HPR-Aktuell: Keine Besserung in Sicht-das KMV/Gewinnt man so Personal?-Tariffragen

HPR-Logo Silhouette Berlin

Die Medien berichten kontinuierlich über den Berliner Maßregelvollzug, und nie positiv. Scharfe Kritik kommt auch durch die Anti-Folter–Aufsicht, aber ändern tut sich nichts.

Im HPR –Aktuell vom 19.12.2022 berichteten wir über die desaströsen Zustände im KMV sowie über den hohen Personalmangel. Der Versuch mit den Verantwortlichen der Ressorts Gesundheit, Justiz und Inneres eine Lösung zu finden, um die Mitarbeitenden des KMV zu unterstützen und vielleicht etwas mehr Sicherheit zu geben, war sehr unbefriedigend. Hierüber haben wir am 15.04.2024 im HPR – Aktuell berichtet.

Unser Schreiben an den Bundesminister Prof. Dr. Karl Lauterbach blieb bis heute unbeantwortet. Der Maßregelvollzug kann selber keine Auszubildenden einstellen, da nach §7 Pflegeberufegesetz (PflBG) dafür nicht die Möglichkeit besteht. Hierzu wollten wir mit dem Bundesminister Prof. Dr. Karl Lauterbach sprechen, ob hier eine Änderung vorgesehen ist, da es ja nicht nur den Maßregelvollzug Berlin betrifft.

Wie ist derzeit die Lage im Krankenhaus des Maßregelvollzuges Berlin (KMV)?

Laut Einschätzung des Personalrat KMV hat sich die Lage im Krankenhaus des Maßregelvollzugs nicht geändert. Die Personaldecke in der Pflege ist nach wie vor katastrophal. Die Neueinstellungen kompensieren gerade einmal die Abgänge durch Kündigungen und aus Altersgründen. Die Überbelegung mit Patienten und Patientinnen ist leicht zurückgegangen; das kommt aber auf den einzelnen Stationen nicht an und bringt keine wirkliche Entlastung.

Bei dem Treffen des Beirats für forensische Psychiatrie am 06.03.2025, an dem neben vielen Akteuren der Personalrat des KMV teilgenommen hatte, sind alle Probleme offen auf den Tisch gelegt worden. Frau Haußdörfer, Staatssekretärin aus dem Gesundheitsresort, war Einladende und hatte selber alle Mängel in Ihrer Einleitungsrede benannt.

Die Probleme sind bekannt – es wird sich bemüht, weiteren Platz für Patienten und Patientinnen zu schaffen. Dafür wird im Herbst 2025 ein neuer Standort eröffnet und die Sanierung eines Hauses am alten Standort läuft an. Sollte die personelle Situation sich nicht bessern, und davon ist leider auszugehen, wird die Eröffnung des neuen Standortes und die Versetzung von Mitarbeitern aus den bestehenden Standorten dorthin die Personalsituation schlagartig weiter verkomplizieren, wir denken: verschlechtern. Uns ist nicht klar, wie das verbleibende Personal im Stammhaus dann noch zum Beispiel Schichtdienste abbilden soll.

Dieses Dilemma scheinen die Verantwortlichen in der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege noch nicht bedacht zu haben. Denn die Schaffung eines neuen Standorts für den Maßregelvollzug in Berlin wird einseitig als großer Erfolg dargestellt. Und ganz grundsätzlich ist die Schaffung zusätzlicher Plätze ja auch sinnvoll und notwendig.

Es ist an der Zeit wirkliche Bemühungen in Richtung erfolgreicher Personalakquise zu initiieren, da sämtliche neue Methoden und auch die Schaffung neuer Berufsgruppen durch die Dienststelle ausgereizt scheinen. Es müssen bessere Anreize geschaffen werden, damit die Bereitschaft des jetzigen und zukünftigen Personals aller Berufsgruppen, auch unter den schwierigen Arbeitsbedingungen im KMV arbeiten zu wollen, steigt. Dies könnte zur einer „positiven Mundpropaganda“ und zu besseren Bewerberzahlen führen.

Es ist an der Zeit, dass das Land Berlin als Ganzes sich seiner Aufgabe bewusst wird, den Maßregelvollzug wieder voll funktionstüchtig zu machen. Für den gesamten Senat von Berlin muss die Priorität des KMV höher angesetzt werden.

Nur durch eine konzertierte Aktion aller Beteiligten, auch über die Senatsgesundheitsverwaltung hinaus, kann die angespannte Situation aufgelöst und können die Versäumnisse vergangener Jahre nachgeholt werden. Es sollte dem Regierenden Bürgermeister ein sehr hohes Bedürfnis sein, die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger von Berlin zu gewährleisten. Das wäre erst Recht im Interesse der Beschäftigten und Patienten und Patientinnen.

Gewinnt man so Personal?

Im Rahmen der Mitwirkung wurden von der Senatsverwaltung für Finanzen (nachfolgend SenFin) die beabsichtigten Änderungen der Arbeitsmaterialien zum § 16 TV-L) dem HPR vorgelegt.

Der § 16 TV-L ist eigentlich eine gute Sache, wenn man es richtigmacht.
Dieser Paragraf befasst sich mit den Stufen der Entgelttabelle und deren Zuordnung.
Der Stein des Anstoßes ist die derzeitige Anwendung des § 16 Abs. 2 TV-L von den Dienststellen bei Einstellungen; da es sich hierbei um Ermessensentscheidungen, also „Kann-Regelungen“ handelt. Hier haben wir uns präzisere Formulierungen gewünscht, damit die Dienststellen bei Einstellungen handhabungssicherer werden und konsequent zum Positiven für die Bewerber entscheiden. Gerade zur Deckung des Personalbedarfs (Personalgewinnung und -bindung) ist es entscheidend, dass hier aus der „Kann-Regelung“ eine „Ist-Regelung“ wird, um so dem Personalmangel entgegenzuwirken.
Der TV-L gibt die Richtung vor (mit der Kann-Regelung) aber sehr viele Dienststellen „biegen (aus unserer Sicht) leider falsch ab“, weil sie diese Kann-Regelung nicht anwenden, sondern außer Acht lassen. Eine Nichtanwendung kann aber nicht im Sinne des Tarifvertrags sein, denn dann hätten die Tarifparteien ja keine Kann-Regelung vereinbart.

Es geht konkret um die Berücksichtigung von sogenannten Restzeiten:
Nach der Zuordnung zu einer Stufe verbleibt oft eine sog. „Restzeit“, weil die Stufensprünge an glatte Jahreszeiträume gebunden sind, sodass die verbleibenden Restmonate bzw. –tage der tatsächlichen Erfahrungszeiten übrigbleiben. Ein tariflicher Anspruch auf Berücksichtigung dieser Restzeiten besteht nicht. Aber SenFin hat die Zustimmung zur übertariflichen Regelung erteilt (s. weiteren Textverlauf).

In den vorgelegten Änderungen zu den Arbeitsmaterialien heißt es u.a.:
„Es bestehen keine Bedenken, die „Restzeiten“ für den Aufstieg in die nächste Stufe zu berücksichtigen.“
Die Senatsverwaltung für Finanzen folgte unserem Formulierungsvorschlag „Die Restzeiten sind für den Aufstieg in die nächste Stufe zu berücksichtigen.“ nicht mit der Begründung:
„Seitens der Senatsverwaltung für Finanzen wird die Zustimmung zu übertariflichen Regelungen erteilt, die Entscheidung über deren Anwendung treffen die Dienststellen eigenverantwortlich.“

Wir haben nicht die Erfahrung gemacht, dass jetzt die Dienststellen von der Möglichkeit mutig Gebrauch machen. Da ist es wieder, unser altes Lied: ES muss Verantwortung übernommen werden. Keiner fühlt sich dafür zuständig und das „Behörden-Ping-Pong“ geht weiter!

Die Berücksichtigung einschlägiger Berufserfahrung aus einer berufsbegleitenden Ausbildung ist ebenfalls ein Thema, welches uns immer wieder auffällt. Daher haben wir vorgeschlagen, dass eine Regelung in die Arbeitsmaterialien aufgenommen wird, welche es ermöglicht, bei einem Einstellungsvorgang berufspraktische Erfahrungszeiten aus einer berufsbegleitenden Ausbildung mit einem Jahr einschlägiger Berufserfahrung zu berücksichtigen.
Unser Anliegen, auch bei Bewerbenden, die ihre berufsbegleitende Ausbildung außerhalb des öffentlichen Dienstes gemacht haben, die berufspraktische Tätigkeit als einschlägige Berufserfahrung zu berücksichtigen, wurde ebenfalls abgelehnt mit dem Hinweis auf höchstrichterliche Entscheidungen. Empfehlenswert wäre hier auf § 16 Abs. 2 Satz 4 zurückzugreifen!

§ 16 Abs. 2 S. 4: „Unabhängig davon kann der Arbeitgeber bei Neueinstellungen, zur Deckung des Personalbedarfs, Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigen, wenn diese Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist.“

Wir fordern erneut alle Personalstellen auf, die Möglichkeiten, die der TV-L bietet, mutig im Sinne der Beschäftigten anzuwenden!

Für den Hauptpersonalrat

  • Daniela Ortmann
    Vorsitzende des Hauptpersonalrates

    Susanne Stecher
    Mitglied im Vorstand des Hauptpersonalrates

  • Stephan Krimmling
    Mitglied im Vorstand des Hauptpersonalrates

    Enrico Strencioch
    Mitglied im Vorstand des Hauptpersonalrates

  • Kai Wettstein
    Mitglied im Vorstand des Hauptpersonalrates

    Corinna Wießner
    Mitglied im Vorstand des Hauptpersonalrates

  • Christina Neubauer
    Mitglied im Vorstand des Hauptpersonalrates

    Tim Paul
    Mitglied im Vorstand des Hauptpersonalrates

HPR-Aktuell vom 22.05.2025

  • HPR-Aktuell: KMV_Tariffragen

    PDF-Dokument (213.2 kB)