Dr. Hanns Leske:
Tschekisten an der Fußballfront: Die Spitzeltätigkeit von Fußballspielern und -trainern und die Drangsalierung regimekritischer Spieler
Fußball in der DDR: Das bedeutete nicht nur eine permanente Auseinandersetzung mit den Funktionären der SED, sondern freiwilligen wie erzwungenen Kontakt mit der Staatssicherheit, denn auch der Spitzenfußball wurde systematisch überwacht. Mit einem Heer willfähriger IM aus dem Kreis der Fußballer, Trainer und Sportärzte wurden ihre Kollegen operativ bearbeitet. Trainer wie Hans Meyer, Eduard Geyer oder Bernd Stange lieferten regelmäßige Berichte bei ihrem Führungsoffizier ab. Der heutige Hertha-Trainer Meyer war in diesem Sinn Täter. Gleichzeitig war er Opfer, denn sein Assistenztrainer Bernd Stange berichtete dem MfS wiederum ausführlich über Meyers Tätigkeit in Jena.
Die Mannschaft der SG Dynamo Dresden hätte getrost als Betriebsmannschaft des MfS auflaufen können. Jeder zweite Spieler war in den 80er Jahren IM, dazu der Trainer, der Arzt, der Physiotherapeut. Andere Fußballer wie Jürgen Sparwasser, der sich 1988 mit Ehefrau in die BRD absetzte, und Gerd Kische blieben standhaft und verweigerten eine Zusammenarbeit mit dem MfS.
War ein Trainer allerdings renitent und zudem einer seiner Spieler im Westen geblieben, dann verstanden Mielkes Mannen keinen Spaß. Bei Dresdens Trainer Klaus Sammer betrieb die Stasi seine Absetzung und plante in der OPK “Latte” sogar – zwecks Beweissicherung seiner mangelnden Linientreue – die Installation von Abhörtechnik an der Trainerbank.
Fußball in der DDR: Das war auch Oberligaverbot für einen Torwart wegen republikflüchtiger Tochter mit der Folge mehrerer erzwungener Klubwechsel, Ausdelegierung aus dem Spitzenfußball wegen unsozialistischen Verhaltens, Verhaften und Einsperren wegen angeblicher Fluchtpläne.
Der Politikwissenschaftler Dr. Hanns Leske, der unlängst die bisher umfangreichste Studie über den Einfluss der SED und des MfS auf den Fußballsport in der DDR vorlegte, blättert in seinem Vortrag bisher weitgehend unbekannte Kapitel des Fußballsports in der DDR auf. U.a. wird er der Frage nachgehen, wie sich Fußballer erfolgreich einer Zusammenarbeit mit dem MfS entziehen konnten, aber auch, wie sich bekannte Fußballpersönlichkeiten immer tiefer mit dem Spitzelsystem der Stasi identifizierten.