Ehemaliges Polizeigefängnis als Lernort eröffnet

Pressemitteilung vom 18.02.2019

Heute hat Bildungssenatorin Sandra Scheeres einen in Form und Inhalt innovativen außerschulischen Lernort eröffnet: den Hafttrakt der ehemaligen Untersuchungshaftanstalt in der Keibelstraße. Er liegt innerhalb des ehemaligen Präsidiums der Volkspolizei unweit des Alexanderplatzes.

Sandra Scheeres: „Der Lernort wird durch die ,Agentur für Bildung e.V.‘ betrieben. Die Bildungsangebote richten sich in erster Linie an Schülerinnen und Schüler der 9. bis 13. Klassen, aber auch an Seminare der Lehrkräfteausbildung. Im Rahmen von Sonderführungen wird der Lernort für andere Interessierte offen stehen.“

Um die historische Bausubstanz zu erhalten, ist der Hafttrakt baulich nicht verändert worden. Durch die Berliner Immobilien Management GmbH wurde die Fluchtwegbeschilderung und technischen Leitungen auf den neusten Stand gebracht und das Gebäude verkehrssicher gemacht. Zusätzlich wurden zwei Seminarräume und ein Büroraum für den Unterricht eingerichtet.

Die Betreiber setzen auf einen Technikmix aus komplett rückbaubaren Medientischen, Tablets und einem Smartboard. So können die Schülerinnen und Schüler mit der Ausstellung arbeiten, selbst Lernprodukte zu den gestellten Aufgaben erstellen und anschließend präsentieren. Die Lerngruppen setzen sich dabei gezielt mit wählbaren Themen auseinander, die sich aus der Nutzungsgeschichte des historischen Ortes heraus exemplarisch entfalten lassen. Unter Anleitung der Pädagoginnen und Pädagogen vor Ort erarbeiten sie die Geschichte des ehemaligen Polizeigefängnisses sowie seine Bedeutung und Funktion in der DDR-Gesellschaft. Im Mittelpunkt stehen dabei neben der historischen Kontextualisierung der „Keibelstraße“ die Arbeit mit historischen Materialien, Interviews mit Zeitzeugen, ein Nachdenken über den Ort sowie über seine Bedeutung heute.

All das ist eingebettet in einen weiteren Kontext der Demokratiebildung: Die Lernenden setzen sich mit dem Leben in einem autoritären politischen System auseinander, mit Anpassung und Widerstand sowie mit der Rolle des Einzelnen im Spannungsfeld von politischem System und individuellen Handlungsentscheidungen. „Das didaktische Konzept fördert Lernende darin, eigenständige Sach- und Werturteile zu entwickeln und zu begründen“, so Scheeres.

Die „Keibelstraße“ kann als Symbol für staatliche Repression und Willkür gesehen werden und markierte für viele Inhaftierte den Beginn einer Odyssee durch weitere Strafanstalten. Wie sämtliche Strafvollzugseinrichtungen unterstand auch diese Untersuchungshaftanstalt sowohl dem Ministerium des Inneren als auch der Volkspolizei. Gemeinsam mit dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS) bildete die Volkspolizei eine der Säulen der Herrschaftsausübung und -sicherung in der DDR an der Schnittstelle zwischen Staat und Gesellschaft. Der neue Lernort ist von Mo. – Fr. für angemeldete Gruppen geöffnet und kann je nach gewähltem pädagogischem Angebot bis zu 15 Gruppen pro Woche aufnehmen.