HPR-Aktuell: Verantwortung- was bedeutet das für Berlin

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aus dem Wörterbuch: Definition von Oxford Languages

Verantwortung, die, (Substantiv, feminin)
1a. (mit einer bestimmten Aufgabe, einer bestimmten Stellung verbundene) Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass (innerhalb eines bestimmten Rahmens) alles einen möglichst guten Verlauf nimmt, das jeweils Notwendige und Richtige getan wird und möglichst kein Schaden entsteht
1b. Verpflichtung, für etwas Geschehenes einzustehen (und sich zu verantworten)

Als landesweite Beschäftigtenvertretung nehmen wir zunehmend Unruhe in der Verwaltung wahr – und das nicht nur bei den Beschäftigtenvertretungen. Immer weitere und weitergehende „Einspar“-Volumina regnen auf die Häuser bzw. Ressorts nieder und sollen irgendwie umgesetzt werden. Sogar erste Gerüchte von Umwandlungen bisheriger Dienststellen(teile) in Anstalten oder GmbHen machen die Runde. Gleichzeitig gestaltet sich der Prozess der Aufgabensichtung und -kritik umständlich und sperrig. Niemandem ist klar, wer hier eigentlich konkret welche Entscheidungen trifft und vor allem nach welchen Kriterien. Es stellt sich im laufenden „Einspar“-Prozess* die Verantwortungsfrage.

Wenn es öffentlichkeitswirksam zu Streichungen in einem Bereich kommt, erfolgt immer ein medialer Aufschrei und die Maßnahme wird modifiziert, in Teilen oder ganz zurückgenommen oder von anderen Ressorts übernommen. Dies passiert insbesondere dann, wenn der Senat sich offensichtlich nicht über eine gemeinsame Priorisierung, eine gemeinsame, einheitliche Vorgehensweise verständigen konnte. Zeit also, hier mal an den Amtseid für den Regierenden Bürgermeister und die Senatsmitglieder zu erinnern:

„Ich schwöre, mein Amt gerecht und unparteiisch, getreu der Verfassung und den Gesetzen zu führen und meine ganze Kraft dem Wohle des Volkes zu widmen.“

Es gehört zum Amt des Regierenden Bürgermeisters oder des Senatsmitglieds, die Verantwortung für die im Amt zu treffenden Entscheidungen zu übernehmen und dafür einzustehen. Es ist nicht richtig, den Blick auf die eigenen Ressortgrenzen zu verengen und dann noch die Umsetzung der Streichung von Mitteln den Verwaltungen zu überlassen. Wenn einzelne Bereiche von Einsparungen ausgenommen werden sollen, trägt die Verantwortung dafür der gesamte Senat. Wird in einem Bereich besonders gestrichen, trägt die Verantwortung hierfür nicht das einzelne Senatsmitglied, sondern der gesamte Senat. Angesichts der Haushaltskrise sind zudem parteiideologische Überlegungen und die Bildung von Schattenkabinetten oder –gremien hochproblematisch, zumal, wenn über diese Diskussionen der Blick auf den notwendigen Gesetzesvollzug und die Rechtstaatlichkeit des staatlichen Handelns aus dem Blick gerät.

Es kann zudem nicht angehen, dass nach wie vor die Gewinnung von zusätzlichen Einnahmen nicht konsequent angegangen wird. Der Senat muss sich nicht nur vor den Bürgerinnen und Bürgern, sondern auch vor seinen Beschäftigten rechtfertigen, warum er die Streichung von Leistungen und Stellen über die Gewinnung von zusätzlichen Einnahmen stellt. Wo bleibt die geänderte Gebührenordnung, wo die neue Preisgestaltung für den Anwohnerparkausweis? Warum wird der Gewerbesteuerhebesatz nicht auf das Niveau von Hamburg oder München gehoben? Warum erfolgt keine Berliner Initiative, Steuerschlupflöcher bei der Grunderwerbsteuer zu schließen? Wo ist die Bundesratsinitiative zur Vermögensteuer?

Wo ist die gemeinsame Haltung des Senats erkennbar, wenn es um die Priorisierung, die Sichtung, das Controlling und die Finanzierung von Leistungen an die Träger in Berlin geht? Aufgaben des Staates wurden vor Jahren ausgegliedert. Deren Finanzierung müsste doch dann gesichert sein, denn wer im öffentlichen Dienst soll sie denn noch übernehmen? Soll nun Digitalisierung wirklich zu mehr Effizienz im Verwaltungshandeln führen?

Hat sich der Senat denn nun gemeinsam auf eine Linie bei der Priorisierung von digitalen Projekten geeinigt? Welche sind das?

Insgesamt stellt sich die Frage, wie die Dienststellen die Umsetzung allein der gesetzlichen Aufgaben mit stetig sinkendem Personal und nach der Streichung von Ausgaben in Höhe von weiteren 4 Milliarden Euro noch leisten sollen. Das sogenannte 14-Tage-Ziel bei der Terminvergabe der Bürgerämter wurde ja einfach schon aufgegeben. Beim Abgeordnetenhaus liegt die Verantwortung für einen überparteilichen Pakt für diese Stadt, um die Verfassung zu ändern und Berlin endlich regierbar zu machen.

Die Verantwortung des Hauptpersonalrats liegt darin, im Namen der Beschäftigten deren Interessen zu vertreten. Dazu gehören neben der Qualität der Arbeitsplätze und –mittel auch die Einhaltung von Gesetzen und Vorschriften. Wir fordern stellvertretend für die 145.000 Menschen, für die wir uns engagieren und im Amt sind, eine gemeinsame Linie des Senats und das berühmte „Big Picture“, wie eigentlich Berlin in 2030 noch funktionieren soll.

Wir werden diese allgemeinen Fragestellungen in jedes Gespräch mit Senatsmitgliedern und Fraktionen des Abgeordnetenhauses mitnehmen und sie in die Verantwortung nehmen.

Wer braucht denn so was?

Derzeit befinden sich die Häuser in ihren Hauhaltsaufstellungen für den nächsten Doppelhaushalt 2026/27. Die Budgetobergrenzen wurden den Dienststellen mitgeteilt; nun sollen sie loslegen und bis Anfang April ihre Entwürfe fertigstellen. Da es von Seiten des Senats keinerlei politische Zielvorstellungen oder Schwerpunktsetzungen gab, entscheidet nun jedes Haus für sich selbst– erstmal.

Alle wissen, dass erwiesenermaßen der öffentliche Dienst Berlins aufgrund des Ausstiegs der geburtenstarken Jahrgänge mit einem zunehmendem Personalmangel umgehen muss, wobei die gesetzlichen Aufgaben weiterhin umzusetzen sind. Die Gesetzgebung von Bund und Länder denkt zudem die Folgen der Umsetzung in Personal- und Finanzfragen selten mit.

Wir haben die große Befürchtung, dass beinahe reflexartig die Gelder für Digitalisie-rungsvorhaben den Kürzungen zum Opfer fallen. Einen ersten Eindruck erhalten wir schon, wenn wir am Rande mitbekommen, dass zentral bei der IKT Steuerung bereits eingekürzt wurde. Ja, es blieben nicht ausgegebene Mittel übrig, aber um einen zukunfts- und handlungsfähigen Rechtsstaat sicherzustellen, braucht es gut abgestimmte Investitionen insbesondere im Digitalisierungsbereich. Wir verstehen, wenn jemand beim Thema KI leuchtende Augen bekommt, aber wir wissen auch, wo wir in der Berliner Verwaltung (inkl. Polizei und Bildung) loslaufen, welchen Stand der Digitalisierung wir bislang vorweisen können und welche Hürden und Hindernisse noch zu beseitigen sind. Und genau das kostet Geld, ist aber eine unabdingbare, zukunftsweisende Investition.
Wenn jetzt an der falschen Stelle gestrichen wird, werden die Bürger*innen auch weiterhin frustriert sein ob der „Steinzeitmethoden“ und die Beschäftigten immer noch doppelte Arbeiten erledigen müssen, weil zwischen den IT-Verfahren Schnittstellen fehlen und Daten manuell transferiert oder doppelt erfasst werden müssen. Gern auch auf Karteikarten oder einem zwischenzeitlichen Ausdruck.

Es wäre für Berlin schon fast revolutionär, wenn ein Denken und Planen sich über mehr als eine Wahlperiode oder einen Doppelhaushalt erstrecken würde. Das ist unsere Erwartung, sonst macht wirklich der/die Letzte in ein paar Jahren das Licht aus. Analog, versteht sich.

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Zukunft sichern: kein Rotstift bei der Ausbildung

Gastbeitrag der Haupt-JAV Berlin:
Auch die Haupt-Jugend- und Auszubildendenvertretung des Landes Berlin (Haupt-JAV) begleitet die Einsparungen im Landeshaushalt kritisch. Die Haupt-JAV weist immer wieder darauf hin, dass Kürzungen nicht zu Lasten der Nachwuchskräfte des Landes Berlin gehen dürfen. Konkret geht es hierbei um die Einsparung von Ausbildungs-/Studienplätzen, die Kürzung von Ausbildungsmitteln und den Abbau von echten Zukunftsperspektiven der Nachwuchskräfte des unmittelbaren Berliner Landesdienstes.

Im vergangenen monatlichen Info-Gespräch zwischen den Hauptbeschäftigtenvertretungen und der Hausleitung der Senatsverwaltung für Finanzen, der für das Landespersonal zuständigen Senatsverwaltung, haben wir diesen Punkt klar angesprochen. Wir fragten explizit, ob Ausbildungsplätze im Rahmen der Haushaltskürzungen eingespart werden sollen und ob die Ausbildung auch weiterhin eine politische Priorität für das Land Berlin bleibt. Der Finanzsenator bestätigte beide Punkte, was uns in unserer Haltung stärkt.

Allerdings wies er auch auf die dezentrale Verantwortung der einzelnen Behörden hin – jede Behörde müsse selbst dafür Sorge tragen, dass Ausbildungsplätze nicht abgebaut werden. Diese Aussage zeigt, dass die Verantwortung für den Erhalt der Ausbildungsplätze nicht nur beim Finanzsenator liegt, sondern auch bei den einzelnen Dienststellen. Doch für uns als Haupt-JAV bleibt klar: An der Ausbildung darf nicht gespart werden.

Zudem ist es wichtig zu betonen, dass auch die örtlichen (Gesamt-)Personalräte und die (Gesamt-)Jugend- und Auszubildendenvertretungen vor Ort eine wesentliche Verantwortung tragen. Sie haben gemäß §§ 84 iVm 90 Nr. 5 PersVG Berlin (ggf. iVm § 65 Abs. 2 PersVG Berlin) ein Recht zur Mitwirkung und können Stellung zu den Stellenanmeldungen und Stellenplänen nehmen. Dies betrifft selbstverständlich auch die Ausbildung, weshalb auch die örtlichen Gremien aktiv in die Diskussion über die Zukunft der Ausbildung einbezogen werden müssen. Die Verantwortung zur Sicherstellung der Ausbildung liegt nicht nur auf zentraler Ebene, sondern auch in den Händen der dezentralen Gremien, die als Mitwirkungsorgane ein direktes Mitspracherecht haben.

Gerade im Kontext der aktuellen Haushaltssituation, die von Einsparungen geprägt ist, muss die Ausbildung als Investition in die Zukunft betrachtet werden – und nicht als leicht vermeidbare Ausgabe. Der demographische Wandel und der zunehmende Fachkräftemangel machen deutlich: die Verwaltung braucht dringend Nachwuchs, um ihre Aufgaben auch in Zukunft erfolgreich bewältigen zu können. Die Nachwuchskräfte von heute sind die Fachkräfte von morgen.

Damit dies gelingt, müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Übernahmeperspektiven nach der Ausbildung, moderne Arbeitsplatzausstattung und Maßnahmen zur Vermeidung von Überlastung sind dabei essenziell. Nur unter diesen Voraussetzungen können wir sicherstellen, dass die Nachwuchskräfte motiviert und qualifiziert ihren Beitrag leisten können.

Die Haupt-JAV wird auch weiterhin unermüdlich darauf drängen, dass die Ausbildung als zentrales Element für die Zukunftsfähigkeit der Verwaltung erhalten bleibt. In Zeiten knapper Kassen ist es umso wichtiger, dass an der richtigen Stelle investiert wird – und das ist die Ausbildung. Einsparungen bei den Nachwuchskräften führen zu Unzufriedenheit und untergraben letztlich die Zukunftsfähigkeit der Verwaltung. Wir werden nicht zulassen, dass an der falschen Stelle gespart wird.

pleite, pleiter, am pleitesten (Glosse)

Senat von Berlin beantragt, die Steigerungsformen von „pleite“ in den Duden aufzunehmen

Der Senat von Berlin hat in seiner Sitzung vom 11.02.2025 einstimmig beschlossen, den oben beschriebenen Antrag zu stellen. Dem vorausgegangen war eine hitzige Diskussion zwischen den Mitgliedern, wem man die Schuld am Haushaltsdebakel zuschieben könne. Nach einigem Hin und Her wurde auch hier einvernehmlich festgelegt, dass die Lage jedenfalls nichts damit zu tun habe, dass nur sieben von zehn Menschen in den Finanzämtern tätig seien. Berlin habe kein Einnahmeproblem, deshalb seien konsequent Ausgaben zu streichen. Insofern machten die freien und zu streichenden Stellen bei den Finanzämtern absolut Sinn, weil damit Personalkosten eingespart würden.

Verworfen wurde zuvor der Vorschlag, die dramatische Haushaltslage nach dem ehemaligen Finanzsenator Sarrazin zu benennen. Analog zur Richterskala für die Messung zur Stärke eines Erdbebens sei eine „Sarrazinskala“ zur Messung von Haushaltslöchern einzuführen, ausgehend von der Krise aus den 2000er Jahren mit dem Basiswert 1. Dies wurde insbesondere verworfen, weil das derzeitige Haushaltsloch bereits einen Ausschlag für 2025 von 5,1 Sarrazin bedeuten würde, für 2026 von 7,2 Sarrazin auszugehen sei und man die Berlinerinnen und Berliner nicht in Panik versetzen wolle.

Da aber das simple Wort „pleite“ nicht ausreiche, um den Zustand des Berliner Haushalts zutreffend zu beschreiben, sei schließlich die oben genannte Lösung gefunden worden.
Für die anschließende inhaltliche Arbeit (Aufgabenkritik, Verfassungsreform) bleib leider keine Zeit mehr, diese Tagesordnungspunkte wurden erneut vertagt.

Entgegen anderslautenden Gerüchten habe sich der Senat nicht als Cannabis-Verein angemeldet. Man könne durchaus auf anderem Wege Ruhe bewahren…

Für den Hauptpersonalrat

  • Daniela Ortmann
    Vorsitzende des Hauptpersonalrates

    Susanne Stecher
    Mitglied im Vorstand des Hauptpersonalrates

  • Stephan Krimmling
    Mitglied im Vorstand des Hauptpersonalrates

    Enrico Strencioch
    Mitglied im Vorstand des Hauptpersonalrates

  • Christina Neubauer
    Mitglied im Vorstand des Hauptpersonalrates

    Nurda Tazegül
    Mitglied im Vorstand des Hauptpersonalrates

  • Robert Odarjuk
    Mitglied im Vorstand des Hauptpersonalrates

    Kai Wettstein
    Mitglied im Vorstand des Hauptpersonalrates

  • Corinna Wießner
    Mitglied im Vorstand des Hauptpersonalrates

    Thomas Weiske
    Mitglied im Vorstand des Hauptpersonalrates

Tim Paul
Mitglied im Vorstand des Hauptpersonalrates

HPR-Aktuell vom 20.03.2025 als Download

  • HPR-Aktuell: Verantwortung in Krisenzeiten

    PDF-Dokument (267.4 kB) - Stand: 20.03.2025