Dienstvereinbarung für die Einführung von HKR-neu

Zwischen

der Senatsverwaltung für Finanzen

und

dem Hauptpersonalrat für die Behörden, Gerichte und nicht rechtsfähigen Anstalten des Landes Berlin
(als um die Mitglieder des Hauptrichter- und Staatsanwaltsrats erweitertes Gremium im Sinne von § 29 Abs. 3 des Berliner Richtergesetzes)

wird aufgrund der Regelungen des § 74 Abs. 2 Satz 4 PersVG folgende Dienstvereinbarung geschlossen

Präambel

Aufgrund der erforderlichen Ablösung der Bestandssoftware ProFiskal, die technologisch an Grenzen stößt, ist der Landesfinanzservice, als nachgeordnete Behörde der Senatsverwaltung für Finanzen und dort die Abteilung HKR mit der Durchführung des Beschaffungs- und Imple-mentierungsprojektes „HKR-neu“ und damit mit der Konzeption und Einführung eines neuen IT-Fachverfahrens beauftragt worden.

Die Ablösung des bisherigen IT-Fachverfahrens „Neues Berliner Rechnungswesen (NBR)“, dem die Software ProFiskal seit vielen Jahren zugrunde liegt, soll in mehreren Schritten bzw. Meilensteinen erfolgen. Nach Beauftragung der MACH AG als Softwareherstellerin und Implementierungspartnerin erstellt diese diverse Feinkonzepte, die die Grundlage für die technische Umsetzung in einer neuen Softwarelösung für das Berliner Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen bilden (Meilensteine Feinkonzeptionierung und technische Umsetzung). Sobald eine erste Softwarelösung der MACH AG getestet und abgenommen ist, erfolgt mit der Pilotierung in einer Berliner Behörde der Start in den Probe-/Echtbetrieb des neuen IT-Fachverfahrens. An den Meilenstein Pilotierung schließt sich der stufenweise Rollout der neuen HKR-Software in allen Behörden der Einheitsverwaltung des Landes Berlin an. Danach startet der sogenannte Regelbetrieb und das IT-Fachverfahren ist im Land Berlin flächendeckend eingeführt und für die Nutzer*innen verfügbar. Zumindest der Kreis der derzeitigen Nutzer*innen von ProFiskal wird auch in der neuen HKR-Software arbeiten können, wobei weitere Anwender*innen im Rahmen der Landeslizenz hinzutreten können.

Bei der Einführung des neuen IT-Fachverfahrens sollen die etablierten Geschäftsprozesse und gewohnten Arbeitsroutinen weitgehend beibehalten und organisatorische Veränderungen möglichst vermieden werden. Gleichzeitig sollen durch die Realisierung eine erhöhte Transparenz von Berechnungs-, Planungs- und Steuerungsprozessen sowie die Optimierung von Arbeitsabläufen erreicht werden.

Mit der vorliegenden Dienstvereinbarung zum Projekt HKR-neu soll die Beteiligung der Beschäftigten im Land Berlin, ihrer Vertretungen und insbesondere der Nutzer*innen des IT-Fachverfahrens gestärkt und gefördert werden. Sie dient der unmittelbaren Einbeziehung in das Beschaffungs- und Implementierungsprojekt HKR-neu beim Landesfinanzservice und der laufenden Information der Beschäftigten und ihrer Vertretungen über Projektvorgehen und Projektverlauf bis zum Übergang in den Regelbetrieb. Daneben soll diese Dienstvereinbarung auch der Implementierungspartnerin MACH AG eine Orientierung geben, in welcher Art und Weise die Beteiligung der Beschäftigten und Beschäftigtenvertretungen an der Einführung einer neuen Softwarelösung im Land Berlin erfolgt.

1 Gegenstand und Geltungsbereich

Gegenstand dieser Dienstvereinbarung (DV) ist die Regelung der beteiligungsrechtlichen Bedingungen für die Einführung des IT-Fachverfahrens HKR-neu von der Konzeptionierung bis zum Übergang in den Regelbetrieb. Dabei werden die jeweiligen Projektphasen dargestellt, die Planung, Einführung und Implementierung sowie die vorgesehene Zeitschiene transparent gemacht.

Gleichzeitig sollen die Personalvertretungen in die einzelnen Phasen der Einführung und Inbetriebnahme involviert und so möglichst frühzeitig über anstehende Änderungen informiert werden.

Eine Meilensteinplanung mit entsprechenden Projektphasen ist dieser Dienstvereinbarung als Anlage 1 beigefügt. Die auf der Meilensteinplanung aufsetzende Projektplanung mit Liefer- und Leistungsterminen war im bisherigen Projektverlauf mehrfach fortzuschreiben und anzupassen. Eine jeweils aktuelle Projektplanung wird dieser Dienstvereinbarung als weitere Anlage beigefügt, sobald sie verbindlich mit der Implementierungspartnerin MACH AG vereinbart worden ist. Unabhängig davon werden die Beschäftigtenvertretungen seitens des Projektes HKR-neu über den aktuellen Planungsstand auf dem Laufenden gehalten.

Diese DV gilt für alle Dienstkräfte im Zuständigkeitsbereich des Hauptpersonalrats (HPR) für die Behörden, Gerichte, nichtrechtsfähige Anstalten und Eigenbetriebe des Landes Berlin (persönlicher Geltungsbereich).

Aktuell sind von der planmäßigen Ablösung des derzeitigen IT-Fachverfahrens und damit von der Einführung der neuen HKR-Software etwa 10.500 landesweit Beschäftigte aus den folgenden Verwaltungseinheiten betroffen:

  • Senatskanzlei
  • Senatsverwaltungen und deren nachgeordneten Einrichtungen
  • Verwaltung des Abgeordnetenhauses
  • alle zwölf Bezirksverwaltungen
  • Verfassungsgerichtshof
  • Rechnungshof
  • Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit

2 Verfahrensbeschreibung

Mit der Einführung von HKR-neu steht den Dienststellen des Landes Berlin ein umfassendes IT-Querschnittsverfahren zur Wahrnehmung der Aufgaben des Berliner Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesens zur Verfügung. Die IT-Verfahrensverantwortung liegt beim Landesfi-nanzservice (LFS), als nachgeordneter Behörde der Senatsverwaltung für Finanzen (SenFin). Das Verfahren beinhaltet insbesondere die softwarebasierte Unterstützung zur:

  • Haushaltsplanung,
  • Haushaltsrechnung,
  • Mittelbewirtschaftung,
  • Kosten- und Leistungsrechnung,
  • Anlagenbuchhaltung,
  • Budgetierung,
  • Kasse,
  • Mahnung und Vollstreckung,
  • Vermögensrechnung
    sowie
  • zum Berichtswesen,
  • zum Betrieb von Schnittstellen zu Fach- und Vorverfahren und
  • zur Nutzerverwaltung und Verfahrensbetreuung.

Die fachliche und technische Betreuung der Anwender*innen wird auf Seiten des LFS durch die Zentrale Verfahrensbetreuung sowie auf Seiten der jeweiligen Behörden durch eine dezentrale Verfahrensbetreuung (bislang: Zentrale und Dezentrale Anwendungssystembetreuung) wahrgenommen. Dabei wird die Betriebsverantwortung, zumindest bis zum Übergang in den Regelbetrieb bei der Implementierungspartnerin, der MACH AG, liegen. Die zeitlich befristete Wahrnehmung sämtlicher Aufgaben einer Verfahrensbetreuung (inklusive eines technischen Applikationsmanagements) durch die MACH AG dient insbesondere als Vorbereitung der Mitarbeitenden der SenFin auf die jeweiligen Rollen und Funktionen und die damit verbundenen Aufgaben.

Mit der Einführung von HKR-neu liegen neben diversen fachlich-funktionalen Feinkonzepten (z.B. zu den HKR-Funktionsbereichen Kasse, Mittelbewirtschaftung oder Anlagenbuchhaltung), die zusammen das Pflichtenheft und damit die Grundlage für die technische Umsetzung bilden, auch sog. nicht-funktionale Feinkonzepte vor. Im Hinblick auf die Beteiligung der Beschäftigtenvertretungen wichtige Feinkonzepte sind das zu Rollen und Berechtigungen, zu Schnittstel-len und Adapter, zu Schulungen (Schulungsfeinkonzept) und zum Know-how-Transfer (KHT) sowie das Verfahrensspezifische Sicherheitskonzept, das den Datenschutz mit beinhaltet.

Die neue Softwarelösung aus dem Hause der MACH AG (auch „HKR-neu“) berücksichtigt die im Land Berlin vorgeschriebenen kameralen Elemente ebenso, wie die betriebswirtschaftlichen einschließlich der kalkulatorischen Elemente.

Sämtliche Schnittstellen, die im Land Berlin zur Abbildung des Haushaltskreislaufs genutzt werden, stehen auch zukünftig in HKR-neu zur Verfügung. Darüber hinaus wird den Erforder-nissen einer Anbindung neuer Systeme an das IT-Fachverfahren durch ein höheres Maß an Interoperationalität Rechnung getragen.

An den grundsätzlichen, übergreifenden Prozessen im Rahmen der Aufgabenerfüllung des Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesens wird es durch die Einführung der neuen HKR-Software keine Änderungen geben; eine Konformität mit den einschlägigen Regelungen der Berliner Landeshaushaltsordnung (LHO) ist ebenfalls vorgesehen.

Die technische Umsetzung für den Betrieb von HKR-neu erfolgt unter Berücksichtigung der Vorgaben der IKT-Steuerung und unter Einbeziehung des zentralen IT-Dienstleisters des Lan-des Berlin, das ITDZ.

Eine Leistungs- und Verhaltenskontrolle im Rahmen des neuen IT-Fachverfahrens hat nicht stattzufinden.

3 Beteiligungsorientierte und evaluierte Einführung

Die Einführung der Softwarelösung HKR-neu bzw. des IT-Fachverfahrens erfolgt schrittweise und durchläuft die Phasen Testbetrieb, Probeechtbetrieb und regulärer Echtbetrieb (Regelbetrieb).

Testbetrieb

Der Testbetrieb umfasst das strukturierte und systematische Testen der HKR-Softwarelösung im Rahmen der Bereitstellung und Abnahme des Leistungsgegenstandes Landesreferenzlösung (LRL). Beim Testen der Software durch die Zentrale Verfahrensbetreuung im Landesfinanzservice (LFS) werden Integrations- und Abnahmetests durchgeführt, während die vorgelagerten Funktionstests in der Verantwortung der Implementierungspartnerin MACH AG liegen. Für das Testen im Rahmen der Prüfung und Abnahme der LRL stehen der Zentralen Verfahrensbetreuung insgesamt 90 Kalendertage zur Verfügung. Der Testbetrieb endet mit der Ab-nahme der LRL oder der Abnahmeverweigerung, wobei im letzten Fall die Implementierungspartnerin den Leistungsgegenstand erneut ausliefern und zur Abnahme bereitstellen kann, wodurch eine neue Test- und Abnahmefrist ausgelöst wird. Die den Funktions- und Integrationstests zugrundeliegenden Testfälle decken praxisgerechte und nutzungskritische Anwendungsfälle ab.

Während der 90-tägigen Test- und Abnahmefrist erfolgt die Grundprüfung zur Gebrauchstauglichkeit, Ergonomie und Barrierefreiheit. Hierzu werden dem Hauptpersonalrat (HPR) oder von ihm benannten dritten Personen die Testdokumentation zu den Funktionstests übermittelt und nach Bedarf Zugriffe auf die Softwarelösung der MACH AG eingerichtet. Bei der Durchführung der Grundprüfung ist der HPR durch geschulte Mitarbeiter*innen der Zentralen Verfahrensbetreuung zu unterstützen.

In einem weiteren Schritt vor der Pilotierung ist die Performance der technischen Systeme durch initiale Lasttests zu messen. Die Implementierungspartnerin entscheidet eigenständig über die Art des vorzunehmenden Lasttests sowie die Art und Weise seiner Durchführung. Die von der Implementierungspartnerin zu erstellende Ergebnismeldung zum Lasttest ist dem HPR zu übermitteln.

Im Testbetrieb werden keine personenbezogenen Daten verarbeitet.

Probe-/Echtbetrieb

Der Probe-/Echtbetrieb beginnt mit der Pilotierung, d.h. mit dem Ausrollen und der Inbetrieb-nahme der neuen HKR-Software in der ersten Behörde, der sogenannten Pilotbehörde. Damit startet der Verfahrensbetrieb in dieser Behörde, sobald die technischen und organisatorischen Vorbereitungen abgeschlossen, die neue HKR-Software installiert und eingerichtet, die Daten-migration durchgeführt und der Cut-Over erfolgt ist. Der Probe-/Echtbetrieb (aus Projektperspektive: die Pilotierung) erfolgt unter Verwendung von Echtdaten und dient sowohl der dienst-lichen Aufgabenerfüllung in einem neuen IT-Verfahren, als auch der Erprobung und Evaluation sowie der Optimierung der Software bzw. des Verfahrens. Im Zuge der Evaluation wird (konzeptionell und methodisch basiert) die Daten-, System- und Prozessqualität sowie die Rollout-qualität zu beurteilen sein, um Rückschlüsse für die weiteren Rollouts zu ziehen und ggf. Maßnahmen zur Verbesserung zu erarbeiten.

Während des Probe-/Echtbetriebs (der Pilotierung) erfolgen erste Maßnahmen zur Begutach-tung der Gebrauchstauglichkeit, Ergonomie und Barrierefreiheit der neuen HKR-Softwarelösung in der Form und technischen Ausprägung der Pilotlösung. Die Begutachtung erfolgt zunächst unter Beteiligung der Zentralen Verfahrensbetreuung und der Nutzer*innen der Pilotbehörde. Dem HPR oder von ihm benannten dritten Personen werden bei Bedarf jederzeit Zugriffsrechte auf die Pilotversion der HKR-Software eingerichtet

In einem zweiten Schritt der Begutachtung der Gebrauchstauglichkeit, Ergonomie und Barrie-refreiheit sind die technische Lösung bzw. die Umsetzung im Nutzungskontext des Verfahrens zu evaluieren sowie Maßnahmen zur Beseitigung von Software ergonomischen Mängeln zu ergreifen, um die Gebrauchstauglichkeit und Barrierefreiheit sicherzustellen. Dahingehende Prüfungen können im Verlauf des Rollouts im Land Berlin, d.h. nach Abschluss der Pilotierung, stichprobenartig und anlassbezogen, mit Bezug auf Nachbesserungen oder Funktionserweiterungen erfolgen. Dieser zweite Schritt in der Begutachtung erfolgt unter Einbeziehung mehrerer Behörden im Land Berlin, bei denen die neue Softwarelösung bereits im Einsatz ist und unter Berücksichtigung etwaiger behördenspezifischer Ausprägungen der Software.

Regulärer Echtbetrieb (Regelbetrieb)

Die Aufnahme bzw. der Übergang in den Regelbetrieb, als flächendeckende Inbetriebnahme der neuen Softwarelösung im Land Berlin, darf nur nach Zustimmung durch die Beschäftigtenvertretung erfolgen. Vor Vollendung des Rollouts erfolgt eine nochmalige Evaluation der Ergebnisse der Begutachtung der Gebrauchstauglichkeit, Ergonomie und Barrierefreiheit durch den HPR bzw. die dazu von ihm beauftragte Person. Von den Erkenntnissen aus der Evaluation der Begutachtung wird abhängen, ob und inwieweit von der Personalvertretung die Zustim-mung zum Regelbetrieb erteilt werden kann, die Hauptvertrauensperson (HVP) ist in diesen Prozess mit einzubeziehen.

Im Übrigen erfolgt eine Beteiligung der Beschäftigtenvertretungen prozessbegleitend unter Beachtung der Regelungen des Abschnitts Verfahrensaudits (Ziffer 6).

4 Datenschutz und IT-Sicherheit

Zur sicheren Nutzung von HKR-neu ist es erforderlich, Regelungen zum Datenschutz und zur Informationssicherheit zu erlassen. Entsprechend der Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und des Berliner Datenschutzgesetzes (BlnDSG), der Vorgaben des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und nach den Vorgaben der IKT-Steuerung der Senatsverwaltung für Inneres und Sport Berlin (SenInn) ist die Erstellung eines Datenschutzkonzeptes und eines verfahrensspezifischen IT-Sicherheitskonzeptes für den Betrieb des Verfahrens unerlässlich.
Bei der/m Datenschutzbeauftragten der SenFin sind das Verzeichnis der Verarbeitungstätigkeit sowie die Datenschutz-Folgenabschätzung gem. den Vorgaben der DSGVO hinterlegt.

Das Datenschutzkonzept basiert auf dem Standard-Datenschutzmodell 2.0b, welches im April 2020 auf der Konferenz der unabhängigen Datenschutzbehörden des Bundes und der Länder beschlossen wurde. Es beinhaltet die technischen und organisatorischen Umsetzungsmaßnahmen zur Einhaltung der zentralen datenschutzrechtlichen Anforderungen (Einhaltung der Gewährleistungsziele).

Die im Rahmen des Verfahrensbetriebs notwendigen Rollen und die zur jeweiligen Aufgabenerfüllung notwendigen Berechtigungen sind in dem im Zuge der Einführung von HKR-neu erstellten Feinkonzept Rollen und Berechtigungen festgeschrieben. Sofern hier Änderungen erforderlich werden, wird dieses Konzept fortgeschrieben, auch bereits in der Phase der Pilotierung bzw. des Probe-/Echtbetriebs.

Das verfahrensspezifische IT-Sicherheitskonzept beschreibt die Maßnahmen zur Einhaltung der systemseitig genutzten Hard- und Softwarekomponenten, der Kommunikationsverbindungen und betrachtet die Gefährdungen gem. dem Grundschutz-Check (GSC) des BSI. Grundlage sind das Grundschutzkompendium des BSI (BSI-Standards), die Vorgaben der IKT-Steuerung sowie die IKT-Sicherheitsarchitektur und die Leitlinie der Informationssicherheit.

Die im Zuge der Einführung von HKR-neu erstellten Dokumente sind verfahrensspezifisch. Die Vermittlung der Grundlagen des Datenschutzes und der IT-Sicherheit obliegen den jeweiligen Behörden und sind nicht Bestandteil der Konzepte. Die behördenspezifischen Verantwortlichkeiten bleiben ungeachtet der verfahrensspezifischen Verantwortlichkeiten bestehen.

Sofern Externe auf das IT-Fachverfahren, die technischen Komponenten oder auf Daten im Zuge der Betriebsverantwortung, der technischen Betreuung oder der Wartung zugreifen müs-sen, wird entsprechend der gesetzlichen Vorgaben zur Auftragsverarbeitung verfahren.

5 Arbeits- und Gesundheitsschutz

Bei den Verantwortlichkeiten für die Einhaltung der Regelungen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes wird zwischen verfahrens- und behördenspezifischen unterschieden.

Grundsätzlich gilt, dass bestehende und neu einzurichtende Bildschirmarbeitsplätze einschließlich der zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel so zu gestalten sind, dass die arbeitsrechtlichen Richtlinien und Vorschriften, insbesondere die des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) sowie die der Verordnung über Arbeitsstätten (ArbStättV) unter Beachtung technischer Regeln für Arbeitsstätten (ASR) und anerkannter ergonomischer Richtlinien, eingehalten werden. Bezüglich des ArbSchG sind insbesondere die §§ 3, 4 und 5, bezüglich der ArbStättV insb. §§ 3 und 3a sowie Nummer 6 des Anhangs zu beachten, bezüglich ergonomischer Richtlinien insbesondere einschlägige Richtlinien der Norm DIN EN ISO 9241.

Die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben zum Arbeits- und Gesundheitsschutz ist regelmäßig durch die jeweilige Dienststelle zu überprüfen. Dabei ist die ergonomische Gestaltung von Bildschirmarbeitsplätzen, insbesondere im Rahmen von Gefährdungsbeurteilungen unter Einbeziehung der zuständigen Beschäftigtenvertretungen und Fachkräfte für Arbeitssicherheit und unter Beachtung der GDA-Leitlinie „Gefährdungsbeurteilung und Dokumentation“ – ebenfalls durch die jeweilige Behörde – zu prüfen und zu dokumentieren. Die Beschäftigten sind durch Fortbildungen oder anderen geeigneten Maßnahmen über ergonomisches und gesundheitsbewusstes Verhalten bei der Bildschirmarbeit aufzuklären.

Verfahrensspezifisch ist dafür Sorge zu tragen, dass den rechtlichen Anforderungen an die Barrierefreiheit entsprochen wird. Dabei sind in der jeweiligen Dienststelle insbesondere die technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) V 3a. 2 und im Rahmen der Softwareeinführung die IKT-Architektur in der jeweils aktuellen Fassung (zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Dienstvereinbarung IKT-Architektur 1.7, Abschnitt 14) zu beachten.
Auf Basis dieser Regelungen erfolgen Grundprüfung, Begutachtung der Gebrauchstauglichkeit, Ergonomie und Barrierefreiheit sowie Evaluation der Begutachtung, so wie in Ziffer 3 im Detail beschrieben. Im Zuge dieser Prüfungen sollten sich der Grad der Effektivität, die Effizienz und die subjektive Komponente (Zufriedenheit) herleiten lassen. Die Begutachtung der Gebrauchstauglichkeit, Ergonomie und Barrierefreiheit basiert auf den in Anlage 2 dargelegten Fragestellungen.

6 Verfahrensaudits

Während der Phase des Probe-/Echtbetriebs, d.h. während der Pilotierung in einer Pilotbehörde, findet eine kontinuierliche Information der Beschäftigtenvertretungen statt. Dies wird zum einen mittels begleitender Verfahrensaudits und zum anderen durch Übermittlung der Ergebnisse der Evaluation in Form eines Berichtes, der von der Zentralen Verfahrensbetreuung zum Abschluss der Pilotierung erstellt wird, erreicht. In den Verfahrensaudits wird der jeweilige Stand des Verfahrens bzw. der Softwareimplementierung präsentiert und der Status der Auslieferung wird erläutert. Gleichzeitig werden Aussagen zu den Einschätzungen der Gebrauchstauglichkeit, über bestehende technische und organisatorische Probleme, zu beabsichtigten Änderungen und Planungen sowie bedarfsweise zu funktionalen, organisatorischen, ergonomischen, rechtlichen und technischen Aspekten getroffen.

Die Verfahrensaudits bieten Raum zur Erörterung von Fragen zum Betrieb des Verfahrens, unter anderem zur Arbeitsorganisation, zum Beschäftigtendatenschutz sowie zur Software-Ergonomie. Offene Fragen, Probleme und strittige Punkte im Zuge des Probe-/Echtbetriebs und der Einführung des IT-Fachverfahrens sollten geklärt und ein Konsens über durchzuführende Maßnahmen erzielt werden.

Der an den Verfahrensaudits teilnehmende Personenkreis und die Themen/Schwerpunkte eines Audits werden im Vorfeld des jeweiligen Termins abgesprochen. Dabei stehen die Verfahrensaudits nicht nur dem IT-Verfahrensverantwortlichen, der Zentralen Verfahrensbetreuung oder den Mitgliedern der Beschäftigtenvertretungen offen, sondern grundsätzlich allen Nutzerinnen und Nutzern des Bestandsverfahrens und der neuen HKR-Softwarelösung im Land Berlin.

Verfahrensaudits sollen grundsätzlich in folgenden Situationen durchgeführt werden:

  • anlässlich vereinbarter Meilensteine der Beteiligung, d.h. vor der Aufnahme des Pilotbe-triebs und vor dem regulären Echtbetrieb,
  • vor Inbetriebnahme neuer Komponenten oder Versionen (Softwarereleases), die erhebliche funktionale, dialogtechnische oder arbeitsorganisatorische Änderungen zur Folge haben
  • auf Antrag der Beschäftigtenvertretungen oder der Verfahrensverantwortlichen;
  • einmal jährlich während des Betriebs in Abstimmung mit den Beschäftigtenvertretungen.

Die Vertragsparteien können einvernehmlich Verfahrensaudits zusammenlegen, auf sie ver-zichten oder andere Regelungen treffen.

7 Nutzerservice, Qualitäts- und Änderungsmanagement

Im Rahmen der Einführung der Software werden die Beschäftigten in ihrer Arbeit mit HKR-neu auf unterschiedliche Art unterstützt. Unter anderem wird ein Themenportal eingerichtet, auf dem Schulungsunterlagen, die Antworten auf häufig gestellte Fragen (FAQ) sowie die Benutzerhandbücher zur Verfügung gestellt werden.

Zur Unterstützung bei der Anwendung von HKR-neu, wie z. B. bei individuellen Einstellungen des Programms, im Umgang mit Anwendungsproblemen wird bei der Zentralen Verfahrensbe-treuung des LFS ein HelpDesk eingerichtet. Es ist sicherzustellen, dass die Beschäftigten im Bedarfsfall schnell und kompetent Hilfe bei der Erledigung ihrer Aufgaben in HKR-neu erhalten. Ein 1st Level Support, der durch die Dezentralen Verfahrensbetreuungen (ehem. Dezent-rale Anwendungssystembetreuer/-innen) wahrgenommen wird, ist bei Fragen oder Problemen für die Beschäftigten erste Anlaufstelle vor Ort in den Behörden. Der 2nd Level Support erfolgt bis zum Übergang der Betriebsverantwortung auf den LFS durch die Implementierungspartnerin bereits unter Einbeziehung der künftigen Zentralen Verfahrensbetreuung.
Ergänzend zur persönlichen Unterstützung werden zweckdienliche Informationen zum Verfahren, insbesondere Benutzerhandbücher und sonstige Hilfen, über das Intranet zugänglich gemacht.

Zur nachhaltigen Gewährleistung und Optimierung der Gebrauchstauglichkeit des Systems werden ein Qualitäts- und Änderungsmanagement eingerichtet, das ebenfalls bei der Zentralen Verfahrensbetreuung angesiedelt ist.

Bei notwendigen Anpassungen und Änderungen in HKR-neu haben vorrangig das Qualitäts- und Änderungsmanagement die Aufgabe, darauf zu achten, dass die technische Umsetzung den fachlich-funktionalen Anforderungen entspricht. Im Rahmen der Implementierung, aber auch bei späteren Anpassungen oder Änderungen der HKR-Software gehören dazu das Customizing, Softwarekonfigurationen und -entwicklungen sowie die Auswirkungen auf angrenzende oder angebundene Verfahren bzw. Systeme zu identifizieren, zu analysieren und bei Bedarf anzupassen. Hierzu gehören auch die behördenspezifischen Anpassungen der Schulungsunterlagen sowie die Prüfung der Notwendigkeit an zusätzlichen Schulungen für die Anwender*Innen und/oder die dezentrale IT-Verfahrensbetreuung.

Das Qualitäts- und Änderungsmanagement in Verbindung mit dem Nutzerservice soll sicherstellen, dass Fehler oder ergonomische Mängel möglichst kurzfristig und nachhaltig behoben werden. Bedarfe, Wünsche und Ideen zur Weiterentwicklung des Systems können von den Beschäftigten leicht und zeitnah eingebracht werden, sollen transparent und kompetent bearbeitet, geprüft und nach positiver Prüfung umgesetzt werden.

8 Schulung und Qualifizierung

Im Zuge der Einführung von HKR-neu werden die Mitarbeitenden durch qualifizierte Informations- und Schulungsveranstaltungen auf die Nutzung des neuen IT-Fachverfahrens vorbereitet. Sie werden in die Lage versetzt, ihre Aufgaben mittels der erforderlichen technischen, fachlichen und organisatorischen Kenntnisse zu erfüllen. Die Beschäftigten erhalten ausreichend Zeit und Gelegenheit, sich mit der Anwendungssoftware und der zur Verfügung gestellten, verfahrensspezifischen Hardware vertraut zu machen. Mit der Einführung der Software steht eine praxisbegleitende Zentrale und Dezentrale Verfahrensbetreuung/ (Anwenderbetreuung) zur Verfügung.
Die Schulungsmaßnahmen sollen insbesondere folgende Bereiche umfassen:

  • Vermittlung der Funktionsweise und Handhabung der Software;
  • Fachliche Einweisung und praktische Übungen, insbesondere Demonstration und Erläuterung des Funktionsumfanges anhand beispielhafter dienstlicher Aufgaben
  • Erläuterung und Bedienungshinweise bei auftretenden Programmfehlern und Fehlbedienungen,
  • Unterweisung in alle für die Aufgabenerledigung erforderlichen Programmbestandteile einschließlich Beginn, Fortsetzung und Ende der Programmbenutzung,
  • Unterweisung in die Benutzung der Handbücher, die Hilfe-Funktionen, ggf. vorhandene Lernprogramme und arbeitsplatzbezogene Aufgaben;
  • Einweisung in ergonomische Einstellungs- und Bedienmöglichkeiten des IT-Fachverfahrens HKR-neu. Dazu gehören insbesondere Bedienoptionen von Eingabe-medien (z.B. Tastaturbedienung, direkte Manipulation) und Einstellungsmöglichkeiten zur individuellen Anpassung der Benutzungsoberfläche wie Skalierung der Informationsdarstellung (z.B. Schrift, Bedienelemente), Einstellungen für Fenster und Fensterbereiche, Tabelleneinstellungen (z.B. Ein-/Ausblenden von Spalten, Sortierung von Tabel-leneinträgen, Spaltenanordnungen), bereichs-, rollen- und nutzerbezogene Vorbelegun-gen und sonstige Funktionen zur Individualisierung im Sinne des Arbeits- und Gesundheitsschutzes.

Die Schulungsmaßnahmen finden während der Arbeitszeit statt. Grundsätzlich finden fachspezifische Schulungen statt, d.h. die Schulungen werden an Hand von Rollenprofilen auf den individuellen Bedarf zugeschnitten. Umfassende Allroundschulungen finden ausnahmeweise nur dann statt, wenn Nutzer*innen wegen ihrer konkreten rollenspezifischen Aufgabe oder Tätigkeit eine funktional umfassende Schulung benötigen (z.B. die Nutzer*innen im First Level Support).

9 Schlussbestimmungen

Diese Dienstvereinbarung (DV) tritt mit ihrer Unterzeichnung in Kraft.
Soweit einzelne Regelungen der DV aufgrund anderweitiger rechtlicher Regelungen unwirk-sam sein sollten, wird die Wirksamkeit der DV im Übrigen hierdurch nicht berührt. Bei Bedarf ist die DV an die veränderten rechtlichen Regelungen anzupassen.

Änderungen bedürfen der Schriftform und sind von den Vertragsparteien einvernehmlich festzulegen.

Tarif- und beamtenrechtliche Bestimmungen sowie Beteiligungsrechte nach PersVG, SGB IX sowie LGG bleiben unberührt.

Die DV gilt bis zum Abschluss des Probe-/Echtbetriebs. Mit Übergang des IT-Fachverfahrens in den Regelbetrieb ist diese DV durch eine „Dienstvereinbarung für den Betrieb des IT-Fachverfahrens HKR-neu“ zu ersetzen.

Die DV kann vorab mit einer Frist von drei Monaten zum 30. Juni oder 31. Dezember eines Kalenderjahres gekündigt werden. Die Kündigung bedarf der Schriftform. Die Bestimmungen dieser Vereinbarung gelten im Falle einer Kündigung bis zum Abschluss einer neuen DV weiter.

Die Möglichkeit zum Abschluss ergänzender Dienstvereinbarungen bleibt von dieser Dienstvereinbarung unberührt.

Berlin, den 24.09.2021

  • gez. Dr. Matthias Kollatz
    Dr. Matthias Kollatz
    Senator für Finanzen

    gez. i.V. Stecher
    Daniela Ortmann
    Hauptpersonalrat – Vorsitzende -

Anlage 1 - Meilensteinplanung zum Projekt HKR-neu

(vereinfachte Darstellung)
Für die vollständige Ansicht siehe Download

  • Projektinitialisierung

    1 Vergabe externe Projektsteuerung

    • Vorbereitung Vergabeverfahren
    • Teilnahmewettbewerb
    • Vorbereitung der Ausschreibungsunterlagen
    • Verhandlung und Auswertung
    • Vorbereitung Zuschlagsentscheidung
    • Vertragsabschluss mit externen Projektsteuerer

    2 Feinplanung & Fachkonzeptionierung

    • Feinplanung des Projekts mit Ablauf- und Terminplanung
    • Projekthandbuch, Teilprojekte und Teilprojektplanung
    • Funktionale Anforderungen + Ergänzende Grobkonzepte = Lastenheft
    • Beauftragung Rechtsberatung
    • Marktanalyse
    • WiBe (PLAN)
  • Vergabe

    3 Vergabe Software & Implementierung

    • Europaweite Ausschreibung
    • Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb
    • Vergabe in einem Los
    • produkt- und anbieterneutral, transparent und wettbewerbsoffen
  • Realisierung/Implementierung

    4 Pflichtenheft & Landesreferenzlösung

    • Erstellung Pflichtenheft und Feinkonzepte
    • Technische Realisierung/Konfiguration der Landesreferenzlsg
    • Funktionstests
    • Wissenstransfer

    5 Pilotierung

    • Realisierung Pilot
    • Integrations- und Abnahmetests
    • Evaluativer Produktivbetrieb
    • Wissenstransfer
  • Paralleler Start zu Punkt 4

    7 Schulung der User

    • Leistungsbeschreibung/Schulungskonzept
    • Vergabe von Schulungsleistungen
    • Durchführung nutzerspezifischer Schulungen
  • Rollout

    6 Rollout

    • Rollout in 13 Wellen
    • Parallelbetrieb ProFiskal und HKR-neu
    • Cut-over/Go Live

Anlage 2 - Grundsätze zur Prüfung und Gewährleistung der Gebrauchstauglichkeit und Barrierefreihei des IT-Systems HKR-neu

Erstellt durch die tbs berlin GmbH.

(1) Zur Gewährleistung der Anforderungen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes, insbesondere des Arbeitsschutzgesetzes und der Arbeitsstättenverordnung, sowie Anforderungen der Barrierefreiheit werden Prüfungen der Gebrauchstauglichkeit und Barrierefreiheit des IT-Systems HKR-neu nach Maßgabe der folgenden Grundsätze und Verfahrensregeln durchgeführt.

(2) Die Maßnahmen zur Gewährleistung der Gebrauchstauglichkeit und Barrierefreiheit, insbesondere diesbezügliche Prüfungen und Anpassungen, erfolgen in mehreren Schritten.

Das schrittweise Vorgehen dient dem Zweck, einerseits möglichst frühzeitig diesbezügliche Mängel feststellen und Maßnahmen zu ihrer Behebung einleiten zu können, und andererseits zu gewährleisten, dass die besonderen Anforderungen verschiedener Nutzungskontexte und darin gemachten Erfahrungen sowie die im Rahmen der Weiterentwicklung erfolgten Änderungen der Dialoggestaltung in die Prüfung einbezogen werden können.

(3) Die softwareergonomischen Prüfungen und Maßnahmeplanungen erfolgen in Abstimmung mit den zuständigen Beschäftigtenvertretungen. Insbesondere werden die Beschäftigtenvertretungen in die Planung und die Auswertung von Gutachten zur Gebrauchstauglichkeit und Barrierefreiheit eingebunden.

(4) Nach Erstellung der Landesreferenzlösung erfolgt eine softwareergonomische Grundprüfung im Hinblick auf allgemeine Anforderungen der Informationsdarstellung und Dialogführung sowie der Barrierefreiheit.

(5) Als Basis der Grundprüfung sollen einschlägige Richtlinien von Teil 110, 112 und 125 von DIN EN ISO 9241 dienen. Sie soll Anforderungen an das Informations- und Interaktionsdesign gemäß DGUV 215-450, Abschnitte 8 und 9, unter Berücksichtigung der mit den Teilen 112 und 125 erfolgten Änderungen der DIN EN ISO 9241 beinhalten.

Als Basis der Prüfung der Barrierefreiheit sollen die in der IKT-Architektur des Landes Berlin festgelegten Anforderungen an die „digitale Barrierefreiheit“ in der aktuellen Version (zurzeit Version 1.4, siehe Abschnitte 9 und 10.4) dienen.

(6) Die Grundprüfung erfolgt in Form einer Expertenevaluation respektive Inspektion seitens eines Gutachters. Sie soll zu einem Zeitpunkt erfolgen, dass Prüfergebnisse in die Abnahmeprüfung einfließen können.

(7) Aufgrund der Ergebnisse der Grundprüfung soll mit Beteiligung der zuständigen Beschäftigtenvertretungen ein Maßnahmeplan erstellt werden.

(8) Die Vertragsparteien sind sich einig, dass in der Grundprüfung festgestellte Mängel der Aufnahme des Probeechtbetriebs grundsätzlich nicht im Wege stehen. Ausnahmen von diesem Grundsatz sind auf besonders gravierende Mängel der Gebrauchstauglichkeit beschränkt, die im Rahmen einer diesbezüglichen Gefährdungsbeurteilung als unzumutbar und betriebsverhindernd eingestuft werden.

(9) Im Rahmen des Probeechtbetriebs soll eine Begutachtung und Optimierung der Gebrauchstauglichkeit unter Beachtung einschlägiger Richtlinien der Gebrauchstauglichkeit gemäß DIN EN ISO 9241-11 erfolgen. Im Rahmen dessen soll der Maßnahmeplan aktualisiert, darin vorgesehene Maßnahmen zur Mängelbeseitigung umgesetzt und die Wirksamkeit der Umsetzung geprüft werden.

(10) Die Begutachtung der Gebrauchstauglichkeit soll grundsätzlich folgenden Anforderungen genügen:

a) Sie soll Prüfungen auf Basis der Teile 112 und 125 (Informationsdarstellung), 110 (Grundsätze der Dialoggestaltung) und 13 (Benutzerführung) von DIN EN ISO 9241 beinhalten und bedarfsweise 1 Richtlinien weiterer Normteile von DIN EN ISO 9241 einbeziehen, wie insbesondere 14 (Menüs), 16 (direkte Manipulation), 129 (Individualisierung) und 143 (Formulardialoge).

b) Gemäß DIN EN ISO 9241-11 sind die Gegebenheiten und Anforderungen des Nutzungskontexts der Berliner Verwaltung zu beachten. Dementsprechend sind die die für die Anwendung relevanten Merkmale der Arbeitsaufgaben, Arbeitsabläufe und Anwendungsfälle, der technischen Infrastruktur und Arbeitsumgebung in verschiedenen Verwaltungseinrichtungen zu berücksichtigen.

c) Gemäß DIN EN ISO 9241-210 sind in die Untersuchung Vertreter aller Nutzergruppen einzubeziehen. Bedarfsweise sind in Abstimmung mit den Verfahrensverantwortlichen und Beschäftigtenvertretungen die Sichtweisen weiterer Stakeholder zu berücksichtigen.

d) Das Gutachten soll neben einer Gesamtbewertung eine Auflistung aller ermittelten Usabilityprobleme mit einer Problembeschreibung und ergonomischen Beurteilung sowie Hinweise zu erforderlichen oder empfehlenswerten Maßnahmen zur Problembehebung respektive Erhöhung der Gebrauchstauglichkeit beinhalten.

Es soll die Entscheidungsfindung und Maßnahmeplanung der Verfahrensverantwortlichen und des Hauptpersonalrats, insbesondere im Hinblick auf die Zustimmung respektive Freigabe zum unbefristeten Echtbetrieb und zu erforderlichen Änderungsaufträgen (change requests), unterstützen.

______________________________________

1 Die Einbeziehung weiterer Normteile kann einvernehmlich im Rahmen der Auftragsvergabe festgelegt oder dem Ermessen der Gutachterinnen oder Gutachter überlassen werden.

(11) In Abhängigkeit von den im Rahmen der Grundprüfung erfolgten Prüfungsergebnisse zur Barrierefreiheit sowie Erweiterungen oder Änderungen des Dialogsystems werden in Abstimmung mit den zuständigen Beschäftigtenvertretungen ergänzende Prüfungen der Barrierefreiheit festgelegt und durchgeführt.

Der Nachbesserungsplan und Prüfbericht muss die diesbezüglichen Anforderungen der IKT-Architektur des Landes Berlin (Abschnitt 9.1.1 und 9.1.2, Version 1.4) erfüllen.

(12) Die Untersuchung der Gebrauchstauglichkeit und Barrierefreiheit kann in Abstimmung mit dem Hauptpersonalrat und der Hauptschwerbehindertenvertretung in Teiluntersuchungen erfolgen, insbesondere zu besonderen Einführungsphasen, Komponenten und Anwendungsbereichen.

Vor Aufnahme des regulären Echtbetriebs ist die Gebrauchstauglichkeit und Barrierefreiheit des Gesamtsystems nachzuweisen.

(13) Aussprache und Auswertung der Gutachten respektive Prüfberichte, aus ihnen zu ziehende Schlussfolgerungen und Maßnahmeplanungen sollen grundsätzlich im Rahmen eines Verfahrensaudits erfolgen. Die zuständigen Dienststellen und Beschäftigtenvertretungen können dazu interne oder externe Sachverständige, insbesondere Gutachterinnen oder Gutachter, hinzuziehen oder sich über ein anderes Vorgehen verständigen.

DV als Download mit Anlagen

  • DV HKR-neu

    PDF-Dokument (3.9 MB) - Stand: 24.09.2021