Hühner - Zucht

Bei den so genannten Nutztieren erfüllt die Zucht auf besonders schnell wachsende Masthühnerrassen die Vorgaben aus § 11 b Abs. 1, weil untenstehende Folgen auf der Skala von “ernsthaft möglich” – “überwiegend wahrscheinlich” – “höchst wahrscheinlich” – “sicher” sogar deutlich oberhalb von “ernsthaft möglich” einzuordnen sind.

Die entsprechenden Erkenntnisse sind wissenschaftlich fundiert und sind auch in Züchterkreisen bekannt. Folglich müsste das Züchten der besonders schnell wachsenden Masthühnerrassen gem. § 11 b Abs. 1 i. V. mit § 16 a S. 1 TierSchG verboten werden, wenn als Folgen der Zucht auf hohe tägliche Gewichtszunahmen und auf die Ausbildung großer Muskelpartien an Brust und Schenkeln u. a. beschrieben werden

  • es kommt zu hohen Verlustraten (5-7% je Mastdurchgang; demgegenüber bei den langsamer wachsenden „Label rouge“-Herkünften Verluste von ca. 0,25% pro Woche);
  • es kommt zu einem starken Anstieg der Mortalität, wenn auf die übliche Schlachtung nach 5-6 Wochen verzichtet und die Mast verlängert wird (vgl. Hörning 2008 S. 47: Vergleichsuntersuchung zwischen auf hohe Leistung gezüchteten Arbor-Acres-Hühnern und einer seit 1957 unverändert gebliebenen Zuchtlinie: nach 84 Masttagen bei den auf hohe Leistung gezüchteten Hühner 23,5-24,8% Mortalität, bei den 1957er Hühnern dagegen von 3,6-5,0%).
  • Es kommt u. a. zu Todesfällen. durch das Aszites-Syndrom (vgl. Demmler 3.2.2: selbst nach Einschätzung der DGfZ „korrelierte unerwünschte Selektionsfolge“ einer einseitigen Selektion auf „Zuwachs und Bemuskelung“).
  • Es kommt zu tibialer Dischondroplasie (= genetisch verankerte Entwicklungsstörung der Skelettreifung, die dem Beinschwäche-Syndrom zugeordnet wird; vgl. Demmler 3.3.2). Folge ist u. a., dass sich Masthühner gegen Ende der Mast kaum noch fortbewegen können und 80-90% der Zeit im Sitzen zubringen. Die TD ist mit Schmerzen verbunden, wie u. a. daran gezeigt werden konnte, dass bei Masthühnern, die mit einem Schmerzmittel versorgt worden waren, die Laufaktivitäten wieder zunahmen (vgl. Hörning 2008 S. 95).

Hinweis auf die EU-Nutztierhaltungsrichtlinie Nr. 98/58

Art. 4 i. V. mit Anhang Nr. 21: Tiere dürfen nur zu landwirtschaftlichen Nutzzwecken gehalten werden, wenn aufgrund ihres Genotyps oder Phänotyps berechtigtermaßen davon ausgegangen werden kann, dass die Haltung ihre Gesundheit und ihr Wohlergehen nicht beeinträchtigt.
Die Nutztierhaltungsrichtlinie ist “Cross-Compliance-relevant” (Art. 93 i. V. mit Anhang II der Verordnung EU Nr. 1306/2013 vom 17.12.2013 über die Finanzierung der Verwaltung und das Kontrollsystem der Gemeinsamen Agrarpolitik).

Konsequenz:
Landwirte, die qualgezüchtete Puten oder Masthühner halten, müssten eigentlich von den Direktzahlungen (zz. jährlich ca. 344 € pro ha landwirtschaftlicher Fläche) ausgeschlossen werden.

Quelle: Vortrag Dr. Christoph Maisack: „“Änderung des § 11b des Deutschen Tierschutzgesetzes – eine Chance für den Tierschutz?” am 3./4. Dezember 2014 in Celle