HPR-Aktuell Info: 2023- was für ein Jahresbeginn

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*Liebe Kolleginnen und Kollegen in allen Bereichen des öffentlichen Dienstes:
wir wünschen euch ein frohes neues Jahr, beruflich Zufriedenheit und Erfolg bei der Arbeit, Anerkennung für die geleistete Tätigkeit durch die Gesellschaft, die Medien und die Politik sowie Gesundheit und privates Glück in einem sicher herausfordernden Jahr 2023!
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So ungefähr sollte unser erstes HPR-Aktuell im neuen Jahr beginnen, folgend mit einem kritischen Jahresrückblick auf 2022 und Forderungen an den Senat, der sich nach der Wiederholungswahl in Berlin im Februar dann zu bilden hat.
Um es kurz zu machen: das lassen wir. Angesichts der „Ereignisse“ rund um den Jahreswechsel gilt zwar der erste Absatz, denn das wünschen wir tatsächlich allen Kolleginnen und Kollegen im öffentlichen Dienst, die an ihrer jeweiligen Stelle ihren Beitrag dazu leisten, dass unser Berlin irgendwie weiterläuft.
Für die Kolleginnen und Kollegen der Feuerwehr und Polizei gilt das gleichermaßen – und doch fanden sich viele von ihnen zum Jahreswechsel in Arbeitssituationen wieder, in denen sie um ihre Gesundheit, im wahren Wortsinn um ihr Leben bangen mussten. Da kann man ja wohl nicht davon ausgehen, dass hier nur mal situativ was aus dem Ruder gelaufen ist.

Dieses Ausmaß an Bedrohung und Gewalt gegenüber Vertreterinnen und Vertretern des Rechtsstaats durch einen weit überwiegend jungen, männlichen, gewalttätigen und menschenverachtenden Mob ist das Ende einer unheilvollen Entwicklung, die sich seit vielen Jahren vollzogen hat.

Schluss mit den Ausreden!

Wir brauchen seitens der Medien und der Politik keine Betroffenheitslyrik, keinen kurzfristigen Aktionismus für die nächsten drei, vier Wochen (bedingt durch die Wiederholungswahl dieses Mal vermutlich etwas länger). Wir wollen hier als landesweite Beschäftigtenvertretung für alle unsere Kolleginnen und Kollegen ganz unmissverständlich klarstellen, dass es NIEMANDEM zuzumuten ist, sich im Dienst oder bei der Arbeit durch organisierte tätliche Angriffe und Hinterhalte angreifen und verletzen zu lassen. Das verletzt die Menschenwürde der Beschäftigten! Und es ist nach den Vorkommnissen zum Jahreswechsel, die nur die Spitze des Eisbergs darstellen, jede Form von Entschuldigung für die Täterinnen und Täter zu unterlassen. Die Beschäftigten im öffentlichen Dienst spüren in sehr wahrnehmbarer Weise eine große Solidarität und Anteilnahme mit den Verletzten/Traumatisierten und sind fassungslos über die Aggression und Menschenverachtung der Täter. Die Erwartung ist, dass die Täter tatsächlich (und nicht nur in Sonntagsreden) die in Rede stehende „gesamte Härte des Gesetzes“ spüren, damit ihnen die Chance gegeben wird, dem Rechtsstaat und damit der Gesellschaft gegenüber den Respekt zu empfinden, der uns allen gebührt.

Es ist auch nicht damit gedient, jetzt zu runden Tischen zu laden (wenn auch nicht verkehrt). Es gilt in allererster Linie, endlich mal alle Dinge klar beim Namen zu nennen, die hier schieflaufen und auch die Ursachen dafür klar beim Namen zu nennen.

Wenn festgestellt wird, dass bestimmte soziokulturelle Herkünfte oder Wertmaßstäbe dieses Verhalten begünstigen, dann ist darüber zu reden, wie man Werte wie Menschenwürde, Respekt, Gleichwertigkeit von Frau und Mann, freie Meinung, freier Glauben, freie Persönlichkeitsentfaltung, Gewaltfreiheit und Rechtsstaatlichkeit verbindlich vermitteln kann. Denn diese sind nicht beliebig, nicht diskutabel und stellen den Grundkonsens unserer Gesellschaft dar.

Dann reden wir aber auch darüber, dass die Sparpolitik der Bundesländer (und wegen der Pleitesituation Berlins besonders unseres Bundeslandes) dazu beigetragen hat und beiträgt, dass unser Wertesystem erodiert. Das fängt mit den Kitas an, die personell auskömmlich ausgestattet werden müssen, denn Erziehung und Pädagogik beginnt im Kleinkindalter. Es geht weiter über Schulen mit dem fortdauernden Problem des fehlenden pädagogischen Personals und der maroden Schulgebäude, über die Jugendämter mit fehlenden Sozialarbeitenden (wie oft hingen schon weiße Tücher in den Fenstern??), über zu wenig öffentliche Jugendbegegnungszentren, fehlende Streetworker, einer personell unterausgestatteten Polizei und Feuerwehr, Überlastungssituationen bei der Staatsanwaltschaft, zu wenig Richterstellen, keine organisatorische Vorsorge für ausreichende Jugendstrafkammern, usw.. Wir reden darüber, dass der Dienst /die Arbeit an, mit und für die Menschen unserer Stadt generell schlechter bezahlt wird als die Tätigkeit in Senatsebenen. Die Tarifgemeinschaft der Länder zieht in jeder Tarifverhandlung ein unwürdiges Schauspiel durch, indem über Runden keinerlei Angebote gemacht werden.

Stellvertretend für alle Beschäftigten im öffentlichen Dienst stellen wir fest: wir haben genug davon! Wir haben genug von dieser Form des mangelnden Respekts uns und insgesamt der Gesellschaft gegenüber.

Unseren verletzten Kollegen und Kolleginnen wünschen wir eine vollständige Genesung, körperlich wie seelisch und senden euch unsere solidarischen, kollegialen Grüße.

Es hat seinen Grund, warum wir eine Dienstvereinbarung zum Thema „keine Gewalt gegen Beschäftigte!“ abschließen wollen, die Verbindlichkeiten zur Prävention, Begleitung und Bearbeitung von Gewaltvorfällen beinhaltet. Selbst wir konnten uns die Menschenverachtung, die zu Tage kommen kann, nicht vorstellen. Aber eine Dienstvereinbarung ändert nichts an den Umständen, die zu solcher Verrohung der Sitten führen, sondern doktert nur an den Symptomen herum. Wollen wir der Jugend von heute einerseits alle Chancen bieten, müssen wir auch andererseits klare Grenzen ziehen und das durchhalten. Und die, die wir in gesellschaftliche Subkulturen verloren haben, werden lernen müssen, dass das Gewaltmonopol ausschließlich beim Staat liegt – und zwar zu Recht.

An Politik und Verantwortliche: was zählt, sind nun Taten. Und zwar die, die Sie jetzt umsetzen. Damit ist das gemeint, was konkret und nachweisbar nach dem Reden folgen muss.

Für den Hauptpersonalrat

Daniela Ortmann
Vorsitzende des Hauptpersonalrates

  • Susanne Stecher
    Mitglied im Vorstand des Hauptpersonalrates

    Francisca Bier
    Mitglied im Vorstand des Hauptpersonalrates

  • Nele Bark
    Mitglied im Vorstand des Hauptpersonalrates

    Enrico Strencioch
    Mitglied im Vorstand des Hauptpersonalrates

  • Kai Zühlke
    Mitglied im Vorstand des Hauptpersonalrates

    Angela Rümler
    Mitglied im Vorstand des Hauptpersonalrates

  • Michael Laube
    Mitglied im Vorstand des Hauptpersonalrates

    Rolf Herrmann
    Mitglied im Vorstand des Hauptpersonalrates

Annett Mattheus
Mitglied im Vorstand des Hauptpersonalrates

HPR-Aktuell Info vom 05.01.2023 als Download

  • HPR-Aktuell Info: 2023- was für ein Jahresbeginn

    Jahresbeginn 2023

    PDF-Dokument (221.4 kB) - Stand: 05.01.2023