Verse zum Winter

von Rela Ferenz

November

Einmal ist alt besser als neu.
Ich bin auch nicht mehr einwandfrei.
Komm, wir kratzen den Sommer zusammen
und schwatzen dabei.

Was meine Habseligkeiten sind,
das Blütenlaub,
das noch im Nebelgewand an der Waldrebe hing,
und im Garten der Wind,
mein Malzeug, mein Augenglas und ein Absinth.

Wintersehnsucht

Steinige Wege verwehen.
Dein Alltag wird Untertan.
Bloß Schnee, so viel Schnee müsste sein,
dass ich nicht mehr drin stehen kann.

Weiß ist die Seele darin.
Eine Welt fängt zu träumen an.
Und Sonne und Schnee versöhnen,
wo wir auseinander waren

Winterspaziergang

Rostig stehen die Rosenstöcke.
Siehst du, wie die Erde friert.
Kahle Zweige mahlen zarte Adern
in die blau-weiß-kalte Decke.
Eisig zittern kleine Lichtkristalle.
Reizend beißt der Wind mit seiner Kralle.
Doch mein heißes Blut erwärmt sie alle.

Im Traum

Wie Druckerschwärze stehen Erlen am Kanal.
Versunken malt das Wasser seine Schrift,
wohl, dass hier lange nichts lebendig ist.

Der Himmel macht sich schmutzig weiß.
Gleichgültig tropft sein altes Dach.
Ein Bündel Reisig ist der Wald,
das keine Sonne mehr entfacht.

Und mein Kalender stand auf Mai.
Ich hatte Glück.
Der Spuk zerreißt.
Da geht der böse Traum vorbei.
Wie schön, dass noch November ist

Schon recht

Schon recht, an der Wahrheit geht nichts vorbei,
höchstens einmal eine Lüge.
Das leidige Maß Bestechlichkeit
wickelt Dich in seine Wiege.
Es wickelt Dich ein, damit Du nicht schreist,
wohl in das feinste Kleid
und singt Dir der ewigen Litanei
unendliche Langweiligkeit.

Parforcejagd

Die Avantgarde hoch zu Pferde,
eine vielgebeinte Herde
hechelt in dem alten Spiel
der Fürsten und Gewalten nach den Würsten.

Feine Röcke, feine Plätze
sind in diesem Jagdgehetze
ausgepriesen, Zweck zum Zweck
zum Zwecke, dass sie ihr Böcke schießen.

Ich lass es mich was kosten
und bleibe ohne Posten.

Vermutung

Am Jahresende sagte Ernst
zu seiner Schwester,
nun dauert ‘s nicht mehr lange
und dann feiern wir Sylvester.

Prognose

Nach der neuesten Wetterlage
wird es nachts nun dunkler als am Tage.