HPR-Aktuell 02/2021: Jahresrückblick

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Die Blätter fallen, Jahresendstimmung stellt sich ein. Die Corona-Zahlen steigen wieder, es ist Zeit für einen Jahresrückblick, nach einem aufwühlenden Jahr.

Schwerpunktthemen 2021

Resümee
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Gewalt gegen Beschäftigte/Rahmendienst-vereinbarung angestrebt

Die offen gezeigte Aggressivität von Teilen der Bevölkerung gegenüber Beschäftigten des öffentlichen Dienstes beschränkt sich nicht mehr nur auf unsere Kolleginnen und Kollegen der Feuerwehr und Polizei.
Längst werden, und das hat wenig mit den bestehenden Corona-Maßnahmen zu tun, Beschäftigte von den Finanz- und Bezirksämtern, den Senatsverwaltungen, der Justiz, der Landesämter, in Kitas und Schulen angegriffen, bespuckt und beleidigt. Dieser Trend macht auch nicht vor den Beschäftigten der Servicenummer 115 halt und entsetzt uns alle täglich aufs Neue.
Der Senat von Berlin hat gemeinsam mit dem DGB und dem dbb beamtenbund und tarifunion berlin eine Grundsatzerklärung zur zunehmenden Gewalt gegenüber Angehörigen des öffentlichen Dienstes unterzeichnet. Wir haben den Senator für Finanzen aufgefordert, eine Rahmendienstvereinbarung mit den Hauptbeschäftigtenvertretungen zu verhandeln, in der unter anderem Präventionsmaßnahmen, die lückenlose Erfassung aller Vorfälle und deren strikte (strafrechtliche) Verfolgung vereinbart werden.
Ein Baustein kann hier auch die Beschwerdestelle gemäß § 13 AGG sein. Gemäß bereits geschlossenen Vereinbarung hat jede Dienststelle eine solche Beschwerdestelle zu bilden. Hier können und sollen sich die Kolleginnen und Kollegen nicht nur Rat und Hilfe bei Diskriminierungserfahrungen/-vorfällen holen, diese Beschwerdestelle ist auch der Anlaufpunkt, wenn sich Außenstehende diskriminierend gegenüber Beschäftigten verhalten. Der Arbeitgeber hat dieses nicht nur zur Kenntnis zu nehmen, sondern muss dann auch aktiv werden.

Kein Jahresrückblick ohne Corona

Leider kommen auch wir nicht um dieses Thema herum. Die Impfkampagne für unsere Beschäftigten hätte aus unserer Sicht durchaus schneller anlaufen können, leider war der Impfstoff von Anfang bis Mitte des Jahres ein rares Gut. Auch die Ausstattung mit FFP2-Masken und Testmaterialien kam nur schwer in Gang, ist aber ab dem Frühjahr in einen annehmbaren Zustand angekommen. Dass sich die Infektionszahlen nunmehr explosionsartig vermehrt haben, zeigt, dass nur AHA-Regeln, Impfen und Homeoffice sowie eine zurückhaltende Kontaktpflege auf 2G-Basis geeignet zu sein scheinen, die Pandemie zu bekämpfen. Wir haben beim Blick in die verschiedenen Verwaltungen festgestellt, dass manche Führungskräfte sowie Kolleginnen und Kollegen immer noch ein Problem mit dem Home-Office haben. Die Grundregel scheint zu sein: Nur wer da ist, arbeitet auch. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer das glaubt, ist wohl auch der Meinung, dass nur das existiert, was man sehen und anfassen kann. Über dieses Stadium sollten wir wirklich hinaus sein.
Wir erlauben uns in der jetzigen Situation aber noch einmal den Appell an alle Skeptiker: Lasst Euch impfen! Wer seine eigene Gesundheit riskiert, weiß hoffentlich, was er oder sie tut. Aber ihr riskiert mit diesem Verhalten auch die Gesundheit in eurem Umfeld.

HPR macht „Schule“

Schon lange fordern Gewerkschaften und Personalräte im Bereich der Schule eine Ausstattung mit mobilen Endgeräten durch den Arbeitgeber, um die Arbeit für die Kolleginnen und Kollegen zu erleichtern. Durch die Corona bedingten Schließungen der Schulen traten viele Probleme von verpasster Digitalisierung wie unter einem Brennglas zu Tage. Andererseits gab es durch zusätzliche Bundesmittel, die für mobile Endgeräte für Schülerinnen und Schüler und ihre Lehrkräfte bereitgestellt wurden, auch eine wahrscheinlich einzigartige Chance, die Forderung nach einer Ausstattung durch den Arbeitgeber endlich zu erfüllen.
Allerdings – werden einem die bestehenden Wünsche erfüllt, ist das Glück auch nicht vorprogrammiert. Die Vorstellung von der Ausstattung mit Mobilgeräten war und ist bei jedem ganz unterschiedlich. Es gab und gibt viele Fragen, zum Beispiel, wie groß soll so ein Gerät eigentlich sein, was muss es leisten können und für viele ganz entscheidend, welche Betriebssysteme stecken dahinter.
Die „Lösung“, einfach jeder und jedem pädagogisch Beschäftigten an den Schulen Geld für ein Wunschgerät in die Hand zu drücken, ist leider keine Lösung. Wie in jeder anderen Verwaltung, jeder Behörde und jedem Amt, bewegen wir uns auch hier in einem öffentlichen rechtlichen Verhältnis, das durch Gesetze und Vorschriften beschrieben wird. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber neben dem reinen Gerät auch für die Datenplattform, den Datenschutz, den Support und die Kommunikation der Beschäftigten verantwortlich ist und dieses regeln muss. Aber auch die Regelungsmöglichkeiten des Arbeitgebers sind in verschiedenen Vorschriften wie dem E-Government-Gesetz beschrieben und müssen eingehalten werden. Bisher gab es im Bereich der Schulen kein einheitliches Konzept für die Nutzung des Internets und die Datenverarbeitung im edukativen Bereich. Bestenfalls haben sich einzelne Schulen nach eigenen Regeln organisiert, was blieb ihnen auch übrig. Dieser Zustand wird nunmehr verändert und den bestehenden rechtlichen Standards der öffentlichen Verwaltung angepasst. Damit wird die Verantwortung, die von jedem Beschäftigten bisher selbst getragen wurde, an den Arbeitgeber zurückgegeben und das ist überfällig.

Aber zu den Fakten:
  • Es werden zurzeit rund 44 000 Mobile Surface-Geräte beschafft, diese sind zu einem erheblichen Teil auch schon vorhanden und ausgeteilt worden.
  • Die vorhandene Standardsoftware wird in einem Schul-App-Store um die gewünschten Programme/Apps erweitert. Die Senatsverwaltung ist mit uns im Austausch, wie die Umsetzung zügig realisiert und das Gerät zu einem effektiven Arbeitsmittel gemacht werden kann, ohne die notwendigen Standards zu vernachlässigen.
  • Die Schulverwaltung arbeitet an der Architektur, die notwendig ist, um die Geräte datensicher, stabil und regelkonform zu betreiben. Der notwendige Level-Support wird ebenso errichtet und ausgebaut.
  • Alle Beschäftigten sollen eine Dienstmailadresse erhalten, die für die dienstliche Kommunikation verpflichtend zu nutzen ist.

Der HPR verhandelt im Augenblick eine Rahmendienstvereinbarung, die sich an der Vereinbarung über die Nutzung mobiler Endgeräte im beruflichen Alltag des öffentlichen Dienstes orientiert und darauf aufbauen muss. Danach ist die Nutzung privater Endgeräte für dienstliche Zwecke verboten. Allen handelnden Beschäftigtenvertretungen und der Schulverwaltung ist allerdings völlig klar, dass es für den edukativen Bereich der Schulen einer Übergangsphase bedarf, damit die Qualität des Unterrichts nicht durch einen harten Bruch gefährdet wird. Die Umsetzung der Strategie wird sicherlich einige Jahre in Anspruch nehmen, was durch den Arbeitgeber zu akzeptieren ist.

Wir sind aber der festen Überzeugung, dass der eingeschlagene Weg richtig und alternativlos ist. Außerdem ist die Übernahme der Verantwortung im Bereich des Datenschutzes durch den Arbeitgeber längst überfällig.

Achtung Aufnahme

In diesem Sommer hat der Senator für Inneres eine am Körper getragene Kamera, kurz Bodycam, bei den Rettungsdiensten der Feuerwehr und Polizei in einem Trageversuch eingeführt. Die Bodycam soll als Einsatzmittel der immer öfter auftretenden Gewalt gegen Beschäftigte entgegenwirken. Dieses geschieht durch die Aufzeichnung von Einsatzsituationen unter Einhaltung der Regelungen des ASOG.
In der ersten Phase wurden 30 dieser Kameras ausgegeben und werden in der Feuerwache Urban und Mitte, sowie beim Polizeiabschnitt 52 und der Brennpunkteinheit getestet. In einer zweiten Phase wird der Trageversuch um 300 Kameras erweitert.
Der HPR begrüßt ausdrücklich die Erprobung der Bodycam, da wir eine Deeskalation der Einsätze für unsere Kolleginnen und Kollegen erhoffen. Erprobungen in anderen Bundesländern lassen zumindest diese Hoffnung zu. Bisher ist die zeitlich befristete Einsatzmöglichkeit dieser Kameras im Gesetz bis zum 01.04.2024 befristet, inklusive einer wissenschaftlichen Evaluation. Um eine belastbare Datenbasis zu schaffen, ist wohl eine deutliche Verlängerung, oder besser noch eine Entfristung, notwendig. Auch die Beschaffung der Kameras für die Phase 2, die am 01.04.2022 startet, gestaltet sich nach Informationen des HPR zurzeit schwierig. Außerdem finden wir eine rechtliche Überarbeitung der Eingriffsermächtigung aus dem ASOG Berlin in Richtung des Schutzes unserer Kolleginnen und Kollegen notwendig und wünschenswert.

Amtsangemessene Besoldung

Ein beträchtliches Haushaltsrisiko übernimmt oder behält die/der neue Finanzsenatorin oder -senator. Das Bundesverfassungsgericht hat die Besoldung der Richterinnen und Richter in der Zwischenzeit als verfassungswidrig eingestuft. Die gleiche Voraussetzung trifft auch auf die A-Besoldung der verbeamteten Kolleginnen und Kollegen zu, die ihren berechtigten Anspruch trotz des bestehenden Urteils vor dem Bundesverfassungsgericht erkämpfen müssen. Das ist Kolleginnen und Kollegen schwer zu vermitteln, die bei der täglichen Rechtsanwendung die Verbindlichkeit schon eines OVG-Urteils zu beachten haben. Wir hätten erwartet, dass sich das Land Berlin als Arbeitgeber, der einen Fehler verursacht hat, bei seinen Beschäftigten dafür entschuldigt und den Schaden bei allen Betroffenen durch Zahlung des Fehlbetrages zeitnah wieder gut macht. Ein Arbeitgeber, der um neues Personal wirbt, sollte ein verlässlicher Partner sein und sich auch so verhalten.
Das Besoldungsreparaturgesetz für Richterinnen und Richter ist aus unserer Sicht auch nicht der große Wurf, sondern eigentlich nur ein Wundpflaster, das den Vorgaben des Urteils nicht wirklich entspricht.

Resümee

Eine solche Betrachtung des Vergangenen schließt man aber nicht ohne einen Blick in die Zukunft ab. Der HPR setzt sich dafür ein, dass der begonnene Aufwuchs im Bereich des Personals auch bei schwieriger Kassenlage weiter vorangetrieben wird. Die Probleme, die in den Medien zurecht kritisiert werden, wie lange Wartezeiten bei den Bürgerämtern, der Auszahlung von Elterngeld und Wartezeiten bei der Bearbeitung von Bauvorhaben, haben ihre Ursache nicht bei einem Personal, das nicht arbeiten will. Der öffentliche Dienst unserer Stadt ist an einer Belastungsgrenze angekommen, der man nur mit mehr Personal und einer nachhaltigen, strategischen und zielführenden Digitalisierung entgegenwirken kann.
Unsere Auszubildenden und Anwärterinnen und Anwärter, die durch die Pandemie nicht wie gewohnt unterrichtet werden konnten, müssen wir vor den Folgen dieser Situation, die sie nicht verursacht haben, schützen. Dazu ist es notwendig, dass die Dienststellen den Auszubildenden und Anwärterinnen und Anwärter zusätzliche Wissensvermittlungsangebote machen, die stattfindenden Prüfungen anzupassen und notwendige Wiederholungen unbürokratisch möglich zu machen.
Der öffentliche Dienst in Berlin ist attraktiver zu gestalten. Der Ausbau von Telearbeit und mobiler Arbeit muss für die Kolleginnen und Kollegen, die das wünschen und brauchen, ermöglicht werden. Das würde zeigen, dass wir es mit der Vereinbarkeit von Arbeit und Leben ernst meinen. Auch eine Kinderbetreuung in Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeber ist uns wichtig. Gerade für die vielen schichtdienstleistenden Eltern ist das eine zwingende Voraussetzung für eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Unsere Wunschliste ist sicher noch länger, wir haben nur die drängendsten Probleme hier zusammengefasst.

Ganz zum Schluss wollen wir noch den Aufreger aus dem November betrachten. Der Tagesspiegel veröffentlichte die These des ehemaligen Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit,: “Die Berliner Verwaltung ist schlechter aufgestellt als jede Kreissparkasse”. Herr Wowereit, Ihre quietschende Sparpolitik ist eine der Hauptursachen der heutigen Situation!

Mittlerweile ist die neue Koalitionsvereinbarung in der Welt. Hierzu erfolgt von uns an anderer Stelle eine erste Einschätzung der Gesamtsituation. Im Moment gibt es zahlreiche Fluktuationen auf der politischen Ebene…

Wir wünschen allen Kolleginnen und Kollegen geruhsame Feiertage, wenn diese turbulente Stadt das zulässt, einen schönen Jahreswechsel und viel Erfolg für 2022, vor allem Gesundheit.

Für den Vorstand

  • Daniela Ortmann
    Vorsitzende des Hauptpersonalrates

    Francisca Bier
    Mitglied im Vorstand des Hauptpersonalrates

    Christian Hanisch
    Mitglied im Vorstand des Hauptpersonalrates

    Susanne Stecher
    Mitglied im Vorstand des Hauptpersonalrates

    Nele Bark
    Mitglied im Vorstand des Hauptpersonalrates

    Frank Becker
    Mitglied im Vorstand des Hauptpersonalrates

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  • HPR-Aktuell 02/2021: Jahresrückblick

    Ein Jahresrückblick mit den Schwerpunktthemen 2021: Gewalt gegen Beschäftigte/Rahmendienst-vereinbarung angestrebt; Kein Jahresrückblick ohne Corona; HPR macht „Schule“; Achtung Aufnahme; Amtsangemessene Besoldung sowie ein Resümee

    PDF-Dokument (189.4 kB) - Stand: 08.12.2021