, das heißt nicht immer, daß sie eine neue Bedeutung bekommen, sondern daß sie neu erlebt und gefühlt werden.“

Die Berliner Gedenktafeln sind ein Programm des Landes Berlin, eingebunden in das Förderprogramm Historische Stadtmarkierungen der Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die weißen Porzellantafeln werden von der Königlichen Porzellan-Manufaktur Berlin hergestellt. Die Recherche für den Tafeltext und die Organisation der Enthüllung lagen bei dem Verein Aktives Museum Faschismus und Widerstand in Berlin, der sich seit 2013 bei der Umsetzung des Berliner Gedenktafelprogramms engagiert.

Die Initiative zur Realisierung dieser Tafel ging von Dr. Dirk Clausmeier aus.

Besonderer Dank gilt der GASAG AG, die als langjährige Hauptsponsorin des Berliner Gedenktafelprogramms die Tafel für Anna Maria Jokl finanziert hat.