Ausnahmeregelung

Überarbeitete junge Frau mit Aktenstapel

Webauftritte, Software, mobile Anwendungen (Apps) und Dokumente müssen barrierefrei sein. Allerdings gibt es einige Ausnahmeregelungen, die wir im Folgenden erklären.

Folgende öffentliche Stellen oder Inhalte derer sind von der Verpflichtung zur Barrierefreiheit ausgenommen:

  • Webauftritte und mobile Anwendungen öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten und ihrer Zweigstellen oder anderer Stellen und deren Zweigstellen, die der Wahrnehmung eines öffentlichen Sendeauftrags dienen. Für diese sind eigene Gesetze maßgeblich.
  • Webauftritte und mobile Anwendungen von Nicht-Regierungsorganisationen, die keine für die Öffentlichkeit wesentlichen Dienstleistungen oder keine speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen ausgerichteten Dienstleistungen anbieten.
  • Webauftritte und mobile Anwendungen von Schulen, Kindergärten und Kinderkrippen mit Ausnahme der Inhalte, die sich auf Online-Verwaltungsfunktionen beziehen. Unter Online-Verwaltungsfunktionen fallen auch alle wesentlichen Informationen, wie z. B. Ausflugsinformationen, Stundenausfälle, Elternabende oder Angebote der Schulen, Kindergärten oder Kinderkrippen.
  • Mit dem Begriff Schule sind Allgemeinbildende Schulen, wie auch berufsbildende Schulen gemeint. Hochschulen wie Fachhochschulen und Universitäten stellen keine Ausnahme dar und fallen unter das Barrierefreie-Informations- und Kommunikations Technik Gesetz Berlin – BIKTG Bln

Ausnahmeregelungen und Fristen für bestimmte Inhalte:

  • Dateiformate von Büroanwendungen, die vor dem 15. März 2019 veröffentlicht wurden, es sei denn, diese Inhalte sind für die aktiven Verwaltungsverfahren der von der betreffenden öffentlichen Stelle wahrgenommenen Aufgaben erforderlich;
  • aufgezeichnete zeitbasierte Medien (zum Beispiel Audio- oder Videodateien), die vor dem 23. September 2020 veröffentlicht wurden;
  • live übertragene zeitbasierte Medien (zum Beispiel Audio- oder Videodateien);
  • Online-Karten und Kartendienste, sofern bei Karten für Navigationszwecke wesentliche Informationen in einer barrierefrei zugänglichen Weise digital bereitgestellt werden;
  • Inhalte von Dritten, die von der betreffenden öffentlichen Stelle weder finanziert noch entwickelt werden noch deren Kontrolle unterliegen;
  • Reproduktionen von Stücken aus Kulturerbe-Sammlungen, die nicht vollständig barrierefrei zugänglich gemacht werden können aufgrund
    • Unvereinbarkeit der Barrierefreiheitsanforderungen mit entweder der Erhaltung des betreffenden Gegenstands oder der Authentizität der Reproduktion (zum Beispiel Kontrast) oder
    • der Nichtverfügbarkeit automatisierter und kosteneffizienter Lösungen, mit denen Text aus Manuskripten oder anderen Stücken aus Kulturerbe-Sammlungen einfach extrahiert und in mit den Barrierefreiheitsanforderungen kompatible Inhalte umgewandelt werden könnte;
  • Inhalte von Webseiten, die nur für eine geschlossene Gruppe von Personen und nicht für die allgemeine Öffentlichkeit verfügbar sind (Extranets und Intranets), die vor dem 23. September 2019 veröffentlicht wurden, bis diese Webseiten eine grundlegende Überarbeitung erfahren;
  • Inhalte von Webseiten und mobilen Anwendungen, die als Archive gelten, das heißt, die ausschließlich Inhalte enthalten, die weder für aktive Verwaltungsverfahren benötigt werden noch nach dem 23. September 2019 aktualisiert oder überarbeitet wurden.

Die Ausnahmen sind im Barrierefreie-IKT-Gesetz Berlin – BIKTG Bln beschrieben (§ 4 Absätze 3, 4, 5 und 6).

Unverhältnismäßige Belastung

Kann die Barrierefreiheit nicht erfüllt werden, beinhaltet das Gesetz über die barrierefreie Informations- und Kommunikationstechnik Berlin eine Ausnahmeregelung zur Erfüllung der digitalen Barrierefreiheitsanforderungen.
Die Landesbeauftragte für digitale Barrierefreiheit kann von Bürgern und Bürgerinnen sowie Mitarbeitenden aufgefordert werden, die unverhältnismäßige Belastung zu überprüfen. Die Landesbeauftragte für digitale Barrierefreiheit entscheidet dann darüber, ob eine unverhältnismäßige Belastung zutrifft oder nicht.

Anhand der nachstehenden Kriterien können Sie per Selbsteinschätzung prüfen, ob eine unverhältnismäßige Belastung zutrifft oder nicht.

Folgende Kriterien gelten für die Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit:

Digitales Angebot kann Software, Webseiten, Dokumente oder Apps meinen.

  • Das nicht barrierefreie digitale Angebot wird gerade oder in naher Zukunft überarbeitet. Die IKT-Verantwortliche kümmert sich bereits um eine Neuentwicklung bzw. Verbesserung.
  • Es gibt kein auf dem Markt erwerbbares digitales Angebot das barrierefrei ist. In bestimmten Bereichen kann es aufgrund vom Markt- bzw. Technikangebot schwierig sein, ein barrierefreies Angebot zu erwerben bzw. zu erstellen. Anforderungen müssen eventuell gegeneinander abgewogen werden.
  • Das digitale Angebot wird von einem sehr kleinen Personenkreis benutzt. Ist nur ein kleiner, überschaubarer Personenkreis durch die Technik betroffen, muss Kosten gegen Nutzen abgewogen werden.
  • Andere gleichwertige Gründe. Hier wird die Möglichkeit gegeben, andere gleichwertige Gründe vorzugeben, an die bisher nicht gedacht worden ist oder die eine sehr spezifische Situation darstellen.

Folgende Argumente fallen nicht unter die definierten Kriterien:

  • Mangelnde Prioritätensetzung
  • Mangelnde Zeit oder
  • Mangelnde Kenntnis

Bei Webangeboten und Apps:

Die „unverhältnismäßige Belastung“ kann hier nur für Teilbereiche des Angebotes gelten. Es muss in der Erklärung zur digitalen Barrierefreiheit genau beschrieben werden, für welchen Bereich die „unverhältnismäßige Belastung“ zutreffen soll. Zusätzlich soll eine barrierefreie Alternative angeboten werden. Bürger und Bürgerinnen können die Landesbeauftragte für digitale Barrierefreiheit auffordern, die in der Erklärung genannte „unverhältnismäßige Belastung“ zu überprüfen.

Bei Software

Für die Entscheidung über das Vorliegen einer Ausnahme nach § 4 Absatz 3 BIKTG Bln ist ausschließlich die betroffene zuständige Stelle verantwortlich. Die Landesbeauftragte kann zur Beratung kontaktiert werden. Sie hat ein Dokument zur Ausnahmeregelung erstellt, das den betroffenen Stellen bei der Beurteilung und Dokumentierung helfen soll.
Das notwendige Einbeziehen der Personalvertretungen ist hiervon nicht betroffen.

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