In dieser insgesamt 18-teiligen Serie verarbeiteten Sidhu und Swainston einschneidende Ereignisse, die sich in den USA zwischen dem 24. Mai 2020 und dem 6. Januar 2021 ereignet haben: die Ausbreitung der Covid-19-Pandemie , der Tod George Perry Floyds, die Bewegung Black Lives Matter und der Aufstand vor und im Kapitol der Vereinigten Staaten in Washington D.C. Mit den Holzschnitten schufen Sidhu und Swainston farbenprächtige Ereignis- und Historienbilder des frühen 21. Jahrhunderts.
Swainston und Sidhu haben für ihre Bildserie zwar das älteste druckgrafische Medium, den Holzschnitt, gewählt, doch sind ihre Bilder nicht weniger zeitgenössisch. In einzigartiger Weise schließen sich in „Doomscrolling“ Material, Form und Geschichte zusammen: Reflektiert werden Protest und Aufstand, Pandemie und Isolation, die Verbreitung von Nachrichten durch die Medien, ob digital oder analog, und deren Konsum, der einerseits informiert, andererseits neue Abhängigkeiten und Erkrankungen schafft. Der Begriff „Doomscrolling“ bezeichnet das Phänomen der exzessiven Rezeption von zum großen Teil negativer und beängstigender Nachrichten und dessen gesundheitsschädliche Folgen: krankmachende psycho-physiologische Reaktionen und zwanghaftes Suchtverhalten.
Holz als Speicher von Geschichte
Als Druckstöcke verwendeten Sidhu und Swainston Holzpaneele, mit denen zuvor die Fassade des Whitney Museum of Art in New York während der Unruhen geschützt wurden, die nach der Ermordung des Afroamerikaners George Perry Floyd (1973–2020) durch einen weißen Polizeibeamten in Minneapolis im US-Bundesstaat Minnesota am 25. Mai 2020 einsetzten. Rob Swainston schilderte seine Eindrücke aus New York: „Plötzlich wurden die Sperrholzplatten hochgezogen, und ich erkannte in den Holzplatten, die Manhattan bedeckten, das Potential, die Geschehnisse des Jahres 2020 hineinzuschneiden.“
Epochenübergreifende Bilder von Pest und Protest
In den Holzschnitten von „Doomscrolling“ verarbeiteten Swainston und Sihu Bilder aus dem Jahr 2020, die sie entweder mit der eigenen Kamera in New York aufgenommen hatten oder im Internet recherchiert hatten, mit Motiven aus Grafiken vergangener Jahrhunderte. Darunter sind Druckgrafiken von Albrecht Dürer, Romeyn de Hooghe und Käthe Kollwitz zu finden. Dieser epochenübergreifende Ansatz wird in der Kabinettpräsentation des Kupferstichkabinetts weitergeführt. So sind darin neben den beiden zeitgenössischen Holzschnitten zudem 16 Druckgrafiken und Zeichnungen aus dem 16. bis 20. Jahrhundert mit Motiven von Pandemie und Aufstand ausgestellt, darunter der Kupferstich „Il Morbetto“ (Die Pest, um 1515/16) von Marcantonio Raimondi und die Radierung „Die Pest“ (1903) von Max Klinger, die Lithografie „Die Barrikade“ (1871) von Edouard Manet, die Radierung „Aufruhr“ (1899) von Käthe Kollwitz und die Federzeichnung „Streikversammlung der Bergleute in Charleroi“ (1912) von Sella Hasse.
Künstler*innen der Ausstellung: Jean Baron nach Nicolas Poussin, Honoré Daumier, Käthe Kollwitz, Sella Hasse, Max Klinger, Jan Luyken, Georg Mack der Ältere, Edouard Manet, Meister der Wunder von Mariazell, Marcantonio Raimondi nach Raffael, Zorawar Sidhu und Rob Swainston.
„Zorawar Sidhu und Rob Swainston – Pest und Protest“ wird kuratiert von Jenny Graser, Kuratorin für zeitgenössische Kunst am Kupferstichkabinett.
Eine Sonderausstellung des Kupferstichkabinetts in der Gemäldegalerie der Staatlichen Museen zu Berlin
Laufzeit: Di, 23.01.2024 bis So, 16.06.2024