Enteignungsverfahren

  • Durch eine Enteignung wird in das Grundrecht auf Eigentum gemäß Art. 14 Grundgesetz eines Betroffenen eingegriffen. Enteignung bedeutet dabei verkürzt ausgedrückt Entzug oder Belastung von Rechten an einem Grundstück.

Beteiligte

Als Beteiligte in einem Enteignungsverfahren kommen gem. § 106 BauGB insbesondere

  • der Antragsteller (in der Regel wird das der Maßnahmeträger sein),
  • der Eigentümer,
  • der Inhaber eines im Grundbuch eingetragenen Rechts,
  • der Inhaber eines nicht im Grundbuch eingetragenen Rechts, wenn er sein Recht bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung anmeldet
  • und die Gemeinde

in Betracht.

Verfahrensablauf

Die Enteignungsbehörde wird nur auf Antrag tätig.

Die Beantragung eines Enteignungsverfahren bei der Enteignungsbehörde ist das letzte Mittel des Maßnahmeträgers, wenn alle gütlichen Verhandlungen mit den Betroffenen nicht zum Erfolg geführt haben, das Wohl der Allgemeinheit den Eigentumswechsel jedoch erfordert.

Schon bei der Antragstellung muss der Maßnahmeträger nachweisen, dass vorher geführte freihändige Erwerbsverhandlungen mit den Betroffenen gescheitert sind, obwohl der Maßnahmeträger ein angemessenes Angebot unterbreitet hat. Nur wenn die Beteiligten des Verfahrens sich nicht einigen können, wird die Enteignungsbehörde eine Entscheidung treffen.

Das Enteignungsverfahren ist ein förmliches Verfahren und wird entweder nach § 5 des Berliner Enteignungsgesetzes oder nach §§ 107 ff. des Baugesetzbuches (BauGB) durchgeführt.

Vom Antragsteller vorzulegende Unterlagen

  1. Der vom Maßnahmeträger einzubringende Enteignungsantrag soll bezeichnen, wer enteignet werden soll.
    Er muss konkrete Angaben darüber enthalten, welches Grundstück bzw. welches Recht an einem Grundstück enteignet werden soll. Hierzu bedarf es der genauen Angabe des Flurstückes einschließlich der Grundstücksgröße des von der Enteignung betroffenen Grundstück.
  2. Weiterhin ist erforderlich, dass der Maßnahmeträger einen Lageplan einreicht, auf dem das zu enteignende Grundstück (beziehungsweise die Teilfläche) deutlich kenntlich gemacht wurde. Ferner sollte ein Flurkartenauszug und eine Übersichtskarte, auf der die Lage des Grundstücks erkennbar ist, vorliegen.
  3. Nachweis darüber, das mehrfache gütliche Verhandlungen nicht zum Erfolg geführt haben.
  4. Begründung der Notwendigkeit der Enteignung (z.B. weniger einschneidende Maßnahmen würden nicht zum Ziel führen; das Allgemeinwohl macht die Enteignung erforderlich). Soll die Enteignung auf der Grundlage eines Planfeststellungsbeschlusses oder eines Bebauungsplanes durchgeführt werden, ist dieser vorzulegen.
  5. Vorlage eines aktuellen Grundbuchauszugs sowie ein Auszug aus dem Liegenschaftskataster.

Alle entscheidungserheblichen Unterlagen sind im Original beziehungsweise in beglaubigter Abschrift dem Antrag beizufügen.

Vorbereitung der mündlichen Verhandlung

Nach Eingang der Antragsunterlagen gibt die Enteignungsbehörde dem Enteignungsbetroffenen zunächst die Möglichkeit zur Stellungnahme zum Antrag des Maßnahmeträgers. Die Enteignungsbehörde fordert parallel dazu vom Antragsteller ggf. mit Fristsetzung eventuell fehlende Unterlagen nach. Werden die Unterlagen nicht oder nicht fristgemäß vorgelegt, wird der Antrag als offensichtlich unzulässig zurückgewiesen.

Die Enteignungsbehörde wird in der Regel den zuständigen unabhängigen Gutachterausschuss für Grundstückswerte in Berlin mit der Ermittlung der Höhe der Entschädigung beauftragen.

Die Entschädigung wird sowohl den durch die Enteignung eingetretenen Rechtsverlust (§ 95 BauGB) sowie andere durch die Enteignung eingetretene Vermögensnachteile (z.B. Wertminderung einer Restfläche, Aufwendungen für einen Umzug, Kosten für die Unterbringung in einer Übergangswohnung, Lagerflächen, § 96 BauGB) berücksichtigen.

Förmliche Einleitung des Enteignungsverfahrens

Liegt das Gutachten des Gutachterausschusses vor, gibt die Enteignungsbehörde dem Maßnahmeträger und den Betroffenen die Möglichkeit, sich auf der Grundlage des Gutachtens zu einigen.

Ist eine gütliche Einigung ausgeschlossen, leitet die Enteignungsbehörde das Enteignungsverfahren mit der fristgerechten Ladung der Beteiligten zur mündlichen Verhandlung förmlich ein. Auch während dieser Ladungsfrist haben die Beteiligten noch die Möglichkeit, Unterlagen nachzureichen bzw. Stellungnahmen oder Erklärungen abzugeben.

Gleichzeitig mit der Ladung teilt die Enteignungsbehörde dem zuständigen Grundbuchamt die Einleitung des Enteignungsverfahrens mit und bittet darum, in Abteilung II des entsprechenden Grundbuchblattes den so genannten Enteignungsvermerk einzutragen.

Darüber hinaus macht die Enteignungsbehörde die Einleitung des Enteignungsverfahrens in dem Bezirk, in dessen Gemarkung das betroffene Grundstück liegt, auch ortsüblich im Amtsblatt für Berlin öffentlich bekannt.

Mündliche Verhandlung und mögliche Ergebnisse

In der mündlichen Verhandlung versucht die Enteignungsbehörde unter Erörterung der Sach- und Rechtslage letztmalig, auf eine gütliche Einigung der Parteien hinzuwirken.

Gelingt dies, endet das Enteignungsverfahren mit einer vertraglichen Einigung. Die Enteignungsbehörde ist befugt, die Einigung zu beurkunden. Diese Einigungsurkunde steht einem notariellen Grundstückskaufvertrag gleich und muss Angaben zur Eigentumsübertragung beziehungsweise der Belastung des Eigentums sowie die Höhe der Entschädigung enthalten.

Können sich die Beteiligten nur über den Übergang beziehungsweise die Belastung des Eigentums einigen, jedoch nicht über die Höhe der Entschädigung, kann die Enteignungsbehörde auch dies in Form einer Teileinigung beurkunden. Sodann wird der Streit über die Höhe der Entschädigung in Form eines Entschädigungsfestsetzungsverfahren von der Enteignungsbehörde fortgeführt.

Ist eine Einigung zwischen den Parteien nicht zu realisieren, entscheidet die Enteignungsbehörde durch Beschluss über den Enteignungsantrag und setzt darin auch die für die Inanspruchnahme zu leistende Entschädigung nebst Zinsen fest, wenn dem Antrag stattgegeben wird.

Anhaltspunkt für die Festsetzung der Höhe der Entschädigung durch die Enteignungsbehörde kann dabei der vom unabhängigen Gutachterausschuss im Verkehrswertgutachten ermittelte Wert sein.

Der Enteignungsbeschluss wird den Beteiligten zugestellt.

Inhalt des Enteignungsbeschlusses

Die rechtlichen Anforderungen an den Inhalt eines Enteignungsbeschlusses richten sich nach den für das jeweilige Verfahren maßgeblichen Vorschriften.

Im Enteignungsbeschluss muss konkret festgehalten sein, wer von der Enteignung betroffen und wer der Enteignungsbegünstigte ist. Sind sonstige Beteiligte in das Verfahren involviert, müssen auch diese genau bezeichnet werden.

Ferner muss der Enteignungsbeschluss Angaben über den Enteignungszweck, die Eigentums- und sonstigen Rechtsverhältnisse vor und nach der Enteignung sowie die Art und Höhe der Entschädigung enthalten. Weiterhin enthält der Enteignungsbeschluss eine Frist, innerhalb der das Grundstück zu dem vorgesehenen Zweck verwendet werden muss.

Mit dem Enteignungsbeschluss wird der Anspruch des Betroffenen auf Zahlung einer Entschädigung für die Enteignung begründet. Der Enteignungsbeschluss ist ein vollstreckbarer Titel.

Die Ausführungsanordnung

Um den Zeitpunkt des Eintrittes der Rechtsänderung zu bestimmen, erlässt die Enteignungsbehörde eine entsprechende Ausführungsanordnung. Diese kann von jedem Beteiligten des Enteignungsverfahrens beantragt werden. Voraussetzung dafür ist, dass der Enteignungsbeschluss nicht mehr anfechtbar ist und die Enteignungsentschädigung vollständig ausgezahlt wurde.

Die vollständige Zahlung der Enteignungsentschädigung an die Betroffenen ist der Enteignungsbehörde durch Quittung nachzuweisen.

Ist die Ausführungsanordnung unanfechtbar geworden, beantragt die Enteignungsbehörde beim zuständigen Grundbuchamt, die Rechtsänderung zu dem in der Ausführungsanordnung festgelegten Tag im Grundbuch einzutragen und den im Zuge der Einleitung des Enteignungsverfahrens in der Abteilung II des entsprechenden Grundbuchblattes eingetragenen Enteignungsvermerk zu löschen.

Rechtsschutz

Sowohl der Enteignungsbeschluss als auch die Ausführungsanordnung sind Verwaltungsakte mit Rechtsbehelfsbelehrung, die gerichtlich überprüft werden können.