Das Kammergericht – seit 1468

Kammgericht von oben

Das Kammergericht existiert bereits seit mehr als 550 Jahren. Es ist das älteste noch existierende Gericht in Deutschland und hat Rechtsprechung und Stellung der Justiz im deutschsprachigen Raum über die Grenzen Preußens hinaus geprägt.

BMJV

Um dieser Bedeutung des Kammergerichts gerecht zu werden und das Bewusstsein für den modernen Rechtsstaat zu fördern, haben anlässlich des 550 jährigen Jubiläums anlässlich der ersten urkundlichen Erwähnung im Jahr 2018 verschiedene Projekte aufgrund einer großzügigen Förderung durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz auf der Grundlage eines Beschlusses des Deutschen Bundestages stattgefunden, neben anderen insbesondere die folgenden:

Diese Jubiläumsfeierlichkeiten haben die Bedeutung des Kammergerichts erneut in Erinnerung gerufen. Als ursprünglich höfisches Laiengericht hat es sich über die Jahrhunderte weiterentwickelt und professionalisiert. Dies drückt sich nicht nur in den Entscheidungen, sondern auch in den Gebäuden aus. War das Kammergericht ab dem 15. Jahrhundert zunächst im Berliner Stadtschloss angesiedelt, erhielt es 1735 mit dem Kollegienhaus, dem heutigen Jüdischen Museum in der Lindenstraße in Berlin-Kreuzberg, ein eigenes Gebäude. Mit der Bevölkerungszunahme Berlins im Zuge der Industrialisierung im 19. Jahrhundert und den damit verbundenen Anforderungen auch an die Justiz wurde das Kollegienhaus jedoch zu klein und machte den Neubau im Kleistpark erforderlich, der heute noch Sitz des Kammergerichts ist. Das Kammergericht war immer Spiegel seiner Zeit – in der Zeit des Nationalsozialismus war auch das Kammergericht Teil des Unrechtsstaates. Zahlreiche Veranstaltungen in der Vergangenheit widmeten sich daher insbesondere der Aufgabe, diesen Teil der Geschichte und die Verstrickung der Justiz darin näher zu beleuchten.

In den Zeiten der Bundesrepublik hat sich das Kammergericht zu einem modernen Gericht entwickelt, das zudem eine Vielzahl von Aufgaben, u.a. im Bereich der juristischen Aus- und Fortbildung, der Personalangelegenheiten der Richterschaft und der nichtrichterlichen Mitarbeitenden, der IT-Technik, der Haushaltsführung, der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und der notariellen Fachaufsicht erfüllt. Darüber hinaus spiegelt die Rechtsprechung des Kammergerichts die gesellschaftspolitische Auseinandersetzung in der Vergangenheit und in der Gegenwart wider. In den Tätigkeitsberichten, die seit 2009 veröffentlicht werden, lässt sich anhand der Vielfalt der Entscheidungen – zu terroristischen Straftaten in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts, zur Aufarbeitung des DDR-Unrechts, zur Bankenaffäre zu Beginn des neuen Jahrtausends, zur Mindestlohn-Verordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, zum Geschäftsmodell „Uber black“ eines Taxi-Konkurrenten, zu Downloads von MP3-Dateien, zu datenschutz- und urheberrechtlichen Fragen bei Facebook und Google bis hin zu der Frage, ob die biologische Mutter eines Kindes auch sein Vater sein kann, erkennen, dass die Rechtsprechung des Kammergerichts weiterhin einen großen Einfluss auf das tägliche Leben nicht nur in unserer Stadt, sondern in ganz Deutschland ausübt.

Zugleich zeigen die Entwicklungen der jüngeren Geschichte, dass eine unabhängige, moderne und menschenorientierte Justiz nicht selbstverständlich ist und dass die Werte des modernen Rechtsstaates auch weiterhin verteidigt werden müssen.