Commercial Chambers bei dem Landgericht Berlin II

Commercial Chambers

Am Landgericht Berlin II wurden zum 01. April 2025 Commercial Chambers eingerichtet. Vor diesen können bürgerliche Rechtsstreitigen zwischen Unternehmern auf dem Gebiet des Bau- und Architektenrechts von der Klageschrift bis zur Endentscheidung vollständig in englischer Sprache geführt werden. Der Instanzenzug ist nach allgemeinen Vorschriften über den Commercial Court bei dem Kammergericht an den BGH gegeben.

  • Was für Vorteile bieten Ihnen die Commercial Chambers?
    • unparteiliche und unabhängige Konfliktlösung mit hoher fachlicher Spezialisierung auf der Richterbank,
    • Möglichkeit einer englischsprachigen Verfahrensführung – einschließlich der Entscheidung und des Berufungsverfahrens –, wobei ein Rückgriff auf die deutsche Sprache bei Bedarf möglich ist (§§ 606 ff. ZPO n. F., § 184a Abs. 3 GVG n. F., §§ 1 ff. CCVO),
    • effiziente und maßgeschneiderte Organisation des Verfahrens mittels eines frühzeitigen Organisationstermins zur Strukturie-rung der weiteren Verfahrensführung (§ 612 ZPO n. F.), auch als Videokonferenz (§ 128a ZPO),
    • bei Bedarf besonderer Schutz von Geschäftsgeheimnissen, u.a. mit der Möglichkeit der Verhängung von Ordnungsmitteln (Ordnungsgeld bis zu 100.000,00 € oder Ordnungshaft bis zu sechs Monate) (§ 273a ZPO n. F. i.V.m. §§ 16 ff. GeschGehG),
    • mitlesbares Wortprotokoll ist möglich (§ 613 ZPO n. F.).
  • In welchen Sachgebieten kann vor den Commercial Chambers verhandelt werden?

    Die Möglichkeit, die Commercial Chambers anzurufen, besteht in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zwischen Unternehmern „aus Bau- und Architektenverträgen sowie aus Ingenieurverträgen, soweit sie im Zusammenhang mit Bauleistungen stehen“ (§§ 1 f. CCVO) ab einem Streitwert von mehr als 5.000,00 €. Eine Streitwertobergrenze besteht nicht. Ab einem Streitwert von 500.000,00 € können Parteien wählen, ob sie eine landgerichtliche Commercial Chamber oder den beim Kammergericht angesiedelten Commercial Court anrufen möchten.

  • In welcher Sprache wird vor den Commercial Chambers verhandelt?

    Grundsätzlich werden Verfahren vor den Commercial Chambers vollständig in englischer Sprache geführt. Den Parteien bleibt es aber unbenommen, auch vor den Commercial Chambers auf Deutsch vorzutragen, sofern sie dies ausdrücklich oder stillschweigend vereinbart haben oder die andere Partei nicht unverzüglich widerspricht (vgl. § 184a Abs. 3 S. 2 GVG n.F.).

  • Der Weg zu den Commercial Chambers

    Um vor einer Commercial Chamber verhandeln zu können, müssen die Parteien vorab eine englische Verfahrensführung vereinbaren und diese Einigung bei der Klageerhebung mitteilen. Alternativ können sich die Parteien auch noch mit Klageschrift und Klageerwiderung auf Englisch als Gerichtssprache einigen. Die beklagte Partei kann sich zudem rügelos in englischer Sprache einlassen.

    Als Commercial Chambers stehen die Zivilkammer 9 und die Zivilkammer 103b zur Verfügung. Bei letzterer handelt es sich zugleich um eine Kammer für Handelssachen (sog. KfH). Beantragen die Parteien zusätzlich eine Verhandlung vor einer Kammer für Handelssachen (nach den Vorschriften §§ 96 ff. GVG), begründet dies demnach eine Zuständigkeit der Zivilkammer 103b. In allen anderen Fällen wird die Zivilkammer 9 das Verfahren führen.

  • Was ist der Unterschied zu den Internationalen Kammern?

    Das Landgericht bietet bereits seit 2021 die Möglichkeit, die mündliche Verhandlung auf Englisch durchzuführen. Da die Gerichtssprache jedoch Deutsch ist, konnte dieses Angebot bislang nur für die mündliche Verhandlung unterbreitet werden. Insbesondere wenn Parteien außerhalb der o.g. Sachgebiete eine mündliche Verhandlung auf Englisch anstreben, kommt eine Anrufung der Internationalen Kammern weiterhin in Betracht.

Die Richterinnen und Richter der Commercial Chambers

Sowohl die Zivilkammer 9, die regelmäßig als Kammer mit drei Berufsrichter:innen entscheidet, als auch die Zivilkammer 103b, die als Kammer für Handelssachen mit einem Berufsrichter und zwei Handelsrichtern besetzt ist, gewährleisten als Commercial Chambers eine hohe Expertise im Bau- und Architektenrecht. Sie sind im Umgang mit grenzüberschreitenden Sachverhalten vertraut und verfügen über fundierte Englischkenntnisse.

Julia Flockermann
  • Vorsitzende Richterin am Landgericht Julia Flockermann, LL.M.
    • seit 2018 Vorsitzende, Kammer für Bausachen
    • seit 1993 Richterin, insbes. in Zivil-/Wirtschaftssachen sowie gerichtsinterner Mediation (Landgericht Berlin II, Kammergericht; Abordnungen u.a. an Bundesministerium der Justiz sowie Justizprüfungsamt Berlin)
    • 2011 – 2012 Attorney at Law, NY; LL.M., US & Comparative Law, Schwerp. Corporate Law, Fordham, NY
    • 1990 – 1993 Referendariat KG Berlin; Stationen, u.a. EU-Kommission/GD Gesellschaftsrecht, Brüssel; Wirtschaftsprüfersozietät Bonn/Berlin
    • 1986 – 1990 Studium der Rechtswissenschaften in Hamburg und Freiburg;
    • 1983 – 1985 Banklehre bei einer deutschen Großbank

Der Kammer gehören ferner an:

  • Richter am Landgericht Torben Lüpke
  • Richterin am Landgericht Charlotte Wiedenberg
    • seit Ende 2012: Richterin (u.a. Kapitalanlage-, Versicherungs- u. Gesellschaftsrecht)
    • 2012: Rechtsanwältin bei einer internationalen Großkanzlei
    • 2009 – 2011: Referendariat in Berlin
    • 2008 – 2009: Masters of Laws (LL.M.) an der LSE – Corporate and Commercial Law
    • 2003 – 2008: Studium an der Humboldt Universität zu Berlin; 2004 und 2005: Fremdsprachliches Rechtsstudium (I und II) im französischen Recht
  • Richter am Landgericht Dr. Alexandru Petrescu
    • seit 2018 Richter (u.a. Zivilrecht, Insolvenzrecht)
    • Rechtsanwalt bei einer Wirtschaftskanzlei in Berlin im Bereich Finanzierung und Restrukturierung
    • Referendariat beim Kammergericht Berlin mit Station in London
    • 2013 Dissertation: Lastschriftverkehr in Deutschland, Rumänien und der EU, DE GRUYTER, 2013
    • Studium an der Humboldt-Universität zu Berlin
  • Richterin am Landgericht Dr. Charlotte Riemann
    • seit 2021 Richterin (u.a. Zivilrecht, internationale Kammer)
    • 2018 – 2021: Rechtsanwältin bei einer internationalen Großkanzlei
    • 2016 – 2018: Referendariat am Kammergericht Berlin mit Stationen im Kanzleramt und bei der Ständigen Vertretung der Vereinten Nationen, New York
    • 2016 Promotion: Baurechtliche Instrumente gegen Gentrifizierung, Kommunal- und Schul-Verlag/KSV Medien Wiesbaden
    • 2008 – 2013: Studium an der Ludwig-Maximilians-Universität München (mit fachspezifischer Fremdsprachenausbildung für Englisch und Französisch); Certificate of Advanced Studies der HM Akademie St. Gallen in Law & Management
  • Richter Dr. David Leuthold
    • seit 2024 Richter in Berlin (Baurecht)
    • 2022 – 2024 Rechtsanwalt bei einer internationalen Großkanzlei mit Tätigkeitsschwerpunkt im Kartell- und Außenwirtschaftsrecht
    • Promotion: Die Wirkung von internationalen Gerichtsstandsvereinbarungen zugunsten und zulasten Dritter, Schriften zum internationalen Privat- und Verfahrensrecht, Peter Lang, 2022
    • Referendariat am Kammergericht Berlin mit Stationen im Bundeswirtschaftsministerium und verschiedenen internationalen Großkanzleien
    • 2017 – 2022 Prozessführung und M&A in Deutschland und der Türkei
    • 2014 – 2015 Teilnahme am Willem C. Vis Arbitration Moot Court
    • 2011 – 2017 Studium an der Universität Münster mit Fachspezifischer Fremdsprachenausbildung: Common Law (Englisch); Auslandsstudium Yeditepe University, Istanbul (2013)
Friedrich Oelschläger
  • Vorsitzender Richter am Landgericht Friedrich Oelschläger
    • langjährige Tätigkeit in der Zivilkammer 16 des Landgerichts Berlin, zuständig für Wettbewerbs-, Marken-, Urheber-, Kartell- und Patentrecht
    • dreijährige Abordnung an das Bundesministerium der Justiz, Referat für Patent- und Erfinderrecht mit Zuständigkeit für nationales, europäisches und internationales Patentrecht
    • Jurastudium an der Universität Passau mit abgeschlossener fachspezifischer Fremdsprachenausbildung in Englisch, Französisch und Russisch
    • Auslandsstudienjahr am King’s College London
    • Aufbaustudium im europäischen Wirtschaftsrecht am Collège d’Europe in Brügge
    • Ausbildungsbegleitende Praktika in Paris (Rechtsanwaltskanzlei), Moskau (deutsches Wirtschaftsunternehmen), Vilnius (Deutsche Botschaft) und Brüssel (Büro des Landes Berlin)

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